Branding – Was macht eine Marke zu einer Marke?
Worum geht es eigentlich beim Branding? Lohnt es sich, in Markenentwicklung, Markenführung und -pflege zu investieren? Marken sind ein Versprechen, verdichten und symbolisieren Botschaften, Werte und Emotionen, von denen Unternehmen wollen, dass ihre Zielgruppen dies verinnerlichen. Sowohl Kunden, Kapitalgeber und Mitarbeiter. Marken sind daher Vermögenswerte und deshalb bilanzierbar.
Das Phantom Marke
Vielleicht ist es Ihnen auch schon so ergangen. Viele Publikationen, die sich mit Branding befassen, beginnen im ersten Kapitel mit der Frage «Was ist eine Marke?» Allein, was eine Marke zu einer Marke macht, bleibt unklar. Erklärt werden Funktionen der Marke und deren Nutzen für Unternehmen und deren Kunden. Liest man in einem solchen Buch weiter, so hat man sich mit der Zeit so sehr an den Begriff Marke gewöhnt, dass man zuletzt selbst ganz geläufig von Marke spricht, so als habe man nie an diesem Phantasma gezweifelt.
Aber was ist denn nun eine Marke? Eine Produktmarke im Unterschied zum Produkt? Eine Unternehmensmarke im Unterschied zum Unternehmen? Ist der Friseur XY um die Ecke, ist das XY eine Marke? Ist jedes Produkt, jedes Unternehmen gleich eine Marke, ist also alles und nichts eine Marke?
Um diese Frage zu beantworten, müsste man, wie es in der Wissenschaft üblich ist, eine Marke von ihrem Gegenstand – also hier dem Produkt oder Unternehmen – isolieren, um sie sodann in ihrer Reinheit zu untersuchen und so ihrem Wesen auf die Schliche zu kommen.
Eine solche von ihrem ursprünglichen Gegenstand abgetrennte Marke finden wir in AEG.
″Few brands have the staying power and the essential purity of AEG. From top to bottom, this brand exemplifies all that the best German marks stand for: a strong heritage, exceptional engineering, and enviable innovation. AEG’s tagline, ′Perfekt in Form und Funktion′ is really more of a philosophy than a slogan, and in its more than 120 years of existence has proven to be synonymous with engineering excellence and quality. […] The truly remarkable aspect of AEG is that it has managed to maintain its character and reputation across a wide spectrum of products, from appliances to power tools to toys!”
Die Marke AEG ist ein Phantom! Die AEG Aktiengesellschaft ist 1982 in die Insolvenz gegangen, wurde 1985 von Daimler übernommen und 1996 vollständig in den Daimler-Konzern aufgelöst und abgewickelt. 2004 schließlich hat Electrolux Global Brand Licensing die globalen Markenrechte erworben. Alle Produkte, die heute mit AEG markiert sind, sind mithin Produkte von Lizenznehmern (vgl. www.aeg.com/de/Kontakt, obiges Zitat findet sich auf http://brandlicensing.electrolux.com).
Was können wir nun daraus lernen? Eine Marke, ob Produkt- oder Unternehmensmarke, ist mehr und anderes als ein Produkt oder ein Unternehmen. Ansonsten könnte sie ohne ihren ursprünglichen Gegenstand nicht weiterexistieren. Die Marke – nicht die Firma! – AEG lebt, weil wir sie a) kennen und b) ein Qualitätsversprechen mit ihr assoziieren.
AEG – früher Aus Erfahrung Gut – ist keine Firma, kein Logo und kein Name, sondern ein Versprechen, das sich im kollektiven Bewusstsein sedimentiert hat. Und aus diesem Grund ist AEG eine Marke und als solche auf andere passende Waren übertragbar und als Lizenz handelbar.
Markenimage oder Markenzauberei
Marke in ihrer primären, grundlegenden Bedeutung ist das Image, das ein Produkt oder Unternehmen bei denjenigen hat, die mit dem Produkt oder Unternehmen zu tun haben oder wenigstens von diesem gehört oder gelesen haben. Ein Image hinwiederum ist das Vorstellungsbild, sind die Assoziationen und Emotionen, das Wissen, das Gehörte, Gelesene und Erlebte, das wir mit einem Produkt oder einem Unternehmen verbinden.
Je stärker nun das Image, je eher lässt sich dieses Image oder Vorstellungsbild vom Produkt oder Unternehmen abkoppeln. Wenn folglich ein Produkt oder ein Unternehmen ein Image hat, das abgekoppelt vom Produkt oder Unternehmen eine gewisse Eigendynamik entfaltet, dürfen wir mit Fug und Recht von einer Marke sprechen.
