print logo

Die E-Mail ist tot - Es lebe die E-Mail

Im Zeitalter von Social Media wird der E-Mail regelmäßig der baldige Tod prophezeit. Dieser Buchbeitrag belegt, dass das nicht stimmt.
Mayoris AG | 23.03.2011
Dieser Fachartikel ist dem Buch "Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0" entnommen:
http://www.email-marketing-forum.de/Buch/details/Leitfaden-E-Mail-Marketing-20/19233

Hier finden Sie einen kostenlosen PDF-Download des Kapitels: http://www.absolit.de/PDF/Leitfaden_E-Mail-Marketing_2.0_KAP_01_Grundlagen.pdf


In letzter Zeit kursieren vermehrt Gerüchte über den Untergang des Mediums E-Mail. Im Zeitalter von Instant Messaging, RSS und Social Media sei E-Mail „out“, vor allem bei der jungen Generation. Ganz abgesehen davon, dass derzeit keine realistische Aussicht besteht, der Spam-Problematik Herr zu werden. Nun leben aber Totgesagte bekanntlich länger. Dies wird auch und ganz besonders für E-Mail gelten.

Die „Generation X“ kommt in die Jahre. Wer in der Schule noch Kopfrechnen trainiert und das Zehnfingersystem an der Schreibmaschine (mit entferntem Korrekturband, wohlgemerkt) erlernt hat, gerät rückblickend leicht in Erstaunen, wie sich die Bildungs- und Arbeitsumgebung seit der eigenen Schulzeit verändert hat.

Ein „Kind“ dieser Generation sind die Neuen Medien; dazu gehört auch die E-Mail. Die heute Vierzig- bis Fünfzigjährigen (die mittlerweile auch in Entscheider-Positionen sitzen) haben oft erst nach dem Studium gelernt, mit diesen Medien umzugehen.


E-Mail: Ein alter Zopf?

Die „Generation Y“ und vor allem deren Nachfolger kennen die Welt aus einer anderen Perspektive; Internet und E-Mail hatten für sie nie den Charakter des Neuen; im Gegenteil. E-Mail ist in den Augen der heute Fünfzehn- bis Dreißigjährigen ein „alter Hut“. Der deutsche Branchenverband Bitkom publizierte im Februar 2008 die Ergebnisse einer Studie zur Mediennutzung [1] von Zwölf- bis 19-jährigen Jugendlichen. Nicht überraschend: 72 Prozent dieser Gruppe gaben an, am häufigsten per Instant Messaging zu kommunizieren, und vierzig Prozent sind bei mindestens einer Online-Community registriert.

Das Medium E-Mail hat ein Image-Problem. So praktisch, einfach und leicht zugänglich das Medium ist, so anfällig ist es auch für den Missbrauch; je nach Studie geht man heute davon aus, dass bis zu neunzig Prozent der weltweit versandten E-Mails Spam sind. Zudem haben verschiedene Untersuchungen ergeben, dass E-Mail die Arbeitseffizienz schmälert; denn wer nicht genügend Selbstdisziplin aufbringt, seine Mailbox nur sporadisch zu konsultieren, wird von der dauernden Mail-Berieselung (durchschnittlich erhalten wir je nach Schätzung zwanzig - 120 E-Mails pro Tag!) laufend unterbrochen.


Einfach, weit verbreitet und für jedermann zugänglich

Bedeutet dies, dass sich das Medium E-Mail weniger als zwanzig Jahre, nachdem es seinen Siegeszug angetreten hat, bereits auf dem absteigenden Ast befindet? Wer gründlich recherchiert, kommt zu einem anderen Schluss.

E-Mail hat eine schier unglaubliche Verbreitung. So schätzt das IT-Beratungsunternehmen IDC [2], dass an jedem Werktag 35 Milliarden E-Mails verschickt werden. Radicati [3] geht von 1.1 Milliarden E-Mail-Nutzern, 1.4 Milliarden aktiven E-Mail-Accounts und 171 Milliarden verschickten E-Mails pro Tag aus.

