BGH präzisiert Abgrenzung zwischen zustimmungspflichtiger Bearbeitung und freier Benutzung im Urheberrecht
Das Urheberrecht schützt den Urheber vor einer widerrechtlichen Vervielfältigung oder sonstigen Verwertung seiner Werke ohne seine Zustimmung. Die Frage der Verletzung des Urheberrechts ist bei einer bloßen Kopie des geschützten Werkes eindeutig zu beantworten. Schwierig ist allerdings regelmäßig die Bewertung einer möglichen Urheberrechtsverletzung, wenn das geschützte Werk verändert oder in einer anderen Werkkategorie veröffentlicht wird. Diesen Fall hatte aktuell der BGH zu entscheiden. Der Künstler Joseph Beuys hat im Jahr 1964 im Landesstudio Düsseldorf des ZDF eine Aktion durchgeführt, die gefilmt und unmittelbar gesendet wurde. Filmaufzeichnungen dieser Aktion gibt es nicht. Es existieren lediglich Fotografien des Fotografen Manfred Tischer. Die Aktion und die Fotoserie sind bekannt unter dem Titel „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet“. Das beklagte Museum veranstaltete 2009 eine Ausstellung mit der genannten Fotoserie, ohne dass die Witwe Eva Beuys des 1986 verstorbenen Künstlers oder die deren Rechte wahrnehmende VG Bild/Kunst hierzu eingewilligt hatten. Aufgrund der Ausstellung macht die Rechteinhaberin gegen das beklagte Museum Unterlassungsansprüche aus § 97 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) geltend. Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf hatten der Klage stattgegeben. Der BGH hat auf die Revision der Beklagten eine Urheberrechtsverletzung verneint und die Klage abgewiesen (BGH, Urteil vom 16. Mai 2013, I ZR 28/12 – Beuys-Aktion).
Ausgangssituation: Urheberrechtsfähigkeit des Werks
Der BGH prüft zunächst wie in vergleichbaren Fällen üblich das Vorliegen eines geschützten Werks gemäß § 1, 2 Abs. 1, 2 UrhG. Das Urheberrecht ist, anders als beispielsweise Patent, Marke oder Geschmacksmuster, kein Registerrecht. Es entsteht mit der Vollendung des Werkes. Erst in einem Prozess wird letztlich rechtswirksam geprüft, ob die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht ist. Im Fall Beuys bereitete die Einordnung der Kunstaktion in die Werkkategorien des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 UrhG Probleme, da es an einer körperlichen Festlegung der Gestaltung fehlte. Jedenfalls für Kunstaktionen, die nach Inkrafttreten der insoweit 1966 geänderten Bestimmungen im Urheberrechtsgesetz durchgeführt wurden, hat der BGH festgestellt, dass es sich um eine persönlich geistige Schöpfung auf dem Gebiet der Kunst im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG handele (BGH GRUR 1985, 529 – Happening).
Abgrenzung: Bearbeitung ( Umgestaltung) oder freie Benutzung?
Bei einer veränderten Wiedergabe eines Werkes ist die zentrale Frage für die Prüfung einer Urheberrechtsverletzung, ob es sich um eine zustimmungspflichtige Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG oder aber um eine bloß freie Benutzung im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG handelt. Der BGH präzisiert seine Rechtsprechung anhand des Beuys-Falls. Er stellt zunächst fest, dass jede Bearbeitung oder andere Umgestaltung zugleich eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG darstellt (nach BGH GRUR 1963, 441 - Mit Dir allein). Damit sind sowohl die reine Kopie als auch die bearbeitete Gestaltung eine Vervielfältigung des Originals. Die praktische Konsequenz für die Frage einer Urheberrechtsverletzung ist gering, da sowohl Vervielfältigung durch Kopie als auch Vervielfältigung durch Bearbeitung oder Umgestaltung der Einwilligung des Urhebers bedürfen.
Eine Werkumgestaltung die der Zustimmung des Urhebers bedarf, befindet sich trotz der vorgenommenen Umgestaltung noch im Schutzbereich des Originals, wenn die Eigenart des Originals in der Nachbildung erhalten bleibt und ein übereinstimmender Gesamteindruck besteht. Dann verfügt die Umgestaltung über keine eigene schöpferische Ausdruckskraft, trotz wesentlicher Veränderung der benutzten Vorlage, wie der BGH klarstellt.
