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Knapp 11.000 Anfragen und Beschwerden bei der Wettbewerbszentrale in 2018

Selbstkontrollinstitution der deutschen Wirtschaft beanstandet Preisdarstellungen bei Check24 und Verivox und informiert über Klage gegen Google LLC.
Fairness im Wettbewerb © fotolia / alphaspirit
 
Insgesamt 10.943 Anfragen und Beschwerden wegen unlauteren Wettbewerbs hat die Wettbewerbszentrale im Jahr 2018 erhalten, teilte die Organisation der Wirtschaft bei der Vorstellung ihres Jahresberichts 2018 mit.

2.799 förmliche Beanstandungen wegen unlauterer Geschäftspraktiken hat die Wettbewerbszentrale gegenüber werbenden Unternehmen aus verschiedensten Branchen ausgesprochen. Formlose Beanstandungen wegen kleinerer Rechtsverstöße gab es in 278 Fällen. Die weitaus meisten Fälle werden außergerichtlich durch Abgabe von Unterlassungserklärungen erledigt. Das erklärte Dr. Reiner Münker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale, am Dienstag in Frankfurt. Wettbewerbs-verletzungen fänden im Grunde in jeder Branche statt. Von wachsender Bedeutung seien in der Praxis der Wettbewerbszentrale unter anderem Fälle gegen oder im Zusammenhang mit Internetportalen.

Im Rahmen der Vorstellung des Jahresrückblicks auf 2018 stellte der Chef der Wettbewerbszentrale aktuelle Verfahren gegen die Vermittlungsportale Check24 und Verivox dar. Zudem informierte er, dass die Wettbewerbszentrale Klage erhoben habe gegen Google LLC wegen irreführender Darstellung von algorithmenbasierten Hotelsternen. Eine weitere Klage habe die Wettbewerbszentrale eingereicht gegen eine große Wohnungsbaugesellschaft, um zu klären, ob sie bei der Vermietung von Wohnräumen mit Breitbandanschlüssen für TV und Internet an die Regeln des Telekommunikationsgesetzes gebunden ist und ihren Mietern die Möglichkeit der Kündigung des Anschlusses unabhängig von der Laufzeit des Mietvertrages gewähren muss.

Vergleichs- und Vermittlungsportale: Wettbewerbszentrale beanstandet mangelnde Transparenz und Irreführung



In 2018 bis heute hat die Wettbewerbszentrale in 20 Fällen Beanstandungen gegenüber verschiedenen Betreibern von Vergleichs- und Vermittlungsportalen ausgesprochen. Betroffen waren Portale aus verschiedensten Bereichen: Augenlaservergleich, Immobilienvermittlung oder Mobilfunk-Leistungen. In den allermeisten Fällen geht es um fehlende Transparenz oder Irreführungen.

„Die Maßstäbe eines lauteren Wettbewerbs fordern auch schon nach der heutigen Gesetzeslage von den Internetportalen mehr Transparenz. Fairer Wettbewerb bedeutet, dass man klar zu erkennen gibt, ob das Portal tatsächlich neutrale Dienste leistet oder ob es etwa wegen vereinbarter Provisionszahlungen eigene Interessen verfolgt. Für den Nutzer macht gerade das den entscheidenden Unterschied aus.“, meint Dr. Reiner Münker und erläuterte einige exemplarische Fälle:

Im Bereich der Immobilienportale versuchen die betreffenden Portale zumeist, den Nutzern – in der Regel verkaufswillige Immobilieneigentümer – zu suggerieren, diese könnten bei Nutzung des Portals den „besten“ Immobilienpreis oder eine unabhängige Beratung erhalten. Das ist allerdings nur selten der Fall. Häufig bieten diese Portale nur eine reine Vermittlungsleistung an, für die sie von den Maklern eine Provision erhalten.

