Zwei Sekunden sind zwei Sekunden zu viel
Hier einmal ein interessantes Thema für alle Musikschaffenden und jeden, der fremde Musik(schnipsel) nutzt: Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil vom Donnerstag die Zulässigkeit des Samplings in der Musik präzisiert.
Beim Sampling wird ein Teil einer Musikaufnahme (= eben das „Sample“) ein einem anderen Kontext bzw. einem anderen Musikstück verwendet.
1997 hatte der Komponist Moses Pelham eine zweisekündige Sequenz aus dem Musikstück „Metall auf Metall“ der Band Kraftwerk (1977) in ständiger Wiederholung dem Song „Nur mir“ mit Sabrina Setlur gesamplet.
Ein jahrelanger Rechtsstreit ist mit dem Urteil des BGH nun beendet: Geklagt hatten Mitglieder der Band Kraftwerk und machten eine Verletzung ihrer Rechte als Tonträgerhersteller (siehe § 85 UrhG) geltend. Das Landgericht Hamburg hatte 2004 die Klage noch abgewiesen, das Oberlandesgericht Hamburg bestätigte die Klagabweisung. Die Kläger zogen vor den Bundesgerichtshof, der 2006 in der ersten Runde das Urteil aufgehoben und das Verfahren an das OLG Hamburg zurückverwiesen hatte. Das OLG Hamburg entschied 2011 in der zweiten Runde im Sinne der Kläger, weshalb nun die Beklagten vor den Bundesgerichtshof zogen. Der Bundesgerichtshof hat nun endgültig den Klägern (also der Band Kraftwerk) Recht gegeben.
Was war passiert?
Erstes Urteil des BGH im Jahr 2006:
Der Bundesgerichtshof hatte bereits in seinem ersten Urteil 2006 eine wichtige Entscheidung getroffen: Auch kleinste Samples können urheberrechtlich geschützt sein (im konkreten Fall ging es um zwei Sekunden!).
Allerdings könnte das Sample im Rahmen der so genannten freien Bearbeitung (siehe § 24 UrhG) auch ohne Erlaubnis des Rechteinhabers verwertet werden. Der BGH verwies damals das Verfahren zurück an das OLG Hamburg, das nun die Frage prüfen musste, ob ggf. Moses Pelham als Beklagter die urheberrechtlich geschützten Samples doch ausnahmsweise hatte nutzen dürfen – nämlich im Rahmen der freien Bearbeitung.
„Frei“ ist eine Bearbeitung dann, wenn der Nutzer sich nur von dem Ursprungswerk hat inspirieren lassen, er also nur die Idee seinem neuen Werk zugrunde gelegt hat. Dann muss der Nutzer den Ursprungs-Urheber nicht um Erlaubnis fragen.
Dagegen wäre die Bearbeitung dann nicht „frei“, wenn wesentliche Züge des Ursprungswerk mit übernommen wurden (siehe § 23 UrhG).
Zweites Urteil des BGH im Jahr 2012:
Das Oberlandesgericht Hamburg musste sich also erneut mit dem Fall befassen und entschied nun anhand der vom BGH im ersten Urteil aufgestellten Leitlinien, dass Moses Pelham das Sample eben nicht im Rahmen der freien Bearbeitung genutzt hatte und er deshalb die Zustimmung der Band Kraftwerk benötigt hätte. Der BGH hat nun diese Entscheidung bestätigt.
Das Argument:
Wenn der Zweitnutzer (hier: Moses Pelham) das Sample ohne weiteres auch selbst hätte einspielen können, darf er es nicht von einem anderen Werk kopieren. Maßgeblich ist dabei der durchschnittlich ausgestattete und befähigte Musikproduzent: Wenn er in der Lage ist, eine Tonfolge selbst einzuspielen, die dem Original bei einer Verwendung im selben musikalischen Zusammenhang aus Sicht des angesprochenen Verkehrs gleichwertig ist, darf das Sample nicht kopiert werden; eine freie Bearbeitung liegt dann nicht vor, die es rechtfertigen könnte, in die Rechte des Tonträgerherstellers einzugreifen.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Beim Sampling wird ein Teil einer Musikaufnahme (= eben das „Sample“) ein einem anderen Kontext bzw. einem anderen Musikstück verwendet.