E-Mail ist zwar nicht mehr neu und schon gar nicht „in“ oder „hip“. E-Mail ist aber – wie das Telefon – schlicht und einfach unverzichtbar geworden. Gemäss der Erhebung der WEMF von 2007 [4] ist E-Mail für 82 Prozent der Schweizer Nutzer das Hauptmotiv für deren Internet-Nutzung.

Eine Studie der CNET Networks [5] aus dem Jahr 2007 hat ergeben, dass ganz besonders unter den Beeinflussern (übrigens vornehmlich Angehörige der „Generation X“) die E-Mail-Nutzung sehr intensiv und wichtig ist; Menschen, die regelmässig einhundert oder mehr Kontakte pflegen, nutzen E-Mail sogar öfter als das Telefon; die vor allem bei den Jüngeren beliebten Instant und Text-Messages landen abgeschlagen auf dem letzten Platz. Social Communities bleiben gar unerwähnt.

Und auch, wenn leicht angegraute „Generation Xler“ ungläubig beobachten, wie Jugendliche blind und in atemberaubender Geschwindigkeit „simsen“, sogar mit dem Büronachbarn via Messenger chatten und sich auf Youtube, Facebook und anderen Social Communities ein tägliches Stelldichein geben: Die bereits erwähnte Studie der Bitkom hat auch ergeben, dass die befragten Zwölf- bis 19-jährigen mit sechzig Prozent an zweitwichtigster Stelle das Medium E-Mail nennen.

Natürlich, das sind Zahlen aus Europa. Aber auch in den USA ist E-Mail alles andere als tot. Die aktuelle Untersuchung der US-Forschungsinitiative Pew Internet & American Life Project [6] hat ergeben, dass E-Mail-Dienste weiterhin die am häufigsten genutzte Online-Applikation sind; sie werden von sechzig Prozent der Nutzer verwendet.


Im Geschäftsleben unentbehrlich

Wie wichtig E-Mail besonders im geschäftlichen Umfeld ist, zeigt eine Erhebung von Knoll Ontrack, einem US-Anbieter für Datenrettung und -löschung. Danach gefragt, wie sie entscheiden würden, wenn sie zwischen der Rettung ihrer EMail-Dateien oder aller anderen elektronischen Informationen des Unternehmens wählen müssten, entschieden sich 54 Prozent für den Inhalt ihrer Mailbox.


Damit zeigt sich klar, wo die Stärken der E-Mail liegen und weshalb der Stellenwert des Mediums durchaus eine Altersfrage ist. Jugendliche kommunizieren überall, wo sie sind und oft per Mobiltelefon; der Kommunikationsfokus liegt dabei in den meisten Fällen im privaten Bereich. Sobald die Ausbildung abgeschlossen ist und die geschäftliche Kommunikation an Wichtigkeit gewinnt, gehört aber auch das Medium E-Mail zum Alltag; denn die geschäftliche Kommunikation wird heute zu einem großen Teil via E-Mail abgewickelt.


Als Marketing-Instrument beliebt und bewährt

Natürlich haben auch die Marketer das Medium längst für sich entdeckt. So wird E-Mail seit Jahren nicht nur zur schnellen und einfachen geschäftlichen und privaten One-to-One-Kommunikation genutzt, sondern ist auch das effizienteste Direktmarketing-Instrument. Je nach dem, welcher Studie man Glauben schenkt, generiert nachhaltiges, Erlaubnis-basiertes E-Mail-Marketing einen Return on Investment von bis zu fünfzig Dollar pro investierten Dollar. Auch, wenn man diese Zahlen zu bezweifeln wagt: Hochwertige, möglichst persönliche E-Mail-Newsletter werden nicht nur vom Leser geschätzt, sondern fördern nachhaltig dessen Loyalität zum Absender sind deshalb ein beliebtes und bewährtes Marketing-Instrument. Natürlich immer vorausgesetzt, der Absender hält sich an die strengen Vorgaben des echten Permission-Marketing und distanziert sich klar von Aktionen, die einer undefinierbaren „Grauzone“ oder dem Spam zuzuordnen sind.

