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Body Shaming: „Einmal Opfer, immer Opfer“

Ein Viertel der Deutschen ist schon aufgrund des eigenen Körpers beleidigt worden. YouGov-Umfrage zum Thema Body Shaming, den Betroffenen und Tätern.
Body Shaming: „Einmal Opfer, immer Opfer“ © pixabay / PublicDomainPictures
 

Wenn die Beurteilung von Personen ausschließlich anhand derer Körper und Äußerlichkeiten stattfindet, ist das Body Shaming. Nach eigenen Angaben haben schon 25 Prozent der Deutschen die Erfahrung von Body Shaming gemacht. Besonders häufig werden Frauen aufgrund ihres Körpers beleidigt (29 vs. 20 Prozent Männer). Auch junge Deutsche haben solche Beleidigungen oftmals erlebt: vier von zehn der unter 35-Jährigen geben an, bereits Body-Shaming-Opfer geworden zu sein. Mit zunehmendem Alter sinkt die Betroffenheit deutlich. So geben 14 Prozent der über 55-Jährigen an, anhand von Äußerlichkeiten negativ beurteilt worden zu sein. Auffällig sind die Ergebnisse im Hinblick auf Personen, die angegeben haben, eine andere Person aufgrund von körperlichen Merkmalen beleidigt zu haben: 64 Prozent der Täter geben an, selbst schon Opfer von Body Shaming geworden zu sein. Auch aufgrund ihrer Herkunft machen die Menschen unterschiedliche Erfahrungen mit Body Shaming. So geben über ein Drittel (36 Prozent) der Deutschen mit Migrationshintergrund an, schon mindestens einmal wegen ihres Aussehens diskriminiert worden zu sein, vs. 23 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage der internationalen Data and Analytics Group YouGov, für die 2.064 Personen vom 17.04. bis 16.05.2019 ab 18 Jahren bevölkerungsrepräsentativ befragt wurden.

„Einmal Opfer, immer Opfer“

„Einmal Opfer, immer Opfer“ – Aufgrund von körperlichen Auffälligkeiten beschimpft zu werden, ist für die Betroffenen kein einmaliges Phänomen. 34 Prozent der deutschen Body-Shaming-Opfer wurden häufiger als zehnmal beleidigt. Im Alter von 25 bis 34 Jahren haben vier von zehn Deutschen (38 Prozent) diese Erfahrung über zehnmal gemacht. Bei den 18- bis 24-Jährigen haben deutlich weniger diese Erfahrung in dieser Häufigkeit erlebt (27 Prozent). Auch 38 Prozent der Täter geben an, häufiger als zehnmal Body-Shaming-Opfer geworden zu sein. Die Mehrheit (36 Prozent) der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund hat derartige Beschimpfungen zwei bis fünf Mal durchgemacht.

In den meisten Fällen sind die Täter dem Opfer bekannte Personen

Der Druck, Schönheitsidealen gerecht zu werden, entspringt nicht nur den Darstellungen in Werbung und Medien, sondern auch in dem sozialen Umfeld jedes Einzelnen. Die Betroffenen werden am häufigsten von Personen aus ihrem eigenen sozialen Umfeld negativ anhand ihrer Äußerlichkeiten beurteilt. 44 Prozent der deutschen Body-Shaming-Opfer wurden von Bekannten, Arbeits- oder Vereinskollegen wegen ihres Körpers angegangen. In überraschend vielen Fällen stammen die Verantwortlichen der Demütigungen aus dem Freundes- und Familienkreis: In Deutschland wird jedes fünfte Body-Shaming-Opfer von Freunden (20 Prozent) oder Angehörigen (18 Prozent) aufgrund des eigenen Körpers angegangen. In Norwegen werden knapp ein Drittel der Betroffenen von Ihren Freunden aufgrund ihres Aussehens beschämt (35 Prozent). Im Vergleich zu den anderen befragten Ländern (19 Prozent) sind in Schweden (23 Prozent) die Opfer häufiger den Beschimpfungen durch Familienangehörige ausgesetzt; in Italien mit 14 Prozent dafür am seltensten.

