Warnung vor zu restriktiver Regulierung im Urheberrecht
Auf seiner diesjährigen Mitgliederversammlung, die auf Grund der aktuellen Lage erstmals virtuell stattfand, hat der VAUNET – Verband Privater Medien sich als Spitzenverband der Audio- und Audiovisuellen Medienwirtschaft für weitere Corona-Hilfen für die privaten TV- und Radioveranstalter in Deutschland ausgesprochen und aktuelle Legislativvorhaben kritisch in den Blick genommen. Dabei haben die im Verband vertretenen privaten TV-Sender insbesondere die Entwürfe des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zur Umsetzung der europäischen Urheberrechtsrichtlinien kritisiert. Für die private Radiobranche sind im Regulierungsbereich insbesondere ein „Must Carry“-Status und die besondere Auffindbarkeit ihrer Angebote bei der Umsetzung des Medienstaatsvertrages die wichtigsten Anliegen.
Der scheidende Vorstandsvorsitzende des VAUNET, Hans Demmel, rekapitulierte den Verlauf des ersten Halbjahres 2020 und fasste den Status quo wie folgt zusammen: „Auch wenn wir stolz darauf sind, dass unsere Redaktionen, Programmmacher und technisch Verantwortlichen unbeirrt Millionen Menschen in Deutschland rund um die Uhr tagesaktuell und verlässlich informieren, unterhalten und ihnen Orientierung bieten – die Corona-Pandemie bedeutet eine Zäsur für unsere Branche. Niemand kann heute seriös einschätzen, wie sie weiterverlaufen wird. Auch ohne eine Verschärfung der Lage ist eine nachhaltige Erholung auf dem Niveau von vor der Krise für die privaten Medien in weiter Ferne. Richtungsweisend waren hier die ersten politischen Beschlüsse zu Soforthilfen, für die allen Beteiligten unser Dank gilt. Sie sind sehr hilfreich und alternativlos, wenn man die Vielfalt im dualen System erhalten will. Um den privaten Rundfunk wieder nachhaltig zu stabilisieren, wird es zusätzlicher Anreize bedürfen, etwa der Einbeziehung von TV-Produktionen in Ausfallfonds, Anreize für Werbeinvestitionen und die Kompensation von Verbreitungskosten in der Corona-Phase für private Sender.“
Demmel zog gleichzeitig eine positive Bilanz zu dem Erreichten bei dem neuen Medienstaatsvertrag: „Hier war es uns besonders wichtig, dass der Zugang und die Auffindbarkeit unserer Angebote auf Benutzeroberflächen als auch der Schutz der Rundfunkprogramme vor Überblendungen und illegaler Weiterverbreitung gewährleistet werden. Unsere Bemühungen haben Früchte getragen: In diesem Bereich, der existentiell für die Anbieter-, Angebots- und Meinungsvielfalt ist, wurden nun erstmals klare Spielregeln definiert.“
Annette Kümmel, bis zur Mitgliederversammlung Vorsitzende des Fachbereichs Fernsehen und Multimedia des VAUNET, unterstrich die Forderungen von Hans Demmel nach zusätzlichen Anreizen zur weiteren Stabilisierung der Branche. Als eine der großen regulatorischen Herausforderungen aus Sicht der TV-Veranstalter stellte Kümmel die Umsetzung der beiden europäischen Urheberrichtlinien in nationales Recht heraus: „Die Diskussionsentwürfe des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zum Urheberrecht gehen deutlich über die europäischen Vorgaben hinaus und benachteiligen Rechteinhaber und -verwerter unverhältnismäßig. Im Ergebnis schwächen sie das Urheberrecht insgesamt, die Vertragsfreiheit, die Lizenzierungspraxis und die Ausschließlichkeitsrechte der Rechteinhaber. Zugleich unterminieren sie deren Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber den großen Digitalunternehmen. Daher wird der VAUNET, auch in Allianz mit anderen Verbänden, diese Entwicklungen äußerst kritisch weiter begleiten.“
Für den Fachbereich Radio und Audiodienste des VAUNET erklärte die stellvertretende Fachbereichsvorsitzende Dr. Nina Gerhardt: „Wie wichtig Radio für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist, haben die letzten Monate deutlicher denn je gezeigt: Wir haben bewiesen, dass wir zu Recht zur kritischen Infrastruktur gehören. Auch die politischen Entscheidungsträger haben erkannt: Radio ist systemrelevant und darf keinen nachhaltigen Schaden nehmen, denn das hätte negative Auswirkungen auf die Gesellschaft.“ Gerhardt betonte, dass die Audionutzung über alle Verbreitungswege nicht erst seit Corona nachhaltig steige: „Wir freuen uns über digitale Nutzungszuwächse bei Webradio und DAB+, aber auch bei Audio-on-Demand-Angeboten wie Podcasts. Doch wir müssen wachsam bleiben, damit unsere Inhalte zukünftig auf digitalen Plattformen gefunden und diskriminierungsfrei dargestellt werden.