VOICE Days plus: Deutschlands Servicewelt im Fokus
Am 12. und 13. Oktober 2010 dreht sich auf den VOICE Days plus alles um die erfolgreiche Gestaltung der Kundeninteraktion. Im Rahmen des Kongresses mit begleitender Fachausstellung wird der neu ins Leben gerufene Smart Service Award verliehen. Der Preis prämiert Dienstleistungen in den wichtigsten Kundenkanälen, die persönlichen Service und Automatisierung in perfekter Art und Weise miteinander verknüpfen. Hinter dem Award steht die ebenfalls neu gegründete Initiative Smart Service*. Im nachfolgenden Interview spricht der Schirmherr der Initiative Prof. Dieter Spath über „Das Konstruktionsbüro für Dienstleistungen“ und vieles mehr. Am 12. Oktober eröffnet Prof. Dieter Spath den VOICE Days plus Kongress.
Die Initiative Smart Service beklagt, dass die Forschung bei Dienstleistungsentwicklungen zu kurz kommt. Eine aktuelle Untersuchung** stellt fest: „Deutsche Unternehmen der verarbeitenden Industrie investieren pro Jahr und Mitarbeiter im Schnitt rund 3.215 Euro in Forschung und Entwicklung. Dienstleister dagegen bringen es im Vergleich dazu gerade mal auf 67 Euro.“
Spath: Ein Aspekt ist hier ganz sicher wichtig: Wenn man Services entwickelt, muss man das genauso akribisch und methodisch tun, wie wir das von Hardwareprodukten gewohnt sind. Dazu gehört Entwurf, Evaluierung, Test, Prototyping etc. Aber alle diese Dinge unterbleiben. Ich kenne viele Unternehmen, die ein Konstruktionsbüro haben, aber ich kenne nicht eines, das ein Konstruktionsbüro für Dienstleistungen hat. Also, zeigt sich ganz deutlich, wo es hängt. Wir haben deshalb den Begriff des „Service Engineerings“ in den Vordergrund gestellt, weil wir sagen: Eigentlich sind es ingenieurmäßige Vorgehensweisen, die wir auch bei den Dienstleistungen zur Anwendung bringen müssen.
Vielleicht können Sie kurz darstellen, was das Fraunhofer IAO unternimmt, um Servicequalität vorhersehbar, gleichbleibend gut und aus Kundensicht erfolgreich zu gestalten.
Spath: Gern. Wir haben in der Zwischenzeit für viele Unternehmen so genannte Methodenhandbücher entwickelt. Darin beschreiben wir zunächst einmal einen Prozess für die Entwicklung, die Installation, die Implementierung und das Management von Dienstleistungen. So eine Prozessbeschreibung ist die Grundlage, um das systematisch wiederholen zu können. Den einzelnen Prozessschritten sind dann methodische Werkzeuge zugeordnet, mit denen diese Schritte ausgeführt werden. In der Entwicklung ist eine neue Methode das so genannte „Service Blueprinting“, was so viel heißt, wie Durchschreibeverfahren. Der Prozess des Kunden und unser Erbringungsprozess werden übereinander geschrieben und miteinander verknüpft und es wird systematisch abgeklopft: Wo sind die Synchronisationsstellen, an denen die beiden Prozesse miteinander verbunden werden müssen? Dadurch lernt man sehr schnell, wie die Kommunikation in der Erbringung der Dienstleistungen mit dem Kunden tatsächlich stattfinden soll.
Hätten Sie vielleicht ein Beispiel?
Spath: Ein ganz typisches Beispiel aus den klassischen Wartungsservices ist das Folgende. Nehmen Sie an, eine Firma für Werkzeugmaschinen kriegt einen Anruf vom Kunden: Die Maschine ist kaputt. Daraufhin registriert der Agent im Service-Call-Center, was alles kaputt ist. Nach dem Telefonat beginnt er, Ersatzteile zu suchen, einen Monteur zu organisieren, Reiseplanung zu machen und so weiter. Damit ist er eine ganze Weile beschäftigt und kümmert sich nicht darum, was gleichzeitig beim Kunden passiert. Er schaut sich den dort ablaufenden Prozess nicht an. Der Kunde sitzt nämlich nicht da und wartet nur ab, sondern er ist unsicher, ob der Dienstleistungspunkt kommt, ob die Maschine bald in Ordnung gebracht wird. Das heißt, er beginnt umzuorganisieren, er beginnt Alternativen zu entwickeln. Auf Deutsch gesagt: Er stellt größtes Chaos in seiner Produktionsplanung an, während im Serviceunternehmen erst mal in aller Ruhe alles zusammengesucht wird. Streng genommen müsste der Wartungsdienstleister, sobald er auch nur die geringste positive Erkenntnis hat – beispielsweise Ersatzteil ist da – sofort wieder zum Telefon greifen, den Kunden anrufen und sagen: Pass auf, das habe ich schon mal gefunden, wir sind auf einem guten Weg. Dadurch schaltet der Kunde schon zwei Gänge runter. So simpel ist das, wenn man sich wirklich überlegt: Beim Kunden läuft auch ein Prozess und nicht nur beim Serviceerbringer.
