Getänkemarkt: Quo Vadis? / GetränkeMarketing 4/2009
Aufruhr im Getränkemarkt
Wie in allen Märkten schreitet auch im Getränkemarkt die Konzentration munter voran: Bitburger übernimmt König Pilsener, Coca Cola kauft Apollinaris und hätte gerne Bionade übernommen. Jüngstes Beispiel: Die spektakuläre Übernahme von Anheuser-Busch in St. Louis durch die belgische InBev Brauerei (Marken: Stella Artois, Beck’s, Staropramen). Für den Deal legte InBev 52 Milliarden Dollar hin, um den mit Abstand größten Brauerei-Konzern der Welt zu formieren.
Nicht anders auf regionaler oder lokaler Ebene. In Köln ließ sich in den letzten Jahren beobachten, wie ehemals eigenständige Privatbrauereien wie Gaffel, Sion oder Dom Kölsch zur Kölner Verbund Brauerei zusammengeschlossen wurden und heute mit zentralem Marketing, zentraler Produktion und zentralem Vertrieb die früheren, oft als Familienunternehmen agierenden Brauereien zusammenfasst. Geheimnis des Erfolgs war nicht selten die Verlagerung der Produktion in die städtische Peripherie und die lukrative Veräußerung der innenstädtischen Lagen der früheren Brauereien. Dazu kamen die Synergieeffekte der übergreifenden Verwaltung und Produktion. In vergleichbarer Weise entwickelten sich die lokalen Biermärkte in Hamburg, München, Frankfurt und Leipzig.
Neben dem Trend zur Konzentration sieht sich die Branche – ebenso wie andere Genussmittelsparten – einem rückläufigen Konsum gegenüber. Betrug der Pro-Kopf-Konsum des Bundesbürgers bzgl. Bier 1988 noch 147 Liter pro Jahr, so sank er 2006 auf 115 Liter ab. Ganz anders bei Mineralwasser: Der Mineralwasserverbrauch betrug 1980 noch durchschnittlich 83 Liter pro Jahr, pendelt sich jedoch seit 2004 bei ca. 130 Liter ein. Dieser Aspekt macht die Mineralbrunnen für die Brauereien interessant. Können doch bei Übernahmen mit den zunehmenden Absätzen der Mineralbrunnen die rückläufigen Absätze der Brauereibetriebe kompensiert werden.
Eine andere Maßnahme zur Kompensation der sinkenden Bierabsätze ist die zunehmende Entwicklung der Sparte Biermix-Getränke. Mit ihnen gelingt offensichtlich die Ansprache junger Konsumenten, die nicht zuletzt durch höhere Besteuerung von Alcopops in dieses Segment abwandern. Alcopops hatten in den letzten Jahren ein nie gekanntes Maß an öffentlicher Diskussion und sozialer Ächtung auf sich gezogen.
Bei Brauereien wie Holsten (Mixery), Beck’s (Beck’s Gold, Beck’s Lemon), Veltins (Veltins V+) Bitburger (Bit COPA) oder Schöfferhofer (Radeberger) verzeichnen die Biermix-Getränke jährlich zweistellige Zuwachsraten. Die in den 90er Jahren entwickelten Segmente Light und Weizen wurden schon überflügelt.
Ähnliche Entwicklungen finden sich im Mineralwasserbereich. Der Absatz der großen nationalen Mineralwassermarken (z. B. Gerolsteiner, Apollinaris) stagniert in den letzten Jahren auf hohem Niveau. Zudem erweist sich der Absatz der Mineralwässer als anfällig für witterungsbedingte Schwankungen. In dem ausgesprochen heißen Sommer 2005 zogen die Absätze deutlich an, um dann in 2006 und 2007 wieder spürbar abzusinken.
Entwicklungen, die in dem weltweit führenden französischen Mineralwassermarkt schon längst Platz gegriffen haben, werden zunehmend auch von deutschen Mineralbrunnen umgesetzt. Analog Volvic oder Vittel werden kohlensäurefreie Mineralwässer zunehmend in aromatisierten Varianten angeboten. Zudem werden verstärkt Mischgetränke entwickelt. Ein erfolgreiches, schon lange etabliertes Getränk ist die Apfelschorle, die mittlerweile von fast allen Mineralbrunnen angeboten wird.
Weitere Ansätze finden sich im Near Water Segment, in dem zunehmend Wässer mit Tee-Aromen- oder Tee-Frucht-Geschmack angeboten werden (z. B. Gerolsteiner Moment Grüntee & Traube).
