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So sehen Sie Ihren Shop mit den Augen einer „Online-Jury”

Seit vielen Jahren hat sich der Wettbewerb „Onlineshop des Jahres“ etabliert. Alle zwölf Monate werden die Kriterien aktualisiert.
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing Band 2:
http://TopOnlineExperten.de



Das Internet bestimmt heute die Prozesse im Versandhandel. Mit dem Onlineshop im Sinn wird fotografiert. Mit Rücksicht auf Google & Co wird getextet. Die Seiten werden so gebaut, dass sie für Suchmaschinen leicht zu lesen sind. Die immer anspruchsvolleren Erwartungen der Kunden in Sachen Bewegtbild verlangen neue Qualifikationen und oft auch eine neue Struktur im Webshop.

Schließlich das große Thema Web 2.0: Welche Möglichkeiten bietet der Versender den Kunden, sich mit ihrer Meinung und ihrem Wissen einzubringen? Der amerikanische E-Commerce-Experte Justin Palmer hat dafür einen einfachen Test: Nehmen Sie alle Produkte aus Ihrem Webshop – wieviel „Wert“ bietet er dem Besucher noch?

Während im Katalog-Geschäft die Regeln erlernt und ausgetestet sind und es nun darum geht, neue Begehrlichkeit für das alte Papier zu erzeugen, ist die Halbwertszeit des Wissens im Internet deutlich kürzer. Neue Konzepte entstehen quasi im Wochenrhythmus, und jedes erklärt sich, ein „Gamechanger“ zu sein.

Seit vielen Jahren hat sich der von der Zeitschrift „Der Versandhausberater“ initiierte Wettbewerb „Onlineshop des Jahres“ als eine der wichtigsten Auszeichnungen im deutschsprachigen Onlinehandel etabliert. In der Jury beurteilen nachweislich erfolgreiche Internethändler und renommierte Experten eine Vielzahl von Nominierungen. Alle zwölf Monate werden so die Kriterien aktualisiert – dabei ist über die Jahre ein Weißbuch der Erfolgselemente im Onlinehandel entstanden.


Der erste Eindruck

Der Zugang zu einem Shop erfolgt heute zu einem kleineren Teil über die Homepage, zu einem weit größeren über Kategorien- oder Produktseiten. Dies ist der Google-Orientierung geschuldet und wird durch die Deep-Links bei Empfehlungen in sozialen Netzwerken noch verstärkt.

Angesichts des starken Wettbewerbs müssen die Shops buchstäblich in wenigen Augenblicken ihre Kompetenz und ihren USP (Unique Selling Proposition) kommunizieren. Die Jury achtet daher auf folgende Elemente:

Teaser-Fotografie, die das Kernsortiment und die Preis-Architektur erklärt.

Eine Tag-Line - also eine beschreibende Zeile – die den besonderen Anspruch des Shops erläutert.

Order-Starter, also Hero-Angebote oder „Bestseller“, die ein herausragendes Preis-Leistungsverhältnis signalisieren und für Frequenz sorgen.

Cross-Selling-Produkte, die Sortiments-Kompetenz versprechen.

Service-Argumente und Garantien, die eine Bestellung gerade in diesem Shop als gute Wahl versichern.

Nicht zuletzt schaut der Juror auf Siegel und Bewertungen, die unabhängig die Qualität belegen.

Wenn der Kunde aus der Suchmaschine direkt auf die Produktseite springt, gelten diese Regeln in angepasster Form genau so. Ob Teaser-Copy oder Produktbeurteilungen, Cross- und Up-Selling oder Service-Argumente – alle diese Elemente haben hier ihren Platz. Hinzu kommen weitere Elemente:

In Tests ist nachgewiesen worden, dass allein das Vorhandensein solcher Elemente die Konversion steigert. Der Nutzer verarbeitet alle diese Elemente zum Teil unbewusst, er hakt sie gewissermaßen im Entscheidungsprozess für einen Anbieter ab.


Die Suche – vom Shopping zur Zielsuche

Jeder Onlineshop muss mindestens zwei Arten von Käufern bedienen, die sich an verschiedenen Punkten im Kaufprozess befinden: Diejenigen, die sich orientieren, und solche, die schon klare Kaufvorstellungen haben. Dass beide gleichermaßen zum Podukt finden, ist die große Aufgabe der Navigation.