Projizieren die Täter nur die eigene Unsicherheit auf Andere?

Dem täglichen Schönheitsdruck können wir uns nur schwer entziehen, doch sind daraus resultierende (falsche) Selbstbilder die Ursache, dass man zum Täter wird und andere Menschen aufgrund ihres Körpers beleidigt oder diskriminiert? Fragt man die Menschen in Deutschland, ob die eigene Unsicherheit ein Grund für die Diskriminierung sein könnte, ist die Antwort eindeutig ja: eine Mehrheit (43 Prozent) sieht in einem geringen Selbstbewusstsein der Täter den Auslöser. Die am zweithäufigsten genannte Ursache ist die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper (32 Prozent) auf Seiten der Täter. Für die Betroffenen spielt der Gruppendruck eine entscheidende Rolle, warum Personen, die den Schönheitsidealen nicht entsprechen, von anderen Menschen beleidigt werden. Für jeden dritten befragten Deutschen (30 Prozent) ist dies ursächlich für Body Shaming.

Body Shaming: Bekanntes Phänomen aber weniger populär als Begriff

Ein Fünftel der Deutschen hat den Begriff schon gehört und kennt auch dessen Bedeutung (19 Prozent): Menschen aufgrund ihres Körpers zu beschämen. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung (47 Prozent) jedoch kennt weder den Ausdruck noch weiß sie, wofür er steht.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Body Shaming ein Phänomen ist, das viele Menschen schon betroffen hat, die Begrifflichkeit ist aber nur wenigen bekannt – ganz gleich ob Opfer, Täter oder unbeteiligte Personen“ sagt Philipp Schneider, Head of Marketing bei YouGov. „In der Ansprache, zum Beispiel bei Hilfsangeboten für Betroffene, sollte daher darauf geachtet werden, Body Shaming zu erklären: Beleidigung oder Diskriminierung aufgrund des eigenen Körpers sind Body Shaming und inkorrekt.“ Kaum Berührungspunkte scheinen die älteren Altersgruppen mit dem Thema zu haben: Unter den über 55-Jährigen ist nicht mal einem von zehn (7 Prozent) der Ausdruck und seine Bedeutung bekannt. Wo hingegen die Hälfte aller 18- bis 24-Jährigen (50 Prozent) Body Shaming als Bezeichnung kennt. Auch die Herkunft und das soziale Umfeld der Menschen scheinen die Bekanntheit von Body Shaming zu bestimmen. So wissen ein Viertel (26 Prozent) aller Deutschen mit Migrationshintergrund über den Begriff, und was sich dahinter verbirgt, Bescheid, vs. 18 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund. Überraschend sind die Ergebnisse im Hinblick auf Personen, die bereits Opfer von Body Shaming geworden sind: einem Drittel aller, die schon einmal aufgrund ihres Körpers beleidigt oder diskriminiert wurden, ist der Begriff gänzlich unbekannt (36 Prozent). Lediglich ein Drittel aller persönlich Betroffenen (33 Prozent) kennt den Ausdruck Body Shaming und was damit gemeint ist. Unter denjenigen, die bisher nicht solchen Anfeindungen ausgesetzt waren, ist der Mehrheit Body Shaming kein Begriff (50 Prozent vs. 14 Prozent Kenner).

Neben den deutschen Ergebnissen liefert die Umfrage bevölkerungsrepräsentative Ergebnisse zu Erfahrungen mit Body Shaming für folgende europäische Länder: Dänemark (n=1.039), Finnland (n=1.007), Frankreich (n=1.024), Italien (n=1.030), Norwegen (n=1.008), Spanien (n=1.017) und Schweden (n=1.017). Nach der Frage zur Bekanntheit des Begriffs Body Shaming wurde den Befragten dieser erklärt, bevor die Befragung fortgeführt würde.