VOICE Days plus 2009: Keynote-Speaker Ranga Yogeshwar über den „Umgang mit dem Neuen“
Mit seinem Vortrag „Unser Umgang mit dem Neuen“ wird Ranga Yogeshwar als Keynote-Speaker den Fachkongress der VOICE Days plus 2009 am 6. Oktober in Nürnberg eröffnen. Der aus Fernsehsendungen wie „Kopfball“ oder „Wissen vor 8“ bekannte Wissenschaftsjournalist geht darauf ein, wie wir auf Neuerungen in Kundenservice-Organisationen reagieren. In einem exklusiven Interview sprach er im Vorfeld der Veranstaltung mit Bernhard Steimel, Programm-Verantwortlicher der Kongressmesse, über den Umgang von Unternehmen mit dem Kunden – und dem Neuen.
Bernhard Steimel: Herr Yogeshwar, auf den VOICE Days plus 2009 halten Sie einen Vortrag zum Thema „Der Umgang mit dem Neuen.“ Um diese Fragestellung gleich konkret auf die Themenbereiche Technologie und Kundenservice zu beziehen: Welche Innovationen haben aus Ihrer Sicht nachhaltig das Verhältnis von Kunden und Unternehmen verändert?
Ranga Yogeshwar: Einen ganz wesentlichen Einfluss hatte sicherlich das Internet, speziell das Web 2.0. Früher verlief die Interaktion fast ausschließlich einseitig: Das Unternehmen setzte dem Kunden ein Produkt vor und der Kunde hatte keine andere Wahl, als dieses Produkt zu akzeptieren oder eben nicht zu akzeptieren, ganz nach dem Motto: „Friss oder stirb!“
Es gab mal einen sehr interessanten Werbespot von RTL. Da hieß es: „Wir haben in der Fernsehwelt etwas völlig Neues entdeckt: den Zuschauer.“ Noch vor 20 Jahren hatte nämlich niemand befriedigende Antworten auf essentielle Fragen wie: Wo sind bestimmte spezifische Gruppen? Wo sind die Zielgruppen? Was sind die Verhaltensmuster? Wie ist die Customer Relation? Hier tun sich für Unternehmen heute enorme Möglichkeiten auf. Mit dem Web 2.0 – also User-Driven Content – und vergleichbaren Technologien wurde die ganze Entwicklung quasi auf den Kopf gestellt. Heute ist der Kunde zum besten Entwickler des Unternehmens geworden. Der Kunde selbst hat sehr viel mehr an Einfluss gewonnen, denn er hat viel besseren Zugang zu Informationen: Wenn heute Probleme auftreten im Verhältnis Unternehmen-Kunde, dann können Sie ganz sicher sein, dass sich das sehr schnell herumspricht. Das heißt, die Evaluierung der Qualität des Unternehmens findet beim Kunden nicht nur über den direkten Kanal zum Unternehmen statt – dem Kunden stehen heute sehr viel mehr Informationsquellen zur Verfügung. Man könnte auch sagen: Der Kunde war noch nie so stark wie heute.
Steimel: Inwiefern stellen diese radikalen Veränderungen den Dienstleistungsservice vor neue Herausforderungen? Und wie genau verändert sich dadurch das Konsumverhalten des Kunden?
Yogeshwar: Der Kunde hat heute relativ klare Erwartungen an Service-Dienstleistungen und er hat die Möglichkeit des gnadenlosen Vergleichs mit anderen. Durch das Web 2.0 ist ein immenser Druck auf die Unternehmen entstanden: Sie erleben ein Dauer-Benchmarking – und das permanent und überall. Der Kunde heute kennt die Schwächen eines Unternehmens und die Schwächen eines Produkts. Dadurch nimmt er dem Unternehmen gegenüber eine Haltung ein, die sehr viel fordernder ist als früher. Dieser informierte Kunde bietet aber auch eine Chance für die Unternehmen. Denn so, wie zum Beispiel Microsoft den User in die Produktentwicklung mit einbezieht, kann auch ein Unternehmen reifen, wenn es die Bedürfnisse des Kunden erkennt und berücksichtigt. Nur müssen die Unternehmen diese Möglichkeiten auch nutzen.