Ist die Veränderung der benutzten Vorlage indessen so weitreichend, dass die Nachbildung über eine eigene schöpferische Ausdruckskraft verfügt und die eigenen persönlichen Züge des Originals angesichts der Eigenart der Nachbildung verblassen, liegt keine Bearbeitung vor, sondern ein selbstständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist und dass nach § 24 Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden darf (BGH GRUR 2011, 134 - Perlentaucher).
Prüfungsschritte
Der BGH präzisiert sodann die Prüfungsschritte zur Feststellung, ob eine Umgestaltung oder oder doch eine freie Benutzung vorliegt. Zunächst ist festzustellen, welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werkes bestimmen. Sodann ist durch Vergleich der einander gegenüberstehenden Gestaltungen zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in der neuen Gestaltung eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Dabei ist maßgebend ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen in einer Gesamtschau.
Im Ergebnis verneint der BGH im Beuys-Fall das Vorliegen einer zustimmungspflichtigen Bearbeitung, weil die wesentlichen Merkmale, die für die schöpferische Eigenart der Beuys-Aktion bestimmend sind, nicht oder nicht hinreichend festgestellt werden können. Damit scheitert die Feststellung einer Urheberrechtsverletzung bereits am ersten Schritt. Maßgeblich für die Entscheidung ist die Tatsache, dass die Beuys-Aktion ca. 20 bis 30 Minuten gedauert hat, aber nur die 18 Fotografien existierten, welche die Aktion zeigten. Dazu gab es eine Beschreibung in einer kunsthistorischen Abhandlung. Nach Auffassung des BGH zeigten die Fotografien nur 18 Momente der längeren Aktion. Diese konnten daher nicht alle Anhaltspunkte liefern, welche Merkmale für die schöpferische Eigenart gegeben und übernommen waren. Da die kunsthistorische Beschreibung wesentliche weitere Merkmale enthielt, die auf den Fotografien gar nicht abgebildet waren, kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass nicht feststellbar sei, ob der Gesamteindruck der Fotoserie mit dem Gesamteindruck der Beuys-Aktion übereinstimmte und ob es sich bei der Fotoserie daher letztlich um eine (bearbeitete) Vervielfältigung der Beuys-Aktion gehandelt habe. Da der BGH meint, im Nachhinein lasse sich eine tragfähige Grundlage zur Bewertung auch nicht mehr feststellen, wurde der Rechtsstreit nicht zurückverwiesen, sondern die Klage insgesamt abgewiesen.
Fazit
Erfreulicherweise präzisiert der BGH die Abgrenzung zwischen zustimmungspflichtiger Bearbeitung oder Umgestaltung auf der einen Seite und freier Benutzung auf der anderen Seite. Die festgelegten Prüfungsschritte erleichtern die Feststellung, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt oder nicht. Schwierigkeiten bleiben aber nach wie vor bei unkörperlichen Werken der Kunst wie einem künstlerischen Happening. Hier kann dem Urheber nur empfohlen werden, die schöpferischen Merkmale der Kunstaktion unter möglichst vielen Gesichtspunkten zu beschreiben und auch zu dokumentieren.
Ausgangssituation: Urheberrechtsfähigkeit des Werks
Der BGH prüft zunächst wie in vergleichbaren Fällen üblich das Vorliegen eines geschützten Werks gemäß § 1, 2 Abs. 1, 2 UrhG. Das Urheberrecht ist, anders als beispielsweise Patent, Marke oder Geschmacksmuster, kein Registerrecht. Es entsteht mit der Vollendung des Werkes. Erst in einem Prozess wird letztlich rechtswirksam geprüft, ob die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht ist. Im Fall Beuys bereitete die Einordnung der Kunstaktion in die Werkkategorien des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 UrhG Probleme, da es an einer körperlichen Festlegung der Gestaltung fehlte. Jedenfalls für Kunstaktionen, die nach Inkrafttreten der insoweit 1966 geänderten Bestimmungen im Urheberrechtsgesetz durchgeführt wurden, hat der BGH festgestellt, dass es sich um eine persönlich geistige Schöpfung auf dem Gebiet der Kunst im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG handele (BGH GRUR 1985, 529 – Happening).
Abgrenzung: Bearbeitung ( Umgestaltung) oder freie Benutzung?
Bei einer veränderten Wiedergabe eines Werkes ist die zentrale Frage für die Prüfung einer Urheberrechtsverletzung, ob es sich um eine zustimmungspflichtige Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG oder aber um eine bloß freie Benutzung im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG handelt. Der BGH präzisiert seine Rechtsprechung anhand des Beuys-Falls. Er stellt zunächst fest, dass jede Bearbeitung oder andere Umgestaltung zugleich eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG darstellt (nach BGH GRUR 1963, 441 - Mit Dir allein). Damit sind sowohl die reine Kopie als auch die bearbeitete Gestaltung eine Vervielfältigung des Originals. Die praktische Konsequenz für die Frage einer Urheberrechtsverletzung ist gering, da sowohl Vervielfältigung durch Kopie als auch Vervielfältigung durch Bearbeitung oder Umgestaltung der Einwilligung des Urhebers bedürfen.
Eine Werkumgestaltung die der Zustimmung des Urhebers bedarf, befindet sich trotz der vorgenommenen Umgestaltung noch im Schutzbereich des Originals, wenn die Eigenart des Originals in der Nachbildung erhalten bleibt und ein übereinstimmender Gesamteindruck besteht. Dann verfügt die Umgestaltung über keine eigene schöpferische Ausdruckskraft, trotz wesentlicher Veränderung der benutzten Vorlage, wie der BGH klarstellt.
Ist die Veränderung der benutzten Vorlage indessen so weitreichend, dass die Nachbildung über eine eigene schöpferische Ausdruckskraft verfügt und die eigenen persönlichen Züge des Originals angesichts der Eigenart der Nachbildung verblassen, liegt keine Bearbeitung vor, sondern ein selbstständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist und dass nach § 24 Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden darf (BGH GRUR 2011, 134 - Perlentaucher).
Prüfungsschritte
Der BGH präzisiert sodann die Prüfungsschritte zur Feststellung, ob eine Umgestaltung oder oder doch eine freie Benutzung vorliegt. Zunächst ist festzustellen, welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werkes bestimmen. Sodann ist durch Vergleich der einander gegenüberstehenden Gestaltungen zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in der neuen Gestaltung eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Dabei ist maßgebend ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen in einer Gesamtschau.
Im Ergebnis verneint der BGH im Beuys-Fall das Vorliegen einer zustimmungspflichtigen Bearbeitung, weil die wesentlichen Merkmale, die für die schöpferische Eigenart der Beuys-Aktion bestimmend sind, nicht oder nicht hinreichend festgestellt werden können. Damit scheitert die Feststellung einer Urheberrechtsverletzung bereits am ersten Schritt. Maßgeblich für die Entscheidung ist die Tatsache, dass die Beuys-Aktion ca. 20 bis 30 Minuten gedauert hat, aber nur die 18 Fotografien existierten, welche die Aktion zeigten. Dazu gab es eine Beschreibung in einer kunsthistorischen Abhandlung. Nach Auffassung des BGH zeigten die Fotografien nur 18 Momente der längeren Aktion. Diese konnten daher nicht alle Anhaltspunkte liefern, welche Merkmale für die schöpferische Eigenart gegeben und übernommen waren. Da die kunsthistorische Beschreibung wesentliche weitere Merkmale enthielt, die auf den Fotografien gar nicht abgebildet waren, kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass nicht feststellbar sei, ob der Gesamteindruck der Fotoserie mit dem Gesamteindruck der Beuys-Aktion übereinstimmte und ob es sich bei der Fotoserie daher letztlich um eine (bearbeitete) Vervielfältigung der Beuys-Aktion gehandelt habe. Da der BGH meint, im Nachhinein lasse sich eine tragfähige Grundlage zur Bewertung auch nicht mehr feststellen, wurde der Rechtsstreit nicht zurückverwiesen, sondern die Klage insgesamt abgewiesen.
Fazit
Erfreulicherweise präzisiert der BGH die Abgrenzung zwischen zustimmungspflichtiger Bearbeitung oder Umgestaltung auf der einen Seite und freier Benutzung auf der anderen Seite. Die festgelegten Prüfungsschritte erleichtern die Feststellung, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt oder nicht. Schwierigkeiten bleiben aber nach wie vor bei unkörperlichen Werken der Kunst wie einem künstlerischen Happening. Hier kann dem Urheber nur empfohlen werden, die schöpferischen Merkmale der Kunstaktion unter möglichst vielen Gesichtspunkten zu beschreiben und auch zu dokumentieren.