Employer Branding: Fünf erste Schritte auf dem Weg zur Arbeitgebermarke
So waren laut einer Studie des ifo Instituts im Juli letzten Jahres die Hälfte der Unternehmen in Deutschland beeinträchtigt. Der Industrie- und Handelskammer zufolge kann sogar mehr als jedes zweite Unternehmen Stellen längerfristig nicht besetzen. Die zunehmende Wechselbereitschaft der Arbeitnehmer:innen, auch bekannt als "Great Resignation", trägt zusätzlich zur ohnehin angespannten Lage bei.
Ein Obstkorb und hybride Arbeitsmodelle können das Problem nicht lösen. Um künftig erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen zur Arbeitgebermarke werden! Das sollte strategisch angegangen werden. Heißt, es müssen Werte und ein Werteversprechen ermitteln und anhand dessen Maßnahmen abgeleitet werden. Das kostet Geld und dauert seine Zeit. Das Problem: Wenn es beim Thema Employer Branding brennt, ist es meist schon zu spät. Denn müssen Mitarbeiter:innen erst mal Rollen übererfüllen, weil viele Stellen zu lange unbesetzt bleiben und sind in der Folge völlig überfordert, ist man schon mittendrin im Teufelskreis. Diesen gilt es erst mal zu durchbrechen, um Zeit für einen strategischen Ansatz zu gewinnen.
Volker Schmidt, CEO bei der Kommunikationsberatung Akima Media, gibt Tipps, wie Unternehmen schnell und auch mit schmalem Budget erste Schritte umsetzen können:
1. Sorgen Sie für gutes Arbeitsklima – und zeigen Sie es
Laut der aktuellen Studie Communication-Spirit 2023 ist das Arbeitsklima der wichtigste Faktor (94 Prozent) bei der Jobsuche. Schön und gut, aber wie lässt sich das nachweisen? Arbeitgebersiegel können hier helfen. Sie sind natürlich kein Beweis, aber dienen zumindest als Indikator. Allerdings gibt es mittlerweile eine Unmenge an Auszeichnungen, die mehr oder weniger wertvoll sind. Im Zweifel gilt: weniger ist mehr. Zu empfehlen sind hier insbesondere zwei Siegel, da sie für relativ wenig Aufwand und Geld zu bekommen und gleichzeitig seriös sind: Die „Fair Company“-Initiative der Verlagsgruppe Handelsblatt sowie das kununu „Top Company“ Siegel. Da bei kununu-Bewertungen direkt und anonym von den Mitarbeitenden kommen, ist dies die wohl ehrlichste Arbeitgeberauszeichnung.
2. Nehmen Sie Kritik ernst
A propos kununu: Die Bewertungsplattform gewinnt rasant an Bedeutung. Schließlich wird sie längst nicht mehr nur von der Generation Y und Z zu Rate gezogen. Natürlich kann man an unerfreulichen Bewertungen im Nachhinein nichts mehr ändern. Es empfiehlt sich trotzdem, alle Beiträge – ob kritisch oder lobend – als Geschäftsführer:in zu kommentieren. Noch wichtiger: jedwede Kritik ernst nehmen! Wer kritische Äußerungen als Anregungen zur Verbesserung versteht, hat nicht nur gute Chancen, seinen kununu Score mittelfristig deutlich in die Höhe zu schrauben, sondern tatsächlich auch das Arbeitsklima zu verbessern.
3. Holen Sie sich regelmäßig aktiv Feedback ein
Kritikfähigkeit und Wertschätzung sollten nicht erst einsetzen, wenn die Mitarbeiter:innen sich öffentlich echauffieren – denn dann haben sie das Unternehmen in der Regel bereits verlassen oder sind zumindest auf dem Absprung. Vielmehr sollten diese Kompetenzen tief in der Unternehmenskultur verankert werden. Dazu müssen sich Führungskräfte proaktiv und regelmäßig Feedback von ihren Mitarbeiter:innen einholen. Ein wichtiger Baustein dabei sind jährliche Entwicklungsgespräche, in denen sich beide Seiten auf Augenhöhe Rückmeldung geben und Ziele für das kommende Jahr festlegen. Zusätzlich empfehlen sich kurze Quartalsgespräche. Diese Termine haben primär das Ziel, bei Mitarbeitenden aktiv Feedback einzuholen: zur Auslastung, aktuellen Herausforderungen, der Stimmung im Team, aber nicht zuletzt auch zur Zufriedenheit mit der Führungskraft und dem Unternehmen insgesamt.
Das sollte aber bitte nicht nur als ein Frühwarnsystem für abwanderungswillige Talente gesehen werden. Sofern ernst genommen, bekommt man wertvolle Impulse zur Verbesserung der Führungs- und Unternehmenskultur. Nicht zu vergessen: Bei zufriedenen Mitarbeiter:innen bietet es sich an, um eine kununu-Bewertung zu bitten.
4. Starten Sie mit Branding
Employer Branding bedeutet vor allem eines: Branding. Sofern noch nicht geschehen, gilt es zunächst einmal damit zu beginnen. Das können im ersten Schritt Kleinigkeiten sein, wie gebrandete Aufkleber für den Firmen-Laptop, gebrandete Tassen für die tägliche Koffeinspritze sowie Stifte und Blöcke, die die Mitarbeiter:innen ja jeden Tag nutzen. Zugegeben, ein gebrandeter Kulli macht noch keine Marke – und diese Diskussion soll an dieser Stelle auch nicht geführt werden. Es geht primär darum, mit kleinen Schritten zu beginnen. Und diese Dinge sind ein Baustein im großen Puzzle, der insbesondere in Zeiten von hybriden Arbeitsmodellen helfen kann, die Identifikation und Bindung mit beziehungsweise zum Arbeitgeber zu stärken.
5. Die Candidate Experience endet nicht beim unterzeichneten Arbeitsvertrag
Beim Employer Branding geht es keineswegs nur um Recruiting oder die Bindung ans Unternehmen. Mitarbeiter:innen sollten sich jederzeit abgeholt und anerkannt fühlen. Das beginnt bei der Stellenausschreibung, geht weiter beim wertschätzenden Umgang im Bewerbungsprozess und einem ordentlichen Onboarding. Hier empfiehlt es sich Mitarbeitende mit einem strukturierten Prozess und im Idealfall auch einem kleinen Welcome Kit vom ersten Tag an abzuholen.
Egal wie gut Unternehmen mit ihren Mitarbeitenden umgehen – eine gewisse Fluktuation lässt sich nicht vermeiden. Das ist auch gar nicht schlimm. Nur muss klar sein, dass zum Aufbau einer Arbeitgebermarke auch ein strukturierter Offboarding-Prozess gehört: dazu zählen vor allem ein Ausstiegsgespräch und ein wohlwollendes, wertschätzendes Arbeitszeugnis. Wer einen Schritt weitergehen möchte, entwickelt ein Alumni-Programm: Damit halten Sie auch nach dem Ausscheiden mit ehemaligen Mitarbeitenden Kontakt.
Fazit: Employer Brandingkann mit Quick-Wins starten – muss aber strategisch weitergehen.
Der Fachkräftemangel gefährdet nicht nur die Entwicklung und das Wachstum von Unternehmen, sondern kann in Kombination mit der gestiegenen Wechselbereitschaft zu einem regelrechten „Ausbluten“ der Belegschaft führen. Spätestens damit steht dann auch die Existenz auf dem Spiel. Die genannten Tipps helfen, die Situation abzumildern – ein Ersatz für einen strategischen Ansatz sind sie jedoch nicht.