Bionade als alternativer Newcomer brachte durch seinen exorbitanten Erfolg in den letzten Jahren die Branche geradezu in Aufruhr. Nahezu alle großen Mineralbrunnen begannen Nachahmer-Produkte zu entwickeln. Zur Zeit kann man fast monatlich den Launch von neuen Nachahmer-Produkten wie Sinconada aus der Brauerei Hövelmann (Sinalco), Georgia von Coca Cola oder von zahlreichen Handelsmarken beobachten.
Ein wesentlicher Aspekt des großen Erfolgs von Bionade ist der „Genuss ohne Reue“. Im Limonadenmarkt hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte eine Spaltung in ein Angebot für Kinder (Fanta, Sprite sowie die Zitronen- und Orangenlimonaden der Mineralbrunnen) und ein Angebot für Erwachsene (Cola-Getränke, isotonische Getränke, Red Bull, etc.) ergeben. Sowohl die „Kinderlimonaden“ als auch die „Erwachsenenlimonaden“ – insbesondere Coca Cola – stehen seit einigen Jahren in der Kritik eines zu hohen Zuckeranteils. Coca Cola reagierte mit einer zuckerreduzierten Cola Light, die jedoch passionierte Coca Cola Trinker nie wirklich überzeugen konnte. Ein neuer Anlauf wurde 2007 gestartet mit Coca Cola Zero, die geschmacklich attraktiver ist und nun endlich der ernährungswissenschaftlichen Kritik den Wind aus den Segeln nehmen soll. Insgesamt entwickelt sich Coca Cola aber immer mehr in Richtung eines Defensivkonzepts.
Bionade erscheint aus Konsumentensicht sowohl als Erwachsenen- als auch als Kinder-Limonade akzeptabel. Der „Bio-Touch“ des Produkts und der Verzicht auf Beimengung von weißem Zucker lässt das Produkt aus Konsumentensicht geradezu als gesund erscheinen. Diese Wirkung wird zudem durch den Markennamen unterstrichen, der die Abwesenheit gesundheitlich bedenklicher Wirkungen signalisiert.
Ein weiterer Aspekt, der Bionade zum Erfolg verhilft, ist das Angebot von Geschmacksvielfalt und innovativen, genussversprechenden Geschmacks-richtungen. Selbst eine so öko-verdächtige Geschmacksrichtung wie Holunder oder die neue Geschmacksrichtung Quitte wird unter dem Bionade-Label zum Erfolg.
Dazu kommt der Coolness-Faktor, bedingt durch die Longneck-Flasche, die ein typisches Attribut der besonders bei Jugendlichen angesagten Biermix-Getränke darstellt und das Corporate Design, das an das Design des Markenklassikers Lucky Strike von Raymond Loewy erinnert und extrem prägnant, geradezu signalhaft wirkt. Auch trägt der Markenname Bionade, der ja den Anspruck vermittelt, die Bio-Limonade schlechthin zu sein, zu dem Eindruck einer sehr selbstbewussten Marke bei.
Ein weiterer Punkt, der die Marken-Coolness von Bionade unterstreicht, ist die Popularisierung in den Szene-Kneipen der Hamburger Trendviertel. Die Aura des Trendprodukts und der Coolness-Faktor der Marke war schon in den 90er Jahren Bestandteil des Erfolgsrezepts für die Wiederbelebung der Retro-Marke Afri Cola.
In Folge des Bionade-Booms finden Szene-Kneipen als Vertriebskanal für innovative Getränke immer mehr Beachtung. Waren Szene-Kneipen doch schon die Startrampe für den Erfolg von Afri Cola aber auch für Apfelschorle, die sich in den 90er Jahren als Selbstmischgetränk in In-Locations etabliert hat, bevor sie von den Mineralbrunnen als Angebot übernommen wurde. In-Locations und Szene-Kneipen können heute geradezu als „Laboratorium“ für neue Getränke gelten. Zunehmend populärer wird hier die exotisch anmutende Getränkemarke „Carpe Diem Kombucha“. Zudem bieten Szene-Kneipen erfolgreich selbstgemischte Getränke und innovative Milch-Mix-Getränke an (z. B. Club Mate Eistee, Mango Lassi). In jüngerer Zeit gewinnt Rhabarberschorle Beachtung, die sich schon in Hamburger und Kölner Szene-Kneipen einer zunehmenden Popularität erfreut und mittelfristig als Ergänzung für das Schorlen-Segment der Getränkeindustrie interessant werden könnte.
