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Kundenrückgewinnung in sieben Schritten (Teil 5)

Come back!, das neue Buch der Loyalitätsexpertin Anne M. Schüller zeigt, wie Ex-Kunden Schritt für Schritt reaktiviert werden können.
Anne M. Schüller | 27.02.2007
Bei meinen Recherchen zu diesem Buch wurde mir erst so richtig klar, wie tabuisiert das Thema Kundenverluste ist. Zahlen wurden mir durchweg verweigert. Über seine verlorenen Kunden redet man nicht. Sie sind offensichtlich der lebende Beweis für eine Niederlage. Und wer gibt schon gerne Niederlagen zu?

Lieber beschäftigt man sich mit zweifelhaften Siegen im Neukunden-Geschäft - selbst wenn diese mit hohen Streuverlusten und beträchtlichem finanziellen Aufwand teuer erkauft wurden. Erst eine offene und ehrliche Auseinandersetzung mit Fragestellungen rund um die Kundenfluktuation schafft Bewusstsein für die Chancen, die darin stecken.


Die Identifizierung der (demnächst) verlorenen Kunden

Um verlorene Kunden zu orten, muss zunächst geklärt werden, wer ab wann als verloren gilt. Das hört sich trivial an, ist es aber nicht. Denn bei weitem nicht in jeder Branche spricht der Kunde seine Entscheidung, ein Unternehmen zu verlassen, durch eine mündliche oder schriftliche Kündigung aus.

Erfahrene Betreuer mit Gespür für die leisen Töne können ein drohendes Abwandern erkennen, bevor es zu spät ist. Wer die Anzeichen richtig deutet, kann gefährdete Kundenbeziehungen noch rechtzeitig stabilisieren.

In jedem Fall ist es hilfreich, die in der eigenen Branche üblichen Abwanderungsanzeichen zu sichten und regelmäßig mit dem Kundenverhalten abzugleichen.

Wenn Sie wissen wollen, ob ein Kunde noch Kunde ist, können beispielsweise folgende Fragen weiterhelfen:

• Wann hat der Kunde das letzte Mal gekauft?
• Wurde die übliche Bestellfrequenz deutlich unterschritten?
• War das Volumen der letzten Bestellungen abnehmend?
• Ging die Zahl der Transaktionen zurück?
• Gab es Störungen in der Kundenbeziehung? Ging der Kunde auf Distanz?
• Oder war ihm plötzlich alles egal?
• Gab es verstärkte Reklamationen?
• Ließ die Zahlungsmoral nach?
• Sprach der Kunde in letzter Zeit öfter über Wettbewerber?
• Hatte er sehr genaue Kenntnisse über Konkurrenzprodukte?
• Gab es negative Berichte in der Presse, auf die uns der Kunde gezielt aufmerksam machte?

Vor einer ausgesprochenen Kündigung steht meist die innere Kündigung. Die Signale, die dabei ausgesandt werden, sind vielfältig. Hinzu kommt, dass oft zunächst mit einer Kündigung gedroht wird.

Dies passiert im Allgemeinen in Zusammenhang mit einer Reklamation. Die unprofessionelle Reklamationsbearbeitung ist demnach ein besonders häufiger Abwanderungsgrund. Wer Profi in Sachen Beschwerdemanagement ist, kann sich so manche unliebsame Kündigung ersparen.

Aus dem systematischen Beobachten der abwanderungskritischen Ereignisse lässt sich ein Kennzahlen-Modell entwickeln. Erarbeiten Sie dazu Prognosemodelle und installieren Sie ein Frühwarnsystem. Hierbei müssen Kenngrößen festgelegt werden, die Hinweise darauf liefern, wann der Kunde ein Ex-Kunde ist oder droht, ein solcher zu werden.

Ein Ranking kann den Grad der Gefährdung anzeigen, also die Wahrscheinlichkeit, mit der der beobachtete Kunde geht. Auf der Basis von Reports und Auswertungen lassen sich dann unverzüglich die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Gute CRM-Systeme stellen dazu einen sehr vielseitig einsetzbaren Benachrichtigungs- und Aktionsdienst zu Verfügung.