Hat ein Produkt oder Unternehmen ein Image ausgebildet und ist dieses zur Marke verselbständigt, lässt sich der Spieß umdrehen. Nicht mehr generiert ein Produkt ein Image, sondern ein Image gibt einem Produkt Bedeutung, umhüllt es mit einer Vorstellung, einer Imagination, einer Aura.
Zuerst produziert VW ein Auto und nennt es Golf. Der Golf schlägt ein und wird zur Marke, aufgrund der Stärke seines Images. Schließlich produziert VW einen Nachfolger, ein neues Produkt und nennt es wieder Golf. Jetzt passiert etwas ganz kurioses.
Durch den Erfolg des ersten Autos entsteht ein Image, und Golf wird zur Marke. Nun nimmt VW die Marke Golf und markiert mit dieser das zweite Produkt. Dieses zweite Produkt profitiert damit von dem Erfolg und dem Image des ersten. Und zwar durch die eigenständige Existenz der Marke bzw. des Images, das von dem ersten Produkt auf das zweite übertragen wird.
Markenidentität und Markenführung
Wenn der Eigentümer einer Marke diese bewirtschaftet, sprechen wir von Markenführung. Und so, wie die Marke auf der einen Seite ein Image hat, nämlich bei ihren Zielgruppen, so hat sie nach der anderen Seite, für ihren Eigentümer, eine Identität. Eine Fülle von Merkmalen, die für diese Marke charakteristisch sind (Markenkern, Value Proposition) und vom Brand Management gepflegt, ausformuliert und auf die verschiedenen Zwecke und Anwendungen adaptiert werden.
Im ersten Schritt unserer Betrachtung ist aus Image Marke geworden. Und ab dem Zeitpunkt, ab dem eine Marke bewirtschaftet wird, sich der Eigentümer die Marke also mit dem Ziel aneignet, das Image bei seinen Zielgruppen noch bekannter zu machen, zu pflegen und zu beeinflussen, passiert erneut etwas Eigentümliches. Die Aufspaltung der Marke in Markenidentität und Markenimage.
Zuerst war es die Abkopplung des Images vom Produkt oder Unternehmen. Jetzt ist es die Abkoppelung des Begriffs Markenidentität von der Bedeutungsgleichheit mit dem Begriff Markenimage. Die Marke ist nunmehr zweipolig. Auf der einen Seite das Markenimage, das die Marke bei ihren Zielgruppen hat. Auf der anderen Seite die Markenidentität, die der Eigentümer der Marke bewirtschaftet und steuert.
Dieses Verhältnis lässt sich gut an einem trivialen Sender-Empfänger Modell veranschaulichen. Auf der einen Seite steht die Markenidentität, die von ihrem Eigentümer mit inhaltlichen Botschaften, visuellen Merkmalen und vielem anderen ausgestaltet wird. Und schließlich auch kommuniziert und verkauft wird. Auf der anderen Seite steht der Empfänger dieser Botschaften, dem sich aufgrund all dieser Signale und Erlebnisse das Markenimage immer weiter auftut.
Wichtig hierbei ist, dass Markenidentität und Markenimage nicht dasselbe sind. Denn zwischen Senden und Empfangen gibt es zahlreiche Brüche. Spezifische individuelle Voreinstellungen, die Wahrnehmung von anderen Marken, die Beeinflussung durch die Meinungen anderer, die Medien usw. All dies spielt in die Imagebildung einer Marke mit hinein und lässt sich durch die Markenführung nur bedingt beeinflussen.
Markenführung ist insofern die Steuerung und Pflege der Markenidentität sowie ihre kommunikative und interaktive Anwendung auf verschiedene Gegenstände. Ein Markenimage hingegen bildet sich durch diejenigen heraus, die die Marke und das von ihr Markierte wahrnehmen, erleben und gebrauchen.
Bei der Lizenz, die Electrolux vermarktet, handelt es sich um die Nutzung der Markenidentität. Der monetäre Wert (Brand Equity) der Markenidentität bemisst sich allerdings an der Markenbekanntheit und dem Markenimage.
© idenko markenberatung, Stephan Pflanz, Mai 2014
Die Verwendung des Artikels oder Auszüge und Zitate daraus sind unter Angabe des Autors und der Quelle www.idenko.de gestattet. Beiträge von Stephan Pflanz auch auf www.idenko.de/blog
Stephan Pflanz | idenko markenberatung
Stephan Pflanz ist Partner bei der markenberatung idenko und Associate Partner der Gesellschaft für Nachhaltigkeitsmanagement perPetim. Seine Beratungsschwerpunkte sind Nachhaltigkeitsstrategien sowie die Realisierung einer nachhaltigen Corporate Identity. Unternehmenskultur: Werte, Verhalten, Führung. Markenpositionierung und Markenführung. Nachhaltigkeitsberichte und Nachhaltigkeitskommunikation.
