Persönliche Informationen in aller Öffentlichkeit? Neue Studie über Jugendliche
Wie Jugendliche mit persönlichen Informationen in Sozialen Netzwerkdiensten wie facebook.com oder schuelervz.net umgehen, zeigt die aktuelle Studie des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis „Persönliche Informationen in aller Öffentlichkeit?“, die am Mittwoch, den 20. Oktober 2010, in der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) vorgestellt wurde. Die Untersuchung ist Teil der von der BLM beauftragten fünften Konvergenzstudie des JFF, die aktuelle Medienentwicklungen aus der Perspektive von Jugendlichen beleuchtet und damit Bezugspunkte sowohl für die medienpädagogische Arbeit als auch für die Medienaufsicht bietet.
Den Kern der Ergebnisse fasst Dr. Ulrike Wagner, stellvertretende Direktorin des JFF, folgendermaßen zusammen: „Jugendliche wollen selbstverantwortlich mit persönlichen Informationen in Online-Netzwerken umgehen – allerdings sind dafür die Voraussetzungen teilweise nicht gegeben. Der Anspruch, selbst für das eigene Handeln verantwortlich zu sein, ist typisch für das Jugendalter. Selbstverantwortung ist in Sozialen Netzwerkdiensten aber durch soziale und mediale Bedingungen gerahmt“.
BLM-Präsident Ring zu den Ergebnissen der Studie: „Wir sollten Jugendliche in ihrem Wunsch unterstützen, den engen Kontakt zu ihren Freunden zu halten. Gleichzeitig sollten wir sie aber dafür sensibilisieren, dass enger Kontakt keineswegs die vollständige Preisgabe der eigenen Persönlichkeit erfordert. Der Satz „Das Internet vergisst nichts!“ ist generell ein passender Slogan für das Verhalten im Netz.“
Die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung von Jugendlichen zwischen 13 und 19 Jahren zeigen insgesamt ein recht differenziertes Bild, wie Jugendliche mit ihren persönlichen Informationen in Online-Netzwerken umgehen. Die Jugendlichen machen sich – in unterschiedlichem Maße und unterschiedlich tiefgehend – durchaus Gedanken darüber, was sie wem in Sozialen Netzwerkdiensten über sich mitteilen wollen und was sie andererseits als schützenswert erachten.
Der Wunsch nach sozialer Einbettung und Zugehörigkeit ist ein wesentliches Motiv der Nutzung und hat Einfluss auf die Entscheidung der Jugendlichen, wie sie mit persönlichen Informationen in Online-Netzwerken umgehen. Je nachdem, für wen sie erkennbar sein wollen, verfolgen die Jugendlichen unterschiedliche Strategien: Ein Teil der Befragten ist darauf bedacht, sich nur für seine Freunde zu erkennen zu geben. Ein weiterer Teil verfolgt die Strategie, sich und seine Talente einem breiten Publikum zu zeigen. Eine dritte Strategie kann man als spielerisch-experimentell bezeichnen. Dabei zeigen sich die Jugendlichen mit einem Pseudonym im Netz und sind nur von Eingeweihten auf den ersten Blick erkennbar.
Darüber hinaus macht die Untersuchung deutlich, dass vielen Jugendlichen Wissen über die Medienstrukturen, beispielsweise über Auswertungsmöglichkeiten digitaler Daten, fehlt. Daran lässt sich erkennen, dass die Voraussetzungen für ein selbstverantwortliches Handeln nur in Teilen gegeben sind und die Jugendlichen auf Unterstützung angewiesen sind.
