Mobbing: Ein Mann – ein Wort – kein Geld
1. Der Fall
Der Kläger hatte im August 2003 fristlos gekündigt, weil sein Arbeitgeber mit Gehaltszahlungen im Verzug war. Einige Monate später verlangte er jedoch die Zahlung der ausstehenden Gehälter, weil die Beklagte, welche den Betrieb im September 2003 übernommen hatte, zum einen zur Rechtsnachfolgerin seines Arbeitgebers geworden sei. Zum anderen sei seine Kündigung unwirksam gewesen, unter anderem weil kein „wichtiger Grund“ vorgelegen habe.
2. Entscheidung des BAG
Der zweite Senat des BAG wies die Klage zurück und erklärte die Eigenkündigung des Arbeitnehmers für wirksam.
3. Begründung des BAG
Zur Begründung führt das BAG an, dass es für eine fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB eines wichtigen Grundes bedarf, ohne diesen ist die Kündigung unwirksam. Ein solcher wichtiger Grund kann nach der Rechtsprechung dann bestehen, wenn der Arbeitgeber mit Gehaltszahlungen im Rückstand ist und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber deswegen zuvor abgemahnt hat. Wer kein Gehalt bekommt und dieses ausstehende Gehalt unter Androhung arbeitsrechtlicher Maßnahmen einfordert, hat dem Grunde nach einen „wichtigen Grund“ im Sinne des § 626 I BGB geschaffen. Das Bundesarbeitsgericht befasste sich in der hier besprochenen Entscheidung mit der Rechtsfrage, welche Folgen eine vom Arbeitgeber hingenommene Kündigung ohne einen solchen wichtigen Grund im Sinne des § 626 I BGB nach sich zieht. Fraglich war, ob sich ein Arbeitnehmer, dessen Kündigung trotz formaler Mängel durch den Arbeitgeber hingenommen wurde, nachträglich auf die Mängel berufen kann. In seiner Entscheidung stellte das Bundesarbeitsgericht zu Recht darauf ab, dass einmal abgegebene Willenserklärungen nicht einfach zurückgenommen werden können. Wer sich im Nachhinein eines Anderen besinnt, obwohl es dafür keinerlei objektive Gründe, im Sinne eines „Erklärungsirrtums“ gibt, der muss sich an der abgegebenen Erklärung festhalten lassen. Wenn kein wichtiger Grund für eine Kündigung vorliegt, der Arbeitgeber die Kündigung dennoch hinnimmt, dann kann sich der Arbeitnehmer regelmäßig nicht auf die Unwirksamkeit seiner schriftlich ausgesprochenen Eigenkündigung berufen. Ein späteres Berufen auf formale Mängel verstieße gegen das aus der Generalklausel des § 242 BGB hergeleitete Verbot widersprüchlichen Verhaltens.
4. Nachteile einer Eigenkündigung
Eine Eigenkündigung löst zudem regelmäßig eine Sperrzeit durch das Arbeitsamt gem. § 144 Abs. 1 SGB III aus, weil man seinen Beruf ohne wichtigen Grund verloren hat. Sperrzeit bedeutet hier, dass der nunmehr Arbeitslose für die Dauer der Sperrzeit keinerlei Leistungen durch die Agentur für Arbeit erhält. Mit anderen Worten „es gibt kein Arbeitslosengeld“. Nur ausnahmsweise kann Mobbing des Arbeitnehmers ein „wichtiger Grund“ für die unverschuldete Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer angesehen werden und deshalb der Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten bleiben. Allerdings gilt dies nur für Mobbinghandlungen von einigem Gewicht und wenn der davon ausgehende psychische Druck so stark ist, dass dem Arbeitnehmer die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Nach der Eigenkündigung ist das Arbeitsverhältnis beendet, eine Abfindung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses nebst Freistellungsphase kann nicht mehr erzielt werden. Insgesamt sicher keine gute Ausgangslage und in aller Regel viel schlechter, als eine Lösung ohne Eigenkündigung. Der Arbeitslose, kann später nur noch Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen, wobei er darlegungs- und beweisbelastet ist. Unschwer ist zu erkennen, dass eine Eigenkündigung erhebliche rechtliche und finanzielle Nachteile mit sich bringt, ohne dass in jedem Fall gleichwertige Vorteile für den die Eigenkündigung aussprechenden Mitarbeiter zu erkennen sind.
5. Konsequenzen
Dieses Urteil zeigt erneut, dass von Eigenkündigungen dringend abgeraten werden muss. Einmal ausgesprochen, bekommt man sie nur noch in extrem seltenen Ausnahmefällen wieder aus der Welt. Selbst im Fall von Mobbing liegen die Hürden hoch. Der Eigenkündigende ist darlegungs- und beweisbelastet, dass es sich um Mobbinghandlungen von einigem Gewicht handelt und dass der davon ausgehende psychische Druck so stark ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Konkret bedeutet dies, dass der Eigenkündigende die tatsächliche Gründe, die eine Kündigung zwingend erforderlich gemacht haben, vollständig darlegen muss, wobei die Gründe durch das Gericht überprüft werden. Hiervon kann nur dringend abgeraten werden. Zumeist werden sich die Mobbingbelastungen auch auf andere Art mindern lassen. Nur wenn die Eigenkündigung den einzigen Weg darstellen könnte, kann sie gerechtfertigt sein, so dass keine Sperrzeit anfällt.
Behandelnde Ärzte von Mobbingopfern raten mitunter zum Ausspruch einer Eigenkündigung, um die belastende Situation ganz hinter sich zu lassen. Das mag aus medizinischer Sicht auch richtig sein. Aus juristischer Sicht kann davor nur dringend abgeraten werden. Jedenfalls sollte zuvor ein Spezialist konsultiert werden, andernfalls ist nach dem Mobbing mit weiteren „bösen Überraschungen“ zu rechnen.
Dr. jur. Frank Sievert
Rechtsanwalt, Hamburg
Kontakt
Rechtsanwaltskanzlei
Dr. jur. Frank Sievert
Alsterkamp 26 20149 Hamburg
Telefon/ Fax: 040 / 51 97 94
Der Kläger hatte im August 2003 fristlos gekündigt, weil sein Arbeitgeber mit Gehaltszahlungen im Verzug war. Einige Monate später verlangte er jedoch die Zahlung der ausstehenden Gehälter, weil die Beklagte, welche den Betrieb im September 2003 übernommen hatte, zum einen zur Rechtsnachfolgerin seines Arbeitgebers geworden sei. Zum anderen sei seine Kündigung unwirksam gewesen, unter anderem weil kein „wichtiger Grund“ vorgelegen habe.
2. Entscheidung des BAG
Der zweite Senat des BAG wies die Klage zurück und erklärte die Eigenkündigung des Arbeitnehmers für wirksam.
3. Begründung des BAG
Zur Begründung führt das BAG an, dass es für eine fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB eines wichtigen Grundes bedarf, ohne diesen ist die Kündigung unwirksam. Ein solcher wichtiger Grund kann nach der Rechtsprechung dann bestehen, wenn der Arbeitgeber mit Gehaltszahlungen im Rückstand ist und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber deswegen zuvor abgemahnt hat. Wer kein Gehalt bekommt und dieses ausstehende Gehalt unter Androhung arbeitsrechtlicher Maßnahmen einfordert, hat dem Grunde nach einen „wichtigen Grund“ im Sinne des § 626 I BGB geschaffen. Das Bundesarbeitsgericht befasste sich in der hier besprochenen Entscheidung mit der Rechtsfrage, welche Folgen eine vom Arbeitgeber hingenommene Kündigung ohne einen solchen wichtigen Grund im Sinne des § 626 I BGB nach sich zieht. Fraglich war, ob sich ein Arbeitnehmer, dessen Kündigung trotz formaler Mängel durch den Arbeitgeber hingenommen wurde, nachträglich auf die Mängel berufen kann. In seiner Entscheidung stellte das Bundesarbeitsgericht zu Recht darauf ab, dass einmal abgegebene Willenserklärungen nicht einfach zurückgenommen werden können. Wer sich im Nachhinein eines Anderen besinnt, obwohl es dafür keinerlei objektive Gründe, im Sinne eines „Erklärungsirrtums“ gibt, der muss sich an der abgegebenen Erklärung festhalten lassen. Wenn kein wichtiger Grund für eine Kündigung vorliegt, der Arbeitgeber die Kündigung dennoch hinnimmt, dann kann sich der Arbeitnehmer regelmäßig nicht auf die Unwirksamkeit seiner schriftlich ausgesprochenen Eigenkündigung berufen. Ein späteres Berufen auf formale Mängel verstieße gegen das aus der Generalklausel des § 242 BGB hergeleitete Verbot widersprüchlichen Verhaltens.