Steimel: Sie glauben also, dass sich die Unternehmen noch nicht genügend an die veränderten Bedingungen angepasst haben?
Yogeshwar: Genau. Unternehmen – besonders wenn sie groß sind – tun sich oft schwer, Veränderungsprozesse zu absorbieren, während der Kunde selbst wesentlich flexibler ist. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Kommunikationsstruktur: Kunden tauschen sich untereinander dezentral und ohne Rücksicht auf interne hierarchische Positionen aus. Informationen verbreiten sich so sehr viel schneller und weiter. So haben schließlich viele Kunden die Möglichkeit, ein gutes Gespür für ein bestimmtes Unternehmen zu entwickeln. Bei einem Unternehmen mit starren und hierarchischen Strukturen ist das anders: Sie werden keinen Unternehmenslenker finden, der direktes Feedback von einem seiner Mitarbeiter erhält, der in der Hierarchieleiter ganz unten steht. Er bekommt also nie Feedback von jemandem, der nah am Kunden arbeitet. Und das führt unter Umständen dazu, dass Unternehmen sich schwer tun, ein gutes Gespür für den Kunden zu entwickeln, wenn es um strategische oder längerfristige Entscheidungen geht.
Idealerweise sollten Unternehmen schnell und flexibel auf Änderungen reagieren können. Aber die meisten Unternehmen sind nicht in der Lage, nötige neue Strukturen schnell zu implementieren. Und auch das Implementieren selber führt zu sehr vielen Reibungsverlusten. Unternehmen bräuchten eigentlich vollkommen andere Strukturen, um wirklich effektiv arbeiten zu können.
Ein beeindruckendes Beispiel aus der Politik ist der Wahlkampf von Obama: Ein echter Web 2.0-Wahlkampf! Obama bzw. sein Wahlkampf-Team hat es verstanden, die Basis zu mobilisieren, sie einzubinden. Und genau so muss heutzutage auch ein gutes Unternehmen arbeiten. Aber da sind wir noch nicht angekommen. Die Unternehmen sind in ihren Strukturen, wie gesagt, noch zu starr, zu unflexibel.
Steimel: Und diese mangelnde Flexibilität fällt dann natürlich wieder auf das Unternehmen zurück…
Yogeshwar: Ja, und zwar schlägt sich dies meistens im Kundenservice nieder. Der Kundenservice muss sich mit allen Problemen herumschlagen, die durch mangelnde Flexibilität entstehen. Dies führt mitunter zu bizarren Situationen: Der Kundenservice solidarisiert sich mit den Kunden. Dann heißt es etwa: „Naja, es stimmt. Da pennen die in der Entwicklungsabteilung.“ Das ist eine Katastrophe, vor allem hinsichtlich der Außenwirkung eines Unternehmens. Und es führt dazu, dass der Kunde in einer atemberaubenden Weise speziell träge Unternehmen geradezu von innen aufspaltet.
Das andere Phänomen: Der Kundenservice ist vom Kunden genervt und möchte sich eigentlich gar nicht mit ihm auseinandersetzen. Das lässt sich vor allem auf die Art und Weise zurückführen, wie Unternehmen mit ihren Kunden in Kontakt treten. Provokant könnte man sagen: ’mit der telefonischen Warteschleife’. Nach außen ist die Rede von einer 24/7-Erreichbarkeit und persönlichem Rundumservice, in Wahrheit aber wird der Kunde oft enttäuscht. Und obwohl die technologischen Möglichkeiten vorhanden sind, wird kaum differenziert, ob es sich um einen Erstkunden oder einen Wiederholungstäter handelt. Die Möglichkeiten eines personalisierten Services werden kaum wahrgenommen – eine Katastrophe in der Customer Relationship!
Steimel: Sie sprachen eben die Tatsache an, dass Unternehmen heute 24/7, also rund um die Uhr, erreichbar sind. Stellt dies nicht einen Fortschritt dar in der Kundenbetreuung?