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Stephan Pflanz
Am Helgenacker 27
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Das Phantom Marke
Vielleicht ist es Ihnen auch schon so ergangen. Viele Publikationen, die sich mit Branding befassen, beginnen im ersten Kapitel mit der Frage «Was ist eine Marke?» Allein, was eine Marke zu einer Marke macht, bleibt unklar. Erklärt werden Funktionen der Marke und deren Nutzen für Unternehmen und deren Kunden. Liest man in einem solchen Buch weiter, so hat man sich mit der Zeit so sehr an den Begriff Marke gewöhnt, dass man zuletzt selbst ganz geläufig von Marke spricht, so als habe man nie an diesem Phantasma gezweifelt.
Aber was ist denn nun eine Marke? Eine Produktmarke im Unterschied zum Produkt? Eine Unternehmensmarke im Unterschied zum Unternehmen? Ist der Friseur XY um die Ecke, ist das XY eine Marke? Ist jedes Produkt, jedes Unternehmen gleich eine Marke, ist also alles und nichts eine Marke?
Um diese Frage zu beantworten, müsste man, wie es in der Wissenschaft üblich ist, eine Marke von ihrem Gegenstand – also hier dem Produkt oder Unternehmen – isolieren, um sie sodann in ihrer Reinheit zu untersuchen und so ihrem Wesen auf die Schliche zu kommen.
Eine solche von ihrem ursprünglichen Gegenstand abgetrennte Marke finden wir in AEG.
″Few brands have the staying power and the essential purity of AEG. From top to bottom, this brand exemplifies all that the best German marks stand for: a strong heritage, exceptional engineering, and enviable innovation. AEG’s tagline, ′Perfekt in Form und Funktion′ is really more of a philosophy than a slogan, and in its more than 120 years of existence has proven to be synonymous with engineering excellence and quality. […] The truly remarkable aspect of AEG is that it has managed to maintain its character and reputation across a wide spectrum of products, from appliances to power tools to toys!”
Die Marke AEG ist ein Phantom! Die AEG Aktiengesellschaft ist 1982 in die Insolvenz gegangen, wurde 1985 von Daimler übernommen und 1996 vollständig in den Daimler-Konzern aufgelöst und abgewickelt. 2004 schließlich hat Electrolux Global Brand Licensing die globalen Markenrechte erworben. Alle Produkte, die heute mit AEG markiert sind, sind mithin Produkte von Lizenznehmern (vgl. www.aeg.com/de/Kontakt, obiges Zitat findet sich auf http://brandlicensing.electrolux.com).
Was können wir nun daraus lernen? Eine Marke, ob Produkt- oder Unternehmensmarke, ist mehr und anderes als ein Produkt oder ein Unternehmen. Ansonsten könnte sie ohne ihren ursprünglichen Gegenstand nicht weiterexistieren. Die Marke – nicht die Firma! – AEG lebt, weil wir sie a) kennen und b) ein Qualitätsversprechen mit ihr assoziieren.
AEG – früher Aus Erfahrung Gut – ist keine Firma, kein Logo und kein Name, sondern ein Versprechen, das sich im kollektiven Bewusstsein sedimentiert hat. Und aus diesem Grund ist AEG eine Marke und als solche auf andere passende Waren übertragbar und als Lizenz handelbar.
Markenimage oder Markenzauberei
Marke in ihrer primären, grundlegenden Bedeutung ist das Image, das ein Produkt oder Unternehmen bei denjenigen hat, die mit dem Produkt oder Unternehmen zu tun haben oder wenigstens von diesem gehört oder gelesen haben. Ein Image hinwiederum ist das Vorstellungsbild, sind die Assoziationen und Emotionen, das Wissen, das Gehörte, Gelesene und Erlebte, das wir mit einem Produkt oder einem Unternehmen verbinden.
Je stärker nun das Image, je eher lässt sich dieses Image oder Vorstellungsbild vom Produkt oder Unternehmen abkoppeln. Wenn folglich ein Produkt oder ein Unternehmen ein Image hat, das abgekoppelt vom Produkt oder Unternehmen eine gewisse Eigendynamik entfaltet, dürfen wir mit Fug und Recht von einer Marke sprechen.
Hat ein Produkt oder Unternehmen ein Image ausgebildet und ist dieses zur Marke verselbständigt, lässt sich der Spieß umdrehen. Nicht mehr generiert ein Produkt ein Image, sondern ein Image gibt einem Produkt Bedeutung, umhüllt es mit einer Vorstellung, einer Imagination, einer Aura.