Die Studienergebnisse zeigen, dass die Interaktionen in Online-Netzwerken als soziales Handeln zu begreifen sind. So werden zum einen Regeln und Normen des sozialen Miteinanders aus der Offline-Welt auf die technisch vermittelten Kommunikationsformen übertragen. Mit gegenseitig anvertrauten Informationen Beziehungen zu gestalten, ist ein Beispiel hierfür, wobei aber die technischen Rahmenbedingungen nur von wenigen reflektiert werden. Zum anderen werden Regeln und Normen auch neu verhandelt. Beispielsweise beschreiben die Jugendlichen das Recht am eigenen Bild als Verhandlungssache, da es nicht möglich sei, die Abgebildeten bei jedem Bild oder Video zu fragen. Vielmehr wird nach eigenem Ermessen über die Veröffentlichung entschieden. Erst wenn sich die Abgebildeten melden, wird ausgehandelt, ob die Veröffentlichung „gerechtfertigt“ war. Überraschend dabei ist: Nahezu alle Befragten haben es bereits selbst erlebt, dass Bilder von ihnen veröffentlicht wurden, die sie nicht veröffentlichen wollten.
Es gibt aber auch Ambivalenzen und Widersprüche, die verdeutlichen, dass eine bessere Unterstützung von jugendlichen Nutzern durch pädagogische Angebote, aber auch die Plattformgestaltung notwendig ist. In pädagogischen Handlungsfeldern ist mit dafür Sorge zu tragen, dass Privatsphäre nicht zur Privatsache einzelner Individuen gemacht wird. Konkret bedeutet dies, dass Jugendlichen Unterstützungsangebote bereitgestellt werden müssen, mit denen sie die Voraussetzungen für selbstverantwortliches Handeln beispielsweise Wissen über Medienstrukturen und Nutzungsdynamiken erwerben können. Nicht zuletzt geht es auch darum, Selbst- und Mitverantwortung zu stärken, damit die Bedingungen sozialen Miteinanders gemeinschaftlich getragen werden. Die Forderung nach Transparenz und Verantwortung ist aber nicht nur an die Einzelnen und an die Pädagogik zu richten, sie muss als zentraler Qualitätsanspruch insbesondere an die Anbieter Sozialer Netzwerkdienste herangetragen werden.
Eckdaten der Studie
Projektförderung: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM)
Zeitraum: August 2009 bis September 2010
Methoden: Intensivinterviews und Gruppendiskussionen
Stichprobe: 63 Jugendliche im Alter von 13 bis 19 Jahren, 52 in Gruppendiskussionen und 11 als Einzelfälle
Die Untersuchung ist eine Teilstudie im Rahmen der 5. Konvergenzstudie „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche – Untersuchung der Nutzerseite“ (Laufzeit: Dezember 2007 – Dezember 2012).
Die Studie kann kostenlos bezogen werden unter:
http://www.blm.de und http://www.jff.de
Den Kern der Ergebnisse fasst Dr. Ulrike Wagner, stellvertretende Direktorin des JFF, folgendermaßen zusammen: „Jugendliche wollen selbstverantwortlich mit persönlichen Informationen in Online-Netzwerken umgehen – allerdings sind dafür die Voraussetzungen teilweise nicht gegeben. Der Anspruch, selbst für das eigene Handeln verantwortlich zu sein, ist typisch für das Jugendalter. Selbstverantwortung ist in Sozialen Netzwerkdiensten aber durch soziale und mediale Bedingungen gerahmt“.
BLM-Präsident Ring zu den Ergebnissen der Studie: „Wir sollten Jugendliche in ihrem Wunsch unterstützen, den engen Kontakt zu ihren Freunden zu halten. Gleichzeitig sollten wir sie aber dafür sensibilisieren, dass enger Kontakt keineswegs die vollständige Preisgabe der eigenen Persönlichkeit erfordert. Der Satz „Das Internet vergisst nichts!“ ist generell ein passender Slogan für das Verhalten im Netz.“
Die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung von Jugendlichen zwischen 13 und 19 Jahren zeigen insgesamt ein recht differenziertes Bild, wie Jugendliche mit ihren persönlichen Informationen in Online-Netzwerken umgehen. Die Jugendlichen machen sich – in unterschiedlichem Maße und unterschiedlich tiefgehend – durchaus Gedanken darüber, was sie wem in Sozialen Netzwerkdiensten über sich mitteilen wollen und was sie andererseits als schützenswert erachten.