Was ist aus Ihrer Sicht ein smarter Service?
Spath: Ich würde eher von einem cleveren Service sprechen. Der clevere Service ist der, der extrem bequem ist für den Kunden. Es gibt eine ganz einfache Maxime, was ein Serviceprodukt leisten muss, damit es immer wieder genommen wird. Wir sprechen von vier Faktoren. Erstens: Die Funktion muss sicher sein. Zweitens: Es muss wirtschaftlich sein – also erschwinglich, zu vernünftigen Kosten. Drittens: Es muss „convenient“ benutzbar sein, also eine ergonomische Dienstleistung sein und, viertens, es muss eine zielgruppengerechte Ästhetik aufweisen. Das heißt, es muss denjenigen auch ansprechen, um den es geht. Dann würde ich einen Service für smart halten, dann ist er gut gemacht.
Es wird ja viel über Social Media gesprochen, doch was ist Ihrer Auffassung nach zwischen operativer Hektik und wirklich langfristiger Entwicklung von neuen Servicekanälen relevant?
Spath: Das, was für jedes Produkt gilt, die bereits genannten vier Faktoren. Und man muss sich klarmachen, dass man differenzierte Zielgruppen hat. Das ist etwas, was die meisten Unternehmen nicht berücksichtigen. Die meisten kreieren einen Service und gießen diesen breit über die Lande und kümmern sich nicht darum, dass es differenzierte Zielgruppen mit unterschiedlichen Ansprüchen gibt. Das, was wir also beim Produkt schon lange kennen – nämlich Individualisierung – ist im Service noch nicht ausgeprägt. Da ist noch viel zu wenig passiert.
Welchen Beitrag kann aus Ihrer Sicht die Initiative Smart Service leisten?
Spath: Wenn diese Initiative ganz pauschal einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung in die Richtungen, die wir gerade diskutiert haben, leisten kann, dann ist das etwas Positives. Ich denke, viele haben erkannt, dass in den Services sehr viel steckt. Gerade jetzt in der Krise, die wir noch nicht einmal ganz hinter uns haben, haben viele verstanden: Wenn ich jetzt schon keine Aufträge für Hardware bekomme, wie kann ich dann wenigstens den Kontakt zum Kunden durch neue Services halten? Aber für diese Chancen fehlt noch das Bewusstsein: Wie gehe ich damit um? Wie methodisch muss das sein und wie platziere ich meine Aufwendungen richtig, damit am Schluss gute Qualität und ein zufriedener Kunde herauskommt? Bei der Produktentwicklung weiß man schon lange, dass man dafür einen guten Konstrukteur braucht, der eine solide Ausbildung hat. Man weiß aber noch nicht, dass man einen Servicedesigner braucht, der auch eine solide Ausbildung hat. Man meint, man könnte es so mit der Hand am Arm machen.
Das Fraunhofer IAO gestaltet auch das Strategieforum für Servicemanager am 12. Oktober auf den VOICE Days plus mit: Mehr zum Programm unter: www.voicedaysplus.com/kongress
Über die VOICE Days plus 2010
Das Besondere an den VOICE Days plus 2010 – 12. bis 13. Oktober – ist der klare Fokus auf die Kundeninteraktion im Service mit den Schwerpunktthemen Customer Experience, Service Automation, Prozesse/ Kollaboration und Performance Management. Die rund 4.000 Fachbesucher erwartet an zwei Tagen ein Mix aus Information, Praxiswissen und Networking. Die Zutaten dafür sind ein hochkarätiger Kongress mit integrierter Fachausstellung (Best-Practice-Park), Ausstellerforen, Workshops, Award-Verleihung und Networking-Dinner. Die VOICE Days plus finden 2010 zeitgleich mit der CRM-expo statt.
