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Unternehmensinsolvenzen im 1. Halbjahr 2022: Bisher keine Insolvenzwelle

Die heute veröffentlichten Unternehmensinsolvenzzahlen zeigen eine solche Welle aber bisher nicht.
Entwicklung der Unternehmensinsolvenzzahlen in der Coronakrise © Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. (VID)
 

Erste prominente Insolvenzverfahren wie Hakle und Görtz werden in diesen Tagen oft als Vorboten einer großen Insolvenzwelle dargestellt. Die heute veröffentlichten Unternehmensinsolvenzzahlen zeigen eine solche Welle aber bisher nicht. Die Bundesregierung versucht mit ihren Entlastungspaketen dieser Situation zuvorzukommen. Der Berufsverband der Insolvenzverwalter bewertet die jüngsten Ankündigungen zu einer Erleichterung der Insolvenzantragspflicht und weist auf die starken Werkzeuge des Insolvenz- und Restrukturierungsrechts hin, das zum Erhalt von Unternehmen beitragen kann.

Das Statistische Bundesamt* hat heute die Zahl der Unternehmensinsolvenzen für das erste Halbjahr des Jahres 2022 und eine Entwicklung für den zurückliegenden Monat August veröffentlicht. Demnach ist die Zahl der beantragen Unternehmensinsolvenzen in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,0 Prozent gefallen. Nach vorläufigen Angaben sind die beantragen Unternehmensinsolvenzen im August 2022 um 6,6 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen, nachdem im Juli die Zahlen um 4,2 Prozent gegenüber Juni 2022 gefallen waren.

Auch wenn die Zahlen weitgehend unverändert sind, sehen wir in diesen Wochen einen deutlich gestiegenen Beratungsbedarf vor allem bei Unternehmen aus energieintensiven Branchen“, sagt Jutta Rüdlin, Insolvenzverwalterin und Vorstandsmitglied des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID).

Die Entlastungspakete der Bundesregierung enthalten bisher keine pauschalen Hilfszusagen, sondern konzentrieren sich auf eine Erleichterung bei der Insolvenzantragspflicht für „Unternehmen, die im Kern gesund und auch langfristig unter den geänderten Rahmenbedingungen überlebensfähig sind“.** Weitergehende Hilfen, wie sie während der Coronapandemie ermöglicht wurden, sind hier bisher nicht vorgesehen.

Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass bei anhaltend hohen Energiepreisen und entsprechend steigenden Preisen für Rohstoffe, Logistik, etc. die betroffenen Unternehmen in die Verlustzone geraten. In der Folge könnten die Unternehmensinsolvenzzahlen innerhalb der nächsten 12 Monate um bis zu 40 Prozent steigen. Dies wäre allerdings auf der historisch niedrigen Basis keine Insolvenzwelle, sondern eine Normalisierung der Zahlen“, so die VID-Vorständin.

In einer aktuellen Stellungnahme*** bewertet der VID die jüngsten Ankündigungen einer Erleichterung von Insolvenzantragspflichten und weist darauf hin, dass mit dem modernen Insolvenz- und Restrukturierungsrecht starke Werkzeuge zur Sanierung und zum Erhalt von Unternehmen geschaffen wurden. Rüdlin bemerkt in diesem Zusammenhang: „Es gibt Betriebsaufgaben ohne Insolvenz, aber auch Insolvenz ohne Betriebsaufgabe. In der öffentlichen Diskussion sollten Insolvenz und Betriebsaufgabe deshalb nicht gleichgesetzt werden.“

 

Quellen:

* 6,6 % mehr beantragte Regelinsolvenzen im August 2022 als im Vormonat

** Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 3. September 2022

*** Stellungnahme des VID – Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. zum Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 3. September 2022 zum Maßnahmenpaket III des Bundes

****Grafik des VID: Entwicklung der Unternehmensinsolvenzzahlen in der Coronakrise (IN-Verfahren), © Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID)/September 2022, Grafik kostenfrei nutzbar

Nicht alle beantragten Insolvenzverfahren werden auch eröffnet. In der Regel liegt die Eröffnungsquote bei ca. 60 Prozent. Voraussetzung einer Eröffnung ist ein Eröffnungsgrund sowie die voraussichtliche Deckung der Verfahrenskosten.