Wikipedia haftet für ehrverletzende Einträge
Wikipedia kann vor deutschen Gerichten nach deutschem Recht wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Anspruch genommen werden. Das hat das Oberlandesgericht in Stuttgart entschieden.
Dem Urteil lag ein Eintrag in der Online-Enzyklopädie über eine Person zu Grunde. Der Eintrag berief sich auf einen früher in der Presse geäußerten Verdacht. Das Gericht war der Meinung, dass es schon am Mindestmaß an Beweistatsachen für den geäußerten Verdacht fehlte. Grundsätzlich sei es zwar zulässig, im Rahmen einer aktuellen Berichterstattung auf die Einstellung eines Verfahrens hinzuweisen und dabei die Verfehlungen zu benennen, die Gegenstand des Verfahrens waren. Der Wikipedia-Beitrag enthalte aber Vorgänge, die schon Jahre zurückreichen. Es fehle also der Aktualitätsbezug, wie er für eine zulässige Verdachtsberichterstattung notwendig sei.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Online-Archiven der Presse sei auf Wikipedia nicht übertragbar. Bei einer Online-Enzyklopädie handele es sich nämlich nicht um archivierte Altmeldungen, die als solche ausdrücklich gekennzeichnet und klar erkennbar seien. Die Funktionsweise der Enzyklopädie beruhe darauf, dass ihre Nutzer die vorhandenen Einträge und Artikel ständig aktualisieren könnten. Gesucht und gefunden werde also eine aktuelle Biografie einer Person.
Das Gericht bejahte damit eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers, weshalb ein Unterlassungsanspruch gegeben war.
(OLG Stuttgart, Urteil vom 02.10.2013, Aktenzeichen 4 U 78/13)
Unsere Meinung
Fachanwalt für IT-Recht Timo Schutt meint zu diesem Urteil:
„Da Wikipedia also davon „lebt“, dass die Nutzer Beiträge verfassen und abändern können, ist die Plattform nicht als Content-Provider für eigene Inhalte, sondern als Host-Provider für fremde Inhalte anzusehen. Wikipedia macht sich die Inhalte auch nicht zu Eigen. Sonst würde der fremde Inhalt nämlich wie eigener Inhalt des Plattformbetreibers behandelt.
Diese Unterscheidung ist wichtig für die Frage der Haftung: Bei eigenem Inhalt haftet der Webseitenbetreiber unmittelbar als Täter, muss dann ggf. auch Schadensersatz u.ä. leisten. Handelt es sich aber um fremden Inhalt, dann kann eine Haftung als Störer bestehen, so wie hier. Die Haftung richtet sich dann aber „nur“ auf Unterlassung, also hier auf Löschung des betreffenden Passus. Es existieren dann auch keine proaktiven Prüfpflichten in dem Sinne, dass der Plattformbetreiber selbst nach Rechtsverletzungen forschen und diese unterbinden müsste. Wikipedia ist also erst ab Kenntnis von einer Rechtsverletzung verantwortlich, die durch den Hinweis auf die Verletzung beginnt.“
Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht
Dem Urteil lag ein Eintrag in der Online-Enzyklopädie über eine Person zu Grunde. Der Eintrag berief sich auf einen früher in der Presse geäußerten Verdacht. Das Gericht war der Meinung, dass es schon am Mindestmaß an Beweistatsachen für den geäußerten Verdacht fehlte. Grundsätzlich sei es zwar zulässig, im Rahmen einer aktuellen Berichterstattung auf die Einstellung eines Verfahrens hinzuweisen und dabei die Verfehlungen zu benennen, die Gegenstand des Verfahrens waren. Der Wikipedia-Beitrag enthalte aber Vorgänge, die schon Jahre zurückreichen. Es fehle also der Aktualitätsbezug, wie er für eine zulässige Verdachtsberichterstattung notwendig sei.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Online-Archiven der Presse sei auf Wikipedia nicht übertragbar. Bei einer Online-Enzyklopädie handele es sich nämlich nicht um archivierte Altmeldungen, die als solche ausdrücklich gekennzeichnet und klar erkennbar seien. Die Funktionsweise der Enzyklopädie beruhe darauf, dass ihre Nutzer die vorhandenen Einträge und Artikel ständig aktualisieren könnten. Gesucht und gefunden werde also eine aktuelle Biografie einer Person.
Das Gericht bejahte damit eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers, weshalb ein Unterlassungsanspruch gegeben war.
(OLG Stuttgart, Urteil vom 02.10.2013, Aktenzeichen 4 U 78/13)
Unsere Meinung
Fachanwalt für IT-Recht Timo Schutt meint zu diesem Urteil:
„Da Wikipedia also davon „lebt“, dass die Nutzer Beiträge verfassen und abändern können, ist die Plattform nicht als Content-Provider für eigene Inhalte, sondern als Host-Provider für fremde Inhalte anzusehen. Wikipedia macht sich die Inhalte auch nicht zu Eigen. Sonst würde der fremde Inhalt nämlich wie eigener Inhalt des Plattformbetreibers behandelt.
Diese Unterscheidung ist wichtig für die Frage der Haftung: Bei eigenem Inhalt haftet der Webseitenbetreiber unmittelbar als Täter, muss dann ggf. auch Schadensersatz u.ä. leisten. Handelt es sich aber um fremden Inhalt, dann kann eine Haftung als Störer bestehen, so wie hier. Die Haftung richtet sich dann aber „nur“ auf Unterlassung, also hier auf Löschung des betreffenden Passus. Es existieren dann auch keine proaktiven Prüfpflichten in dem Sinne, dass der Plattformbetreiber selbst nach Rechtsverletzungen forschen und diese unterbinden müsste. Wikipedia ist also erst ab Kenntnis von einer Rechtsverletzung verantwortlich, die durch den Hinweis auf die Verletzung beginnt.“
Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht