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Kaufkraft in Deutschland 2020: Corona-Krise prägt die Entwicklung

Rückgang der Gesamtkaufkraft um 3% auf ca.1.950 Mrd. Euro. Positive Wirtschafts- und Arbeitsmarktsignale im frühen Herbst.
Kaufkraft in Deutschland 2020: Corona-Krise prägt die Entwicklung © freepik
 

Wie steht es um die Kaufkraft in Deutschland? Der Datenspezialist Acxiom analysiert für zahlreiche Kunden, unter anderem aus den Bereichen Automotive, Banken, Versicherungen, Telekommunikationsdienstleistungen und Einzelhandel, jährlich die regionalisierte Kaufkraft.


Im Jahr 2020 herrscht eine nie dagewesene Ausnahmesituation, deren Auswirkungen auf die Wirtschaft, und damit auch auf die privaten Einkommen, nicht abschließend prognostiziert werden können.

Acxiom berücksichtigt die Auswirkungen aus dem bisherigen Verlauf der Corona-Krise auf die Einkommenssituation der Haushalte möglichst angemessen bei den Berechnungen der Kaufkraft in 2020. Daher wurde neben der jährlichen Frühjahrs- eine Herbstprognose der privaten Kaufkraft im Oktober errechnet. Beide Prognosen orientieren sich wie bei Acxiom üblich an den Prognosen eines der größten deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, dessen Herbstprognose von geringeren Einkommen ausgeht als die Frühjahrsprognose.

Durch die Verwendung aktueller regionaler Informationen zu angezeigter und realisierter Kurzarbeit sowie zur Arbeitslosigkeit konnte Acxiom die Effekte darüber hinaus in ihren regionalen Schwerpunkten abbilden.

Kaufkraft in Deutschland: Entwicklung im Jahresverlauf

Die Kaufkraft lag 2019 in Deutschland bei insgesamt ca. 2.008 Mrd. Euro. Pro Kopf entsprach das 24.252 Euro je Einwohner.

Im Dezember 2019 erwartete das DIW1 in seiner Prognose für 2020 eine Konjunkturabschwächung und damit im Vergleich zu den Vorjahren eine eher leichte Steigerung der Kaufkraft in Höhe von 0,5%.

Mit Beginn der Corona-Krise in Deutschland wurde die Erwartung auf einen Rückgang um -0,6% korrigiert und erstmals von einer negativen Einkommensentwicklung für 2020 ausgegangen, bedingt durch die sich abzeichnenden negativen Auswirkungen der Pandemie
auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Acxiom übernahm das in die Kaufkraftberechnung des Frühjahrs, die im Mai 2020 erstellt wurde.

Nun hat Acxiom aktualisierte Statistiken zu Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sowie die inzwischen erneut angepasste Schätzung der Kaufkraft für Deutschland des DIW2 in eine weitere regionalisierte Kaufkraftanalyse einfließen lassen. Gegenüber Mai 2020 reduziert sich die so ermittelte absolute Kaufkraft um ca. 47 Mrd. Euro auf 1.948 Mrd. Euro.


Damit ergibt sich für Deutschland eine Pro-Kopf-Kaufkraft von 23.468 Euro je Einwohner, welches gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang von 784 Euro pro Kopf bedeutet.

Kaufkraft auf Ebene der Bundesländer: Bayern bleibt Spitzenreiter

Die höchste Pro-Kopf-Kaufkraft im Herbstranking weist Bayern mit einer Kaufkraft von 25.497 Euro bzw. 108,6 Indexpunkten (Deutschland=100) auf. Dahinter folgen Hamburg und Baden-Württemberg mit 25.229 bzw. 25.130 Euro pro Kopf. Im Herbstranking nehmen die Bundesländer fast exakt die gleichen Plätze wie im Frühjahrsranking ein – bis auf eine Ausnahme: der Stadtstaat Bremen. Bremen fällt im Bundesländerranking um zwei Plätze zurück und erreicht im Herbst 2020 eine Pro-Kopf-Kaufkraft von 20.549 Euro. Mecklenburg-Vorpommern, mit einer Kaufkraft von 19.981 Euro und 85,1 Indexpunkten, bleibt das Schlusslicht des Rankings. Das verfügbare Einkommen in Bayern liegt damit um fast ein Viertel über dem von Mecklenburg-Vorpommern.

