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Krisen meistern mit Resilienz

Die wichtigsten fünf Tipps, um gestärkt aus einer Krise hervorzugehen.
Katharina Maehrlein | 04.07.2014
Sicherlich kennen Sie Menschen, die mit Druck, Konflikten und Niederlagen scheinbar mühelos fertig werden. Sie sind weder besonders abgebrüht noch verfügen sie über Superkräfte. Entscheidend ist ihre innere, seelische Widerstandskraft, die sogenannte Resilienz. Sie ermöglicht es, nicht umzuknicken, sondern allen Stürmen des Lebens zu trotzen.

Kann man diese Fähigkeit trainieren oder ist das eher eine Frage des angeborenen Charakters?

Das Thema „Resilienz“ macht seit Anfang der Neunzigerjahre in der Verhaltensforschung Furore. Das Wort, vom lateinischen resilio (abprallen, zurückspringen) abgeleitet, kommt aus der Physik und bezeichnet in der Materialforschung hochelastische Werkstoffe, die nach jeder Verformung wieder ihre ursprüngliche Form annehmen. Die Verhaltensforscher haben den Begriff schließlich auf den Menschen übertragen: Resilient ist, wer die emotionale Stärke aufbringt, sich von Stress, Krisen und Schicksalsschlägen nicht brechen zu lassen, sondern das Beste aus jedem Unglück zu machen, daraus zu lernen und gerade durch die Leiderfahrung über sich selbst hinauszuwachsen. Oder anders gesagt: Resilient ist, wer auch mit dem Kopf unter Wasser noch Perlen findet. Natürlich gibt es Menschen, die bereits von Natur aus mit einer ausgeprägten Resilienz ausgestattet sind. Die gute Nachricht: Mit Hilfe der Bambus-Strategie lässt sich die eigene Resilienz gezielt weiterentwickeln.

Warum Bambus-Strategie?

Stellen wir es mal bildlich dar: Die Bambuspflanze ist das perfekte Vorbild. Ob eine lange Trockenzeit oder schwerer Schnee sie belasten, ob der Wind sie beugt oder sie Hindernisse beim Wachsen überwinden muss – der Bambus überlebt, weil er alle seine eigenen Kräfte immer wieder gezielt mobilisiert. Und er schafft es auch noch, das ganze Jahr über kraftvolle, grüne Blätter zu entwickeln. Und was hat der Mensch von dieser Pflanze? Bamboo – so nenne ich die Kraft, jeden Tag seine vielfältigen Aufgaben zu meistern, mit Druck, Konflikten, Misserfolgen und Niederlagen fertig zu werden und gestärkt aus Krisen hervorzugehen. Jeder hat sie in sich! Bei manchen ist sie kleiner, bei anderen größer.

In welchen Situationen eignet sie sich besonders gut?

Die Bambus-Strategie hilft in einer Vielzahl von Situationen, zum Beispiel wenn wir zwischen Vorgesetzten auf der einen und Mitarbeitern auf der anderen Seite stehen, zwischen Schulbehörde und Schülern, zwischen Klinikleitung und Patienten. Bamboo stärkt uns für hohes Arbeitsaufkommen, Druck von allen Seiten oder sogar Krisen. Er hilft, Ziele zu erreichen und die Erfüllung im Berufsleben (wieder) zu finden. Härteproben lauern überall. Vor allem dann, wenn der Druck gleich von mehreren Seiten auf Menschen einwirkt. Gerade dann ist die Gefahr groß, dass sich selbst aufreiben. Wenn innere Stärke und Durchsetzungskraft fehlen, wenn wir das Machbare nicht mehr erkennen, entsteht leicht das Gefühl, machtlos zu sein, keinen Einfluss nehmen zu können. Hier hilft die Bambus-Strategie, sich in den Stürmen des Arbeitsalltags gelassen zu biegen, anstatt zu zerbrechen.

Was sind die wichtigsten fünf Tipps, um gestärkt aus einer Krise hervorzugehen?

1. Investieren Sie in belastbare Beziehungen: Je schwerer die Krise ist, in der wir uns befinden, umso wichtiger ist es, dass es Menschen gibt, die für uns da sind, zuhören und gegebenenfalls helfen.

2. Vertrauen Sie auf sich selbst und Ihre Fähigkeiten: Erinnern Sie sich an positives Feedback, was Sie erhalten haben und bitten Sie Menschen Ihres Vertrauens um Rückmeldung. Das stärkt Ihr Selbstvertrauen und Ihre Selbstsicherheit!

3. Üben Sie, loszulassen und zu akzeptieren: Trauern Sie um das, was Sie verlieren – aber nicht für immer. Ebenso sollten Sie akzeptieren, dass Sie manche Dinge nicht ändern können. Schonen Sie Ihre Kräfte, anstatt sich in sinnlosen Kämpfen zu verausgaben.

4. Stellen Sie nicht die Frage nach dem Schuldigen, sondern nach der Lösung: Finden Sie für sich heraus, wie Sie das Beste aus der Krisensituation machen.

5. Zerbrechen Sie sich nicht rund um die Uhr den Kopf: Auch wenn es auf den ersten Blick schwerfällt, es hilft nichts, wenn Sie pausenlos an Ihre Krise denken und Nacht für Nacht wachliegen. Bemühen Sie sich um eine gesunde Balance und achten Sie auf ausreichend Schlaf und Bewegung. Oft sehen Probleme danach gar nicht mehr so schlimm aus.


Manchmal zieht sich eine Krise lange hin – hohes Arbeitsaufkommen, Scheidung, Arbeitslosigkeit – gibt es Möglichkeiten mit den psychischen Energien zu haushalten? (Wie könnte das aussehen)?