Yogeshwar: Es geht – wie so oft im Leben – um Erwartungen, die enttäuscht oder befriedigt werden. Wenn ich eine Erwartung schüre, die mir sagt, ich bin 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche für dich da – dann setze ich diese Erwartung. Wenn mich dann ein Kunde abends um neun Uhr anruft und ihm dann nicht geholfen wird, ist er enttäuscht. Wenn man den Schritt macht und dem Kunden verspricht, 24 Stunden am Tag für ihn da zu sein, dann auch richtig. Sonst werden Erwartungen enttäuscht. Und das ist viel gefährlicher als Erwartungen nicht ganz so hoch zu setzen und beispielsweise nur an fünf von sieben Tagen zu bestimmten Zeiten erreichbar zu sein.
Steimel: Um noch einmal auf den Einsatz von Technologien zurückzukommen. Inwiefern kann Technologie dabei helfen, die Kommunikation mit dem Kunden zu verbessern?
Yogeshwar: Ich glaube, die Technologie liefert exzellente Rahmenbedingungen. Aber in den letzten Jahren wurde sozusagen das umgesetzt, was machbar ist – eine sehr technologie-getriebene Vorgehensweise. Es klingt zwar ein wenig abgedroschen, aber wir müssen den Fokus sehr viel stärker auf den Menschen richten.
Ich habe mal einen wunderbaren Tag mit Alan Kay, dem Chefentwickler von Apple, verbracht. Er hat mir einfach noch mal im Detail erklärt, wie Apples Planung und Entwicklung neuer Produkte aussieht: Im Vordergrund steht nicht, was technologisch möglich ist, sondern was der Kunde wirklich braucht und was nicht. Erst wenn die genauen Bedürfnisse des Kunden, seine Verhaltensmuster aber auch seine Skepsis Neuem gegenüber und seine Verunsicherungen analysiert sind, werden die übrigen Entwicklungsprozesse angestoßen.
Das ist etwas, was vielfach extrem verbesserungswürdig ist. Vorausschauend für mich ist: Technologie immer im Hinterkopf zu behalten, aber im Kern wirklich genau auf den Kunden zu schauen.
Steimel: Haben Sie persönlich oder im Rahmen Ihrer journalistischen Tätigkeit Unternehmen kennengelernt, die auf dem richtigen Weg sind?
Yogeshwar: Ja, in Ansätzen. Zum Beispiel gibt es in einigen Bereichen den Trend, ein Produkt durch eine Gesamtdienstleistung zu ersetzen, wodurch mit dem Kunden auf einer völlig anderen Ebene umgegangen werden kann. Ein einfaches Beispiel: Um meine Heizung zuhause kann ich mich komplett selbst kümmern. Ich schaue nach, ob vielleicht der Brenner ausgetauscht oder gereinigt werden muss, ob ich Heizöl bestellen muss usw. Oder aber: Mir wird das alles als Dienstleistung mit angeboten, sozusagen als Hausmanagement. Das Unternehmen kümmert sich dann um alles. Punkt. Und idealerweise kümmert sich das Unternehmen dann besser, als ich es je könnte bzw. wollte – zum Beispiel wird dann Heizöl eingekauft, wenn es besonders günstig ist – und nicht erst dann, wenn es fehlt. Sie sehen, worauf ich hinaus will: Flexibilität, und Aufgaben übernehmen, die über ein vordefiniertes Leistungsportfolio hinausgehen. Mitdenken. Und das kann man nun auf verschiedene Geschäftsbereiche, wie auch den IT-Bereich, übertragen. Es geht darum, einen zuverlässigen Ansprechpartner zu haben, der für einen da ist. Und da sind wir wieder beim Thema Personalisierung. Man muss den Kunden kennen, mitsamt seiner Historie. Dies ist alles andere als trivial – aber das Unternehmen, das hier die Nase vorn hat, wird das Rennen machen.
Steimel: Es zeichnen sich insgesamt also schon Veränderungen zum Positiven ab?
Yogeshwar: In jedem Fall verändert sich etwas, und das in einer sehr fundamentalen Weise: Es gab noch nie so viel Innovation wie heute. Und zwar Innovation, die in sehr kurzer Zeit unser Leben auch qualitativ verändert. Hier liegen große Risiken – aber eben auch große Chancen. Es kommt darauf an, etwas daraus zu machen.