4. Nachteile einer Eigenkündigung
Eine Eigenkündigung löst zudem regelmäßig eine Sperrzeit durch das Arbeitsamt gem. § 144 Abs. 1 SGB III aus, weil man seinen Beruf ohne wichtigen Grund verloren hat. Sperrzeit bedeutet hier, dass der nunmehr Arbeitslose für die Dauer der Sperrzeit keinerlei Leistungen durch die Agentur für Arbeit erhält. Mit anderen Worten „es gibt kein Arbeitslosengeld“. Nur ausnahmsweise kann Mobbing des Arbeitnehmers ein „wichtiger Grund“ für die unverschuldete Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer angesehen werden und deshalb der Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten bleiben. Allerdings gilt dies nur für Mobbinghandlungen von einigem Gewicht und wenn der davon ausgehende psychische Druck so stark ist, dass dem Arbeitnehmer die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Nach der Eigenkündigung ist das Arbeitsverhältnis beendet, eine Abfindung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses nebst Freistellungsphase kann nicht mehr erzielt werden. Insgesamt sicher keine gute Ausgangslage und in aller Regel viel schlechter, als eine Lösung ohne Eigenkündigung. Der Arbeitslose, kann später nur noch Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen, wobei er darlegungs- und beweisbelastet ist. Unschwer ist zu erkennen, dass eine Eigenkündigung erhebliche rechtliche und finanzielle Nachteile mit sich bringt, ohne dass in jedem Fall gleichwertige Vorteile für den die Eigenkündigung aussprechenden Mitarbeiter zu erkennen sind.
5. Konsequenzen
Dieses Urteil zeigt erneut, dass von Eigenkündigungen dringend abgeraten werden muss. Einmal ausgesprochen, bekommt man sie nur noch in extrem seltenen Ausnahmefällen wieder aus der Welt. Selbst im Fall von Mobbing liegen die Hürden hoch. Der Eigenkündigende ist darlegungs- und beweisbelastet, dass es sich um Mobbinghandlungen von einigem Gewicht handelt und dass der davon ausgehende psychische Druck so stark ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Konkret bedeutet dies, dass der Eigenkündigende die tatsächliche Gründe, die eine Kündigung zwingend erforderlich gemacht haben, vollständig darlegen muss, wobei die Gründe durch das Gericht überprüft werden. Hiervon kann nur dringend abgeraten werden. Zumeist werden sich die Mobbingbelastungen auch auf andere Art mindern lassen. Nur wenn die Eigenkündigung den einzigen Weg darstellen könnte, kann sie gerechtfertigt sein, so dass keine Sperrzeit anfällt.
Behandelnde Ärzte von Mobbingopfern raten mitunter zum Ausspruch einer Eigenkündigung, um die belastende Situation ganz hinter sich zu lassen. Das mag aus medizinischer Sicht auch richtig sein. Aus juristischer Sicht kann davor nur dringend abgeraten werden. Jedenfalls sollte zuvor ein Spezialist konsultiert werden, andernfalls ist nach dem Mobbing mit weiteren „bösen Überraschungen“ zu rechnen.
Dr. jur. Frank Sievert
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