Eine Folge des zunehmenden Angebots von Biermix- und Mischgetränken im Mineralwasser-Bereich ist die geradezu explosionsartige Vermehrung der Geschmacksrichtungen. Neben Mischungen mit Cola und weißer Limonade (Radler) im Bierbereich werden Geschmacksrichtungen wie Lemon, Litschi, Mango sowie weitere exotische Geschmacksrichtungen populär. Hierdurch kommt Grundstoff-lieferanten wie Döhler in Darmstadt, die diese neuen Geschmacksrichtungen entwickeln und die zugehörigen Bestandteile den Brauereien und Mineralbrunnen liefern, eine immer größere Bedeutung zu.
Getränkemarkt – Quo Vadis?
Unterm Strich zeichnet sich eine zunehmende „Vernischung“ des Getränkemarkts mit immer höherer Spezialisierung der Getränke ab. Die Folge ist die Fokussierung von immer stärker zugespitzten Zielgruppen. Beispielsweise werden nun weiblichen Büroangestellten, denen „geschmacklose“ Wässer wie Vittel und Evian zu asketisch und langweilig geworden sind, nun Wellness-Getränke mit Geschmack, die kleine Fluchten aus dem Alltag in die Entspannungswelt der asiatischen Teegetränke offerieren, angeboten (Volvic Tee Creation).
Insgesamt entwickelt sich der Getränkemarkt weg von den Blockbustern wie Pilz oder Sprudel hin zu immer spezialisierteren Nischenprodukten. Der Getränkemarkt entwickelt sich weg von überschaubaren Strukturen und geringem Entwicklungs-tempo hin zu immer größerer Komplexität und hohem Innovationstempo.
Auf diesem Hintergrund lässt sich die Aufregung um Bionade verstehen, da sich Bionade als Getränk mit breiter Zielgruppe und Relevanz für alle entwickelt. Bionade als Getränk für hippe Szenegänger, ebenso wie für ernährungskritische Mütter, die ihre Kinder gesund ernähren wollen.
Darüber hinaus zeichnet sich ab, das der Bereich der Biermix-Getränke und der Bereich der Limonaden sich immer ähnlicher werden in der Konkurrenz um Vielfalt und Ausgefallenheit der Geschmacksrichtungen. Die Biermix-Getränke mit ihrem geringen Alkoholgehalt (2 % vs. 6 % bei Bier) nähern sich funktional dem Limonadensegment an. Zeugnis hiervon gibt der Volksmund, der Biermix-Getränke gerne als „Mädchenbier“ bezeichnet
Wie in allen Märkten schreitet auch im Getränkemarkt die Konzentration munter voran: Bitburger übernimmt König Pilsener, Coca Cola kauft Apollinaris und hätte gerne Bionade übernommen. Jüngstes Beispiel: Die spektakuläre Übernahme von Anheuser-Busch in St. Louis durch die belgische InBev Brauerei (Marken: Stella Artois, Beck’s, Staropramen). Für den Deal legte InBev 52 Milliarden Dollar hin, um den mit Abstand größten Brauerei-Konzern der Welt zu formieren.
Nicht anders auf regionaler oder lokaler Ebene. In Köln ließ sich in den letzten Jahren beobachten, wie ehemals eigenständige Privatbrauereien wie Gaffel, Sion oder Dom Kölsch zur Kölner Verbund Brauerei zusammengeschlossen wurden und heute mit zentralem Marketing, zentraler Produktion und zentralem Vertrieb die früheren, oft als Familienunternehmen agierenden Brauereien zusammenfasst. Geheimnis des Erfolgs war nicht selten die Verlagerung der Produktion in die städtische Peripherie und die lukrative Veräußerung der innenstädtischen Lagen der früheren Brauereien. Dazu kamen die Synergieeffekte der übergreifenden Verwaltung und Produktion. In vergleichbarer Weise entwickelten sich die lokalen Biermärkte in Hamburg, München, Frankfurt und Leipzig.
Neben dem Trend zur Konzentration sieht sich die Branche – ebenso wie andere Genussmittelsparten – einem rückläufigen Konsum gegenüber. Betrug der Pro-Kopf-Konsum des Bundesbürgers bzgl. Bier 1988 noch 147 Liter pro Jahr, so sank er 2006 auf 115 Liter ab. Ganz anders bei Mineralwasser: Der Mineralwasserverbrauch betrug 1980 noch durchschnittlich 83 Liter pro Jahr, pendelt sich jedoch seit 2004 bei ca. 130 Liter ein. Dieser Aspekt macht die Mineralbrunnen für die Brauereien interessant. Können doch bei Übernahmen mit den zunehmenden Absätzen der Mineralbrunnen die rückläufigen Absätze der Brauereibetriebe kompensiert werden.
