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Vermessung der Jugend: Äquidistanz zum digitalen Dauerstress

2.263 junge Menschen im Alter zwischen 14 und 29 Jahren wurden in Österreichs größter Jugendstudie von DocLX und Marketagent.com befragt.
Jugend Trend Monitor 2019 © Pixabay / rawpixel
 
Dienstagvormittag präsentierten DocLX, Österreichs größte Eventagentur mit touristischem und digitalem Schwerpunkt, und Marketagent.com den neuen Jugend Trend Monitor. In Österreichs größter Jugendstudie werden 2.263 junge Menschen im Alter zwischen 14 und 29 Jahren repräsentativ zu aktuellen Themen befragt.

„Wir sehen das Bild einer sehr vernünftigen Jugend, die bereits mit der Digitalisierung aufgewachsen ist und eine gewisse Ambivalenz entwickelt hat. Schattenseiten der Digitalisierung sind ebenso bewusst wie Vorteile, Potenziale und verbindende Faktoren“, fasst DocLX-Gründer Alexander Knechtsberger zusammen.

„Digitalisierung ist ein fixer Bestandteil des Lebens der jungen Österreicher und wird nicht mehr losgelöst gesehen. Im Umgang mit digitalen Medien und Devices sind die 14- bis 29-Jährigen sehr bewusst und nutzen sie gezielt. Auch eine Auszeit vom hyperdigitalen Dauerstress wird als immer erstrebenswerter angesehen“, kommentiert Marketagent.com-Geschäftsführer Thomas Schwabl.


Mobilität im Wandel


70,4 Prozent der jungen Österreicherinnen und Österreicher wünschen sich kostenfreie öffentliche Verkehrsmittel, womit der Trend zur Abkehr vom eigenen PKW untermauert wird. 25,9 Prozent sprechen sich für autofreie Innenstädte aus und beachtliche 27,2 Prozent wären für eine Abschaffung des Tempolimits auf Autobahnen. Nur 13,6 Prozent unterstützen ein Verbot von Verbrennungsmotoren. Die Einführung einer City-Maut halten 12,6 Prozent der Befragten binnen der nächsten zehn Jahre für realistisch, die Abschaffung des Tempolimits hingegen sogar 14,5 Prozent. Jeder fünfte junge Österreicher kann sich vorstellen, dass der öffentliche Verkehr in der nächsten Dekade gratis angeboten werden wird. Ein eigenes Auto zu haben, halten nur mehr 47 Prozent der befragten jungen Menschen für wichtig. 21,4 Prozent denken, dass Elektromobilität relevant ist und 17,2 sprechen sich für Car-Sharing aus. Mobilitätsplattformen wie Uber, CAR:GO oder Taxify haben für 16,7 Prozent der Befragten sehr hohe Relevanz.

Mit 81,1 Prozent ist der Wunsch nach dem eigenen Auto in den Bundesländern erwartungsgemäß stärker ausgeprägt als in Wien (61,4 Prozent). Bei der Frage nach der Relevanz von Carsharing und Mobilitätsplattformen zeigen sich hingegen kaum Unterschiede zwischen urbaner und ruraler Population.

In ein autonom fahrendes Auto würden 46 Prozent der jungen Österreicher einsteigen; allerdings ist die Zustimmung bei Männern (60,9 Prozent) stärker ausgeprägt als bei Frauen (30,2 Prozent). Nur 20,8 Prozent der jungen Menschen kann sich mit dem Gedanken eines autonom fahrenden Autos noch gar nicht anfreunden.

Ähnlich ambivalent ist auch die Einstellung zu Zustelldiensten mit Drohnen: 50,6 Prozent der Befragten begrüßen sie. Auch hier zeigen sich Männer (61,2 Prozent) wesentlich technik- und innovationsaffiner als Frauen (39,4 Prozent). 44,3 Prozent sind der Überzeugung, dass Amazon und Co. in den nächsten zehn Jahren die Bestellung wie im Flug liefern werden.

Electronic Sports genießen hohen Stellenwert bei Österreichs Jugend


26,9 Prozent der jungen Österreicher definieren „Counterstrike Global Offensive“, „Dota 2“, „FIFA“ oder „League of Legends“ als „echte“ Sportart. 39,4 Prozent sehen intensive Beschäftigung mit eSports nicht als sportliche Betätigung im eigentlichen Sinn an. 29,1 Prozent sind an eSports interessiert: Auch hier zeigen sich Männer (47,7 Prozent sind sehr interessiert) als deutlich digitalaffiner. 26,8 Prozent haben eSports-Turniere schon auf Streamingplattformen wie Twitch verfolgt, 10,4 Prozent im Fernsehen.

eSports wird jedoch eine wesentliche Bedeutung zugemessen: 78,1 Prozent denken, dass digitale Sportarten Menschen auf der ganzen Welt verbinden und 67,9 Prozent sind überzeugt, dass sie wichtige Fähigkeiten wie Konzentration oder Reaktionsgeschwindigkeit positiv beeinflussen. Knapp 60 Prozent schreiben ihnen auch eine bessere Teamfähigkeit zu. Der durchschnittliche österreichische eSportler verbringt täglich 1,2 Stunden mit seiner digitalen Sportart.

