Wikipedia haftet nicht auf Änderung von Artikeln
Kann Wikipedia auf Änderung oder sogar auf Entfernung von Artikeln der freien Enzyklopädie verklagt werden?
Ein Professor der Uni Tübingen versuchte es jedenfalls. Er verklagte die Wikimedia Foundation als Betreiberin von Wikipedia. Dort war ein Beitrag über ihn eingestellt, in welchem über den Kläger selbst und über dessen berufliches Wirken berichtet wird. Insbesondere wird auf seinen Lebenslauf, auf seine Mitgliedschaft in katholischen Studentenverbindungen und auf seine Schriften Bezug genommen. Einer Veröffentlichung dieses Beitrages stimmte der Kläger nicht zu. Er behauptet, in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt zu sein. Daher habe er einen Unterlassungsanspruch.
Das Landgericht Tübingen hat nun entschieden: Der Kläger ist nicht in seinen Rechten verletzt. Er hat daher keinen Anspruch auf Entfernung des Eintrages.
Das Gericht hat sich in dem Urteil unter anderem mit dem Unterschied zu einem Zeitungsartikel befasst:
„Der Inhalt des Eintrages besteht zwar aus persönlichen Inhalten, es werden jedoch lediglich bestimmte zutreffende Stationen oder Vorgänge im Leben des Klägers beschrieben. Die Inhalte sind ferner zwar abrufbereit im Internet verfügbar, allerdings werden diese nur dann zur Kenntnis genommen, wenn sich ein Nutzer aktiv informieren möchte. Anders als beispielsweise bei einer Zeitungsveröffentlichung ist hier nicht von einer breiten Ausstrahlungswirkung des Beitrages auszugehen, mit welchem potentiell die gesamte Bevölkerung informiert werden soll, sondern hier beschränkt sich die Kenntnisnahme auf Personen, welche den Kläger kennen und sich über ihn informieren möchten. Zudem bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Kläger durch den Beitrag sozial ausgegrenzt oder isoliert zu werden droht.“
Außerdem wurde auf den besonderen Stellenwert von Wikipedia eingegangen:
„Aufseiten der Beklagten ist ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei Wikipedia um eine weltweite freie Online-Enzyklopädie handelt, welche allein in der deutschsprachigen Version über 300.000 Beiträge bereithält. Insofern besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an den von der Beklagten bereitgehaltenen Einträgen, um sich umfassend informieren zu können. Vor allem auch die Personen, welche über keine geschriebene Enzyklopädie verfügen, haben ein beachtliches Interesse sich über die Internetseite der Beklagten Informationen zu verschaffen.“
Und schließlich könne sich Wikipedia auch auf das Privileg der Pressfreiheit berufen:
„Weiterhin kann die Beklagte die Pressefreiheit aus Art. 5 I 2 1. Alt. GG für sich in Anspruch nehmen. Diese schützt grundsätzlich die Verbreitung von Informationen, wobei unter anderem auch das Recht eingeräumt wird, wahre Tatsachen zu publizieren.“
(LG Tübingen, Aktenzeichen 7 O 525/10)
Unsere Meinung
Entgegen der schon überall kursierenden Artikel über dieses Urteil muss man klarstellen, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt. Das Gericht setzt sich (das kann man an den obigen Zitaten sehr gut erkennen) sehr genau mit dem Artikel über den Kläger auseinander.
Insbesondere war hier entscheidend, dass der Artikel durch die Bank wahre Tatsachenbehauptungen enthält. Dann ist die Schwelle der Persönlichkeitsrechtsverletzung natürlich sehr hoch.
Wenn in einem anderen Fall nachweislich unwahre Tatsachenbehauptungen verbreitet werden oder aber, wenn sogar Schmähkritik in beleidigender Art und Weise in einem Artikel enthalten ist, wird die Sache anders ausgehen.
Das Gericht hat jedenfalls klargestellt: Die Wikimedia Foundation kann in Deutschland nach deutschem Recht verklagt werden.
Also, es gilt wie immer: Die Prüfung des Einzelfalls ist entscheidend.
