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04.02.2025

Drei Grundsätze für operative Belastbarkeit im Einzelhandel

Einzelhändler stehen zunehmend unter Druck, nahtlose Einkaufserlebnisse bieten zu müssen. Digitalisierung, Quick-Response- und Point-of-Sale-Systeme (POS), intelligentes Gebäudemanagement, die Integration mobiler Endgeräte bis hin zu IoT (Internet of Things) sollen helfen, den wachsenden Kundenerwartungen gerecht zu werden und der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein.

Die dazu benötigte Technologie ist komplex und damit auch fehleranfälliger. Für Einzelhändler sind jedoch widerstandsfähige, stabile IT-Infrastrukturen und -Abläufe unerlässlich. Betriebliche (auch operative) Widerstandsfähigkeit bzw. Resilienz wird zu einer wichtigen Kennzahl.

Betriebliche Resilienz verstehen

Anders als Zuverlässigkeit oder Verfügbarkeit – der Fähigkeit von Systemen und Prozessen, unter normalen Bedingungen fehlerfrei zu funktionieren – geht es bei der betrieblichen Resilienz darum, auf Ausfälle vorbereitet zu sein bzw. sie zu vermeiden oder zumindest den Schaden in Grenzen zu halten. Es ist also die Fähigkeit einer Organisation, Störungen zu widerstehen, sich an sie anzupassen oder sich schnell davon zu erholen. Selbst eine kleine Unterbrechung im Arbeitsablauf kann Auswirkungen auf mehrere unterschiedliche Bereiche haben.

Statista befragte 2022 österreichische Unternehmen. Demnach verursacht ein einwöchiger Ausfall von IT-Systemen bei kleineren Unternehmen mit bis zu 99 Mitarbeitern einen geschätzten finanziellen Schaden von durchschnittlich 750.000 Euro. Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern schätzten ihren potenziellen Verlust auf 2,6 Millionen Euro. Nicht messbar sind damit verbundene langfristige Schäden wie Image- und Kundenverluste. Diese Schäden dürften in Aktionszeiträumen wie Sales, Ostern, Black Week oder dem Weihnachtsgeschäft gerade für Omnichannel-Einzelhändler, die über verschiedene digitale und physische Kontaktpunkte mit Kunden interagieren, umso höher sein. Selbst eine geringfügig längere Wartezeit auf der Website eines Online-Einzelhändlers kann den Kundenumsatz in physischen Ladengeschäften beeinträchtigen – und umgekehrt.

Wo sollten Einzelhändler anfangen?

Einzelhändler, die dem Aufbau betrieblicher Resilienz Priorität einräumen, können über einen längeren Zeitraum hinweg davon profitieren. Zwar bleibt die Anzahl Ausfälle eher konstant, aber gerade im Einzelhandel nehmen die Auswirkungen zu. Das allein sollte Grund genug sein, den Fokus auf Investitionen in moderne und robuste Prozesse sowie Systeme zu legen – auch bei der Reaktion auf Vorfälle.

Zu den ersten Schritten gehört es, einen Notfallplan zu erstellen sowie klare Verantwortlichkeiten und Aufgaben bei einem Vorfall zu definieren. Darüber hinaus sollten Einzelhändler auf ihrem Weg zu mehr operativer Widerstandsfähigkeit die folgenden drei Grundsätze beachten.

1. Die Übersicht behalten

Für eine erfolgreiche Reaktion auf Vorfälle sind aussagekräftige Erkenntnisse und zielgerichtetes Vorgehen wichtig. Wenn ein Vorfall eintritt, müssen die Einsatzkräfte die Auswirkungen auf das Unternehmen und den Kunden bewerten und die relevanten Interessengruppen entsprechend mobilisieren. Viel Technologie erzeugt jedoch auch viele Daten.

Die Geschwindigkeit der Risikoerkennung und -lösung ist für das Vorfallmanagement von entscheidender Bedeutung. Für Echtzeitreaktionen werden kontinuierlich Daten von allen Komponenten des Einzelhandelsökosystems aus verschiedenen Überwachungs- und Monitoring-Lösungen benötigt. Daraus gilt es, relevante Informationen herauszufiltern, zu korrelieren, zu analysieren und zu bewerten. Nur so lassen sich Vorfälle schneller und effizienter lösen und wichtige betriebliche Kennzahlen wie die Zeit bis zur Lösung eines Problems (Mean Time to Repair, MTTR) verbessern.

2. Automatisierung

Automatisierung spielt eine entscheidende Rolle bei der für eine langfristige Widerstandsfähigkeit erforderlichen betrieblichen Effizienz. Durch die Integration von KI und Automatisierung in strategische Betriebsprozesse können Einzelhändler die Abhängigkeit von manuellen Eingriffen in das Vorfallmanagement verringern. Automatisierung ermöglicht eine schnellere Problemerkennung und -einstufung, optimiert Benachrichtigungen an relevante Support-Teams und reduziert den manuellen Aufwand bei der Reaktion auf bekannte Probleme. Das hilft, sowohl Kosten als auch Dauer von Vorfällen zu reduzieren. Im Laufe der Zeit kann eine moderne Plattform sogar lernen, intelligente Empfehlungen für Reaktionen auf Vorfälle zu geben. Das entlastet die Einsatzkräfte mental und ermöglicht es ihnen, sich auf wichtige, strategische Aufgaben zu konzentrieren. 

3. Mit KI aus Fehlern lernen

Die Untersuchung und Analyse von Vorfällen sind wichtige Schritte auf dem Weg zur operativen Resilienz. Um herausfinden, wo etwas optimiert werden kann, muss der gesamte Lebenszyklus eines Vorfalls betrachtet werden. Mit GenAI lassen sich die wichtigsten Daten über einen Vorfall schnell auswerten und in Wissensdatenbanken oder Berichten zusammenfassen. Einzelhändler erhalten ein Situationsbewusstsein und gewinnen Einblicke in die Ursachen von Vorfällen. Mit den Erkenntnissen können ähnliche Vorfälle in Zukunft vermieden und Prozesse optimiert werden. 

Fazit

Der Aufbau betrieblicher Resilienz erfordert einen „Always-on“-Ansatz, der sich durch proaktive, intelligente und automatisierte Reaktionen auszeichnet. Je nach betrieblicher Widerstandsfähigkeit kann die Lösung eines Vorfalls von der bloßen Wiederherstellung des Dienstes bis zur Behebung des zugrundeliegenden Problems reichen. Für das effiziente Vorfallmanagement ist es wichtig, relevante Informationen automatisiert zu sammeln, zu analysieren und zu bewerten. Aus der nachträglichen Analyse von Vorfällen können Einzelhändler lernen und sich kontinuierlich verbessern.

Autor: David Ridge, Head of Solutions Consulting bei PagerDuty