So hat eine im Januar 2008 veröffentlichte Studie von Jupiter Research [7] ergeben, dass die Ausgaben für E-Mail-Marketing sich bis 2012 fast verdoppeln werden. Gemäss Datran Media Research [8] werden 82 Prozent der befragten Marketing-Profis in Zukunft vermehrt auf E-Mail setzen, und achtzig Prozent glauben, dass E-Mail vor Suchmaschinenoptimierung und Display-Werbung die effektivste Werbeart sei.


Neues kommt. E-Mail bleibt.

Während das konventionelle Telefon noch zwei Generationen brauchte, um sich vollständig durchzusetzen, gelang dies der E-Mail in gerade mal zehn Jahren. Mittlerweile hat das Medium fast zwanzig Jahre auf dem Buckel. Etwas angegraut wie seine Erfinder, bestimmt nicht perfekt und entsprechend verbesserungsfähig, harrt die E-Mail den Veränderungen, die da kommen werden – und die durchaus nötig und willkommen sind. So wird sich das Medium der massiven Verbreitung E-Mail-fähiger mobiler Endgeräte anpassen müssen, und das Zusammenspiel zwischen interaktiven Videoformaten und E-Mail wird heute noch vorhandene technische Hürden überwinden.

Allen Unkenrufen zum Trotz ist E-Mail jedoch alles andere als tot: Obwohl in Blogs, via RSS und in Social Communities seit Monaten Gerüchte über den Niedergang der E-Mail kursieren, scheint das Pendel nun zurückzuschwingen. Ganz nach dem Motto „Back to the Roots“ hat der US-Blogger Jason Calacanis (TechCrunch) [9] kürzlich verkündet, dass er aufgehört habe, seinen Blog zu führen, um anstelle dessen wieder per E-Mail mit den Mitgliedern seiner Community zu kommunizieren. Weshalb? Die Blogsphere sei verschmutzt von zu viel Lärm um nichts und Selbstbeweihräucherung.

Die neueren Dienste RSS, Blogs, Social Communities und Instant Messaging haben ihre Nützlichkeit und gewiss auch einen bestimmten „Coolness-Faktor“ unter Beweis gestellt und sich schnell und gut etabliert. Sie bilden mittlerweile eine legitime und wichtige Ergänzung zur E-Mail, werden diese aber nicht ersetzen können; und ob sie in zwanzig Jahren noch genau so „hip“ und beliebt sind wie heute, steht in den Sternen.

Wir dürfen also guten Gewissens behaupten, dass das Medium E-Mail, in welcher Form auch immer, seinen Stellenwert als wichtiges Kommunikationsund damit auch als Marketinginstrument behalten wird.



Literatur

[1] Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: Jim-Studie 2008 – Jugend,
Information, (Multi-) Media, http://tinyurl.com/affgqg
[2] IDC: Report 2007, http://www.idc.com
[3] The Radicati Group, Inc.: Messaging & Collaboration – Business User Survey,
2008, http://www.radicati.com/?p=2378
[4] WEMF AG für Werbemedienforschung: Report 2007, http://tinyurl.com/m67n9z
[5] CNET Networks: Understanding Influence, and Making It Work For You, 2007,
http://tinyurl.com/kwft6f
[6] Pew Internet & American Life Project: Search Engine Use, 2008,
http://tinyurl.com/komj5r
[7] Jupiter Research a Forrester Research Company: Strong Spend Ahead for E-Mail
Marketing, 2008, http://tinyurl.com/mvuwcm
[8] Datran Media Research: Datran Media Survey 2009,
http://www.datranmediasurvey2009.com/
[9] TechCrunch: Jason Calacanis’ First New Email Post, 2008,
http://tinyurl.com/5v7gtq