2011 BIP-Wachstum um 1,9 Prozent
Düsseldorf, 04.10.2010, Die deutsche Wirtschaft wächst 2010 im Jahresdurchschnitt um 3,5 Prozent. Der wichtigste Faktor ist der Exportboom im ersten Halbjahr, gefolgt von expandierenden Investitionen und einem leicht stärkeren Konsum im Inland. Allerdings spielt auch ein statistischer Sondereffekt eine erhebliche Rolle, der die Aufwärtsentwicklung besonders stark erscheinen lässt. Zudem weisen verschiedene Frühindikatoren, etwa die Umsätze oder Auftragseingänge in der Industrie, darauf hin, dass sich die Erholung bereits wieder abschwächt. Gleichwohl sinkt die Arbeitslosigkeit in diesem wie im kommenden Jahr und liegt im Jahresdurchschnitt 2011 unter drei Millionen.
Im kommenden Jahr wird der deutsche Außenhandel die Konsequenzen des Sparkurses bei vielen Handelspartnern spüren. Im Inland werden zwar die privaten Konsumausgaben bei steigenden verfügbaren Einkommen etwas zunehmen. Doch gleichzeitig wirkt die beginnende Haushaltskonsolidierung dämpfend, die Sozialversicherungsbeiträge steigen und die Konjunkturpakete laufen aus. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird im Jahresdurchschnitt 2011 um 1,9 Prozent wachsen. Zu diesen Ergebnissen kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung im heute vorgelegten Herbst-Update seiner Konjunkturprognose* (alle Zahlen in Tabellenform im neuen IMK Report Nr. 55; Link unten).
"Die deutsche Wirtschaft erlebt in diesem Jahr ein starkes Comeback. Das ist sehr erfreulich", sagt Prof. Dr. Gustav A. Horn, der Wissenschaftliche Direktor des IMK. "Aber wir sollten uns vor voreiliger Euphorie ebenso hüten wie vor den Untiefen der Statistik. Von den dreieinhalb Prozent Wachstum, die wir und andere für dieses Jahr prognostizieren, beruhen 0,5 Prozentpunkte auf rein rechnerischen Effekten: Das Statistische Bundesamt hat seine Daten für die Vergangenheit revidiert, und hieraus resultiert ein höheres Ausgangsniveau für die aktuelle Prognose. Deshalb erscheint die Erholung noch stärker als sie ist." Zudem profitiere die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr sehr stark von der internationalen Nachfrage, die aber nicht nachhaltig sei: "In der Weltkonjunktur sieht es mit Ausnahme Asiens nicht gut aus. In den USA müssen private Konsumenten auf Sparkurs schalten. Das gleiche passiert bei wichtigen Handelspartnern im Euroraum und der EU ", warnt Ökonom Horn. "Es wäre deshalb fatal, wenn Deutschland einseitig auf immer mehr Exporte setzen würde. Stattdessen sollten wir eine neue Balance zwischen Binnenwirtschaft und Außenhandel suchen. Dazu können wir die Spielräume nutzen, die sich jetzt ergeben: Spielräume für die Einkommensentwicklung ebenso wie für staatliche Investitionen" (mehr zur Wirtschaftspolitik unten).
Gegenüber der vorigen Prognose vom Juni setzt das IMK seine BIP-Erwartung für 2010 um 1,5 Prozentpunkte herauf. Für 2011 heben die Wissenschaftler ihre BIP-Prognose um 0,4 Prozentpunkte an. Arbeitsmarkt: Die bessere wirtschaftliche Entwicklung wirkt sich auf dem Arbeitsmarkt positiv aus, und zwar wegen der zeitlichen Verzögerung, mit der dieser reagiert, im kommenden Jahr stärker als in diesem. Im Jahresdurchschnitt 2010 wird die Arbeitslosenzahl nach der IMK-Prognose bei rund 3,2 Millionen liegen, was einer Arbeitslosenquote von 7,7 Prozent entspricht. Gegenüber 2009 geht die Zahl der Arbeitslosen um knapp 200.000 zurück, wozu aber auch eine Änderung bei der statistischen Erfassung und ein demographischer Effekt beitragen. 2011 sinkt die Arbeitslosigkeit weiter auf rund 2,9 Millionen im Jahresdurchschnitt (Quote: 7,0 Prozent). Auch die Kurzarbeit nimmt weiter ab, in diesem Jahr auf 450.000 Personen, 2011 auf rund 120.000 Personen im Jahresmittel.