Eine andere Maßnahme zur Kompensation der sinkenden Bierabsätze ist die zunehmende Entwicklung der Sparte Biermix-Getränke. Mit ihnen gelingt offensichtlich die Ansprache junger Konsumenten, die nicht zuletzt durch höhere Besteuerung von Alcopops in dieses Segment abwandern. Alcopops hatten in den letzten Jahren ein nie gekanntes Maß an öffentlicher Diskussion und sozialer Ächtung auf sich gezogen.
Bei Brauereien wie Holsten (Mixery), Beck’s (Beck’s Gold, Beck’s Lemon), Veltins (Veltins V+) Bitburger (Bit COPA) oder Schöfferhofer (Radeberger) verzeichnen die Biermix-Getränke jährlich zweistellige Zuwachsraten. Die in den 90er Jahren entwickelten Segmente Light und Weizen wurden schon überflügelt.
Ähnliche Entwicklungen finden sich im Mineralwasserbereich. Der Absatz der großen nationalen Mineralwassermarken (z. B. Gerolsteiner, Apollinaris) stagniert in den letzten Jahren auf hohem Niveau. Zudem erweist sich der Absatz der Mineralwässer als anfällig für witterungsbedingte Schwankungen. In dem ausgesprochen heißen Sommer 2005 zogen die Absätze deutlich an, um dann in 2006 und 2007 wieder spürbar abzusinken.
Entwicklungen, die in dem weltweit führenden französischen Mineralwassermarkt schon längst Platz gegriffen haben, werden zunehmend auch von deutschen Mineralbrunnen umgesetzt. Analog Volvic oder Vittel werden kohlensäurefreie Mineralwässer zunehmend in aromatisierten Varianten angeboten. Zudem werden verstärkt Mischgetränke entwickelt. Ein erfolgreiches, schon lange etabliertes Getränk ist die Apfelschorle, die mittlerweile von fast allen Mineralbrunnen angeboten wird.
Weitere Ansätze finden sich im Near Water Segment, in dem zunehmend Wässer mit Tee-Aromen- oder Tee-Frucht-Geschmack angeboten werden (z. B. Gerolsteiner Moment Grüntee & Traube).
Bionade als alternativer Newcomer brachte durch seinen exorbitanten Erfolg in den letzten Jahren die Branche geradezu in Aufruhr. Nahezu alle großen Mineralbrunnen begannen Nachahmer-Produkte zu entwickeln. Zur Zeit kann man fast monatlich den Launch von neuen Nachahmer-Produkten wie Sinconada aus der Brauerei Hövelmann (Sinalco), Georgia von Coca Cola oder von zahlreichen Handelsmarken beobachten.
Ein wesentlicher Aspekt des großen Erfolgs von Bionade ist der „Genuss ohne Reue“. Im Limonadenmarkt hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte eine Spaltung in ein Angebot für Kinder (Fanta, Sprite sowie die Zitronen- und Orangenlimonaden der Mineralbrunnen) und ein Angebot für Erwachsene (Cola-Getränke, isotonische Getränke, Red Bull, etc.) ergeben. Sowohl die „Kinderlimonaden“ als auch die „Erwachsenenlimonaden“ – insbesondere Coca Cola – stehen seit einigen Jahren in der Kritik eines zu hohen Zuckeranteils. Coca Cola reagierte mit einer zuckerreduzierten Cola Light, die jedoch passionierte Coca Cola Trinker nie wirklich überzeugen konnte. Ein neuer Anlauf wurde 2007 gestartet mit Coca Cola Zero, die geschmacklich attraktiver ist und nun endlich der ernährungswissenschaftlichen Kritik den Wind aus den Segeln nehmen soll. Insgesamt entwickelt sich Coca Cola aber immer mehr in Richtung eines Defensivkonzepts.
Bionade erscheint aus Konsumentensicht sowohl als Erwachsenen- als auch als Kinder-Limonade akzeptabel. Der „Bio-Touch“ des Produkts und der Verzicht auf Beimengung von weißem Zucker lässt das Produkt aus Konsumentensicht geradezu als gesund erscheinen. Diese Wirkung wird zudem durch den Markennamen unterstrichen, der die Abwesenheit gesundheitlich bedenklicher Wirkungen signalisiert.
Ein weiterer Aspekt, der Bionade zum Erfolg verhilft, ist das Angebot von Geschmacksvielfalt und innovativen, genussversprechenden Geschmacks-richtungen. Selbst eine so öko-verdächtige Geschmacksrichtung wie Holunder oder die neue Geschmacksrichtung Quitte wird unter dem Bionade-Label zum Erfolg.