Ein exemplarischer Fall ist derzeit anhängig beim Landgericht Hamburg: Auf einem Portal wurde mit der Aussage „führend in spezialisierter Maklersuche“ und „Ihre unabhängige Immobilienberatung zu den Themen: Immobilienverkauf, Immobilienbewertung, Immobilienmakler und Immobilienpreise“ geworben. Das Portal generiert seinen Umsatz in erster Linie über eine Provisionsbeteiligung bei erfolgtem Verkauf. Dass das Portal also faktisch nur solche Makler vermittelt, die bereit sind, einen Teil ihrer Provision mit dem Portal zu teilen, erfährt der Nutzer nicht. Die Wettbewerbszentrale hält diese Information für wesentlich, da die Zahl der zu vermittelnden Makler damit begrenzt ist: Nicht jeder Makler ist bereit, seine Provision zu teilen. Außerdem moniert die Zentrale die Bezeichnung „unabhängig“ in dem provisionsbasierten Modell als irreführend, ebenso die Behauptung „führend in spezialisierter Maklersuche“, die aus Sicht der Wettbewerbszentrale nicht belegt ist (LG Hamburg, Az. 315 O 208/18).

Aktuelle Verfahren gegen Vergleichsportale Check24 und Verivox



Aktuell hat die Wettbewerbszentrale die Preisdarstellung für Mobilfunkleistungen auf den Vergleichsportalen Check24 und Verivox wegen Irreführung beanstandet: Auf den Portalen wurden Angebote mit einer hervorgehobenen Preisangabe „Durchschnitt pro Monat … €“ bzw. „Durchschnitt/Monat“ in Fettschrift beworben. Der teurere Grundtarif wurde nur in deutlich kleinerer Schrift erwähnt. Den hervorgehobenen deutlich günstigeren Preis „Durchschnitt pro Monat“ ermitteln die Portalbetreiber aus unterschiedlichen Faktoren und Bedingungen. Je nach Portal geht es um Startguthaben (nur für Neukunden), Bonus für Rufnummernmitnahme, sog. Cashback, Sofortbonus, Anschlusspreiserstattung mit je eigenen Voraussetzungen. Der insoweit theoretisch mögliche Durchschnittsmonatspreis, der absichtlich hervorgehoben wird, ist daher nach Auffassung der Wettbewerbszentrale für zahlreiche Kunden gar nicht realisierbar und als Orientierung für den Abschluss des Mobilfunkvertrages nicht nur intransparent, sondern auch irreführend. Dabei waren zudem die Bedingungen für die Inanspruchnahme z. B. des Cashback bei Check24 und der Anschlusspreiserstattung bei Verivox nicht unmittelbar beim Angebot auf der Bestellseite ersichtlich, sondern in den AGB bzw. in den „Vertragsdetails“ versteckt. Überdies war die Auszahlung des Cashback auch noch von der „erfolgreichen Überprüfung der Rechnung“, die der Kunde zu übermitteln hatte, abhängig. Was unter der „erfolgreichen Überprüfung der Rechnung“ zu verstehen war, wurde nicht erläutert.

Check24 ist derzeit darum bemüht, mit der Wettbewerbszentrale eine außergerichtliche Lösung zu erreichen. Die Beanstandung an Verivox ist gerade erst versendet worden. Eine Einlassung des Portals steht noch aus.

„Die Darstellung von günstigen Preisen hat bei Preisübersichten in aller Regel auch Einfluss auf das Ranking von Angeboten. Wenn aber die angegebenen Preise dann von zahlreichen Bedingungen abhängig sind, die auch nicht von allen Kunden erfüllt werden können, kann der Preis „Durchschnitt pro Monat“ kein maßgeblicher Vergleichspreis sein. Zudem müssen diese Bedingungen nach unserer Auffassung für den Nutzer auch transparent sein.“, resümiert Münker.

Algorithmusbasierte Hotelsterne: Klage gegen Google LLC wegen Irreführung



Anfang des Jahres hat die Wettbewerbszentrale Klage beim Landgericht Berlin gegen Google LLC mit Sitz in den USA eingereicht (Az. 101 O 3/19). Hintergrund sind sog. „Google My Business“-Anzeigen, in denen für verschiedene in Deutschland betriebene Hotels unter Angabe von Sterne-Klassifizierungen geworben wurde. Den Usern wird suggeriert, das betreffende Hotel habe eine offizielle und anerkannte Hotelklassifizierung und entsprechende Prüfungen durchlaufen, wie andere Sterne-Hotels in Deutschland auch. Dies ist aber nicht der Fall. Die betreffenden Hotelbetreiber wiesen gegenüber der Wettbewerbszentrale - unabhängig voneinander - darauf hin, dass sie die Angabe der jeweils in den Google My Business Anzeigen genannten Sterne weder beauftragt noch sonst an anderer Stelle mit den angegebenen Sternen geworben hätten. Die „falsche Sterne-Werbung“ sei ohne ihr Zutun entstanden. Google erstellt im Bereich „My Business“ offensichtlich mithilfe von Algorithmen eigene Hotelkategorisierungen mit entsprechenden Sternen. Die Verbraucher wiederum können nicht erkennen, dass die Hotelsterne in Google My Business von Google stammen und nach welchen Kriterien dies geschieht. Die Wettbewerbszentrale beanstandet gegenüber Google die Darstellung von Hotelbetrieben mit der Angabe „x-Sterne-Hotel“ als irreführend, wenn eine aktuell gültige Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung für das jeweilige Hotel nicht gegeben ist.