Außenhandel: Der deutsche Export erlebte in der ersten Hälfte diesen Jahres einen regelrechten Boom. Bis zur Jahresmitte haben die Ausfuhren gut 80 Prozent des Rückgangs in der Krise aufgeholt. Besonders rasant war die Zunahme der Exporte nach China und in andere südostasiatische Schwellenländer. In der zweiten Jahreshälfte und vor allem im kommenden Jahr wird sich die Ausfuhrdynamik aber verringern, weil die Erholung der Weltkonjunktur an Tempo verliert. So legen die Exporte 2010 im Jahresdurchschnitt um 14,9 Prozent zu, 2011 um sieben Prozent. Entsprechend entwickeln sich auch die Importe: 2010 steigen sie um durchschnittlich 13,3 Prozent. 2011 wachsen die Einfuhren um sieben Prozent
Investitionen: Die Investitionstätigkeit in Ausrüstungen hat sich im ersten Halbjahr 2010 sehr kräftig belebt. Allerdings handelt es sich nach wie vor überwiegend um Ersatz-, nicht um Erweiterungsinvestitionen. Das IMK rechnet für dieses Jahr mit einem Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen um 9,2 Prozent. 2011 schlägt die geringere wirtschaftliche Dynamik auch hier durch: Die Ausrüstungsinvestitionen nehmen um 4,6 Prozent zu. Die Bauinvestitionen werden in diesem Jahr durch die kräftige Ausweitung bei öffentlichen Bauten geprägt, zudem entwickelt sich der Wohnungsbau bei weiterhin niedrigen Zinsen relativ stark. 2011 werden die Impulse jedoch deutlich nachlassen.
Konsum: Der private Konsum wird sich in diesem und im kommenden Jahr beleben, allerdings lediglich moderat. 2010 werden die realen privaten Konsumausgaben bei leicht steigenden real verfügbaren Einkommen sowie einer steigenden Sparquote stagnieren. 2011 dürften die real verfügbaren Einkommen als Folge der besseren Situation am Arbeitsmarkt und spürbar steigender Selbständigen- und Vermögenseinkommen stärker zulegen. Die Konsumausgaben nehmen um ein Prozent im Jahresdurchschnitt zu.
Inflation und öffentliche Defizite: Die Teuerungsrate bleibt weiterhin klar unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank. Für 2010 rechnet das IMK mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 1,1 Prozent, für das kommende Jahr gehen die Wissenschaftler von 1,3 Prozent aus. Darin spiegelt sich wider, dass die Unternehmen ihre Gewinnmargen wieder vergrößern. Entlastend wirken die Lohnstückkosten, die in diesem Jahr um 1,3 Prozent zurückgehen und 2011 nahezu stagnieren. Bei den Staatsfinanzen prognostizieren die Wissenschaftler 2010 ein Defizit von 3,8 Prozent vom BIP. 2011 geht es auf 3,0 Prozent zurück.
Analyse der aktuellen Wirtschaftspolitik: Die Wissenschaftler des IMK warnen davor, angesichts der guten Wachstumszahlen in diesem Jahr "die Krise voreilig für beendet zu erklären". Im Jahresdurchschnitt 2011 werde gerade einmal das Produktionsniveau des Jahres 2008 erreicht. Angesichts der schwierigen finanziellen Lage bei vielen Handelspartnern sei die aktuelle Erholung "wenig robust", wenn sie sich lediglich auf den Außenhandel stütze.
"Ein sich selbst tragender Aufschwung setzt voraus, dass die Binnennachfrage in Deutschland stärker und damit zum entscheidenden Wachstumsmotor wird", schreiben die Düsseldorfer Konjunkturforscher. Das IMK empfiehlt, dazu die staatlichen Investitionen auch im kommenden Jahr zu erhöhen. Im Mittelpunkt stehen sollten "Ausgaben in Infrastruktur, Bildung und Ökologie, die sich auch mittelfristig positiv auf die Produktion auswirken." Mehr staatliche Investitionen verbesserten auch das Umfeld für kräftigere, an der Produktivität ausgerichtete Lohnzuwächse. Beide Faktoren stärkten die Nachfrage. Davon profitierten auch Deutschlands Handelspartner im Euroraum, so dass die in den vergangenen Jahren stetig gewachsenen Ungleichgewichte in der Währungsunion ohne gravierende Wachstumsverluste abgebaut werden könnten. Die Forscher sprechen von einem "Win-Win-Szenario" für Deutschland und für seine Partner.
