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Psychologie der Kaufentscheidung: Warum wir kaufen

Die psychologischen Einflussfaktoren, die auf das Kaufverhalten von Konsumenten wirken, sind sehr vielfältig.
Jens Rode | 19.04.2018
Psychologie der Kaufentscheidung: Warum wir kaufen © Pixabay / HutchRock
 
19.00 Uhr in Deutschland - ein permanentes Klicken geht durch die Onlineshops, die virtuellen Warenkörbe werden gut gefüllt. 61 Prozent der Deutschen begeben sich am liebsten zwischen 18.00 und 24.00 Uhr auf digitalen Schaufensterbummel und kaufen ein. Geht es sogar um größere Anschaffungen werden zudem Fachzeitschriften gewälzt, Communities durchforstet, Testergebnisse gelesen, Preise verglichen oder eben die Freunde gefragt.
Sind Kaufentscheidungen also wirklich rational? Was löst sie aus und welche Trigger tricksen Konsumenten immer wieder aus, wenn sie etwa gar nicht konkret auf der Suche sind oder sogar Geld sparen wollen?

Tatsächlich rational?


Fast jeden zweiten Tag kaufen deutsche Verbraucher laut der Gesellschaft für Konsumforschung ein. Dabei steht aus rein wirtschaftlicher Sicht einzig und allein der größtmögliche Vorteil (also die maximale Rationalität) im Vordergrund. Tatsächlich sind rationale Überlegungen bei der Kaufentscheidung, sei es für ein neues Telefon oder die Rechtsschutzversicherung, eher nachrangig, denn das menschliche Gehirn agiert assoziativ, interpretativ und selektiv. Dementsprechend handeln Menschen meistens nicht rational, sondern auf emotionaler Ebene als Folge ihrer im Leben gesammelten Erfahrungen. Allein 70 bis 90 Prozent aller Entscheidungen werden unterbewusst getroffen und dem Bewusstsein nur noch zum finalen Abnicken vorgeschlagen.
Marketingverantwortliche sollten daher vor allem ihre Strategien und Aktionen auf die emotionalen Bedürfnisse und Handlungsmotive ihrer potentiellen Kunden ausrichten.

Die psychologischen Einflussfaktoren, die auf das Kaufverhalten von Konsumenten wirken, sind sehr vielfältig:

Von Grund auf irrational


Auf der einen Seite eine ausgewogene Ernährung mit gesunden Zutaten, am besten auf Bio-Basis, für ein gutes Körpergefühl und zur Vorbeugung von Krankheiten. Auf der anderen Seite Liebhaber von Risikosportarten wie Fallschirmspringen oder Motocross. Scheiden sich beide Lebensstile generell von einander aus? Nein, denn der Mensch ist von Natur aus irrational und kombiniert vermeintlich konträre Denkrichtungen. Und genauso verhält es sich mit Kaufentscheidungen. Hier ein Muster zu erkennen, ist quasi unmöglich. Für solche Kunden gilt: Sie wollen sich gut fühlen, wenn sie etwas kaufen und ein bestimmtes Lebensgefühl unterstreichen. Allerdings werden Kaufentscheidungen von den heutigen Generationen zunehmend auch von moralisch-ethischen Gesichtspunkten beeinflusst. Beim Kauf wird nicht nur der persönliche Benefit gesucht, sondern gezielt nach Alternativen mit Social Impact entschieden.


Heuristiken als Entscheidungshilfe


Von den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen des Lieblingsjoghurts und individuell konfigurierbaren Laptops bis hin zu auf die persönlichen Präferenzen zugeschnittene Telefontarife - Verbraucher stehen in jeglichen Lebenslagen einer immensen Vielfalt von Produkten gegenüber. Daraus das für sich optimalste Angebot zu wählen, wird ein immer schwieriger werdendes Unterfangen. Sogenannte Heuristiken werden zum helfenden Anker und sind vielschichtig anwendbar: Anhand der Verfügbarkeitsheuristik wählt das Gehirn bei unterschiedlichen Auswahlmöglichkeiten eher diese Option aus, die Ähnlichkeit mit etwas hat, an das sich der Kunde schnell und einfach erinnert. Marken haben einen großen Einfluss auf Entscheidungen. Kunden mögen Dinge, die sie kennen und befinden sie dadurch auch für gut. Zudem assoziieren sie mit einer Marke teilweise auch bestimmte Emotionen und ein bestimmtes Lebensgefühl, das man dann mitkauft.

Demnach werden Produkte nicht nach bestimmten Merkmalen verglichen, sondern unbewusst nach etwa "Damit habe ich letztes Mal gute Erfahrungen gemacht, also nehme ich es nochmal" oder der Recognition-Strategie ("Nehme ich das No-Name-Shampoo oder lieber eine Marke? Das Markenprodukt ist mir vertrauter, außerdem verwenden Freunde auch dasselbe.") ausgewählt.

Der Social Proof als Mechanismus


Einstellungen oder kulturelle Prägung - alle Erfahrungen, die im Laufe des Lebens gemacht werden, beeinflussen das Verhalten und im Endeffekt die Entscheidungen. Ebenso werden Einflüsse unterschätzt, die künstlich erzeugt werden. Jeder ist der Meinung, dass er ein bestimmtes Produkt kauft, weil es nun mal objektiv das Beste ist. Diese Selbsteinschätzung ist nicht darauf zurückzuführen, dass man selbst tatsächlich unbeeinflusst ist, sondern darauf, dass diese Einflüsse häufig nicht bemerkt und daher unterschätzt werden. Somit üben andere Menschen, meist aus dem direkten Umfeld wie Familie oder Freundeskreis, starken Einfluss auf das Kaufverhalten aus. Aber auch Aussagen in den Medien oder in Communities sind weitreichende Hebel, was andere Menschen kaufen bzw. wie sie bestimmte Produkte bewerten.
Jeder Mensch orientiert sich am Verhalten anderer und schließt aus deren Verhalten auf die Angemessenheit für sein eigenes Verhalten. Gerade wenn bestimmte Entscheidungen schwer fallen, gibt das Verhalten anderer eine Orientierung darüber, was angemessen ist. Aus genau diesem Grund kaufen Kunden häufig Produkte, die gerade im Trend sind und alle kaufen. Ein Grund, warum Freundschaftswerbung bis heute zu den erfolgreichsten Marketing-Tools gehören und Influencer Relations seit Jahren einen echten Boom erlebt.

Fazit:


Kaufentscheidungen sind multikausale und vielschichtige Prozesse. DEN Knopf, der zugunsten eines Produkts gedrückt werden kann, gibt es nicht. Jedes Produkt hat immer einen subjektiven Wert für den Käufer. Psychologische Faktoren überdecken dabei die ökonomischen Prinzipien, welche für die Maximierung des eigentlichen Nutzens stehen. Dieser subjektive Wert kann von dem objektiven Wert stark abweichen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn emotionale Aspekte wie "etwas mögen", einen gewissen Wert beimessen oder auch kognitive Faktoren wie "mentale Kontoführung" eine Rolle spielen.
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Der studierte Betriebswirt Jens Rode ist vom Umsatzpotenzial von Empfehlungen fest überzeugt und will die Relevanz von Empfehlungsmarketing stärken.