Steimel: Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Infos zur Person Ranga Yogeshwar unter: http://www.yogeshwar.info
Kontakt für Presse und Medien:
Bernhard Steimel
mind Business Consultants
Tel +49 (0) 21 50. 7 05 54-0
Fax +49 (0) 21 50. 7 05 54-11
bernhard.steimel@mind-consult.net
Bernhard Steimel: Herr Yogeshwar, auf den VOICE Days plus 2009 halten Sie einen Vortrag zum Thema „Der Umgang mit dem Neuen.“ Um diese Fragestellung gleich konkret auf die Themenbereiche Technologie und Kundenservice zu beziehen: Welche Innovationen haben aus Ihrer Sicht nachhaltig das Verhältnis von Kunden und Unternehmen verändert?
Ranga Yogeshwar: Einen ganz wesentlichen Einfluss hatte sicherlich das Internet, speziell das Web 2.0. Früher verlief die Interaktion fast ausschließlich einseitig: Das Unternehmen setzte dem Kunden ein Produkt vor und der Kunde hatte keine andere Wahl, als dieses Produkt zu akzeptieren oder eben nicht zu akzeptieren, ganz nach dem Motto: „Friss oder stirb!“
Es gab mal einen sehr interessanten Werbespot von RTL. Da hieß es: „Wir haben in der Fernsehwelt etwas völlig Neues entdeckt: den Zuschauer.“ Noch vor 20 Jahren hatte nämlich niemand befriedigende Antworten auf essentielle Fragen wie: Wo sind bestimmte spezifische Gruppen? Wo sind die Zielgruppen? Was sind die Verhaltensmuster? Wie ist die Customer Relation? Hier tun sich für Unternehmen heute enorme Möglichkeiten auf. Mit dem Web 2.0 – also User-Driven Content – und vergleichbaren Technologien wurde die ganze Entwicklung quasi auf den Kopf gestellt. Heute ist der Kunde zum besten Entwickler des Unternehmens geworden. Der Kunde selbst hat sehr viel mehr an Einfluss gewonnen, denn er hat viel besseren Zugang zu Informationen: Wenn heute Probleme auftreten im Verhältnis Unternehmen-Kunde, dann können Sie ganz sicher sein, dass sich das sehr schnell herumspricht. Das heißt, die Evaluierung der Qualität des Unternehmens findet beim Kunden nicht nur über den direkten Kanal zum Unternehmen statt – dem Kunden stehen heute sehr viel mehr Informationsquellen zur Verfügung. Man könnte auch sagen: Der Kunde war noch nie so stark wie heute.
Steimel: Inwiefern stellen diese radikalen Veränderungen den Dienstleistungsservice vor neue Herausforderungen? Und wie genau verändert sich dadurch das Konsumverhalten des Kunden?
Yogeshwar: Der Kunde hat heute relativ klare Erwartungen an Service-Dienstleistungen und er hat die Möglichkeit des gnadenlosen Vergleichs mit anderen. Durch das Web 2.0 ist ein immenser Druck auf die Unternehmen entstanden: Sie erleben ein Dauer-Benchmarking – und das permanent und überall. Der Kunde heute kennt die Schwächen eines Unternehmens und die Schwächen eines Produkts. Dadurch nimmt er dem Unternehmen gegenüber eine Haltung ein, die sehr viel fordernder ist als früher. Dieser informierte Kunde bietet aber auch eine Chance für die Unternehmen. Denn so, wie zum Beispiel Microsoft den User in die Produktentwicklung mit einbezieht, kann auch ein Unternehmen reifen, wenn es die Bedürfnisse des Kunden erkennt und berücksichtigt. Nur müssen die Unternehmen diese Möglichkeiten auch nutzen.
Steimel: Sie glauben also, dass sich die Unternehmen noch nicht genügend an die veränderten Bedingungen angepasst haben?