Im ersten Fall orientiert sich die Jury an den Navigationselementen im Shop. Der Suchauftrag fällt entsprechend generisch aus: „Sakko“ oder „Mountainbike“ oder „Flatscreen-TV“. Bei der Zielsuche wählt die Jury sehr konkret Marke und Textur oder Rahmenhöhe beziehungsweise Display-Typ und gibt diese in die Suchmaske ein.

Ein Onlinehändler, der gute Orientierung bietet, setzt auf Facetted Navigation und gute After-Search-Elemente:

Welche Filter-Möglichkeiten bietet der Shop an – und wie gut sind sie optisch aufbereitet? Wird die Farbwahl also nur typografisch oder nur bildlich oder in Kombination ermöglicht? Ebenso Marken und Subkategorien: Finden sich dort die Signets der „Brands“ beziehungsweise Silhouetten oder Stellvertreter-Produkte? Werden je nach Produktart besondere Filtermöglichkeiten angezeigt, zum Beispiel Schafthöhe bei Stiefeln oder Papiergewicht bei Papeterie-Waren?

Zeigt der Shop nur Kategorien – eine eher technisch einkaufsgetriebene Struktur – oder kann der Nutzer auch nach Anlässen geführt auswählen?

Bietet der Shop in komplexen Produktgruppen Beratungsinstrumente? Ist zum Beispiel die Wahl nach Figur- oder Hauttyp über einen Fragedialog möglich

Bei der Zielsuche wiederum gibt es wichtige Gütekriterien eines erfolgreichen Shops:

Der Shop kann „inline“ aufgrund der bereits im Suchfeld eingegebenen Buchstaben oder abgeschlossenen Worte mögliche Trefferlisten anzeigen – eine sehr wichtige und erfolgreiche Unterstützung.

Die Trefferliste sollte Produkte nach Kategorien strukturiert anzeigen. Ein klares Manko ist es, wenn der Shop Fehlschreibungen oder alternative Begriffe nicht verarbeiten kann. Banal gesagt: „Strumpf“, „Strümpfe“ und „Sokke“ müssen auch zu Socken und Fesselsocken führen.

Die Suche nach einer „gelben Jacke“ sollte hingegen nur solche Produkte anzeigen, bei denen diese farbliche Variante auch möglich ist. Und idealer Weise gehört auch das Bild einer gelben Jacke dazu, nicht die braune Variante – Stichwort „HD-Daten“.

Für die Jury hat es ein hohes Gewicht, wenn die Trefferlisten nach verschiedenen Kriterien sortiert werden können. Wesentlich sind hier Preis-Reihenfolgen, aber auch alphabetische Markenreihen oder nach Produktbewertungen, sofern vorhanden.

Pluspunkte sammelt ein Shop, der bei „Null Treffer“-Anzeige mögliche passende Artikel anzeigt.


Kategorien- und Produkt-Seiten

Da viele Nutzer direkt auf den Kategorien- oder Produktseiten einspringen, schaut die Jury hier besonders hin. Zwei Elemente zeichnen beispielhaft gute Kategorien-Seiten aus:

Die Produktabbildungen sind von gleichbleibender Güte und fotografischem Konzept. Besonders gelungen sind solche, die beim Mouse-over zusätzliche Informationen geben, ob das Verfügbarkeit, Farbvarianten, Preis oder auch Bildvarianten wie Szenerie und Freisteller sind.

Erfolgreiche Händler verstehen es zudem, auf den Kategorien bereits verkäuferisch zu steuern – etwa durch Hervorhebung besonderer Produkte mit Störern (Rabatt-/Sale-Zeichen, Ratings), Rahmen beziehungsweise Fonds oder auch durch größere Abbildungsflächen.

Auf den Produktseiten geht es um die eingangs schon erwähnten HD-Daten bei der Produktabbildung.

Farbvarianten sollten dabei stets entweder durch separate Fotografie oder durch Color-Swatches (also simulierte Farbvarianten) dargestellt werden.

Verfügbare Videos sollten nicht versteckt werden, allerdings auch nicht unaufgefordert starten.

