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Wenn der Einkäufer schweigt

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold - das Sprichwort, das in so manchen Lebenslagen zutrifft, löst bei vielen Verkäufern keine Zustimmung aus.
Thomas Burzler | 16.10.2008
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – das Sprichwort, das in so manchen Lebenslagen wunderbar zutrifft, löst bei vielen Verkäufern alles andere als Zustimmung aus. Ein Einkäufer, der nichts sagt, ist für manche Verkäufer unangenehm. „Ich bin zu teuer“, „Den Kunden überzeugt mein Angebot nicht“ – solche Gedanken sind es, die einem dann schnell in den Sinn kommen, sobald der Kunde schweigt. Doch solche Situationen kommen im täglichen Geschäft immer wieder vor, egal ob im Vertrieb von Maschinen und Anlagen oder im Finanzdienstleistungs- oder im Versicherungsbereich. Profis gehen mit dem Schweigen des Einkäufers souverän um – Sie kennen die richtigen Strategien und Techniken.

Das Schweigen des Einkäufers kann einem in jeder Phase eines Verkaufsgesprächs begegnen. Geübte Einkäufer setzen es sehr gerne ein, wenn es zur Preisfrage kommt: „Was kostet das bei Ihnen?“ Sobald der Verkäufer den Preis für ein Produkt oder eine individuelle Lösung genannt hat, sagt der Einkäufer erst einmal gar nichts und wartet ab. Mit seinem Schweigen bringt er so manchen Verkäufer gehörig ins Schleudern und holt schnell einmal ein paar Prozent Preisminderung oder einen Nachlass heraus. Ohne Verhandeln, ohne Argumentieren, einfach nur durch sein Nichts-Sagen! Schweigen ist Gold bzw. Geld – für den Einkäufer trifft das in vielen Fällen somit tatsächlich zu. Warum? Weil Verkäufer oft in die falsche Richtung denken. Das Schweigen des Gegenübers bringt sie ins Rotieren, in den Köpfen schwirrt der Gedanke „Ich bin zu teuer“. Die Folge: Ohne dass der Kunde etwas sagt, gibt ihm der Verkäufer einen Nachlass, sagt „Am Preis können wir noch was machen“ oder „Welchen Preis stellen Sie sich denn vor?“.

Geschickte Verkäufer hingegen lassen es erst gar nicht so weit kommen. Sie stellen im Anschluss an den Preis sofort eine Frage wie „Bis wann wollen Sie denn die Systeme geliefert haben?“. Damit steuern sie den Gesprächsfluss wieder in die richtige Bahn: Hin zu Leistung und Wert. Und für den Fall eines Satzes „Sie sind teuer!“ hat der smarte Verkäufer eine überraschende Antwort parat: „Ja, Sie haben Recht, wir sind nicht die billigsten.“ Und er setzt dann sofort nach: „Ich könnte mir vorstellen, dass Sie interessiert, wo der Unterschied zu den billigen Anbietern liegt. Darf ich Ihnen das kurz erklären?“ Als Verkäufer zeigen Sie damit, dass Sie Argumente für ihre Leistungen haben. Erklären Sie ihrem Kunden, wofür er sein Geld investiert und was er dafür im Gegenzug (Return of Invest) bekommt. Auch rhetorisch können Sie in dieser Gesprächsphase geschickt vorgehen: Argumentieren Sie kundenorientiert und ersetzen sie das kleine Wörtchen „aber“ möglichst durch „und“. Denn „aber“ löst beim Kunden schnell und unbewusst eine Gegenreaktion aus. Nachdem Sie dem Kunden den Preis erklärt haben, wird der Kunde wahrscheinlich trotzdem fragen: „Was kann man denn jetzt am Preis noch machen?“ Erst jetzt – und nicht früher – ist auch der richtige Zeitpunkt gekommen, in die Preisverhandlung einzusteigen. Den ersten, unnötigen Preisnachlass, den der Einkäufer mit seinem Schweigen provozieren wollte, haben Sie sich dann bereits gespart.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die innere Einstellung des Verkäufers. Denn nur, wenn der Verkäufer hinter seinem Preis steht, wird er sich von einem schweigenden Einkäufer nicht irritieren lassen. Ist er sich seiner eigenen Stärken bewusst, bringt ihn auch ein Nicht-Sprechen des Kunden nicht aus dem Konzept. Hilfreich ist es in diesem Fall auch, wenn der Verkäufer weiß, worauf sein Kunde besonderen Wert legt. Dazu sollte er herausfinden, welchen Menschen er in der Rolle des Einkäufers vor sich hat – und zwar vor der Verhandlung! Häufig versäumen es Verkäufer, den Einkäufer in einer stressfreien Minute kennenzulernen, und sehen ihn dann in der Verhandlung zum ersten Mal – dann sind aber beide unter Druck. Gerade im technischen Vertrieb kommt es oft vor, dass ausführlich mit den technischen Abteilungen gesprochen wird, die Kaufleute, insbesondere die Einkäufer, aber sehr lange außen vor bleiben.

Nur wer weiß, wie sein Kunde denkt, kann seine Argumente genau darauf abstimmen und so auch ein Schweigen seines Gegenübers leichter mit der richtigen Frage durchbrechen. Ist der Einkäufer ein rationaler und sachlicher Mensch? Dann müssen Sie als Verkäufer Zahlen, Daten und Fakten parat haben, um ihn zu überzeugen. Oder kommt es ihm in erster Linie auf Sicherheit und Kontrolle an? Dann sollte man als Verkäufer Vertrauen aufbauen, geplant und strukturiert vorgehen und zeigen, dass man Vorkehrungen trifft, um Probleme von vornherein auszuschließen. Ganz anders sollte man sich einem Einkäufer gegenüber verhalten, der nach innovativen Ideen und Visionen sucht. Ihn reizen spontane Einfälle und riskante Entscheidungen, zuviel Kontrolle engt ihn in seinem Wunsch nach Ungebundenheit ein. Als Verkäufer sollte man sich nicht nur inhaltlich, sondern auch in Mimik und Gestik auf einen solchen Einkäufer-Typ einstellen: Statt Ruhe und Sachlichkeit sind hier Enthusiasmus und Engagement gefragt.

Egal, welchen Typ Einkäufer Sie vor sich haben: Wenn Sie sich vorab über ihn informiert haben, fällt es ihnen leichter, den richtigen Draht zu ihm zu finden. Mit der richtigen inneren Einstellung kann Sie dann auch ein Schweigen des Einkäufers nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil: Sie können das Schweigen positiv sehen und für sich zu Gold machen – schließlich gibt ihnen der Einkäufer damit die Gelegenheit, ihn mit ihren Argumenten zu überzeugen! „Darf ich Ihr Schweigen als Zustimmung verstehen?“ Kann dann eine Ihrer Fragevarianten sein, die einen Abschluss einleiten.
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Thomas Burzler ist Redner, Coach, Autor und Gastdozent. 2011 hat er mit dem CSP die wichtigste internationale Rednerauszeichnung erhalten. Nationale w