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Energiemarkt vor grundlegendem Umbruch

BITKOM-Umfrage: 40 Prozent wollen flexible Stromtarife. 60 Prozent wünschen sich intelligente Stromzähler.
bitkom | 01.03.2010
Hannover, 1. März 2010
Viele Verbraucher in Deutschland wollen neue Technologien nutzen, um ihren Energieverbauch zu senken und Kosten zu sparen. 40 Prozent der Verbraucher würden zu einem zeitabhängigen Stromtarif wechseln, wenn dieser Einsparmöglichkeiten zum Beispiel durch günstigeren Nachtstrom bietet. 60 Prozent befürworten zudem eine Nachrüstung älterer Wohnungen mit elektronischen Stromzählern, die den Energieverbrauch minutengenau erfassen. Bisher ist der Einbau digitaler Stromzähler nur bei Neubauten und größeren Umbauten Pflicht. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Aris unter 1.000 Personen im Auftrag des BITKOM. „Die Stromnetze der Zukunft sind dank IT flexibel, sicher und effizient“, sagte Martin Jetter, Präsidiumsmitglied des BITKOM, bei der Vorstellung der Umfrage-Ergebnisse auf der CeBIT. „Der Energiemarkt steht vor einem grundlegenden Umbruch. Das Internet der Energie kommt, und Millionen Haushalte werden aktiv mitmachen“, so Jetter. Für den Aufbau müssten aber die technologischen und regulatorischen Voraussetzungen geschaffen werden. In den USA werden derzeit 8 Milliarden US-Dollar in 100 E-Energy-Modellregionen investiert, in Deutschland sind es lediglich 140 Millionen Euro in sechs Regionen.

Die Bundesregierung sollte den Auf- und Ausbau intelligenter Energienetze stärker in den Mittelpunkt der Klimapolitik zu rücken. „Intelligente Energienetze, so genannte Smart Grids, bilden die Grundlage für eine umweltfreundliche Energieversorgung. Sie ermöglichen die effiziente Nutzung regenerativer wie traditioneller Energiequellen“, sagte Jetter. Nach den Ergebnissen der BITKOM-Umfrage haben fast 30 Prozent aller Bürger schon darüber nachgedacht, Energie zu produzieren und ins Stromnetz einzuspeisen. Bei den 30- bis 50-Jährigen sind es sogar 40 Prozent.

Zudem wollen viele Verbraucher ihre neuen Wahlmöglichkeiten nutzen. Laut Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) müssen die Versorger spätestens Ende dieses Jahres Tarife anbieten, die einen Anreiz zu Energieeinsparen oder Steuern des Energieverbrauchs setzen, etwa tageszeitabhängige Tarife. 40 Prozent der Verbraucher wollen zu einem solchen Stromtarif wechseln, in der Gruppe der 30 bis 50-Jährigen ist es sogar jeder Zweite. „Die Energieversorger stehen vor der enormen Herausforderung, sehr schnell flexible und verständliche Tarife auf den Markt bringen, sonst verlieren sie viele zahlungskräftige Kunden“, sagte Jetter. Besonders wechselwillig sind laut Umfrage die Internet-Nutzer. Jeder zweite User würde zu seinen Stromtarif wechseln, bei den anderen nur jeder sechste. Zudem sind die Internet-Nutzer anspruchsvoller bei der Abrechnung des Stroms. Stromkunden erhalten eine Abrechnung einmal im Jahr. Das ist jedem zweiten Internet-Nutzer zu selten. Jeder Fünfte dieser Gruppe möchte eine Abrechnung pro Quartal.

Solche Verbraucherwünsche können mit den neuen digitalen Stromzählern erfüllt werden, die ab 1.1.2010 in Neubauten eingebaut werden. Fast zwei Drittel der Deutschen halten die gesetzliche Verpflichtung für eine gute Sache. Doch geht vielen Verbrauchern diese Regelung nicht weit genug: Ihrer Meinung nach sollten ältere Wohnungen ebenfalls nachgerüstet werden. Nur jeder Dritte lehnt eine solche Nachrüstung mit Smart Metern ab. Wichtig dabei aus BITKOM-Sicht: Der Staat sollte möglichst schnell definieren, welche Funktionen ein Smart Meter genau haben muss. Hier sind die Vorgaben noch zu schwammig. Zudem sollten die Daten der digitalen Stromzähler im XML-Format übertragen werden. „Das in Deutschland aktuell verwendete proprietäre Format bei der Datenübertragung der Smart Meter verhindert die notwendige internationale Harmonisierung“, sagte Jetter.

„Der Umbau des bestehenden Energienetzes ist eine Herkules-Aufgabe, aber die Anstrengungen werden sich ökologisch und ökonomisch lohnen – sie sind aus BITKOM-Sicht absolut zwingend“, so Jetter. Deutschland habe dank intakter Infrastrukturen eine starke Ausgangsposition. Dennoch wird die notwendige Modernisierung eines der komplexesten Projekte der Technikgeschichte. So müssen sich tausende Beteiligte auf hunderte Standards einigen. „Fraglich ist bei E-Energy, ob wir die sehr gute Ausgangsposition Deutschlands und Europas nutzen und rechtzeitig anfangen, Know-How aufzubauen, Standards mitzuentwickeln und in den Export zu gehen“, sagte Jetter.

Der Staat sollte zudem wirksame Anreizsysteme für alle Beteiligten schaffen – für Verbraucher wie für etablierte und neue Erzeuger und Dienstleister. Verbraucher müssen ihren produzierten Strom problemlos einspeisen können; die Stromtarife müssen zeitlich variabel werden, damit Konsumenten ihren Verbrauch schnell dem Angebot anpassen. Jetter: „Ein ausgewogenes Anreizsystem ist entscheidend für den Erfolg von E-Energy.“ Sein Vorschlag: Politik, Energiewirtschaft, ITK-Branche, Industrie und Forschung sollten ein so genanntes „E-Energy Steering Committee“ gründen. Erstes Ziel sollte eine Roadmap sein, um das Internet der Energie in Deutschland erfolgreich und schnell zu implementieren. Die Roadmap sollte eine Koordination der unterschiedlichen Smart-Grid-Aktivitäten und -Beteiligten ermöglichen und dafür sorgen, dass alle das Ziel auch unterstützen.

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