Yogeshwar: Genau. Unternehmen – besonders wenn sie groß sind – tun sich oft schwer, Veränderungsprozesse zu absorbieren, während der Kunde selbst wesentlich flexibler ist. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Kommunikationsstruktur: Kunden tauschen sich untereinander dezentral und ohne Rücksicht auf interne hierarchische Positionen aus. Informationen verbreiten sich so sehr viel schneller und weiter. So haben schließlich viele Kunden die Möglichkeit, ein gutes Gespür für ein bestimmtes Unternehmen zu entwickeln. Bei einem Unternehmen mit starren und hierarchischen Strukturen ist das anders: Sie werden keinen Unternehmenslenker finden, der direktes Feedback von einem seiner Mitarbeiter erhält, der in der Hierarchieleiter ganz unten steht. Er bekommt also nie Feedback von jemandem, der nah am Kunden arbeitet. Und das führt unter Umständen dazu, dass Unternehmen sich schwer tun, ein gutes Gespür für den Kunden zu entwickeln, wenn es um strategische oder längerfristige Entscheidungen geht.
Idealerweise sollten Unternehmen schnell und flexibel auf Änderungen reagieren können. Aber die meisten Unternehmen sind nicht in der Lage, nötige neue Strukturen schnell zu implementieren. Und auch das Implementieren selber führt zu sehr vielen Reibungsverlusten. Unternehmen bräuchten eigentlich vollkommen andere Strukturen, um wirklich effektiv arbeiten zu können.
Ein beeindruckendes Beispiel aus der Politik ist der Wahlkampf von Obama: Ein echter Web 2.0-Wahlkampf! Obama bzw. sein Wahlkampf-Team hat es verstanden, die Basis zu mobilisieren, sie einzubinden. Und genau so muss heutzutage auch ein gutes Unternehmen arbeiten. Aber da sind wir noch nicht angekommen. Die Unternehmen sind in ihren Strukturen, wie gesagt, noch zu starr, zu unflexibel.
Steimel: Und diese mangelnde Flexibilität fällt dann natürlich wieder auf das Unternehmen zurück…
Yogeshwar: Ja, und zwar schlägt sich dies meistens im Kundenservice nieder. Der Kundenservice muss sich mit allen Problemen herumschlagen, die durch mangelnde Flexibilität entstehen. Dies führt mitunter zu bizarren Situationen: Der Kundenservice solidarisiert sich mit den Kunden. Dann heißt es etwa: „Naja, es stimmt. Da pennen die in der Entwicklungsabteilung.“ Das ist eine Katastrophe, vor allem hinsichtlich der Außenwirkung eines Unternehmens. Und es führt dazu, dass der Kunde in einer atemberaubenden Weise speziell träge Unternehmen geradezu von innen aufspaltet.
Das andere Phänomen: Der Kundenservice ist vom Kunden genervt und möchte sich eigentlich gar nicht mit ihm auseinandersetzen. Das lässt sich vor allem auf die Art und Weise zurückführen, wie Unternehmen mit ihren Kunden in Kontakt treten. Provokant könnte man sagen: ’mit der telefonischen Warteschleife’. Nach außen ist die Rede von einer 24/7-Erreichbarkeit und persönlichem Rundumservice, in Wahrheit aber wird der Kunde oft enttäuscht. Und obwohl die technologischen Möglichkeiten vorhanden sind, wird kaum differenziert, ob es sich um einen Erstkunden oder einen Wiederholungstäter handelt. Die Möglichkeiten eines personalisierten Services werden kaum wahrgenommen – eine Katastrophe in der Customer Relationship!
Steimel: Sie sprachen eben die Tatsache an, dass Unternehmen heute 24/7, also rund um die Uhr, erreichbar sind. Stellt dies nicht einen Fortschritt dar in der Kundenbetreuung?
Yogeshwar: Es geht – wie so oft im Leben – um Erwartungen, die enttäuscht oder befriedigt werden. Wenn ich eine Erwartung schüre, die mir sagt, ich bin 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche für dich da – dann setze ich diese Erwartung. Wenn mich dann ein Kunde abends um neun Uhr anruft und ihm dann nicht geholfen wird, ist er enttäuscht. Wenn man den Schritt macht und dem Kunden verspricht, 24 Stunden am Tag für ihn da zu sein, dann auch richtig. Sonst werden Erwartungen enttäuscht. Und das ist viel gefährlicher als Erwartungen nicht ganz so hoch zu setzen und beispielsweise nur an fünf von sieben Tagen zu bestimmten Zeiten erreichbar zu sein.
Steimel: Um noch einmal auf den Einsatz von Technologien zurückzukommen. Inwiefern kann Technologie dabei helfen, die Kommunikation mit dem Kunden zu verbessern?
Yogeshwar: Ich glaube, die Technologie liefert exzellente Rahmenbedingungen. Aber in den letzten Jahren wurde sozusagen das umgesetzt, was machbar ist – eine sehr technologie-getriebene Vorgehensweise. Es klingt zwar ein wenig abgedroschen, aber wir müssen den Fokus sehr viel stärker auf den Menschen richten.
Ich habe mal einen wunderbaren Tag mit Alan Kay, dem Chefentwickler von Apple, verbracht. Er hat mir einfach noch mal im Detail erklärt, wie Apples Planung und Entwicklung neuer Produkte aussieht: Im Vordergrund steht nicht, was technologisch möglich ist, sondern was der Kunde wirklich braucht und was nicht. Erst wenn die genauen Bedürfnisse des Kunden, seine Verhaltensmuster aber auch seine Skepsis Neuem gegenüber und seine Verunsicherungen analysiert sind, werden die übrigen Entwicklungsprozesse angestoßen.
Das ist etwas, was vielfach extrem verbesserungswürdig ist. Vorausschauend für mich ist: Technologie immer im Hinterkopf zu behalten, aber im Kern wirklich genau auf den Kunden zu schauen.
Steimel: Haben Sie persönlich oder im Rahmen Ihrer journalistischen Tätigkeit Unternehmen kennengelernt, die auf dem richtigen Weg sind?
Yogeshwar: Ja, in Ansätzen. Zum Beispiel gibt es in einigen Bereichen den Trend, ein Produkt durch eine Gesamtdienstleistung zu ersetzen, wodurch mit dem Kunden auf einer völlig anderen Ebene umgegangen werden kann. Ein einfaches Beispiel: Um meine Heizung zuhause kann ich mich komplett selbst kümmern. Ich schaue nach, ob vielleicht der Brenner ausgetauscht oder gereinigt werden muss, ob ich Heizöl bestellen muss usw. Oder aber: Mir wird das alles als Dienstleistung mit angeboten, sozusagen als Hausmanagement. Das Unternehmen kümmert sich dann um alles. Punkt. Und idealerweise kümmert sich das Unternehmen dann besser, als ich es je könnte bzw. wollte – zum Beispiel wird dann Heizöl eingekauft, wenn es besonders günstig ist – und nicht erst dann, wenn es fehlt. Sie sehen, worauf ich hinaus will: Flexibilität, und Aufgaben übernehmen, die über ein vordefiniertes Leistungsportfolio hinausgehen. Mitdenken. Und das kann man nun auf verschiedene Geschäftsbereiche, wie auch den IT-Bereich, übertragen. Es geht darum, einen zuverlässigen Ansprechpartner zu haben, der für einen da ist. Und da sind wir wieder beim Thema Personalisierung. Man muss den Kunden kennen, mitsamt seiner Historie. Dies ist alles andere als trivial – aber das Unternehmen, das hier die Nase vorn hat, wird das Rennen machen.
Steimel: Es zeichnen sich insgesamt also schon Veränderungen zum Positiven ab?
Yogeshwar: In jedem Fall verändert sich etwas, und das in einer sehr fundamentalen Weise: Es gab noch nie so viel Innovation wie heute. Und zwar Innovation, die in sehr kurzer Zeit unser Leben auch qualitativ verändert. Hier liegen große Risiken – aber eben auch große Chancen. Es kommt darauf an, etwas daraus zu machen.
Steimel: Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Infos zur Person Ranga Yogeshwar unter: http://www.yogeshwar.info
Kontakt für Presse und Medien:
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