print logo

„Menschen in Not haben keine Saison“

Egal ob Weihnachts- oder Emergency-Mailing von Spendenorganisationen: Die Prozesse dahinter sind ausgeklügelt
Ihre „Hochsaison“ beginnt Mitte November. Die Rede ist von Spendenorganisationen, die sich insbesondere mit Hilfe des Dialogmarketings im Bemühen um Gelder für karitative Zwecke vor allem per Brief bei potenziellen Unterstützern melden. Der gefühlte Anstieg der Spendenbriefe spiegelt das Bemühen der Organisationen wider, für ihr Anliegen möglichst kostengünstig Spender zu gewinnen.

„Menschen in Not haben keine Saison. Was sich über das Jahr ändert, ist das Bewusstsein für Notsituationen“, sagt Arne Peper, Geschäftsführer der Fundraising- und Marketing-Agentur GFS in Bad Honnef. Fundraiser müssten im richtigen Moment mit Spendern in den Dialog treten – per kosteneffizientem und zielgerichtetem Mailing. Das gelte gleichermaßen, wenn, wie der Tsunami Ende 2004, eine Katastrophe eintritt, oder auch, wie jetzt, Weihnachten vor der Tür steht.

Um karitative und soziale Themen zeitgenau und zudem erfolg- und ertragreich unter die dafür empfänglichen Bürger zu bringen, müssen Organisationen und deren Dienstleister eine nahtlos funktionierende Prozesskette organisieren und steuern. Das beginnt bei Ideen, Konzepten, Zielen und geht über affine Zielgruppen, Produktion und Versand von Spendenbriefen. „Große Aussendungen mit Auflagen zwischen 100.000 und 3 Millionen Mailings, wie sie vor Weihnachten verschickt werden, sind schwierig zu handeln und müssen minutiös getimt werden – zumal die Spendenbereitschaft ab Heilig Abend signifikant einbricht“, sagt Arne Peper. Adressspezialisten, Agenturen, Drucker und Lettershops, die Mailings versandfertig machen, müssen frühzeitig unter Vertrag genommen werden, damit vor Weihnachten nichts schief geht. Jede Verzögerung bedeutet Mehrkosten, die Projekten zugute kommende Spendenerlöse verringern könnten.

Exakte Organisationsprozesse für Notfall-Spendenbriefe
Weit schlechter planen lassen sich Katastrophen-Mailings; Fundraiser können hier allenfalls Vorarbeit leisten. So hatte sich das katholische Missionswerk missio in Aachen ad hoc für einen Notfall-Spendenbrief zugunsten der Erdbebenopfer auf Java entschieden. Der Notfallplan der Organisation sieht für einen solchen Konzeptions- und Produktionsprozess fünf Tage von der Katastrophe bis zur Postauflieferung eines Mailings vor. Das funktioniert, weil Dienstleister bereits vorab ins Boot geholt werden und Spenderdaten, in diesem Fall die Hausliste mit den Adressen der 95.000 treuesten Spender von missio, verfügbar sind. Auch Briefpapier wird vorab auf der Rolle eingelagert.

Dank effizientem Notfallplan erwirtschaftete das kirchliche Hilfswerk beim Java-Mailing Spenden im mittleren sechsstelligen Bereich, berichtet Ludger Pötter, Abteilungsleiter Service Inland bei den Aachenern. „Wir kommunizieren in solchen Situationen, dass Menschen in Not nicht nur kurzfristig ein Dach über dem Kopf, sondern auch nachhaltige Unterstützung durch Spenden benötigen.“ Wen interessiert es da, dass einschlägige Katastrophen-Mailings äußerst minimalistisch daherkommen und in geringer Druckqualität durch ein zeitsparendes Laserverfahren in der Regel gerade mal über ein Anschreiben, eventuell ein Foto und einen Zahlschein verfügen? „Eine nicht perfekt gesetzte Schrift und ein Schreiben im Telegrammstil verstärkt geradezu die Dringlichkeit zu helfen“, kommentiert Peper.

„Wird eine sechs- bis siebenstellige Mailing-Auflage produziert, wie es nach dem Tsunami Ende 2004 in Südasien geschah, ist es sinnvoll, Produktion und portooptimierte Postauflieferung in Schüben durchzuführen“, rät Gerd Kölzer vom Print- und Lettershop-Experten Trebbau in Köln. So könnten weitere Adressbestände vorbereitet, hinzugeführt und neue Meldungen zum Verlauf der Katastrophe in das Anschreiben eingearbeitet werden. „Per Spenden-Hotline in die Kampagne eingebundene Call-Center können so außerdem effizienter das Anrufaufkommen bestreiten und telefonisch mehr Spenden generieren“, so Kölzer.

Werben um zu helfen?!
Grundsätzlich stellt sich bei allen Direktmarketingmaßnahmen für so genannte Non-Profit-Organisationen (NPOs) die Frage: Wie viel Geld darf man ausgeben, um Spenden zu generieren? „Organisationen wird oft vorgeworfen, dass sie viel Geld in Werbung investieren. Doch gute Taten sind nie umsonst“, sagt Gabriele Rubner, Geschäftsführerin des Deutschen Fundraising Verbandes in Frankfurt. Spenden zu gewinnen koste Geld. „Ich muss Menschen informieren und mobilisieren, um Projekte umzusetzen. Wie sollen Gönner ein Kindergartenprojekt in Südafrika unterstützen, wenn sie nicht von diesem Projekt erfahren?“, so Rubner.

