print logo

Refocusing oder Marken wieder erstrahlen lassen

Das Ziel eines Refocusing-Prozesses ist es, wieder eine stärkere Position zuerst in der Wahrnehmung der Kunden und dann am Markt zu erreichen.
Michael Brandtner | 04.04.2024
© freepik / panya8510
 

Marken sind für Unternehmen viel mehr als nur bekannte Namen, sie sind vor allem Wertschöpfungsfaktoren. So können starke Marken, wie diverse Studien auch immer wieder zeigen, ein sogenanntes Preispremium am Markt durchsetzen. Heißt: Mit einer starken Marke kann man gleichzeitig Umsatz und Preis erhöhen.

Dies führt natürlich dazu, dass Unternehmen versuchen, dieses Preispremium mit möglichst vielen zum Markenkern passenden Produkten oder auch Dienstleistungen auszuschöpfen. Nur wenn man das übertreibt, kann dies dazu führen, dass die Marke überdehnt wird und folglich an Ausstrahlungskraft und an Wertschöpfungskraft verliert. Genau dann sollte man darüber nachdenken, die Marke zu refokussieren, um wieder an Markenstrahlkraft zu gewinnen. Dabei gibt es zwei Königswege.

 

(1) Zurück in die Zukunft

Der erste Königsweg lautet „Zurück in die Zukunft“. Das beste Praxisbeispiel dafür ist Nivea. Jahrzehntelang stand die Marke für Haut- und Haarpflege. Dann wurde die Marke um die Jahrtausendwende mit der  Idee „Schönheitspflege“ in Richtung Kosmetik gedehnt und letztendlich auch „überdehnt“. So schrieb die Financial Times Deutschland im Dezember 2010: „Pflege-Fall Nivea: Eigentlich war Beiersdorf immer der Streber der Kosmetikbranche. Doch mit ihrer Flaggschiffmarke haben sich die Hamburger gründlich verzettelt. Nun steuern sie gegen – und wollen zurück zu den Wurzeln.“

So nutzte Beiersdorf brillant das Jubiläumsjahr 2011. In diesem Jahr feierte die Marke Nivea nicht nur 100 Jahre, sondern wurde im Zuge dieses Jubiläums wieder sehr erfolgreich auf das Thema „Pflege“ refokussiert. Entscheidend dabei war natürlich, dass diese Idee immer noch relevant für die Kunden war und auch heute noch ist. So gesehen könnte Ricola jederzeit wieder zu „Wer hat’s erfunden“ zurückkehren, um sich auf die damals angestrebte und sehr erfolgreiche Original-Positionierung zu refokussieren. Das Gleiche gilt natürlich auch für Coca-Cola und „The real thing“.

Auch bei Audi hat man erkannt, dass die Abkehr von Slogan „Vorsprung durch Technik“ im Oktober 2020 alles andere als eine gute Idee war. So wurde jetzt „Future is an attitude“ wieder durch „Vorsprung durch Technik“ ersetzt. Ähnliches passierte kürzlich bei Fielmann. So kehrte man auch hier nach einem kurzen Werbeausflug zu „Brille: Fielmann“, wenn auch in leicht abgewandelter Form zurück. So heißt es jetzt: „Deine Brille: Fielmann“. Und auch bei Skoda sollte man überlegen, ob es wirklich klug war, sich vom Slogan „Simply clever“ zu verabschieden.

 

(2) Auf zu neuen Ufern

Manchmal aber gibt es keine starke Idee, auf die man sich rückbesinnen bzw. refokussieren kann. Nehmen Sie Apple! Können Sie sich noch an diese Marke Mitte der 1990er Jahre erinnern? Damals sah die Zukunft von Apple alles andere als rosig aus. Dazu hieß es etwa auf der Titelseite von BusinessWeek, 5. Februar 1996: „The Fall of An American Icon“. Die meisten Unternehmen hätten wahrscheinlich in einer solchen Krisensituation intuitiv auf eine klassische 3-fach-Offensive gesetzt.