* Ein Zusammenschluss innovativer ITK-Lösungsanbieter, die gemeinsam mit ihren Kunden die Servicewelt für Verbraucher in Deutschland verbessern wollen.
** Birgit Mager, Professorin für „Service Design“ an der Fachhochschule Köln
Die Initiative Smart Service beklagt, dass die Forschung bei Dienstleistungsentwicklungen zu kurz kommt. Eine aktuelle Untersuchung** stellt fest: „Deutsche Unternehmen der verarbeitenden Industrie investieren pro Jahr und Mitarbeiter im Schnitt rund 3.215 Euro in Forschung und Entwicklung. Dienstleister dagegen bringen es im Vergleich dazu gerade mal auf 67 Euro.“
Spath: Ein Aspekt ist hier ganz sicher wichtig: Wenn man Services entwickelt, muss man das genauso akribisch und methodisch tun, wie wir das von Hardwareprodukten gewohnt sind. Dazu gehört Entwurf, Evaluierung, Test, Prototyping etc. Aber alle diese Dinge unterbleiben. Ich kenne viele Unternehmen, die ein Konstruktionsbüro haben, aber ich kenne nicht eines, das ein Konstruktionsbüro für Dienstleistungen hat. Also, zeigt sich ganz deutlich, wo es hängt. Wir haben deshalb den Begriff des „Service Engineerings“ in den Vordergrund gestellt, weil wir sagen: Eigentlich sind es ingenieurmäßige Vorgehensweisen, die wir auch bei den Dienstleistungen zur Anwendung bringen müssen.
Vielleicht können Sie kurz darstellen, was das Fraunhofer IAO unternimmt, um Servicequalität vorhersehbar, gleichbleibend gut und aus Kundensicht erfolgreich zu gestalten.
Spath: Gern. Wir haben in der Zwischenzeit für viele Unternehmen so genannte Methodenhandbücher entwickelt. Darin beschreiben wir zunächst einmal einen Prozess für die Entwicklung, die Installation, die Implementierung und das Management von Dienstleistungen. So eine Prozessbeschreibung ist die Grundlage, um das systematisch wiederholen zu können. Den einzelnen Prozessschritten sind dann methodische Werkzeuge zugeordnet, mit denen diese Schritte ausgeführt werden. In der Entwicklung ist eine neue Methode das so genannte „Service Blueprinting“, was so viel heißt, wie Durchschreibeverfahren. Der Prozess des Kunden und unser Erbringungsprozess werden übereinander geschrieben und miteinander verknüpft und es wird systematisch abgeklopft: Wo sind die Synchronisationsstellen, an denen die beiden Prozesse miteinander verbunden werden müssen? Dadurch lernt man sehr schnell, wie die Kommunikation in der Erbringung der Dienstleistungen mit dem Kunden tatsächlich stattfinden soll.
Hätten Sie vielleicht ein Beispiel?
Spath: Ein ganz typisches Beispiel aus den klassischen Wartungsservices ist das Folgende. Nehmen Sie an, eine Firma für Werkzeugmaschinen kriegt einen Anruf vom Kunden: Die Maschine ist kaputt. Daraufhin registriert der Agent im Service-Call-Center, was alles kaputt ist. Nach dem Telefonat beginnt er, Ersatzteile zu suchen, einen Monteur zu organisieren, Reiseplanung zu machen und so weiter. Damit ist er eine ganze Weile beschäftigt und kümmert sich nicht darum, was gleichzeitig beim Kunden passiert. Er schaut sich den dort ablaufenden Prozess nicht an. Der Kunde sitzt nämlich nicht da und wartet nur ab, sondern er ist unsicher, ob der Dienstleistungspunkt kommt, ob die Maschine bald in Ordnung gebracht wird. Das heißt, er beginnt umzuorganisieren, er beginnt Alternativen zu entwickeln. Auf Deutsch gesagt: Er stellt größtes Chaos in seiner Produktionsplanung an, während im Serviceunternehmen erst mal in aller Ruhe alles zusammengesucht wird. Streng genommen müsste der Wartungsdienstleister, sobald er auch nur die geringste positive Erkenntnis hat – beispielsweise Ersatzteil ist da – sofort wieder zum Telefon greifen, den Kunden anrufen und sagen: Pass auf, das habe ich schon mal gefunden, wir sind auf einem guten Weg. Dadurch schaltet der Kunde schon zwei Gänge runter. So simpel ist das, wenn man sich wirklich überlegt: Beim Kunden läuft auch ein Prozess und nicht nur beim Serviceerbringer.