„Um Streuverluste von Spenden-Mailings gering zu halten und damit das Verhältnis zwischen Spendenerlösen und Kosten zu optimieren, ist es wichtig herauszufinden: Wer ist der idealtypische Spender, der sich von einem Mailing angesprochen fühlt?“, erläutert Peper. Dazu bedarf es einer Analyse der Adressbestände, um Signifikanzen zu erkennen und diese auch auf Mietbestände zu übertragen. Dabei spielen etwa Kaufkraft und soziale Einbindung eine wichtige Rolle. Derartige Zusatzinformationen bieten beispielsweise so genannte mikrogeografische Daten – eine Möglichkeit der datenschutzkonformen Anreicherung mit Wohngebietsinformationen.

Vertrauen der Spender
„Wir setzen im Sinne des Datenschutzgesetzes freigegebene Adressen ein, also Spender-Datenbestände der Organisationen und gemietete Daten von Postkäufern, die einer Weitergabe ihrer Adresse zu Werbezwecken nicht widersprochen haben“, erläutert Peper. Diese Bestände würden hinsichtlich der Affinitäten zur jeweiligen NPO weiter qualifiziert und optimiert. Um zusätzlich Werbeverweigerer aus diesem Adresspool herauszufiltern, greifen Spendenorganisationen auf die so genannte Robinsonliste, die der Deutsche Direktmarketing Verband (DDV) vorhält, und die eigene Sperrliste zurück. *

„NPOs haben keine ,Ware‘, die sie bewerben, sondern ihr Anliegen und ihr Image“, so Peper. Alles müsse passen: Text und Wording im Spendenbrief, Papier, Kreation, Aktualität von Adressen und eben der Datenschutz. „Fundraiser müssen hier absolut korrekt agieren und dürfen Bürger nicht vor den Kopf stoßen.“ Für Vertrauen sorgen seriöse Organisationen laut Rubner dadurch, „dass deren Mailings eben nicht marktschreierisch schreckliche Bilder zeigen, um Spender unter Druck zu setzen. Man erkennt sie daran, dass sie sachlich – möglicherweise persönlich – und keinesfalls emotional belastend über ihre Aktivitäten informieren.“ Gönner sollen das berechtigte Gefühl haben und behalten, mit Ihrer Spende das Richtige getan zu haben.
Autor: Kristina Schreiber


Was Verbraucher wissen Müssen - Glossar Datenschutz
Was ist bei Datenerhebung, -speicherung und -übermittlung zu beachten?

Damit nicht der Einzelne in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird, regelt das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) den Umgang mit personenbezogenen Daten. Werbungtreibende, die Adressen eines Verbrauchers erheben, speichern oder übermitteln wollen, müssen Endverbraucher um deren Erlaubnis bitten und darüber informieren, wer mit diesen Daten zu welchem Zweck arbeitet und an welche „Kategorien von Empfängern“ diese Informationen ggf. weitergegeben werden – sofern diese einwilligen. Ausnahme: wenn Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen und eine Benachrichtigung wegen großer Datenmengen unverhältnismäßig ist, besagt das BDSG.

Werbeverweigerern Rechnung tragen
Ein Unternehmen muss Verbrauchern mitteilen, dass sie der Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten jederzeit widersprechen können. Darüber hinaus besteht Informationspflicht nach der Herkunft der Daten. Gibt der Konsument an, er möchte keine Werbung erhalten – egal ob vom Unternehmen selbst oder von Dritten –, so ist dieser Ansage Folge zu leisten.

Auf Nummer sicher gehen
In Unternehmen gibt es die Möglichkeit, widersprechende Verbraucher in eine interne Sperrliste aufzunehmen und deren Daten mit der Liste für den Werbemittelversand abzugleichen. Verlangt der Konsument, aus dem Datenpool gelöscht zu werden, muss ihn das Unternehmen darauf hinweisen, dass eine dauerhafte Einstellung von Werbesendungen nur über den Eintrag in die Sperrliste hundertprozentig gewährleistet werden kann.

Robinsonliste
Es gibt noch eine freiwillige Variante – Daniel Defoes Romanheld hat an dieser Stelle Dialogmarketinggeschichte geschrieben: In die so genannte Robinsonliste, die der DDV seit mehr als 35 Jahren vorhält, kann sich jeder eintragen lassen, der keine adressierten Werbebriefe von Unternehmen erhalten möchte. Sofern er dort nicht Kunde ist oder ausdrücklich einer Zusendung von Werbung per Brief zugestimmt hat. Nach Erfahrung des DDV wird die Robinsonliste bei mehr als 90 Prozent der adressierten Werbebriefe (nach Volumen) eingesetzt. Das senkt nicht nur den Nervfaktor gegenüber Werbeverweigerern, Nutzer der Liste verringern so auch gleich ihre Werbe- und Portokosten.

Details zum aktuellen BDSG 2001 stehen kostenlos auf www.ddv.de/shop zum Download bereit.





Der DDV vertritt die Interessen von Dienstleistern und werbetreibenden Unternehmen der gesamten Dialogmarketing-Branche.