Neben plötzlich auftretenden Krisen, die einem Schockerlebnis gleichkommen, gibt es häufig auch die Art von Krise, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Hier ist es besonders entscheidend, dass man sich auf das Machbare konzentriert und die gegebenen Handlungsspielräume nutzt. Denn auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint: Einen Handlungsspielraum gibt es immer! Ihn zu erkennen ist die Kunst. Entscheidend ist, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten. Statt sich über Dinge zu ärgern, die wir ohnehin nicht ändern können (unveränderliche Rahmenbedingungen), sollten wir unser Handeln auf das konzentrieren, was in unserem Einflussbereich (Handlungsspielraum) liegt – der sich dadurch nach und nach vergrößert.

Gerade bei langanhaltenden Krisen ist es entscheidend, dass uns nicht unterwegs die Puste ausgeht. Daher ist es wichtig, dass wir uns intensiv um die Pflege unseres Kraftkontos kümmern. Mein Tipp: Umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen mit Wohlwollen begegnen, die Ihnen positive Botschaften über Sie selbst senden, die Ihnen zeigen, dass sie viel von Ihnen halten, Sie schätzen und an Sie glauben. Nur so entwickeln Sie eine positive Einstellung und innere Kraft, nur so wird Ihr Kraftkonto gefüllt.

Wenn sich die Dinge überschlagen und ich in Stress gerate, überschwemmt mich manchmal eine Welle von Selbstmitleid und ich denke, dass mir alles zu viel wird. Gerade in einer längeren Krise wird man mehr als einmal an diesen Punkt kommen. Was mir persönlich hilft, ist, in solchen schwachen Momenten das Hörbuch von Viktor Frankl mit dem Titel „Trotzdem Ja zum Leben sagen – ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager“ zu hören. Ich fahre ja sehr viel mit dem Auto zu Kunden und manchmal lege ich es ein. Spätestens wenn ich zu einer Stelle komme, wo dieser Mann, der seine gesamte Familie verloren hat, beispielsweise schildert, wie er mit neun weiteren Häftlingen auf einem zwei auf zwei Meter breiten Brett ohne Matratze, mit den eigenen dreckigen Schuhen als Kissen, ohne Decke, ohne Heizung dicht an dicht wie die Ölsardinen versucht zu schlafen – dann weiß ich wieder, wie gut es mir geht, und ich komme mir mit meinem Selbstmitleid lächerlich vor.

In unserem Alltag dringen tausende von Reizen auf uns ein und es ist schwer, sich nicht von den äußeren Geschehnissen mitreißen und sich so zusätzlich in Stress versetzen zu lassen. Besonders dann, wenn wir uns in Situationen befinden, deren Rahmenbedingungen wir nicht ändern können. Hier helfen einfache Achtsamkeitsübungen, um den Akku wieder aufzuladen, den Weg zu seiner inneren Kraft zurück zu finden und trotz Gegenwind schnell wieder ruhig und fokussiert zu sein. Das besondere an diesen Übungen ist, dass man sie jederzeit ohne zusätzlichen Zeitaufwand in seinen Alltag einbringen kann. Eine beispielhafte Übung ist die „Reizdiät“: Legen Sie beispielsweise an einem Abend in der Woche einen „Wüstenabend“ ein: Erklären Sie einen Abend in der Woche zu einem Abend der Stille ohne Fernseher, Telefon, Besuch oder Weggehen. Legen Sie einen Abend als „Einsiedler“ ein, an dem Sie sich zurückziehen und ganz bewusst nichts anderes machen als „nach innen zu lauschen“. Probieren Sie einmal aus, beim Autofahren das Radio auszulassen, das Handy zeitweise auszuschalten oder ein paar Tage „Facebook zu fasten“. Besuchen Sie einen Meditationskurs, statt am Wochenende auch noch eine stressige Freizeitaktivität zu machen, und nehmen Sie Ihren Urlaub einmal als echte Auszeit.


Info-Kasten: So funktioniert die Bambus-Strategie
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Aktivieren Sie Ihre innere Kraft

Ihr Bamboo besteht aus Wurzeln, Stamm und Blättern. Insgesamt sind es elf Teile, die Ihre innere Stärke ausmachen:

Die drei tiefen Wurzeln:


1. Akzeptanz
2. Verbundenheit
3. Positive innere Einstellung
Mit den Wurzeln unterstützt Ihr Bamboo Sie dabei, sich fest und dauerhaft zu verankern, so dass Sie nichts wirklich umhauen kann.

Die vier Bestandteile seines biegsamen Stammes, die Ich-Stärker:


4. Selbstbewusstsein,
5. einem Leitstern folgen,
6. Selbstliebe und
7. Selbstsicherheit.
Der biegsame Stamm Ihres Bamboo erinnert Sie daran, selbst wie ein Bambus im Sturm zu sein, sich zu biegen statt zu brechen und auch nach großer Schneelast einfach wieder aufzustehen und weitere Triebe auszubilden.

Die vier immergrünen Blätter, unsere Energiespender:

8. Spielräume und Lösungen,
9. Vitalität,
10. eine souveräne Durchsetzungskraft und
11. das Gestalten des eigenen Arbeitsumfelds.

Wie beim Bambus ermöglichen sie Ihnen, sich immer der Sonne zuzuwenden. Ihre „Blätter“ werden sich zwar im Sturm heftig bewegen, aber nicht fallen und auch im härtesten Winter grün bleiben.
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E-Mail: k.maehrlein@5-sterne-trainer.de