Wir helfen Ihnen dazu gerne weiter.
Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht
Ein Professor der Uni Tübingen versuchte es jedenfalls. Er verklagte die Wikimedia Foundation als Betreiberin von Wikipedia. Dort war ein Beitrag über ihn eingestellt, in welchem über den Kläger selbst und über dessen berufliches Wirken berichtet wird. Insbesondere wird auf seinen Lebenslauf, auf seine Mitgliedschaft in katholischen Studentenverbindungen und auf seine Schriften Bezug genommen. Einer Veröffentlichung dieses Beitrages stimmte der Kläger nicht zu. Er behauptet, in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt zu sein. Daher habe er einen Unterlassungsanspruch.
Das Landgericht Tübingen hat nun entschieden: Der Kläger ist nicht in seinen Rechten verletzt. Er hat daher keinen Anspruch auf Entfernung des Eintrages.
Das Gericht hat sich in dem Urteil unter anderem mit dem Unterschied zu einem Zeitungsartikel befasst:
„Der Inhalt des Eintrages besteht zwar aus persönlichen Inhalten, es werden jedoch lediglich bestimmte zutreffende Stationen oder Vorgänge im Leben des Klägers beschrieben. Die Inhalte sind ferner zwar abrufbereit im Internet verfügbar, allerdings werden diese nur dann zur Kenntnis genommen, wenn sich ein Nutzer aktiv informieren möchte. Anders als beispielsweise bei einer Zeitungsveröffentlichung ist hier nicht von einer breiten Ausstrahlungswirkung des Beitrages auszugehen, mit welchem potentiell die gesamte Bevölkerung informiert werden soll, sondern hier beschränkt sich die Kenntnisnahme auf Personen, welche den Kläger kennen und sich über ihn informieren möchten. Zudem bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Kläger durch den Beitrag sozial ausgegrenzt oder isoliert zu werden droht.“
Außerdem wurde auf den besonderen Stellenwert von Wikipedia eingegangen:
„Aufseiten der Beklagten ist ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei Wikipedia um eine weltweite freie Online-Enzyklopädie handelt, welche allein in der deutschsprachigen Version über 300.000 Beiträge bereithält. Insofern besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an den von der Beklagten bereitgehaltenen Einträgen, um sich umfassend informieren zu können. Vor allem auch die Personen, welche über keine geschriebene Enzyklopädie verfügen, haben ein beachtliches Interesse sich über die Internetseite der Beklagten Informationen zu verschaffen.“
Und schließlich könne sich Wikipedia auch auf das Privileg der Pressfreiheit berufen:
„Weiterhin kann die Beklagte die Pressefreiheit aus Art. 5 I 2 1. Alt. GG für sich in Anspruch nehmen. Diese schützt grundsätzlich die Verbreitung von Informationen, wobei unter anderem auch das Recht eingeräumt wird, wahre Tatsachen zu publizieren.“
(LG Tübingen, Aktenzeichen 7 O 525/10)
Unsere Meinung
Entgegen der schon überall kursierenden Artikel über dieses Urteil muss man klarstellen, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt. Das Gericht setzt sich (das kann man an den obigen Zitaten sehr gut erkennen) sehr genau mit dem Artikel über den Kläger auseinander.
Insbesondere war hier entscheidend, dass der Artikel durch die Bank wahre Tatsachenbehauptungen enthält. Dann ist die Schwelle der Persönlichkeitsrechtsverletzung natürlich sehr hoch.
Wenn in einem anderen Fall nachweislich unwahre Tatsachenbehauptungen verbreitet werden oder aber, wenn sogar Schmähkritik in beleidigender Art und Weise in einem Artikel enthalten ist, wird die Sache anders ausgehen.
Das Gericht hat jedenfalls klargestellt: Die Wikimedia Foundation kann in Deutschland nach deutschem Recht verklagt werden.
Also, es gilt wie immer: Die Prüfung des Einzelfalls ist entscheidend.
Wir helfen Ihnen dazu gerne weiter.
Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht