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Je privater das Unternehmen, desto männlicher die Führung

Mit 8,3 Prozent ist der Frauenanteil in den Geschäftsführungen der Familienunternehmen nur halb so hoch wie bei den Unternehmen in DAX, MDAX und SDAX.
Je privater das Unternehmen, desto männlicher die Führung © freepik / mindandi
 


In kaum einem anderen Land prägen große Familienunternehmen die Wirtschaft so stark wie in Deutschland. Es ist ihr Anspruch, gesellschaftlich verantwortungsvoll zu wirtschaften – und doch sind sie beim Bemühen, Chancengleichheit und Vielfalt in der Führung auf dem Niveau anderer westlicher Industrieländer zu etablieren, der Bremsklotz der deutschen Wirtschaft. Mit 8,3 Prozent ist der Frauenanteil in den Geschäftsführungen der Familienunternehmen nur gut halb so hoch wie bei den Unternehmen in DAX, MDAX und SDAX, und er bewegt sich nicht.


Die Familienunternehmen kommen bei der Modernisierung ihrer Führungsstrukturen nicht voran: In den Geschäftsführungen der 100 umsatzstärksten deutschen Familienunternehmen arbeiten am 1. März 2022 nur 8,3 Prozent Frauen. Vor 2 Jahren lag der Wert bei rund 7 Prozent. Das ist deutlich weniger als bei den 160 an der Frankfurter Börse notierten Unternehmen, wo er bei 14,3 Prozent liegt – auch das ist im internationalen Vergleich ungewöhnlich wenig. Mehr als zwei Drittel (68) der Familienunternehmen hat keine einzige Frau in der Geschäftsführung.


Je privater das Unternehmen, desto männlicher die Führung


Die öffentliche Erwartungshaltung wirkt: Der Frauenanteil auf Vorstandsebene ist bei den 40 großen DAX-Unternehmen mit 19,8 Prozent im Vergleich am höchsten. Sie stehen am stärksten im öffentlichen Fokus und unterliegen einer strengen Transparenzpflicht. Die 70 Familienunternehmen im Bericht, die vollständig in Familienbesitz sind, schneiden dagegen am schlechtesten ab: Hier liegt der Frauenanteil in den Geschäftsführungen seit März 2020 unverändert bei nur 4,8 Prozent.


Familienunternehmen und Börsenunternehmen rekrutieren aus demselben Pool


Nur bei wenigen der großen Familienunternehmen sind noch Familienmitglieder im Management vertreten, meist steuert die Familie aus Positionen im Aufsichtsrat oder Gesellschaftergremium und die Geschäftsführung wird an familienfremde Manager übertragen. So schöpfen Börsen- und Familienunternehmen aus demselben Personalpool, treffen jedoch sehr unterschiedliche Entscheidungen: Bei den 40 DAX-Unternehmen waren 38 Prozent der Neurekrutierungen seit 1. März 2020 weiblich, bei den 70 Familienunternehmen in vollständigem Familienbesitz waren es nur 6 Prozent. Dort wurden tatsächlich mehr Personen rekrutiert, die Stefan heißen (7), als Frauen (5).


Männermannschaften sind für Top-Talente wenig attraktiv


„Es ist eine Stärke der Familienunternehmen, dass sie in Generationen denken und nicht in Quartalen. Gerade deshalb sollten sie Diversität und Chancengleichheit nicht als Zeitgeistthema unterschätzen, es geht um eine der großen, dauerhaften gesellschaftlichen Veränderungen – und eine der größten Herausforderungen für die Unternehmen“, kommentieren die Geschäftsführer der AllBright Stiftung Wiebke Ankersen und Christian Berg. „Diversität zieht Top-Talente an, ein veraltetes Führungsverständnis tut es nicht. Die Familienunternehmen riskieren, in der Konkurrenz um die besten Köpfe zu Arbeitgebern zweiter Wahl zu werden. Doch Familienunternehmen sind seit jeher Anpassungskünstler: überlebt hat, wer die Zeichen der Zeit erkannt und für sich genutzt hat. Sie haben gute Voraussetzungen, auch diese Herausforderung zu meistern, sollten aber zügig ihre Prioritäten justieren.“