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Methoden-Darwinismus

Performance-Marketing ist Direktmarketing in der Online-Version. Rein erfolgsorientiert und einem strikten Methoden-Darwinismus unterworfen ...
BusinessVillage | 13.10.2006
Performance-Marketing ist Direktmarketing in der Online-Version. Rein erfolgsorientiert und einem strikten Methoden-Darwinismus unterworfen: Funktionierende Kampagnen-Elemente werden forciert und ausgeweitet. Tools, Texte oder Keywords, die nicht zum erwarteten Deckungsbeitrag beisteuern, werden, wenn nicht eliminiert, so doch optimiert. Daher der Name: „Performance-Marketing“. Leistungsmarketing also; die Börsianer würden es sogar als Wertzuwachsmarketing übersetzen. Die Leistung von Kampagnen wird natürlich auch im klassischen Marketing laufend optimiert. Langfristig angelegte Markenaffinitäts- und Einstellungsveränderungen sowie deren schwierigere Messbarkeit machen diese Optimierungsschritte aber zu einem wesentlich heuristischeren Prozess als in der Online-Welt.

Die Definition der Fachgruppe Performance-Marketing im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) klingt freundlicher, schränkt den Anspruch aber nicht ein:

„Performance-Marketing in den digitalen Medien ist ein Bestandteil des Mediamix und dient sowohl der Kundengewinnung als auch der Kundenbindung.

Der Einsatz der verschiedenen Werbemedien verfolgt das Ziel, messbare Reaktionen und/oder Transaktionen mit dem Nutzer zu erzielen. Die Ansprache des Kunden beziehungsweise Interessenten erfolgt sehr gezielt, nach Möglichkeit individuell, um die größtmögliche Interaktion mit den Nutzern zu erreichen.

Performance-Marketing versteht sich als integrierter Ansatz. Die Bestandteile sollen vernetzt zum Einsatz kommen, um so auf Handlungsweisen des Kunden beziehungsweise potenzieller Interessenten einwirken zu können.“

Wichtig ist hier der Zusatz „vernetzt“. Denn damit erheben die Protagonisten des Konzepts den Anspruch einer ganzheitlichen Orientierung. Das hat Folgen – sowohl für die zeitliche und inhaltliche Abstimmung der verschiedenen Online-Instrumente wie Banner, Keywords und Newsletter untereinander wie auch für die Verschränkung mit den klassischen Medien. Letztlich müssen sich alle alten und neuen Medien dem übergeordneten Vertriebs- oder Kommunikationsziel unterordnen und an den gleichen Kriterien und Benchmarks messen lassen.

Das bedeutet aber nicht, dass sich klassische Kommunikation- und Direktmarketing-Instrumente und das oft vertrieblich orientierte Performance-Marketing im Weg stehen. Im Gegenteil, sie vervollständigen sich gegenseitig, sogar bei Branding-Aufgaben.

Die wichtigsten Punkte, die ein Marketingmanager über Performance-Marketing wissen sollte, sind auf der folgenden Seite erläutert.

Performance-Marketing

* ergänzt, wie die herkömmlichen Dialoginstrumente, das klassische Marketing durch die kurzfristige Überprüfbarkeit seiner Wirkung.
* es übertrifft das klassische Direktmarketing durch die Möglichkeit der sofortigen vollständigen und differenzierten Erfolgskontrolle.
* es komplettiert beide durch seine potenziell unbegrenzte Informationstiefe und durch seine tatsächliche Interaktion.

Denn während die klassische Kommunikation wie auch der Werbebrief den Betrachter häufig mit Rätseln allein lässt (Kann ich dem Angebot wirklich trauen? Und was ist, wenn …?), lassen sich zum Beispiel mit einer Info-Website vor allem Informationsdefizite umfassend bereinigen. Der emotionale Aspekt der Markenprägung, das Ausstatten von Konsumgütern mit einer Erlebniswelt und einer Geschichte, tritt hier in den Hintergrund und bleibt die Domäne von TV und Publikumszeitschriften – oder eben der zunehmend multimedialen sogenannten Rich-Media-Formate im Internet. Es komplettiert beide durch seine potenziell unbegrenzte Informationstiefe und durch seine tatsächliche Interaktion.

Performance-Marketing bereichert das Below the Line um den Aspekt der Spontanität. Es eröffnet die Möglichkeit, noch während des Erstkontaktes mit einem Produkt auf Aktionsanreize, etwa ein Gewinnversprechen, das über das Etikett einer Getränkeflasche kommuniziert wird, zu reagieren. Das zeigen die Fallbeispiele in diesem Buch.

Vor allem die vertrieblichen Unternehmensziele werden durch Performance-Marketing unterstützt – sei es durch den direkten Verkauf über Online-Shops oder die Vorbereitung von Abschlüssen im zweistufigen Vertrieb. Zu viele Unternehmen lehnen das Internet noch aus falsch verstandener Rücksicht auf ihre etablierten Vertriebskanäle ab und verpassen fruchtbare Impulse für das Zusammenspiel zwischen der Kommunikations- und Vertriebssphäre. Sei es bei der Adressgewinnung von Interessenten für Autokäufe oder Versicherungsabschlüsse als Steilvorlage für die klassische Vertriebsorganisation.