Digitale Schattenseiten: Online-Mobbing macht Kopfschmerzen


13 Prozent der jungen Österreicher waren bereits selbst Opfer von Online-Mobbing. 36,2 Prozent waren mit dem Thema bereits im persönlichen Umfeld konfrontiert. 70,5 Prozent der Betroffenen ist das Online-Mobbing nahe gegangen und hat sie betroffen gemacht. 52,7 Prozent haben die Beiträge beim jeweiligen Plattformanbieter – überwiegend juristisch unregulierte Digitalgiganten aus den Vereinigten Staaten – gemeldet. Jeweils knapp 20 Prozent haben die verursachende Person entweder digital oder persönlich zur Rede gestellt. 15,9 Prozent haben sich an eine Vertrauensperson gewandt. 12,4 Prozent erachten Online-Mobbing als noch verletzender als persönliche Untergriffigkeiten. 75,9 Prozent sehen keinen Unterschied, ob sie im realen oder digitalen Umfeld attackiert werden. 86 Prozent halten Online-Mobber für bemitleidenswert und denken, dass sie sich durch ihre digitalen Attacken selbst größer machen. 27,7 Prozent denken, dass man Hasspostings nicht ernstnehmen sollte. 21,1 Prozent sind bereits so abgebrüht, dass sie Online-Mobbing als Alltagsrealität wahrnehmen.

Schönheitsideale sind nicht ideal: Body-Shaming und Körperkult


72,4 Prozent der jungen Menschen würden ihren Körper gerne nach einem Idealbild formen und 64,2 Prozent wünschen sich, dass ihr Aussehen auf andere positiv wirkt. 52,6 Prozent fühlen sich unwohl, wenn sie sich subjektiv gesehen nicht attraktiv fühlen. Digitale Vorbilder wie Influencer und Blogger haben jedoch nur einen sehr geringen Einfluss: Nur 3,8 Prozent der jungen Österreicher nehmen sie zum Vorbild. Immerhin ist der perfekte Partner (89,3 Prozent) für die 14- bis 29-Jährigen noch wichtiger als der perfekte Job (83,8 Prozent).

Knapp die Hälfte der jungen Erwachsenen (47,4 Prozent) kann sich kosmetische Zahnbehandlungen, Laserbehandlungen (31,6 Prozent) oder eine Fettabsaugung (16,2 Prozent) vorstellen. Ein Drittel der Befragten lehnt kosmetische Eingriffe zur Gänze ab.

21,9 Prozent waren schon selbst eine Zielscheibe von Body Shaming. Frauen (26,7 Prozent) sind von Diskriminierung aufgrund ihrer Äußerlichkeit stärker betroffen als Männer (17,3 Prozent). Fast die Hälfte (49,1 Prozent) haben solche Diskriminierungen schon im persönlichen Umfeld erfahren müssen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass 80,9 Prozent der Befragten die „Body Positivity Bewegung“ für wichtig erachten. Hier ist die Zustimmung bei Frauen mit 91,4 Prozent besonders stark ausgeprägt.

Bewusster Umgang mit den Ressourcen


Die Generation der 14- bis 29-Jährigen sucht einen bewussten Umgang mit der Umwelt und achtet auf einen ökologisch nachhaltigen Lebensstil. 6,5 Prozent setzen dafür auf vegetarische Ernährung und 2,6 Prozent auf ein veganes Leben. 66,8 Prozent halten vegetarische Ernährung für gesund und ein Viertel (24,8 Prozent) spricht dieses Urteil auch über einen veganen Lebensstil aus. Die überwiegende Mehrheit (79,5 Prozent) glaubt, dass vegetarische Ernährung umweltfreundlicher sei. Über zwei Drittel (67,8 Prozent) denken dies auch über Veganismus. 78,4 Prozent sind der Überzeugung, dass vegetarische Ernährung ein langfristiger Trend und kein „Hype“ ist. Bei Veganismus sind nur 44,3 Prozent der Befragten dieser Überzeugung.

Beim Einkauf von Lebensmitteln achten nur 17 Prozent auf den „Nutri-Score“ (Anm.: „Nährwertangabe“ auf dem Lebensmittel-Etikett). Zwei Drittel (66,1 Prozent) der jungen Menschen ist dieser bisher noch nie aufgefallen. Mehr als die Hälfte (51,7 Prozent) versucht jedoch, Plastikverpackungen weitestgehend zu vermeiden. Etwas stärker ausgeprägt ist das Umweltbewusstsein in dieser Hinsicht bei Frauen (57,5 Prozent). Das Plastiksackerl ist auf jeden Fall Teil der Vergangenheit: 94 Prozent der jungen Menschen transportieren ihre Einkäufe zumeist in mitgebrachten Taschen, Sackerln oder Rucksäcken. Ähnlich viele (91,1 Prozent) sprechen sich auch für ein Verbot von Plastiksackerln aus. Dieses hat die Verwaltungsregierung auf Initiative von Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger im Nationalrat durchgesetzt. 88,2 Prozent unterstützen ein generelles Verbot von Plastikverpackungen. Ähnlich viele junge Menschen (83,6 Prozent) können sich auch ein Verbot von Einweg-Plastikverpackungen vorstellen.