Was ist aus Ihrer Sicht ein smarter Service?
Spath: Ich würde eher von einem cleveren Service sprechen. Der clevere Service ist der, der extrem bequem ist für den Kunden. Es gibt eine ganz einfache Maxime, was ein Serviceprodukt leisten muss, damit es immer wieder genommen wird. Wir sprechen von vier Faktoren. Erstens: Die Funktion muss sicher sein. Zweitens: Es muss wirtschaftlich sein – also erschwinglich, zu vernünftigen Kosten. Drittens: Es muss „convenient“ benutzbar sein, also eine ergonomische Dienstleistung sein und, viertens, es muss eine zielgruppengerechte Ästhetik aufweisen. Das heißt, es muss denjenigen auch ansprechen, um den es geht. Dann würde ich einen Service für smart halten, dann ist er gut gemacht.
Es wird ja viel über Social Media gesprochen, doch was ist Ihrer Auffassung nach zwischen operativer Hektik und wirklich langfristiger Entwicklung von neuen Servicekanälen relevant?
Spath: Das, was für jedes Produkt gilt, die bereits genannten vier Faktoren. Und man muss sich klarmachen, dass man differenzierte Zielgruppen hat. Das ist etwas, was die meisten Unternehmen nicht berücksichtigen. Die meisten kreieren einen Service und gießen diesen breit über die Lande und kümmern sich nicht darum, dass es differenzierte Zielgruppen mit unterschiedlichen Ansprüchen gibt. Das, was wir also beim Produkt schon lange kennen – nämlich Individualisierung – ist im Service noch nicht ausgeprägt. Da ist noch viel zu wenig passiert.
Welchen Beitrag kann aus Ihrer Sicht die Initiative Smart Service leisten?
Spath: Wenn diese Initiative ganz pauschal einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung in die Richtungen, die wir gerade diskutiert haben, leisten kann, dann ist das etwas Positives. Ich denke, viele haben erkannt, dass in den Services sehr viel steckt. Gerade jetzt in der Krise, die wir noch nicht einmal ganz hinter uns haben, haben viele verstanden: Wenn ich jetzt schon keine Aufträge für Hardware bekomme, wie kann ich dann wenigstens den Kontakt zum Kunden durch neue Services halten? Aber für diese Chancen fehlt noch das Bewusstsein: Wie gehe ich damit um? Wie methodisch muss das sein und wie platziere ich meine Aufwendungen richtig, damit am Schluss gute Qualität und ein zufriedener Kunde herauskommt? Bei der Produktentwicklung weiß man schon lange, dass man dafür einen guten Konstrukteur braucht, der eine solide Ausbildung hat. Man weiß aber noch nicht, dass man einen Servicedesigner braucht, der auch eine solide Ausbildung hat. Man meint, man könnte es so mit der Hand am Arm machen.
Das Fraunhofer IAO gestaltet auch das Strategieforum für Servicemanager am 12. Oktober auf den VOICE Days plus mit: Mehr zum Programm unter: www.voicedaysplus.com/kongress
Über die VOICE Days plus 2010
Das Besondere an den VOICE Days plus 2010 – 12. bis 13. Oktober – ist der klare Fokus auf die Kundeninteraktion im Service mit den Schwerpunktthemen Customer Experience, Service Automation, Prozesse/ Kollaboration und Performance Management. Die rund 4.000 Fachbesucher erwartet an zwei Tagen ein Mix aus Information, Praxiswissen und Networking. Die Zutaten dafür sind ein hochkarätiger Kongress mit integrierter Fachausstellung (Best-Practice-Park), Ausstellerforen, Workshops, Award-Verleihung und Networking-Dinner. Die VOICE Days plus finden 2010 zeitgleich mit der CRM-expo statt.
* Ein Zusammenschluss innovativer ITK-Lösungsanbieter, die gemeinsam mit ihren Kunden die Servicewelt für Verbraucher in Deutschland verbessern wollen.
** Birgit Mager, Professorin für „Service Design“ an der Fachhochschule Köln