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Maschinelle Übersetzung - wer hat die Chancen, wer sieht die Risiken?

Vom Übersetzer zum Content Lokalisierungsexperten von Dr. Axel Poetges
Trados | 02.07.2013

Die Diskussion über maschinelle Übersetzung ebbt nicht ab. Mit Beiträgen wie 'Die Übersetzungsbranche steht am Scheideweg' oder Überschriften wie "Wollen die Entwickler von Software für maschinelle Übersetzung die Linguisten ersetzen?“ wird doch wohl mehr Verunsicherung auf breiter Front denn Zutrauen und zielführende Information in eine / zu einer zukunftsträchtige(n) Technologie erzeugt.

Maschinelle Übersetzung hat längst ein anderes Format als Babelfish oder Google-Translate. Es geht auch nicht darum, die Übersetzer arbeitslos zu machen, sondern ihnen vielmehr die Option zu erschließen, sich vom Übersetzer zum Content-Lokalisierungsexperten in einer speziellen Branche zu entwickeln, indem er mehr Post-Editing denn Rohübersetzung betreibt und sich damit in die Lage versetzt, deutlich mehr Content-Wertschöpfung mit echter Markt- und Produktorientierung zu generieren. Klassische Einkäufer sind auch nicht alle arbeitslos geworden, weil ERP-Systeme ihnen die operative Einkaufsarbeit abgenommen haben und sie sich stattdessen auf das wesentlich wichtigere Einkaufsmarketing konzentrieren konnten. Keiner wäre auf die Idee gekommen, dass ERP-Systementwickler Einkäufer arbeitslos machen wollen.

Auch die Sorge, dass intellektuelles Eigentum der Unternehmen im Google-Orbit zum Allgemeingut wird, ist nicht mehr zutreffend.


Customizing für die maschinelle Übersetzung

Intelligente Software für die maschinelle Übersetzung kann schon geraume Zeit branchentypisch und individuell trainiert werden, so dass Begriffsvorräte und Kontextstrukturen einfach da sind und die Software somit eine Übersetzung liefern kann, die in der jeweiligen Branche auch einer kritischen Begutachtung standhält.

Maschinelle Übersetzung adressiert ganz gezielt Geschwindigkeits-Verbesserungspotenziale - bei den relevanten Prozessen und bei der Zeitnähe des globalen Informationsaustausches. Denkt man nur einmal an globale Kommunikationsnetzwerke wie z. B. bei Helpdesks, E-Mail Kommunikationen oder Chats und Foren, an die globale Präsentation digitaler Inhalte z. B. auf Bewertungsportalen, an die konsistente, zeitgleiche Bereitstellung multilingualer Produktpräsentationen im fast moving consumer goods-Geschäft oder auch einfach an die Lokalisierung von branchenspezifischem Content.

Maschinell vorübersetzter Content mit entsprechend kompetenter Nachbearbeitung ist natürlich sehr viel schneller ready for Publishing und hat ein deutliches Mehr an Qualität. Mitnichten werden die Linguisten durch maschinelle Übersetzung arbeitslos - vielmehr werden die Lokalisierungs-Prozesse schneller und qualitativ hochwertiger. Linguisten werden also zukünftig mehr Fokus auf die inhaltlich ausgerichtete Nachbearbeitung von vorübersetztem Content legen müssen und die Vorteile der maschinellen Übersetzung proaktiv für ihre eigene Weiterentwicklung nutzen.

Die Rolle von maschineller Übersetzung wird kontinuierlich wichtiger werden - je spezifischer die Trainierbarkeit der Software wird, um so interessanter werden die Einsatzmöglichkeiten in verschiedenen Branchen. Denkt man einmal an die zunehmende Umsatzrelevanz hybrider Produkte im Maschinenbau durch den Ausbau von originären und ergänzenden Services. Schnelle und fokussierte globale Kommunikation ist im Aftermarket ein klares Erfolgsindiz.

Die Evolution der Information-SupplyChain

Wir werden also in sehr naher Zukunft eine ständig wachsende Zahl von branchenspezifisch trainierten Übersetzungsmaschinen sehen, die in der Konsequenz schneller verfügbaren und qualitativ hochwertigeren Content ermöglichen. Das wird zu einer entsprechend evolutionären (nicht wie befürchtet 'revolutionären') Veränderung von Information-LifeCycle und Information-SupplyChain führen. Damit bietet sich ohne Zweifel eine große Chance für alle an der Informations-Wertschöpfung beteiligten Rollen und Funktionsträger, von dieser Entwicklung zu profitieren - als Nutzer wie als Anbieter.