1997 hatte der Komponist Moses Pelham eine zweisekündige Sequenz aus dem Musikstück „Metall auf Metall“ der Band Kraftwerk (1977) in ständiger Wiederholung dem Song „Nur mir“ mit Sabrina Setlur gesamplet.
Ein jahrelanger Rechtsstreit ist mit dem Urteil des BGH nun beendet: Geklagt hatten Mitglieder der Band Kraftwerk und machten eine Verletzung ihrer Rechte als Tonträgerhersteller (siehe § 85 UrhG) geltend. Das Landgericht Hamburg hatte 2004 die Klage noch abgewiesen, das Oberlandesgericht Hamburg bestätigte die Klagabweisung. Die Kläger zogen vor den Bundesgerichtshof, der 2006 in der ersten Runde das Urteil aufgehoben und das Verfahren an das OLG Hamburg zurückverwiesen hatte. Das OLG Hamburg entschied 2011 in der zweiten Runde im Sinne der Kläger, weshalb nun die Beklagten vor den Bundesgerichtshof zogen. Der Bundesgerichtshof hat nun endgültig den Klägern (also der Band Kraftwerk) Recht gegeben.
Was war passiert?
Erstes Urteil des BGH im Jahr 2006:
Der Bundesgerichtshof hatte bereits in seinem ersten Urteil 2006 eine wichtige Entscheidung getroffen: Auch kleinste Samples können urheberrechtlich geschützt sein (im konkreten Fall ging es um zwei Sekunden!).
Allerdings könnte das Sample im Rahmen der so genannten freien Bearbeitung (siehe § 24 UrhG) auch ohne Erlaubnis des Rechteinhabers verwertet werden. Der BGH verwies damals das Verfahren zurück an das OLG Hamburg, das nun die Frage prüfen musste, ob ggf. Moses Pelham als Beklagter die urheberrechtlich geschützten Samples doch ausnahmsweise hatte nutzen dürfen – nämlich im Rahmen der freien Bearbeitung.
„Frei“ ist eine Bearbeitung dann, wenn der Nutzer sich nur von dem Ursprungswerk hat inspirieren lassen, er also nur die Idee seinem neuen Werk zugrunde gelegt hat. Dann muss der Nutzer den Ursprungs-Urheber nicht um Erlaubnis fragen.
Dagegen wäre die Bearbeitung dann nicht „frei“, wenn wesentliche Züge des Ursprungswerk mit übernommen wurden (siehe § 23 UrhG).
Zweites Urteil des BGH im Jahr 2012:
Das Oberlandesgericht Hamburg musste sich also erneut mit dem Fall befassen und entschied nun anhand der vom BGH im ersten Urteil aufgestellten Leitlinien, dass Moses Pelham das Sample eben nicht im Rahmen der freien Bearbeitung genutzt hatte und er deshalb die Zustimmung der Band Kraftwerk benötigt hätte. Der BGH hat nun diese Entscheidung bestätigt.
Das Argument:
Wenn der Zweitnutzer (hier: Moses Pelham) das Sample ohne weiteres auch selbst hätte einspielen können, darf er es nicht von einem anderen Werk kopieren. Maßgeblich ist dabei der durchschnittlich ausgestattete und befähigte Musikproduzent: Wenn er in der Lage ist, eine Tonfolge selbst einzuspielen, die dem Original bei einer Verwendung im selben musikalischen Zusammenhang aus Sicht des angesprochenen Verkehrs gleichwertig ist, darf das Sample nicht kopiert werden; eine freie Bearbeitung liegt dann nicht vor, die es rechtfertigen könnte, in die Rechte des Tonträgerherstellers einzugreifen.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht