Wie viele Worte sind zu viel?
Der Bundestag hat nach langem Hin und Her das Presse-Leistungsschutzrecht in das Urheberrechtsgesetz neu aufgenommen. In einem neuen § 87f UrhG ist geregelt:
„Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.“
Damit sollen Presseverlage künftig die Möglichkeit haben, bspw. von einer Suchmaschine Lizenzgebühren zu fordern, die ihre Texte „anteasert“ und dann auf den Volltext verlinkt.
Aber: In der Formulierung des neuen Paragraphen hat der Bundestag derart schwammige Textstellen eingebaut, dass Streit vorprogrammiert ist: „Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ darf man auch künftig ohne Zustimmung der Presseverlage nutzen. Was aber sind kleinste Textausschnitte?
Sind bspw. die so genannten Snippets bspw. bei den Google-News noch „kleinste Textausschnitte“ oder ist das schon zu viel und Google müsste Lizenzgebühren zahlen?
Erstaunlicherweise kam dieser Halbsatz kurz vor der Abstimmung noch in den Entwurf. In der Beschlussempfehlung dazu heißt es: „Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte wie Schlagzeilen, zum Beispiel „Bayern schlägt Schalke“, fallen nicht unter das Schutzgut des Leistungsschutzrechtes. Die freie, knappe aber zweckdienliche Beschreibung des verlinkten Inhalts ist gewährleistet. Suchmaschinen und Aggregatoren müssen eine Möglichkeit haben, zu bezeichnen, auf welches Suchergebnis sie verlinken”.
Soweit zunächst eindeutig und klar. Dann aber geht es weiter:
„Insofern gilt der Rechtsgedanke der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Vorschaubildern („Vorschaubilder I“, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 69/08; „Vorschaubilder II“, Urteil vom 19.10.2011, Az. I ZR 140/10).”
Damit spricht die Beschlussempfehlung zwei Urteile des BGH an, in denen der BGH entschieden hat: Wenn ein Rechteinhaber (hier Fotograf) nicht selbst aktiv verhindert, dass sein Foto von einer Suchmaschine erfasst und indiziert wird, der muss mit den „nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen“ leben, sprich: Eine solche übliche Nutzungshandlung hat der BGH in der Google-Darstellung der Vorschaubilder gesehen.
Nach Auffassung der Beschlussempfehlung soll also eine solche Nutzung noch erlaubt sein. Da Google aber auch Text-Snippets verwendet und auch dies bereits seit vielen Jahren, müssten an sich auch diese Snippets gerade noch zulässig sein – auch wenn sie aus mehr als nur einer Schlagzeile bestehen.
Der Gesetzgeber hat also ein Gesetz auf den Weg gebracht, das zu vielen Streitereien führen wird. Hierin steckt ein immenses Risiko für Blogger, Nachrichtendienste oder Suchmaschinen, die fremde Pressetexte so verlinken, dass man zunächst einige Worte des Pressetextes lesen kann, bevor verlinkt wird. Vermutlich müssen also mal wieder die Gerichte eine Linie finden. Aber: Bis hierzu höchstrichterliche Urteile vorliegen, werden Jahre vergehen. Jahre, in denen alle Beteiligten nicht unerhebliche Risiken eingehen, die der Gesetzgeber durch eine deutlichere Formulierung hätte vermeiden können.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
„Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.“
Damit sollen Presseverlage künftig die Möglichkeit haben, bspw. von einer Suchmaschine Lizenzgebühren zu fordern, die ihre Texte „anteasert“ und dann auf den Volltext verlinkt.
Aber: In der Formulierung des neuen Paragraphen hat der Bundestag derart schwammige Textstellen eingebaut, dass Streit vorprogrammiert ist: „Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ darf man auch künftig ohne Zustimmung der Presseverlage nutzen. Was aber sind kleinste Textausschnitte?
Sind bspw. die so genannten Snippets bspw. bei den Google-News noch „kleinste Textausschnitte“ oder ist das schon zu viel und Google müsste Lizenzgebühren zahlen?
Erstaunlicherweise kam dieser Halbsatz kurz vor der Abstimmung noch in den Entwurf. In der Beschlussempfehlung dazu heißt es: „Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte wie Schlagzeilen, zum Beispiel „Bayern schlägt Schalke“, fallen nicht unter das Schutzgut des Leistungsschutzrechtes. Die freie, knappe aber zweckdienliche Beschreibung des verlinkten Inhalts ist gewährleistet. Suchmaschinen und Aggregatoren müssen eine Möglichkeit haben, zu bezeichnen, auf welches Suchergebnis sie verlinken”.
Soweit zunächst eindeutig und klar. Dann aber geht es weiter:
„Insofern gilt der Rechtsgedanke der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Vorschaubildern („Vorschaubilder I“, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 69/08; „Vorschaubilder II“, Urteil vom 19.10.2011, Az. I ZR 140/10).”
Damit spricht die Beschlussempfehlung zwei Urteile des BGH an, in denen der BGH entschieden hat: Wenn ein Rechteinhaber (hier Fotograf) nicht selbst aktiv verhindert, dass sein Foto von einer Suchmaschine erfasst und indiziert wird, der muss mit den „nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen“ leben, sprich: Eine solche übliche Nutzungshandlung hat der BGH in der Google-Darstellung der Vorschaubilder gesehen.
Nach Auffassung der Beschlussempfehlung soll also eine solche Nutzung noch erlaubt sein. Da Google aber auch Text-Snippets verwendet und auch dies bereits seit vielen Jahren, müssten an sich auch diese Snippets gerade noch zulässig sein – auch wenn sie aus mehr als nur einer Schlagzeile bestehen.
Der Gesetzgeber hat also ein Gesetz auf den Weg gebracht, das zu vielen Streitereien führen wird. Hierin steckt ein immenses Risiko für Blogger, Nachrichtendienste oder Suchmaschinen, die fremde Pressetexte so verlinken, dass man zunächst einige Worte des Pressetextes lesen kann, bevor verlinkt wird. Vermutlich müssen also mal wieder die Gerichte eine Linie finden. Aber: Bis hierzu höchstrichterliche Urteile vorliegen, werden Jahre vergehen. Jahre, in denen alle Beteiligten nicht unerhebliche Risiken eingehen, die der Gesetzgeber durch eine deutlichere Formulierung hätte vermeiden können.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht