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Werbung zum Schnäppchenpreis bekommt wer sie verdient.

Ein Logo für 10 Euro? Immer öfter bieten Grafiker und Mediengestalter ihre Leistungen zu Preisen an, die kaum noch nachvollziehbar sind.
Klaus Wenderoth | 01.10.2012
Ein Logo für 10 Euro? Das gibt es wirklich. Immer öfter bieten Grafiker und Mediengestalter ihre Leistungen zu Preisen an, die kaum noch nachvollziehbar sind. Angelika Scholz, Konzeptionerin, Grafikerin und Texterin macht diese Entwicklung nicht mit. Ob das auf Dauer geht? Und wie sie im harten Verdrängungswettbewerb der „Kreativen“ ihre Kunden überzeugt erzählt Angelika Scholz in diesem Interview.

Frau Scholz, viele Designer „balgen“ sich in Deutschland für ein Taschengeld um Jobs. Nur noch einige wenige verdienen „das große Geld“. Ist das die reale Welt der Grafiker und Mediengestalter im Jahr 2012?

Die reale Welt gibt es nicht. Es gibt auf jeden Fall die Zehn-Euro-Grafiker und die, die immer noch die Preise der Achtziger Jahre nehmen. In diesen Fällen wird oft ein überdimensionales Image mitbezahlt.

Ich erlebe in meiner Welt zum Glück selten die Frage nach Dumpingpreisen. Und wenn das so ist, dann sind das auch Leute mit – verzeihen Sie den Ausdruck – Discountgeschmack. Und den kann ich sowieso nicht bedienen. Das ist keine Arroganz, ich kann es einfach nicht.



Die Hochschule der Medien in Stuttgart verzeichnet zum Teil zehn mal mehr Bewerber für manche Studiengänge als Studienplätze zur Verfügung stehen. Wie erklären Sie sich diesen ungebrochenen „Run“ junger Menschen auf diese Berufe? Und welche Folgen hat das?

Den Run erkläre ich mir dadurch, dass mein Beruf ganz sicher eine gewisse sexyness mit sich bringt. Es ist großartig Welten zu schaffen. Und sich Art Director zu nennen, klingt prima.

Ich fand die Hierachien in Agenturen immer sehr anstrengend, deshalb schätze ich den kurzen Weg zu meinen Kunden nach wie vor ganz besonders.

Die Folgen des Runs? Ein schöner Praktikantenmarkt? Ich weiß es nicht.



Warum bieten manche Ihrer Kollegen ihre Arbeit an wie „sauer Bier“? Und: Warum lehnen Sie das für sich grundsätzlich ab?

Ich denke, bei diesen Kollegen ist es nackte Überlebensangst, die ich sehr gut nachvollziehen kann. Lieber günstig arbeiten als gar nicht. Längerfristig heißt das aber IMMER Unterbezahlung, denn Auftraggeber werden zu solchen Preisen erzogen und warum sollten sie dann plötzlich mehr bezahlen als vorher. Das ist für niemanden nachvollziehbar.

Ich versuche schon immer angemessene Preise zu machen. Angemessen bedeutet für mich: Die Autorin, die eine Website braucht bezahlt einen anderen Preis als das mittelständische Unternehmen.

Ich lebe immer ein bisschen Anarchie, oder Gerechtigkeit. Damit geht es mir gut und das ist für mich entscheidend.



Man kann doch den Standpunkt vertreten, dass ein „Logo für 10 Euro“ auch als Türöffner beim Kunden dienen kann. Geht diese „Rechnung“ nicht auf?

Wie schon angedeutet: Wenn ich mit 10 Euro einsteige für ein Logo, warum soll mein Auftraggeber dann beispielsweise 100 Euro für den Entwurf eines Briefkopfs bezahlen? Wenn kein Bewusstsein für die Arbeit die hinter den Entwürfen steckt, geschaffen wird, wie soll dann ein Wert dafür entstehen?