Zuerst produziert VW ein Auto und nennt es Golf. Der Golf schlägt ein und wird zur Marke, aufgrund der Stärke seines Images. Schließlich produziert VW einen Nachfolger, ein neues Produkt und nennt es wieder Golf. Jetzt passiert etwas ganz kurioses.
Durch den Erfolg des ersten Autos entsteht ein Image, und Golf wird zur Marke. Nun nimmt VW die Marke Golf und markiert mit dieser das zweite Produkt. Dieses zweite Produkt profitiert damit von dem Erfolg und dem Image des ersten. Und zwar durch die eigenständige Existenz der Marke bzw. des Images, das von dem ersten Produkt auf das zweite übertragen wird.
Markenidentität und Markenführung
Wenn der Eigentümer einer Marke diese bewirtschaftet, sprechen wir von Markenführung. Und so, wie die Marke auf der einen Seite ein Image hat, nämlich bei ihren Zielgruppen, so hat sie nach der anderen Seite, für ihren Eigentümer, eine Identität. Eine Fülle von Merkmalen, die für diese Marke charakteristisch sind (Markenkern, Value Proposition) und vom Brand Management gepflegt, ausformuliert und auf die verschiedenen Zwecke und Anwendungen adaptiert werden.
Im ersten Schritt unserer Betrachtung ist aus Image Marke geworden. Und ab dem Zeitpunkt, ab dem eine Marke bewirtschaftet wird, sich der Eigentümer die Marke also mit dem Ziel aneignet, das Image bei seinen Zielgruppen noch bekannter zu machen, zu pflegen und zu beeinflussen, passiert erneut etwas Eigentümliches. Die Aufspaltung der Marke in Markenidentität und Markenimage.
Zuerst war es die Abkopplung des Images vom Produkt oder Unternehmen. Jetzt ist es die Abkoppelung des Begriffs Markenidentität von der Bedeutungsgleichheit mit dem Begriff Markenimage. Die Marke ist nunmehr zweipolig. Auf der einen Seite das Markenimage, das die Marke bei ihren Zielgruppen hat. Auf der anderen Seite die Markenidentität, die der Eigentümer der Marke bewirtschaftet und steuert.
Dieses Verhältnis lässt sich gut an einem trivialen Sender-Empfänger Modell veranschaulichen. Auf der einen Seite steht die Markenidentität, die von ihrem Eigentümer mit inhaltlichen Botschaften, visuellen Merkmalen und vielem anderen ausgestaltet wird. Und schließlich auch kommuniziert und verkauft wird. Auf der anderen Seite steht der Empfänger dieser Botschaften, dem sich aufgrund all dieser Signale und Erlebnisse das Markenimage immer weiter auftut.
Wichtig hierbei ist, dass Markenidentität und Markenimage nicht dasselbe sind. Denn zwischen Senden und Empfangen gibt es zahlreiche Brüche. Spezifische individuelle Voreinstellungen, die Wahrnehmung von anderen Marken, die Beeinflussung durch die Meinungen anderer, die Medien usw. All dies spielt in die Imagebildung einer Marke mit hinein und lässt sich durch die Markenführung nur bedingt beeinflussen.
Markenführung ist insofern die Steuerung und Pflege der Markenidentität sowie ihre kommunikative und interaktive Anwendung auf verschiedene Gegenstände. Ein Markenimage hingegen bildet sich durch diejenigen heraus, die die Marke und das von ihr Markierte wahrnehmen, erleben und gebrauchen.
Bei der Lizenz, die Electrolux vermarktet, handelt es sich um die Nutzung der Markenidentität. Der monetäre Wert (Brand Equity) der Markenidentität bemisst sich allerdings an der Markenbekanntheit und dem Markenimage.
© idenko markenberatung, Stephan Pflanz, Mai 2014
Die Verwendung des Artikels oder Auszüge und Zitate daraus sind unter Angabe des Autors und der Quelle www.idenko.de gestattet. Beiträge von Stephan Pflanz auch auf www.idenko.de/blog
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Stephan Pflanz ist Partner bei der markenberatung idenko und Associate Partner der Gesellschaft für Nachhaltigkeitsmanagement perPetim. Seine Beratungsschwerpunkte sind Nachhaltigkeitsstrategien sowie die Realisierung einer nachhaltigen Corporate Identity. Unternehmenskultur: Werte, Verhalten, Führung. Markenpositionierung und Markenführung. Nachhaltigkeitsberichte und Nachhaltigkeitskommunikation.
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