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Robuste Roller und knuffige Kleinwagen...

Robuste Roller und knuffige Kleinwagen waren die Spezialität einer Landmaschinen-Fabrik aus Dingolfingen. Wie eine Marke zum Star auf dem ...
Sebastien Philipp | 04.10.2006
Robuste Roller und knuffige Kleinwagen...

...waren die Spezialität einer Landmaschinen-Fabrik aus Dingolfingen. Wie eine Marke zum Star auf dem deutschen Nachkriegs-Markt aufstieg und Verkaufsrekorde sprengte, zeigt die Marke Gogo eindrucksvoll.

Here we Gogo!

Wer erinnert sich noch an das Gogomobil, das in den 50er Jahren eindrucksvolle Gewinne einfuhr? Das für heutige Verhältnisse winzige Auto ist zwar ein Beispiel für eine untergegangene Marke, aber dennoch ein Gewinner auf dem Markt.

Niederbayern erobert Deutschland
Ende der 40er Jahre kämpft der Landmaschinen-Markt mit herben Umsatzrückgängen. Die Misere greift um sich und vielen kleinen Betrieben droht das Aus. Doch die Hoffnung und die Kreativität sterben zuletzt, so dass sich der Landmaschinenfabrikant Hans Glas zu neuen Ufern auf dem auf seiner Produktpalette begibt. Während des Besuchs einer Landmaschinen Ausstellung im norditalienischen Modena wittert der Sohn des Fabrikleiters den neuen Trend auf dem Markt der motorisierten Fortbewegungsmittel. Inspiriert vom Siegeszug der Vespa in Italien und dem Verlangen des neu erwachten Nachkriegsdeutschlands nach individueller Mobilität, kehrt er nach Niederbayern in das beschauliche Dingolfingen zurück. Mit der Entwicklung eines Motorrollers wird umgehend begonnen und erste Prototypen werden entworfen.

Fieberhaft wird an der Entwicklung der Zweiräder gearbeitet, bis im Juli 1951 der erste Zweitakter der Landmaschinen-Marke Isaria auf den Markt kommt. Was noch fehlt ist ein griffiger Name. Kurzerhand entscheidet sich Hans Glas für den Rufnamen seines jüngsten Enkels Andreas, der von seinem Kindermädchen Goggi genannt wird. Die Marke Gogo war geboren. Obwohl der Zweitakter mit 125 Kubikzentimetern äußerlich keine grazile Schönheit wie seine Verwandten die italienischen Vespas ist, wird der robuste Roller zu einem der meistverkauftesten motorisierten Zweiräder auf dem deutschen Markt. Im Erfolgsrausch erweitert Glas das Programm um 150- sowie 200-Kubikzentimeter-Motoren, und Seitenwagen und Lastenrollertypen werden ins Programm genommen. Die beeindruckende Bilanz: 46.000 Roller werden zwischen 1951 und 1956 verkauft.

BMW staunt Bauklötze
Die Marktbedingungen ändern sich schnell und die Tüftler aus Niederbayern müssen sich erneut fragen, was der Verbraucher im Rahmen des Wirtschaftswunders verlangt. Komfort ist das Stichwort. Der Wunsch nach Mobilität unter einem schützenden Dach verdrängt den Roller. Komfort ja, aber für wenig Geld. Diesen Anspruch will die Familie Glas bedienen. Kleinwagen werden konstruiert, die Motorrad und Rollerfahrer zum Umsteigen auf das Vierrad bewegen sollen. Der klangvolle Name: Gogomobil. Der Werbeslogan damals: „Freiluftfahren ist schon alt: Sommer, Regen, Winter kalt – Familie das nun nicht mehr will! Lösung klar: Gogomobil“. 1954 wird das Gogomobil noch als Vierradroller mit Rolldach auf einer Fahrrad- und Motoraradausstellung präsentiert. 1955 spricht man schon von einem Kleinwagen mit zwei seitlichen Türen.

Die Konkurrenten, wie BMW mit seiner Isetta oder Messerschmitts mit ihrem Kabinenroller, sind geschockt. Das Gogomobil ist ein richtiges kleines Auto mit tiefem Schwerpunkt, Pendelachsen mit Einzelradfederung, 2,60m Länge und 1,26m Breite. Eine harte Konkurrenz, die mit 13,6 PS starkem, hell singendem Motor mit einem Traktorführerschein der Klasse IV gefahren werden darf.

Die Gogo-Seele lebt weiter
Das Gogomobil kostet zwar stolze 3.327 DM, aber das Konzept trifft voll ins Schwarze. In rund zwei Jahren verlassen 25.000 der Kleinwagen die Werkshallen des ehemaligen Landmaschinenherstellers. Die Zukunft zeigt sich viel versprechend. Stärkere Gogomobile mit 20 PS werden gebaut. 1957 wird die Kleinstwagen-Familie um den TS Coupé erweitert. Mit nur 15% über dem Preis eines Gogomobils erhält der sportliche Zweisitzer schnell den Namen: „Ferrari des kleinen Mannes“. Es folgt auf dem Fuße der Gogomobil-Transporter. Der Transportfloh, der auch als Pick-up erhältlich ist, wird allein von der Deutschen Post zu 2.000 Stück geordert. Die Weiterentwicklungen der Automobilbranche machen auch vor Dingolfingen nicht halt. So ersetzt man Schiebe- durch Kurbelfenster, Scheibenwischer erleichtern die Sicht und die Türen werden vorne angeschlagen. Mitte der 60er Jahre wird das Modell Isar und V8 lanciert, nun wagt sich das erfolgreiche Unternehmen auch auf den Markt der Oberklassen-Wagen.

Um auf diesem Oberklassen-Markt Erfolg zu haben, fehlt es den knuffigen Gogomobils an Tradition und Renommee. Die für ihre Kleinwagen bekannten Hersteller können nicht mithalten bei dem Trend hin zu größeren Automobilen. 1968 wird die Produktion der kleinen Flitzer nach dem Verkauf von 280.000 Stück eingestellt. Hans Glas gelingt vor 1966 Produktionsende der Gogos noch ein abschließender Coup. Denn der kleine Hersteller weiß, dass er in der hart umkämpften Automobilbranche keine Chance mehr hat und verkauft an BMW. Die renommierten Motorenwerke bauen Dingolfingen zum zweiten Produktionsstandort aus. Die Seele des Gogos ist nicht ausgestorben, einerseits durch den Erhalt der Fabrik und andererseits durch seine Fans, die im Mai 2005 mit einem Corso von 400 Gogomobilen durch die ehemaligen Produktionshallen fuhren.

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