„Aus Sicht der Wettbewerbszentrale werden mit derartigen Werbeaussagen sowohl Verbraucher in die Irre geführt als auch Wettbewerber benachteiligt und sogar die betreffenden Hotelbetreiber benachteiligt, die mit der genannten Sterne-Kategorie selbst gar nicht werben und werben wollen. Das geht also in vielerlei Hinsicht zu Lasten des fairen Wettbewerbs.“, lautet die Einschätzung von Münker.

Freier und fairer Wettbewerb im TK-Markt: Muss eine Wohnungsbaugesellschaft Mietern eine Kündigungsmöglichkeit für Kabel-TV-Anschluss einräumen?



Die Wettbewerbszentrale hat Beschwerden darüber erhalten, dass der Wettbewerb über TV- und Internetanschlüsse im Bereich gewerblich vermieteter Wohnungen spürbar eingeschränkt ist. Sie lässt vor dem Landgericht Essen (Az. 45 O 72/18) klären, ob Wohnungsunternehmen bei der Vermietung von Wohnräumen mit Breitbandanschlüssen für TV und Internet an die Regeln des Telekommunikationsgesetzes gebunden sind und ihren Mietern die Möglichkeit der Kündigung des Anschlusses unabhängig von der Laufzeit des Mietvertrages gewähren müssen.

Die beklagte Wohnungsbaugesellschaft, welche über 100.000 Wohnungen betreibt, vermietet Wohnungen mit Kabelanschluss für den TV-Empfang und einem Basis-Internetzugang. Die Mieter müssen in diesen Fällen - unabhängig von der tatsächlichen Nutzung der Anschlüsse - die monatlich anfallenden Gebühren an den Vermieter zahlen. Eine Kündigung der Verpflichtung ohne gleichzeitige Kündigung des Mietvertrages wird den Mietern verwehrt.

Die Wettbewerbszentrale sieht hierin einen Verstoß gegen die im Telekommunikationsgesetz (TKG) normierte Wahlfreiheit der Verbraucher. Die Beklagte beruft sich auf ein sog. „Nebenkostenprivileg“ aus der Betriebskostenverordnung, die dem Vermieter die Möglichkeit zur Umlage der Kosten für Breitbandanschlüsse einräumt. Die Regelung in der Betriebskostenverordnung stammt aus den 1980er Jahren. Zwischenzeitlich ist der Telekommunikationsmarkt liberalisiert worden. Der Gesetzgeber hat die Mindestlaufzeit von Telekommunikationsverträgen in § 43b TKG zum Schutze der Kunden begrenzt: Mit Verbrauchern dürfen keine Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen geschlossen werden, die länger als 24 Monate laufen.

Die Missachtung dieser gesetzlichen Verpflichtung ist nach Meinung der Wettbewerbszentrale geeignet, die Wahlfreiheit der Verbraucher sowie den freien Wettbewerb in der Telekommunikation zu beeinträchtigen. Da die Mieter bereits für den Kabel-TV-Anschluss Gebühren an den Vermieter zahlen müssen, werden sie zur Vermeidung von Doppelzahlungen faktisch davon abgehalten, ein anderes Marktangebot anzunehmen. Der Wettbewerb um die in den Mietverträgen gebundenen Kunden ist damit für Anbieter anderer Triple-Play-Angebote faktisch massiv eingeschränkt.

„Wir haben im November des letzten Jahres Klage eingereicht und wollen jetzt von dem Gericht wissen, ob sich Vermieter, die ihren Mietern Breitbandanschlüsse für TV- und Internetzugänge bieten, an § 43b TKG halten müssen“, erläutert Münker den Hintergrund des Verfahrens. Termin zur mündlichen Verhandlung ist am 12.04.2019.