Die Bereitschaft, die Potenziale des Internets zu nutzen, wächst stetig – interessanterweise auf Seiten der Endverbraucher schneller als unter den Werbungtreibenden. Der überbordenden Skepsis, die durch das Platzen der Internet-Spekulationsblase ausgelöst wurde, folgt nun eine realistische Akzeptanz – in allen Bevölkerungskreisen. Die Nutzer-Zahlen zeigen kontinuierlich nach oben.

Das Marktforschungsinstitut IMAS International stellte bereits Ende 2003 fest, dass das Internet mit 60 Prozent Werbung akzeptierender Nutzer bereits damals einen ähnlich hohen Akzeptanzwert wie die Kinowerbung (62 Prozent der Kinobesucher) aufwies und weit vor der Fernsehwerbung (40 Prozent der TV-Zuschauer) oder postalischen Mailings (45 Prozent der erwachsenen Bevölkerung) lag. Bemerkenswert ist, dass auch ältere, besser gestellte Personen nun überproportional Zugang zum Internet finden. Im Übrigen nutzen gerade Personen mit eher geringem TV-Konsum, also besser Gebildete und Personen mit höherem Einkommen, das Internet intensiv als Informationsquelle über Produkteigenschaften und -preise.

So hat das Medium Internet auch eine große Bedeutung für die Vorbereitung von Kaufentscheidungen bekommen. Laut einer bereits im Jahr 2004 vorgestellten Studie des Marktforschungsinstituts Nielsen Netratings nutzen 94 Prozent aller deutschen Haushalte mit Internet-Zugang dieses Medium vor wichtigen Kaufentscheidungen, und immerhin 89 Prozent hatten bereits online eingekauft. Insbesondere informierten sich die Internet-Nutzer laut dieser Studie über Preise (81 Prozent), holten Informationen zu den Produkten ein(68 Prozent) und suchten einschlägige Händler (62 Prozent).

Das Internet erfüllt demnach eine doppelte Funktion einmal als eigenständiger Vertriebskanal und – fast noch wichtiger – als wesentliches Informationsmedium zur Vorbereitung von Kaufentscheidungen, die dann über die klassischen (Offline-) Kanäle getätigt werden. Diese Dualität wird auch laufend durch die AGOF-Studie Internet Facts 2005-IV nachgewiesen. So haben zum Beispiel innerhalb der letzten zwölf Monate knapp 20 Prozent aller Internetnutzer eine Urlaubs- oder Last-Minute-Reise über das Internet gebucht, aber 58,3 Prozent aller User hatten sich in dieser Produktkategorie im Internet informiert. Bei Versicherungen klafft sogar eine noch größere Lücke zwischen Abschluss (5 Prozent) und Information im Netz (30 Prozent). Die reine Vertriebsleistung bildet also nur einen Teil der Auswirkung der Website und von Online-Marketing-Aktivitäten ab.

Ein Anbieter, der nicht im Internet präsent ist, wird somit bei vielen Kaufentscheidungen oft überhaupt nicht mehr in die engere Wahl gezogen, weil der Kunde sich bereits im Internet sein „Relevant Set“ von zwei bis drei Zielartikeln zusammengestellt hat, welche er sich im Laden nochmals anschauen möchte, um sie dort schließlich zu kaufen.

Die Beratung durch einen Fachverkäufer erfolgt somit meist nicht mehr ergebnisoffen, sondern reduziert sich auf die Beantwortung sehr spezieller Fragen zu diesen Zielartikeln. Vor allem das Verkaufspersonal der großen Elektronik-Fachmärkte sieht sich mit diesem Phänomen zunehmend konfrontiert.

Eine Werbeabstinenz im Internet führt also gegebenenfalls zu einem Ausschluss aus dem für den Kunden in Betracht kommenden „Relevant Set“ von Anbietern und Produkten. Für die Internetaktiven Anbieter eröffnen sich hingegen viele Chancen zur Beeinflussung der Kaufentscheidung in einem frühen Stadium. Als Risikoprämie winkt gerade mittelständischen Online-Pionieren im Netz ein Share of voice und damit eine wahrgenommene Relevanz, die in den klassischen Medien unbezahlbar wäre.

Niemand wird behaupten wollen, dass Performance-Marketing in naher Zukunft die klassischen Strategien verdrängen könnte. Wer aber dessen Ergänzungs- und Zukunftspotenzial in seiner Planung außer Acht lässt, handelt fahrlässig zu Lasten der ihm anvertrauten Sortimente und Marken.


Mehr zum Thema finden im vom BVDW empfohlenen Standardwerk:

Performance-Marketing
Onlinewerbung - messbar, transparent, erfolgsorientiert
Thomas Eisinger; Lars Rabe; Wolfgang Thomas (Hrsg.)
2. aktualisierten und umfassend erweiterte Auflage

BusinessVillage
Göttingen, 2006
252 Seiten
ISBN: 3-938358-37-8
Art-Nr.: 688
http://www.businessvillage.de/shop/eDocs/Detail/eb-688.html



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