Eine Zoom-Funktion sollte mehr sein als lediglich ein doppelt so großes Thumbnail. Gerade bei teuren Produkten erhöht die Abbildung der Textur oder zum Beispiel des Umwerfers bei Fahrrädern die Wandlung.

Zu den HD-Daten zählt auch eine gleichbleibend ausführliche wie strukturierte Produktbeschreibung.

Kundenrezensionen und Ratings sind heute schon Pflicht in den Augen der Jury.

Ebenso zählt die Möglichkeit, ein Produkt über Twitter oder Facebook zu empfehlen, bei entsprechender Zielgruppen-Eignung zu den wichtigen Marketing-Funktionen eines zukunftsfähigen Onlineshops.

Spezialanbieter verlinken dabei auch zu passenden Beiträgen im eigenen Blog, zu eigenen oder kooperierenden Foren. Oder sie bieten einen offenen und dokumentierten Service-Dialog, sozusagen ein wachsendes Produkt-„FAQ”.

Anspruchsvoll, aber darum besonders wichtig ist die Möglichkeit, komplette Styles mit einem Klick in den Warenkorb legen zu können.

Wie bei Katalogen häufig übersehen wird, dass Kunden diese gedruckten Werbemittel auch rückwärts blättern, entbehren viele Shops heute noch die Führung von der Produktseite zurück ins Sortiment. Gerade wegen der Einsprünge aus der Suchmaschine auf die Poduktseite ist gerade dies wichtig:

Hier geht es der Jury zum einen um Cross-Selling und Up-Selling. Dies können Vorschläge aus dem Einkauf sein, Empfehlungen aufgrund von anderen Nutzer-Transaktionen, oder – sofern solche Community-Elemente vorhanden sind – um konkrete Style-Empfehlungen der Peers. Die Bedeutung hat der Onlineshop Yalook erkannt: Produkte, zu denen Style-Empfehlungen anderer Nutzer optisch vorgestellt wurden, erzielten deutlich höhere Wandlung. Außerdem riefen die Kunden danach mehr Seiten im Shop auf.

Zum anderen sollte der Rücksprung im Sortiment Ebene um Ebene gelingen – also der Kunde von einem konkreten blauen Sakko zu allen (blauen) Sakkos zurückfinden. Ausgefeilte Shops bieten zudem die Möglichkeit, hier stattdessen nach Farbe oder Marke zu sortieren.


Suchmaschinen-Optimierung

Für einen externen Betrachter ist es schwer möglich, die Suchmaschinenwerbung zu beurteilen. Ob ein Anbieter bei einer Produkteingabe in Google mit einem Ad weit oben auftaucht, hängt von der konkreten SEA-Strategie (Search Engine Advertising) ab. Anders ist es bei der Suchmaschinen-Optimierung:

Die Jury informiert sich im Vergleich mit Wettbewerbsshops über den Pagerank des Onlineshops.

Fünf typische Produkte des Shops werden in Google eingegeben und geprüft, ob der Anbieter hier auf den vorderen Rängen liegt. Dabei werden Einzelbegriffe und Mehrwort-Kombinationen einschließlich der Nutzung von Markennamen getestet.

Die Jury schaut sich in diesem Zuge auch das „Snippet“ an, also welches Textumfeld sich bei dem Begriff findet.

Neben den Anzeigen auf Google (inklusive Google-Shopping, Google-Fotos und Google-Videos) schaut die Jury auch auf die Positionierung des Shops in den großen Preissuchmaschinen.


Kundenbindung

Anders als im klassischen Versandhandel, der den Kunden mit Katalogen im Rahmen einer Anstoßkette bewirbt, ist die Beziehung zwischen Versender und Kunde im Internet häufig auf einen Kauf beschränkt. Die Jury achtet daher auf die Inszenierung von Kundenbindungselementen:

Zuge des Bestellabschlusses an, sondern lobt ihn auch aus? Erklärt er dem Nutzer also, welche Vorteile er hat, wenn er seine E-Mail-Adresse hinterlässt?

Gibt es ein Bonusprogramm oder andere „spielerische“ Elemente, mit denen der Nutzer in den Shop zurückgeführt wird?

Wie personalisiert erfolgt die Ansprache im Newsletter und wie häufig wird geworben?