Der Wunsch nach sozialer Einbettung und Zugehörigkeit ist ein wesentliches Motiv der Nutzung und hat Einfluss auf die Entscheidung der Jugendlichen, wie sie mit persönlichen Informationen in Online-Netzwerken umgehen. Je nachdem, für wen sie erkennbar sein wollen, verfolgen die Jugendlichen unterschiedliche Strategien: Ein Teil der Befragten ist darauf bedacht, sich nur für seine Freunde zu erkennen zu geben. Ein weiterer Teil verfolgt die Strategie, sich und seine Talente einem breiten Publikum zu zeigen. Eine dritte Strategie kann man als spielerisch-experimentell bezeichnen. Dabei zeigen sich die Jugendlichen mit einem Pseudonym im Netz und sind nur von Eingeweihten auf den ersten Blick erkennbar.
Darüber hinaus macht die Untersuchung deutlich, dass vielen Jugendlichen Wissen über die Medienstrukturen, beispielsweise über Auswertungsmöglichkeiten digitaler Daten, fehlt. Daran lässt sich erkennen, dass die Voraussetzungen für ein selbstverantwortliches Handeln nur in Teilen gegeben sind und die Jugendlichen auf Unterstützung angewiesen sind.
Die Studienergebnisse zeigen, dass die Interaktionen in Online-Netzwerken als soziales Handeln zu begreifen sind. So werden zum einen Regeln und Normen des sozialen Miteinanders aus der Offline-Welt auf die technisch vermittelten Kommunikationsformen übertragen. Mit gegenseitig anvertrauten Informationen Beziehungen zu gestalten, ist ein Beispiel hierfür, wobei aber die technischen Rahmenbedingungen nur von wenigen reflektiert werden. Zum anderen werden Regeln und Normen auch neu verhandelt. Beispielsweise beschreiben die Jugendlichen das Recht am eigenen Bild als Verhandlungssache, da es nicht möglich sei, die Abgebildeten bei jedem Bild oder Video zu fragen. Vielmehr wird nach eigenem Ermessen über die Veröffentlichung entschieden. Erst wenn sich die Abgebildeten melden, wird ausgehandelt, ob die Veröffentlichung „gerechtfertigt“ war. Überraschend dabei ist: Nahezu alle Befragten haben es bereits selbst erlebt, dass Bilder von ihnen veröffentlicht wurden, die sie nicht veröffentlichen wollten.
Es gibt aber auch Ambivalenzen und Widersprüche, die verdeutlichen, dass eine bessere Unterstützung von jugendlichen Nutzern durch pädagogische Angebote, aber auch die Plattformgestaltung notwendig ist. In pädagogischen Handlungsfeldern ist mit dafür Sorge zu tragen, dass Privatsphäre nicht zur Privatsache einzelner Individuen gemacht wird. Konkret bedeutet dies, dass Jugendlichen Unterstützungsangebote bereitgestellt werden müssen, mit denen sie die Voraussetzungen für selbstverantwortliches Handeln beispielsweise Wissen über Medienstrukturen und Nutzungsdynamiken erwerben können. Nicht zuletzt geht es auch darum, Selbst- und Mitverantwortung zu stärken, damit die Bedingungen sozialen Miteinanders gemeinschaftlich getragen werden. Die Forderung nach Transparenz und Verantwortung ist aber nicht nur an die Einzelnen und an die Pädagogik zu richten, sie muss als zentraler Qualitätsanspruch insbesondere an die Anbieter Sozialer Netzwerkdienste herangetragen werden.
Eckdaten der Studie
Projektförderung: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM)
Zeitraum: August 2009 bis September 2010
Methoden: Intensivinterviews und Gruppendiskussionen
Stichprobe: 63 Jugendliche im Alter von 13 bis 19 Jahren, 52 in Gruppendiskussionen und 11 als Einzelfälle
Die Untersuchung ist eine Teilstudie im Rahmen der 5. Konvergenzstudie „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche – Untersuchung der Nutzerseite“ (Laufzeit: Dezember 2007 – Dezember 2012).
Die Studie kann kostenlos bezogen werden unter:
http://www.blm.de und http://www.jff.de