Die zentralen Daten in Tabellenform finden Sie in Tabelle 3 auf Seite 8 des neuen IMK Reports:
*Gustav Horn, Peter Hohlfeld, Torsten Niechoj, Simon Sturn, Silke Tober, Achim Truger: Erholung verlangsamt sich. Prognose-Update: Deutsche Konjunktur im Herbst 2010. IMK Report 55, Oktober 2010.
Download: http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_55_2010.pdf
Im kommenden Jahr wird der deutsche Außenhandel die Konsequenzen des Sparkurses bei vielen Handelspartnern spüren. Im Inland werden zwar die privaten Konsumausgaben bei steigenden verfügbaren Einkommen etwas zunehmen. Doch gleichzeitig wirkt die beginnende Haushaltskonsolidierung dämpfend, die Sozialversicherungsbeiträge steigen und die Konjunkturpakete laufen aus. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird im Jahresdurchschnitt 2011 um 1,9 Prozent wachsen. Zu diesen Ergebnissen kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung im heute vorgelegten Herbst-Update seiner Konjunkturprognose* (alle Zahlen in Tabellenform im neuen IMK Report Nr. 55; Link unten).
"Die deutsche Wirtschaft erlebt in diesem Jahr ein starkes Comeback. Das ist sehr erfreulich", sagt Prof. Dr. Gustav A. Horn, der Wissenschaftliche Direktor des IMK. "Aber wir sollten uns vor voreiliger Euphorie ebenso hüten wie vor den Untiefen der Statistik. Von den dreieinhalb Prozent Wachstum, die wir und andere für dieses Jahr prognostizieren, beruhen 0,5 Prozentpunkte auf rein rechnerischen Effekten: Das Statistische Bundesamt hat seine Daten für die Vergangenheit revidiert, und hieraus resultiert ein höheres Ausgangsniveau für die aktuelle Prognose. Deshalb erscheint die Erholung noch stärker als sie ist." Zudem profitiere die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr sehr stark von der internationalen Nachfrage, die aber nicht nachhaltig sei: "In der Weltkonjunktur sieht es mit Ausnahme Asiens nicht gut aus. In den USA müssen private Konsumenten auf Sparkurs schalten. Das gleiche passiert bei wichtigen Handelspartnern im Euroraum und der EU ", warnt Ökonom Horn. "Es wäre deshalb fatal, wenn Deutschland einseitig auf immer mehr Exporte setzen würde. Stattdessen sollten wir eine neue Balance zwischen Binnenwirtschaft und Außenhandel suchen. Dazu können wir die Spielräume nutzen, die sich jetzt ergeben: Spielräume für die Einkommensentwicklung ebenso wie für staatliche Investitionen" (mehr zur Wirtschaftspolitik unten).
Gegenüber der vorigen Prognose vom Juni setzt das IMK seine BIP-Erwartung für 2010 um 1,5 Prozentpunkte herauf. Für 2011 heben die Wissenschaftler ihre BIP-Prognose um 0,4 Prozentpunkte an. Arbeitsmarkt: Die bessere wirtschaftliche Entwicklung wirkt sich auf dem Arbeitsmarkt positiv aus, und zwar wegen der zeitlichen Verzögerung, mit der dieser reagiert, im kommenden Jahr stärker als in diesem. Im Jahresdurchschnitt 2010 wird die Arbeitslosenzahl nach der IMK-Prognose bei rund 3,2 Millionen liegen, was einer Arbeitslosenquote von 7,7 Prozent entspricht. Gegenüber 2009 geht die Zahl der Arbeitslosen um knapp 200.000 zurück, wozu aber auch eine Änderung bei der statistischen Erfassung und ein demographischer Effekt beitragen. 2011 sinkt die Arbeitslosigkeit weiter auf rund 2,9 Millionen im Jahresdurchschnitt (Quote: 7,0 Prozent). Auch die Kurzarbeit nimmt weiter ab, in diesem Jahr auf 450.000 Personen, 2011 auf rund 120.000 Personen im Jahresmittel.