Bei einem Vergleich der Pro-Kopf-Kaufkraft der Frühjahrs- und Herbstprognose fallen insbesondere die starken Rückgänge in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg sowie in den süddeutschen Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern auf. Die ostdeutschen Flächenländer sind weniger stark betroffen, die Pro-Kopf-Kaufkraft verringert sich zwischen 256 und 485 Euro in Brandenburg bzw. Mecklenburg-Vorpommern. Dies liegt an einer geringeren Zunahme von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. Bei Betrachtung der Arbeitslosigkeit sind vor allem in Berlin, Bremen und Hamburg starke Anstiege der Arbeitslosenzahlen zu verzeichnen. Kurzarbeit wurde insbesondere in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie den Flächenländern Baden-Württemberg und Bayern angezeigt und realisiert.

Veränderungen der Pro-Kopf-Kaufkraft auf Ebene der kreisfreien Städte und Landkreise

Die untere Karte zeigt die Veränderungen der Pro-Kopf-Kaufkraft auf Kreisebene mit und ohne Berücksichtigung der Auswirkungen von Corona auf die Kaufkraft (zwischen Winter 2019 und Herbst 2020).

In allen bundesdeutschen Städten und Kreisen gehen die Pro-Kopf-Einkommen erwartungsgemäß zurück. Sehr hohe Pro-Kopf-Rückgänge sind in den Großstädten sowie in den nordrhein-westfälischen und süddeutschen Kreisen zu verzeichnen. Im Norden ist der Großraum Wolfsburg als bedeutender Automobilstandort von einem stärkeren Rückgang der Pro-Kopf-Kaufkraft betroffen.

Geringere Rückgänge der Pro-Kopf-Kaufkraft sind demgegenüber in den meisten ostdeutschen sowie in mittel- und norddeutschen Kreisen feststellbar. In einigen südlichen bayerischen Kreisen, die vom Gastgewerbe geprägt sind, fielen die Rückgänge bis zum Herbst ebenfalls geringer aus.

Dieser ernüchternden Kaufkraftstudie stehen im frühen Herbst positive Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsdaten gegenüber, die für das kommende Jahr wieder auf eine Erholung hoffen lassen, falls keine weiteren und tiefgreifenderen Maßnahmen von der Bundesregierung und den Landesregierungen im aktuellen zweiten Lockdown getroffen werden.


Berechnungsbasis der Kaufkraft:

Mit dem Kaufkraftindex vergleicht Acxiom die Pro-Kopf-Einkommen einer Region mit dem durchschnittlichen Wert für ganz Deutschland. Die private Kaufkraft entspricht dem „verfügbaren Einkommen“, wie es das Statistische Bundesamt definiert. Sie bildet das steuerbereinigte Einkommen der Bevölkerung in Deutschland aus den unterschiedlichsten Einkommensquellen in Euro am Wohnort ab und spiegelt das zum Ausgeben oder Sparen zur Verfügung stehende Einkommen wider.
Die Berechnung basiert auf amtlich zur Verfügung gestellten Daten, z. B. von den Statistischen Ämtern. Die wichtigste Quelle sind die Informationen aus der Lohn- und Einkommensteuerstatistik. Aber auch Transferleistungen wie z. B. Renten und Pensionen, Arbeitslosengeld I und II bis hin zu vergleichsweise kleinen Beträgen aus BAföG und Elterngeld werden mit einbezogen. In aufwändigen Prüfverfahren werden die jeweils aktuellsten verfügbaren Daten plausibilisiert, anhand verschiedener Konjunkturprognosen für das aktuelle Jahr fortgeschrieben und zu einer Gesamtaussage integriert.