Heißt: Man hätte zeitgleich eine Produkt-, Werbe- und Preisoffensive gestartet, um den Turnaround der Marke zu erzwingen. Ganz anders Steve Jobs. Er fokussierte 2001 alle Kräfte auf den iPod, den ersten MP3-Player mit Harddisc und den brillanten Slogan „1000 songs in your pocket“. Mit dem iPod brachte er Apple nicht nur aus der damaligen Computernische, sondern legte auch die Basis für iTunes, iPhone und iPad und damit auch für den heutigen Erfolg der Marke und des Unternehmens.

Der „iPod“ von BMW in den 1960er Jahren war der 1500er. Mit dieser damaligen Neuen Klasse besetzte BMW nicht nur erfolgreich die Fahrfreude-Position, sondern stellte auch die Weichen für den heutigen Erfolg. Der „iPod“ für Nimm 2 war der Lachgummi, der aus einer ausgelutschten Bonbon-Marke einen extrem starken Herausforderer von Haribo machte. Der „iPod“ von Alpecin war das Koffeinshampoo, das aus einer angestaubten Altherrenmarke das meistverkaufte Männershampoo Deutschlands machte.

 

Echtes Tun statt Marketing-Bla-Bla

Leider scheitern viele klassische Repositionierungsprogramme daran, dass man nur ein wenig an der Kommunikation herumbastelt, in der Hoffnung, dass das genügt, um so ein Umdenken bei den Kunden auszulösen. Manche denken jetzt vielleicht spontan an die „Umparken im Kopf“-Kampagne von Opel! Die Kampagne an sich war brillant, aber sie hatte zwei große Schönheitsfehler aus Markensicht:

(1) Sie erklärte nicht, wohin man Opel im Kopf umparken sollte. Es fehlte der neue mentale Parkplatz. Es fehlte eine klare Positionierungsidee.

(2) Es fehlte ein konkretes neues Modell, das die (fehlende) Positionierung konkret zum Leben erweckt hätte. Ohne BMW 1500 hätte auch die damals neue „Aus Freude am Fahren“-Kampagne mit Sicherheit als weiteres Marketing- und Werbe-Bla-Bla geendet.

Damit sind wir bei einem wichtigen Punkt: Wenn es darum geht, eine Marke wieder auf eine bereits in der Wahrnehmung der Kunden bestehende Idee zu refokussieren, genügt es oft, einfach a la Fielmann aktuell nur an der Werbeschraube zu drehen. Wenn es aber darum geht, dass man eine Marke wirklich neu und anders in der Wahrnehmung ausrichtet, sollte man zusätzlich in der konkreten Umsetzung alle Kraft auf ein Leadprodukt oder eine Leaddienstleistung fokussieren.

 

Ziel und Methode

Wichtig dabei ist, dass man klar zwischen dem Ziel und der Methode unterscheidet. Das Ziel eines Refocusing-Prozesses ist es, wieder eine stärkere Position zuerst in der Wahrnehmung der Kunden und dann am Markt zu erreichen. Das heißt aber auch: Der Ausgangspunkt aller Überlegungen ist das sogenannte „mentale Schlachtfeld“, also die kollektive Wahrnehmung und das kollektive Gedächtnis der Kunden. Wenn man dort die eine Erfolgsposition für die Zukunft gefunden hat, dann sollte man auf die Methode Refocusing setzen, um alle Kräfte intern und extern darauf zu fokussieren, diese eine Erfolgsposition zu erreichen.

Nehmen Sie Dr. Best! Bis 1988 war Dr. Best maximal eine weitere Handzahnbürste in der Wahrnehmung der Kunden. Damals dachte man zuerst an Oral-b und Blend-a-dent. Der Marktanteil lag bei mageren 6 Prozent. In diesem mentalen Kontext setzte man auf die Idee „nachgebend“ und brachte diese Idee total fokussiert mit der ersten nachgebenden Zahnbürste und einer brillanten Werbekampagne rund um das Schlüsselbild Tomate zum Leben. Die Belohnung: Heute ist Dr. Best in der Wahrnehmung, am Point of Sale und am Markt die dominante Nr. 1.

Wo steht Ihre Marke heute in der Wahrnehmung der Kunden und am Markt? Wenn Ihre Marke nicht als klarer Marktführer wahrgenommen wird, sollten Sie überlegen, ob Ihnen dieser Refocusing-Prozess a la Dr. Best helfen kann, um Ihre Marke nicht nur aus dem Schatten des Marktführers, sondern selbst zu einem Marktführer zu machen.