Außenhandel: Der deutsche Export erlebte in der ersten Hälfte diesen Jahres einen regelrechten Boom. Bis zur Jahresmitte haben die Ausfuhren gut 80 Prozent des Rückgangs in der Krise aufgeholt. Besonders rasant war die Zunahme der Exporte nach China und in andere südostasiatische Schwellenländer. In der zweiten Jahreshälfte und vor allem im kommenden Jahr wird sich die Ausfuhrdynamik aber verringern, weil die Erholung der Weltkonjunktur an Tempo verliert. So legen die Exporte 2010 im Jahresdurchschnitt um 14,9 Prozent zu, 2011 um sieben Prozent. Entsprechend entwickeln sich auch die Importe: 2010 steigen sie um durchschnittlich 13,3 Prozent. 2011 wachsen die Einfuhren um sieben Prozent
Investitionen: Die Investitionstätigkeit in Ausrüstungen hat sich im ersten Halbjahr 2010 sehr kräftig belebt. Allerdings handelt es sich nach wie vor überwiegend um Ersatz-, nicht um Erweiterungsinvestitionen. Das IMK rechnet für dieses Jahr mit einem Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen um 9,2 Prozent. 2011 schlägt die geringere wirtschaftliche Dynamik auch hier durch: Die Ausrüstungsinvestitionen nehmen um 4,6 Prozent zu. Die Bauinvestitionen werden in diesem Jahr durch die kräftige Ausweitung bei öffentlichen Bauten geprägt, zudem entwickelt sich der Wohnungsbau bei weiterhin niedrigen Zinsen relativ stark. 2011 werden die Impulse jedoch deutlich nachlassen.
Konsum: Der private Konsum wird sich in diesem und im kommenden Jahr beleben, allerdings lediglich moderat. 2010 werden die realen privaten Konsumausgaben bei leicht steigenden real verfügbaren Einkommen sowie einer steigenden Sparquote stagnieren. 2011 dürften die real verfügbaren Einkommen als Folge der besseren Situation am Arbeitsmarkt und spürbar steigender Selbständigen- und Vermögenseinkommen stärker zulegen. Die Konsumausgaben nehmen um ein Prozent im Jahresdurchschnitt zu.
Inflation und öffentliche Defizite: Die Teuerungsrate bleibt weiterhin klar unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank. Für 2010 rechnet das IMK mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 1,1 Prozent, für das kommende Jahr gehen die Wissenschaftler von 1,3 Prozent aus. Darin spiegelt sich wider, dass die Unternehmen ihre Gewinnmargen wieder vergrößern. Entlastend wirken die Lohnstückkosten, die in diesem Jahr um 1,3 Prozent zurückgehen und 2011 nahezu stagnieren. Bei den Staatsfinanzen prognostizieren die Wissenschaftler 2010 ein Defizit von 3,8 Prozent vom BIP. 2011 geht es auf 3,0 Prozent zurück.
Analyse der aktuellen Wirtschaftspolitik: Die Wissenschaftler des IMK warnen davor, angesichts der guten Wachstumszahlen in diesem Jahr "die Krise voreilig für beendet zu erklären". Im Jahresdurchschnitt 2011 werde gerade einmal das Produktionsniveau des Jahres 2008 erreicht. Angesichts der schwierigen finanziellen Lage bei vielen Handelspartnern sei die aktuelle Erholung "wenig robust", wenn sie sich lediglich auf den Außenhandel stütze.
"Ein sich selbst tragender Aufschwung setzt voraus, dass die Binnennachfrage in Deutschland stärker und damit zum entscheidenden Wachstumsmotor wird", schreiben die Düsseldorfer Konjunkturforscher. Das IMK empfiehlt, dazu die staatlichen Investitionen auch im kommenden Jahr zu erhöhen. Im Mittelpunkt stehen sollten "Ausgaben in Infrastruktur, Bildung und Ökologie, die sich auch mittelfristig positiv auf die Produktion auswirken." Mehr staatliche Investitionen verbesserten auch das Umfeld für kräftigere, an der Produktivität ausgerichtete Lohnzuwächse. Beide Faktoren stärkten die Nachfrage. Davon profitierten auch Deutschlands Handelspartner im Euroraum, so dass die in den vergangenen Jahren stetig gewachsenen Ungleichgewichte in der Währungsunion ohne gravierende Wachstumsverluste abgebaut werden könnten. Die Forscher sprechen von einem "Win-Win-Szenario" für Deutschland und für seine Partner.
Die zentralen Daten in Tabellenform finden Sie in Tabelle 3 auf Seite 8 des neuen IMK Reports:
*Gustav Horn, Peter Hohlfeld, Torsten Niechoj, Simon Sturn, Silke Tober, Achim Truger: Erholung verlangsamt sich. Prognose-Update: Deutsche Konjunktur im Herbst 2010. IMK Report 55, Oktober 2010.
Download: http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_55_2010.pdf