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Marketing in Krisenzeiten – jetzt erst recht

Corona hat die Marketingwelt hart getroffen. Budgetkürzungen müssen hingenommen werden und Unternehmen verzeichneten erhebliche Umsatzeinbußen.
Luke Richardson | 03.07.2020
Marketing in Krisenzeiten – jetzt erst recht © Freepik / GraphiqaStock
 

Corona hat die Marketingwelt hart getroffen. Laut einer Umfrage des Marketingverbandes mussten 38 Prozent der Marketing-Entscheider Budgetkürzungen hinnehmen (Stand: Ende März 2020) und 74 Prozent der Unternehmen verzeichneten erhebliche Umsatzeinbußen im Bereich Marketing.

 

Aufgrund dieser einschlägigen Zahlen, haben wir uns die Marketingausgaben unserer 9000 Kunden angesehen. Bei Pleo stellen wir Unternehmen intelligente Kreditkarten zur Verfügung – somit müssen Arbeitnehmerinnen keine Ausgaben aus eigener Tasche tätigen oder Papierbelege einsammeln. Der Blick in die Daten erwies sich als interessant: Im Vergleich zu vielen deutschen Unternehmen investierten unsere Kunden vollkommen anders. Die Marketing- und Werbeausgaben sind nach Beginn der Krise allein zwischen dem 5. April und dem 5. Mai europaweit um 83% gestiegen. Warum? Viele der Kunden von Pleo verfolgen die Strategie, Risiken einzugehen, anstatt sie zu minimieren. Sie bevorzugen es chancenorientiert zu handeln, anstatt potentielle Risiken zu vermeiden. Tatsächlich ist das Glas halb voll.

 

Was in Deutschland auffällig ist: Manche Unternehmen geben kaum noch Geld aus, während andere ihr Ausgabeverhalten überhaupt nicht verändert haben. Woran das liegen könnte? Nun, nicht alle Unternehmen sind von der Krise negativ betroffen. Ganz im Gegenteil: Es gibt viele Unternehmen, die seit der Krise ein Wachstum verzeichnen. Darunter befinden sich, neben weiteren anderen Branchen, beispielsweise Unternehmen im Bereich des Tele-Learning oder Online-Lieferdienste. Die Krise hat unseren Alltag stark geprägt und dezentrales Arbeiten und Kontakteinschränkungen wurden vielmals zur neuen Tagesordnung. Dies kam diversen Produkten und Dienstleistungen zugute, da diese nun noch mehr gebraucht werden. Entsprechend investierten Mitarbeiter dieser Unternehmen weiterhin in Marketing, Werbung oder Berater und Dienstleister. Und natürlich gibt es auch Unternehmen, die von der Coronakrise aus wirtschaftlicher Sicht weder positiv noch negativ betroffen sind. Sie optimieren wie gehabt ihre Prozesse und schmieden Strategien, um ihre Ausgabeneffizienz, beispielsweise durch bessere Marketingbudgetierung, zu steigern.

 

Was zudem sofort ins Auge springt: Die Preise für Online-Werbung sind gesunken, wie zum Beispiel der Preis des CPC auf Facebook (Statista). Einem Bericht von Gemius zufolge stieg gleichzeitig die Computernutzung seit den anfänglichen Einschränkungen um 52 Prozent und die Reichweite der Telekommunikationsbranche nahm alleine in Kalenderwoche 14 um 77 Prozent zu. Also ein niedriger Preis und das mit noch höherer Reichweite als normalerweise. Offensichtlich, ein sehr attraktives Angebot für ein Unternehmen.

 

Was in erster Linie nach einer Win-Win-Situation klingt, bedeutet aber nicht, dass alle Unternehmen jetzt in Marketingaktivitäten investieren sollten. Vorab sollte man sich über folgende Fragen im Klaren sein:

  • Wird die angebotene Dienstleistung oder das Produkt in Zeiten der Krise gebraucht? Es war z.B. nicht sinnvoll, Restaurants in der Zeit des Lockdown ins Visier zu nehmen. Deren Besitzer hatten mit Sicherheit Besseres zu tun, als online nach neuen Sommermöbeln zu suchen. Im Gegensatz dazu könnte es sogar sein, dass ein Produkt angeboten wird, das nun mehr denn je benötigt wird.
  • Wie stark ist das Unternehmen von der Krise betroffen? Positiv, gar nicht oder negativ?
  • Wie flexibel ist das Unternehmen hinsichtlich der Budgetierung? Gibt es einen Spielraum, um neue Wege auszuprobieren?

 

Im Folgenden eine hilfreiche Liste, die dabei unterstützen kann zu entscheiden, ob in Marketing investiert werden sollte oder nicht. Unabhängig davon, ob man ein Risiko eingehen möchte oder nicht:

  • Relevanz: Welches Problem versucht die angebotene Dienstleistung oder das Produkt jetzt zu lösen?
  • Kontext: In Zeiten von Unsicherheit und sozialen Umwälzungen ist es wichtig, dass das Produkt oder der Service davon losgelöst präsentiert wird. Welche Stärken können ausgespielt werden? Welchen Mehrwert bringt das Unternehmen? Starke Werte haben auch in einer ungewissen Zeit Bestand. Dies sind auf vielen Ebenen sehr harte Zeiten, deswegen sollten Unternehmen in ihrer Kommunikation besonders sensibel/sicher sein.
  • Differenzieren: Wer sich lediglich auf Onlinemarketing fokussiert, könnte den Blick auf das Wesentliche verlieren und andere gute Werbemöglichkeiten außer Acht lassen. Es lohnt sich weiterhin an Markenwerten und Zielen festzuhalten und sich auf Qualität statt Quantität zu konzentrieren.
  • Selbstreflexion: Wir befinden uns in in einer herausfordernden Zeit, die nach Innovation und Veränderung schreit. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass das Geschäftsmodell auf den Kopf gestellt werden muss; vielmehr geht es darum, die eigenen Stärken und Ressourcen zu evaluieren und neu einzusetzen. Unternehmen sollten sich auf das konzentrieren, was sie am besten können und nur das nutzen, was für das Hier und Jetzt relevant ist.

 

Auch wenn man wahrscheinlich noch nie zuvor zu so niedrigen Kosten Kunden gewinnen konnte und einige Unternehmen definitiv von den gesunkenen Anzeigenpreisen profitieren: Es ist nicht alles Gold was glänzt. Und, es ist immer gut zweimal nachzudenken – besonders in Krisenzeiten. Trotzdem war die Online-Akquisition vermutlich noch nie billiger und wenn dem Unternehmen genug Budget zur Verfügung steht und die Produkte aktuell von potenziellen Kunden benötigt werden, warum nicht zuschlagen. Manchmal ist der Versuch, alle potenziellen Risiken zu vermeiden, doch das größte Risiko von allen.

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Luke Richardson ist Director of Brand und Communications bei Pleo.