Die Analyse der Verlustursachen

Nicht alle Ex-Kunden sind auf immer und ewig verärgert. Und nicht immer ist ein schlechtes Produkt oder ein unakzeptabler Preis schuld. Häufig waren es emotionale Aspekte, die zu Verärgerung und Enttäuschung und damit schließlich zum Abwandern von Kunden führten. Ganz grundsätzlich können die Verlustursachen begründet sein:

• im Kunden selbst
• im eigenen unternehmerischen Verhalten
• im Wettbewerberverhalten

Was im Einzelnen geklärt werden soll:

• Was ist genau passiert?
• Was waren die wahren Gründe für den Wechsel?
• Was können wir beim nächsten Mal besser machen
• Wie können wir den Kunden zurück gewinnen?
• Was macht die Konkurrenz besser als wir?

Hierbei ist folgendes zu beachten: Hinter den vielfach gerne vorgetragenen rationalen Argumenten und handfesten Schwierigkeiten verbergen sich oft ganz andere Gründe: nämlich zwischenmenschliche Interaktionsprobleme. Und nur, wer den wahren Gründen nahe kommt, findet auch das Türchen zur zweiten Chance beim Ex.

So erbrachte eine Untersuchung der Forum-Marktforscher aus Mainz, dass nicht die Konditionen, sondern kommunikative und emotionale Faktoren die Hauptgründe für niedrige Zufriedenheitswerte bei abgewanderten Bankkunden waren. Übrigens hatten nur 5 Prozent aller bestehenden Kunden, aber 14 Prozent aller Ex-Kunden sich bereits beschwert. Die jeweils letzte Beschwerde erfolgte bei den bestehenden Kunden zu 13 Prozent, bei den Ex-Kunden zu 29 Prozent per Brief. Eine schriftliche Beschwerde heißt also: 5 vor 12.

Es ist schon paradox: Unternehmen geben oft so unglaublich viel Geld aus, um neue Kunden zu gewinnen. Und kaum sind sie endlich eingefangen, wird an allen Ecken und Enden gespart: Mitarbeiter werden nicht trainiert, es sind zu wenig da, sie haben keine Lust – oder Frust. Sie werden schlecht geführt, sie haben keine Ressourcen, keinen Spielraum und keine Ideen, um Kunden zu begeistern und schließlich zu loyalisieren. Die Kunden sollen sich einfügen und parieren. Diese allerdings fühlen sich vernachlässigt, gelangweilt, falsch verstanden, von oben herab behandelt, schikaniert - und schließlich vertrieben.

Nur leider: Verlorene Kundschaft bzw. verlorenes Geschäft wird meist nicht analysiert und schon gar nicht bilanziert. Die typische Controller-Frage: „Wie viel bringt uns das?“ muss daher künftig lauten: „Wie viele profitable Kunden (und damit Euro) verlieren wir, wenn wir …“. Wenn das die Controller nur endlich verstehen würden.


Bibliografie:
Anne M. Schüller:
Come back! Wie Sie verlorene Kunden zurückgewinnen
Orell Füssli Verlag, Zürich 2007
223 Seiten, gebunden, CHF 44. / € 26.50
ISBN 978-3-280-05242-6

Hier bestellen: http://www.anneschueller.de/rw_e13v/main.asp?WebID=schueller3&PageID=122

Anne M. Schüller
ist Management-Consultant und gilt als führende Expertin für Loyalitätsmarketing. Über 20 Jahre hat sie in leitenden Vertriebs- und Marketingpositionen verschiedener Dienstleistungsbranchen gearbeitet und dabei mehrere Auszeichnungen erhalten. Die Diplom-Betriebswirtin und siebenfache Buchautorin lehrt an mehreren Hochschulen. Sie gehört zu den besten Wirtschafts-Speakern im deutschsprachigen Raum.
Kontakt: www.anneschueller.de