Dazu kommt der Coolness-Faktor, bedingt durch die Longneck-Flasche, die ein typisches Attribut der besonders bei Jugendlichen angesagten Biermix-Getränke darstellt und das Corporate Design, das an das Design des Markenklassikers Lucky Strike von Raymond Loewy erinnert und extrem prägnant, geradezu signalhaft wirkt. Auch trägt der Markenname Bionade, der ja den Anspruck vermittelt, die Bio-Limonade schlechthin zu sein, zu dem Eindruck einer sehr selbstbewussten Marke bei.
Ein weiterer Punkt, der die Marken-Coolness von Bionade unterstreicht, ist die Popularisierung in den Szene-Kneipen der Hamburger Trendviertel. Die Aura des Trendprodukts und der Coolness-Faktor der Marke war schon in den 90er Jahren Bestandteil des Erfolgsrezepts für die Wiederbelebung der Retro-Marke Afri Cola.
In Folge des Bionade-Booms finden Szene-Kneipen als Vertriebskanal für innovative Getränke immer mehr Beachtung. Waren Szene-Kneipen doch schon die Startrampe für den Erfolg von Afri Cola aber auch für Apfelschorle, die sich in den 90er Jahren als Selbstmischgetränk in In-Locations etabliert hat, bevor sie von den Mineralbrunnen als Angebot übernommen wurde. In-Locations und Szene-Kneipen können heute geradezu als „Laboratorium“ für neue Getränke gelten. Zunehmend populärer wird hier die exotisch anmutende Getränkemarke „Carpe Diem Kombucha“. Zudem bieten Szene-Kneipen erfolgreich selbstgemischte Getränke und innovative Milch-Mix-Getränke an (z. B. Club Mate Eistee, Mango Lassi). In jüngerer Zeit gewinnt Rhabarberschorle Beachtung, die sich schon in Hamburger und Kölner Szene-Kneipen einer zunehmenden Popularität erfreut und mittelfristig als Ergänzung für das Schorlen-Segment der Getränkeindustrie interessant werden könnte.
Eine Folge des zunehmenden Angebots von Biermix- und Mischgetränken im Mineralwasser-Bereich ist die geradezu explosionsartige Vermehrung der Geschmacksrichtungen. Neben Mischungen mit Cola und weißer Limonade (Radler) im Bierbereich werden Geschmacksrichtungen wie Lemon, Litschi, Mango sowie weitere exotische Geschmacksrichtungen populär. Hierdurch kommt Grundstoff-lieferanten wie Döhler in Darmstadt, die diese neuen Geschmacksrichtungen entwickeln und die zugehörigen Bestandteile den Brauereien und Mineralbrunnen liefern, eine immer größere Bedeutung zu.
Getränkemarkt – Quo Vadis?
Unterm Strich zeichnet sich eine zunehmende „Vernischung“ des Getränkemarkts mit immer höherer Spezialisierung der Getränke ab. Die Folge ist die Fokussierung von immer stärker zugespitzten Zielgruppen. Beispielsweise werden nun weiblichen Büroangestellten, denen „geschmacklose“ Wässer wie Vittel und Evian zu asketisch und langweilig geworden sind, nun Wellness-Getränke mit Geschmack, die kleine Fluchten aus dem Alltag in die Entspannungswelt der asiatischen Teegetränke offerieren, angeboten (Volvic Tee Creation).
Insgesamt entwickelt sich der Getränkemarkt weg von den Blockbustern wie Pilz oder Sprudel hin zu immer spezialisierteren Nischenprodukten. Der Getränkemarkt entwickelt sich weg von überschaubaren Strukturen und geringem Entwicklungs-tempo hin zu immer größerer Komplexität und hohem Innovationstempo.
Auf diesem Hintergrund lässt sich die Aufregung um Bionade verstehen, da sich Bionade als Getränk mit breiter Zielgruppe und Relevanz für alle entwickelt. Bionade als Getränk für hippe Szenegänger, ebenso wie für ernährungskritische Mütter, die ihre Kinder gesund ernähren wollen.
Darüber hinaus zeichnet sich ab, das der Bereich der Biermix-Getränke und der Bereich der Limonaden sich immer ähnlicher werden in der Konkurrenz um Vielfalt und Ausgefallenheit der Geschmacksrichtungen. Die Biermix-Getränke mit ihrem geringen Alkoholgehalt (2 % vs. 6 % bei Bier) nähern sich funktional dem Limonadensegment an. Zeugnis hiervon gibt der Volksmund, der Biermix-Getränke gerne als „Mädchenbier“ bezeichnet