Echten Pelz tragen nur 2,9 Prozent der jungen Menschen. 59,2 Prozent sprechen sich deutlich dagegen aus. 71 Prozent befürworten ein Verkaufsverbot für echten Pelz. Nur 11,5 Prozent sind klar gegen dieses Verbot.

Impfpflicht: Gesunder Menschenverstand


38,4 Prozent sind für eine generelle Impfpflicht. Weitere 46,3 Prozent stimmen dieser für gefährliche Krankheiten zu. Nur 15,3 Prozent verwehren sich der gesetzlichen Verpflichtung zur Gesundheitsvorsorge. Noch stärker ist das Bewusstsein, wenn es um die eigenen Kinder geht: 93,8 Prozent würden ihren Nachwuchs präventiv impfen lassen. Dagegen spricht sich nur ein verschwindender Prozentsatz von 6,2 Prozent der Befragten aus.

Smarter Umgang mit dem Smartphone


73,7 Prozent der 14- bis 29-Jährigen sehen ihr Smartphone als normalen Gebrauchsgegenstand. Bedenklich ist, dass ein Zehntel (9,4 Prozent) es als „Freund“ bezeichnet und 7,6 Prozent es schon als eigenen Körperteil betrachten. Durchwegs kritisch ist die Einstellung zur Nutzung des digitalen Dauerbegleiters: 78,4 Prozent sagen, dass ihre Freunde zu viel Zeit mit dem mobilen Device verbringen und 72,2 Prozent sind sich bewusst, dass sie selbst zu viel Zeit in gebückter Haltung über dem Smartphone investieren. Nur 24,2 Prozent kritisieren dies an ihren Eltern.

74,3 Prozent wünschen sich zumindest manchmal eine Auszeit vom digitalen Webgebleiter und können sich „Digital Detox“ vorstellen. Dem steht ein Viertel (25,7 Prozent) der Befragten gegenüber, für das ein Handyverzicht unvorstellbar wäre. Jeder Fünfte (21,6 Prozent) hat sich bereits eine digitale Auszeit gegönnt und fast die Hälfte (48,1 Prozent) hat dies demnächst vor. Ein knappes Drittel (30,2 Prozent) kann sich einen Handyverzicht allerdings nicht vorstellen.

Ein handyloser Tag löst bei 30,8 Prozent der jungen Menschen Unruhe aus, ein Viertel (25,2 Prozent) fühlt sich ohne Smartphone gelangweilt und für ein weiteres Viertel bedeutet die Abstinenz vom Handy pure Entspannung.

Bewegtbild bewegt die jungen Österreicher


Wenn sich die jungen Österreicher für einen Content-Kanal entscheiden müssten, würde mehr als die Hälfte (54,8 Prozent) auf Streaming-Abos wie Netflix, Amazon Video oder Sky setzen. 14,9 Prozent würden nicht auf Privatsender verzichten wollen; und 9,6 Prozent halten das öffentlich-rechtliche Fernsehen für essenziell.

Über das aktuelle Tagesgeschehen informieren sich 55,7 Prozent der jungen Menschen in sozialen Netzwerken, wobei hier auch die Inhalte der klassischen Medienmarken hinzuzuzählen sind. 38,4 Prozent konsumieren die Digitalangebote der Tagezeitungen. Gleichauf liegt Radio als wesentliches Informationsmedium. 34,1 Prozent konsumieren Nachrichten im Fernsehen, ein Viertel (23,9 Prozent) liest Tageszeitungen in gedruckter Form und ein weiteres Viertel (24,3 Prozent) informiert sich in Online-Medien, so genannten Publisher-Sites. Die Bedeutung sozialer Medien nimmt mit zunehmendem Alter deutlich ab, worin sich auch eine Differenzierung in der Wahrnehmung der Informations- und Quellenqualität widerspiegelt.

Digitalisierung als Fluch oder Segen


Mehr als die Hälfte (52,2 Prozent) der jungen Menschen befürwortet ein bedingungsloses Grundeinkommen im Bewusstsein, dass die fortschreitende Digitalisierung Arbeitsplätze kosten wird. 90,8 Prozent der jungen Österreicher würden auch bei Bezug des bedingungslosen Grundeinkommens arbeiten. Nur 2,4 Prozent würden die Arbeit verweigern, wenn sie rund 1.500 Euro im Monat ohne Gegenleistung beziehen könnten. 35,2 Prozent halten das bedingungslose Grundeinkommen in den nächsten zehn Jahren für realistisch.

Große Sorgen vor der Digitalisierung als Jobkiller hat Österreichs Jugend nicht: 68,1 Prozent halten Bits und Bytes nicht für die Konkurrenten der Zukunft auf dem Arbeitsmarkt. Nur sieben Prozent sehen ihren (künftigen) Arbeitsplatz durch die Digitalisierung gefährdet.