Mittlerweile haben fast alle Menschen Zugang zu einem Computer: Doch wer Schriften einen Schatten verpasst ist kein Designer und die Benutzung von Word macht auch niemandem zu einem Texter…. Wir greifen doch auch nicht zur Zange im Werkzeugkasten wenn wir Zahnschmerzen haben …

Wenn ein Job gut gemacht wird, dann steckt Herzblut, Intelligenz und Erfahrung dahinter. Und Wissen. Das scheint in Vergessenheit zu geraten, dass freie Grafiker von heute Art Direktoren, Grafiker, Reinzeichner, Schriftsetzer und Produktioner sind.



Nochmal zum Türöffner: wenn ein Bäcker ein neues Brot bewirbt und dieses zum Einführungspreis von einem Euro verkauft, dann ist das prima. Denn viele Leute werden, wenn der Bäcker seinen Job gut gemacht hat, dieses Brot später zu einem normalen Preis kaufen. Doch Logos, beispielsweise, werden nicht alle drei Tage frisch gekauft…



Gutes Design ist im Ergebnis wie ein Maßanzug für den Kunden. Er wird sich damit wohlfühlen. Kann ein Kunde mit „Design von der Stange“ überhaupt zufrieden sein?

Natürlich kann ein Kunde zufrieden sein mit einem „Design von der Stange“. Es gibt doch auch Leute die sich in Billigjeans wohlfühlen. Es ist eine Frage der Haltung und des Anspruchs. Wie so oft im Leben.

Die Honorarempfehlungen der Berufsverbände und die tatsächlich gezahlten „Preisgelder“ an die Designer weichen immer stärker von einander ab. Was ist zu tun und wer ist jetzt gefragt um diesen Trend zu stoppen?

Ich sehe diese Empfehlungen eher als grobe Orientierung, da sie naturgemäß nur statisch sein können.

Ich habe einen Schriftzug für 15.000 Euro verkauft und anstelle einer gewünschten Briefausstattung nach einem ausführlichen Gespräch einen Stempel empfohlen, weil diese Lösung richtig war. Für das Gespräch und die Gestaltung des Stempels hab ich damals 100 Mark bekommen… es ist einfach eine hohe Aufmerksamkeit und Flexibilität gefragt, die manchmal in Zahlen kaum auszudrücken ist.

Und um die Frage zu beantworten: Der Trend ist nicht zu stoppen.



Wie überzeugen Sie Ihre Kunden Frau Scholz? Mit welchen Argumenten kann ein Grafiker, Texter oder Mediengestalter auch heute noch eine faire und angemessene Bezahlung seiner Leistung bekommen?

Was bei mir überzeugt sind meine Arbeiten und das gelebte Ziel meinen Auftraggebern eine Arbeit abzuliefern mit der sie sich 100 Prozent identifizieren.

Zwei weitere Punkte kommen hinzu: Die Liebe zum Detail und Fachwissen – so trifft Geschmack auf Qualität. Und das wird in Zeiten von Standardprodukten zumindest unbewusst wahrgenommen.

Hinzu kommt dass meine Auftraggeber aus einem Gespräch zielgerichteter und mit einem frischen Bewusstsein für sich und ihre Produkte herausgehen.

Zusammengefasst ist es Qualität. Die kostet Geld. Hält aber länger und macht mehr Spaß.



Die Sicht des Kunden. Welche Punkte sollte ein gutes Grafikangebot unbedingt beinhalten? Überhaupt: Müssen Grafiker ihre Preise transparenter machen und besser erklären?

Ein gutes Angebot ist für beide Seiten fair: es steht darin, was für welches Honorar angeboten wird. Manchmal muss es sehr transparent und somit mehrseitig sein, weil der Auftraggeber das braucht, manchmal reicht ein Handschlag und eine kurze Bestätigung per E-Mail. Letztendlich ist es eine Frage der Seriosität. Auf beiden Seiten.

Dieses und weitere Interviews finden Sie im Expertenblog http://www.KlausWenderoth.de