Setzt der Versender Erinnerungsmails ein, wenn der Nutzer einen Warenkorb befüllt, aber die Bestellung nicht zu Ende führt?

Gibt es ein Weblog des Shops mit einem klaren Informationsmehrwert für den Kunden?

Betreibt der Shop eine Facebook-Seite, die als Community-Element konzipiert und entsprechend gestaltet wird?

Wenn der Shop Twitter als Medium einsetzt: Ist es lediglich ein Push-Kanal oder liegt dahinter eine Service-Strategie? Gibt es gegebenenfalls mehrere Twitter-Kanäle für die jeweiligen Vorhaben?

Wenn der Händler offline arbeitet: Wie bietet er die Print-Werbung im Internet an beziehungsweise welche Informationen und Anreize gibt er für den Besuch einer Filiale?


Checkout

Ein wesentlicher Aspekt für die Jury ist der einfache Checkout. Gerade etablierte Versender fallen hier häufig auf, weil jeder Kunde obligatorisch ein Kundenkonto eröffnen muss.

Der Checkout sollte auch ohne Anmeldung, Nutzername und Passwort-Vergabe möglich sein.

Die Schritte des Checkouts sollten optisch angezeigt werden.

Bei allen Eingaben von Finanzdaten sollte die Verschlüsselung klar benannt und möglichst durch grüne URL-Einfärbung die sichere Verbindung angezeigt werden.

Die Eingabe-Masken sollten deutlich machen, welche Felder notwendig sind.

Bei Fehl-Eingaben sollte erklärt werden, wie die Eingabe korrekt erfolgt.

Fehlende Felder sollten markiert werden, damit der Kunde sofort weiß, wo er noch etwas nachtragen muss.

Wenn weitere Kontaktmöglichkeiten abgefragt werden, sollten diese mit einem konkreten Mehrwert belegt werden. Die Angabe einer Mobilnummer etwa mit einer SMS-Benachrichtigung über den Warenversand.

Die Jury prüft jeweils auch, ob die Widerrufsbelehrung und andere gebotene Informationen im Zuge des Checkouts erfolgen.

Eine Dankeschön-Seite sowie die Bestätigung des Einkaufs per Mail samt allen Daten runden den Einkauf ab.


Fazit: Geradewegs durch den Conversion-Funnel

Die Wettbewerbslandschaft im Onlinehandel entwickelt sich heute dynamisch. Liveshopping, Clubs, Facebook-Shops, Shopping-Apps: Die Bandbreite der Verkaufsformate scheint alte Regeln obsolet zu machen. Doch hinter jedem neuen Konzept steckt ein typischer Transaktionsweg, der über Erfolg und Misserfolg entscheidet.

Auch stark impulsgetriebene Angebotsformen mit geringem Bestandssortiment unterliegen vergleichbaren Zwängen. Sie müssen beim Kunden im Einkaufsprozess nach kurzer Zeit schon mit der besonderen Qualität ihres Merchandising punkten. Auch ihr Erfolg hängt daran, dass sie die Conversion-relevanten Elemente auf den Produktseiten und im Zuge des Bestellabschlusses richtig platzieren. Auf die Vielzahl der Bezahlweisen oder die Möglichkeit, sich via Facebook einzuloggen oder inzwischen auch mit dem Amazon-Konto zu bezahlen, bin ich hier gar nicht eingegangen.

Im Versandhandel gilt für die große Zahl der Anbieter eine Regel – auch und gerade im Onlinehandel: Erfolg wird nicht über den ersten, und schon gar nicht einmaligen Kauf erzielt, sondern durch die Verankerung des Shops als leistungsfähiger, verlässlicher Lieferant. Ein wesentliches Kriterium ist die Addition kleiner „Jas“ auf einem geradlinigen Weg durch den Conversion-Funnel. Das galt früher für den Weg des Kunden durch den Katalog und gilt heute für den Weg bis zum abschließenden Klick auf den Bestell-Button. Darauf legt die Jury im Wettbewerb „Onlineshop des Jahres“ ihr Augenmerk – und deshalb können heute auch kleine, aber handwerklich perfekte Onlinehändler im Wettbewerb die großen Anbieter ausstechen.


Literatur

www.konversionskraft.de
www.usabilityblog.de