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Deutsche Ebay-Verkäufer im Visier: Abmahnflut durch amerikanische Modefirma

Bonner Rechtsexperte: „Umtriebige Anwälte nutzen eine einfache Einkommensquelle
marketing-BÖRSE | 25.10.2006
Hamburg/Frankfurt am Main/Bonn, www.ne-na.de - Mit einer beispiellosen Abmahnflut drangsaliere die US-Modefirma Abercrombie & Fitch (A & F). nach einem Bericht des Magazins Spiegel http://www.spiegel.de deutsche Verbraucher, „die Klamotten der Marke bei Ebay verhökern“. „Der Hintergrund: Zwar hat A & F in Deutschland Markenrechte eingetragen, aber bislang nirgends in Europa die Lizenz erteilt, seine Waren auch zu verkaufen“, schreibt der Spiegel. Wer Modeartikel der Firma A & F über Ebay verkaufen wolle, bekomme Post von der Anwaltskanzlei Dr. Winterstein und Dr. Ruhrmann http://www.management-recht.de in Frankfurt am Main. Mit den Ebay-Deals würde man die Markenrechte von A & F verletzen, das „nicht bereit" sei, „den Vertrieb der nicht autorisierten Waren in der BRD hinzunehmen". „Kostenpunkt der strafbewehrten Unterlassungserklärung: 2080,50 Euro. Das sind nur die Anwaltsgebühren, die schon deshalb so drastisch ausfallen, weil der Streitwert sehr hoch angesetzt wird“, so das Hamburger Nachrichtenmagazin.

Dass viele andere Verbraucher vornehmlich Gebrauchtklamotten über die Internet-Auktionsplattform verhökern, interessiere die Anwälte ebenso wenig wie deren Mini-Umsatz. „Alle bekommen die gleichlautende Unterlassungserklärung. Immer werden 2080,50 Euro fällig. Ganz egal, ob 10 gebrauchte Teile versteigert wurden oder 100. Wobei die Zahl der versteigerten Klamotten zumindest eine zentrale Bedeutung hat. Denn die Frankfurter Kanzlei stützt sich bei ihrem Fashion-Feldzug auf Urteile des Oberlandesgerichts Frankfurt, wonach man bei Ebay bereits bei weniger als zehn ‚Verkäufen gleicher Art’ pro Monat ‚im geschäftlichen Verkehr’ handelt - sprich als gewerblich Handelnder eingestuft wird. Nur dann ist eine Unterlassungserklärung mit entsprechenden Kosten zulässig. Wer weniger verkauft, gilt in der Regel als Privatperson und kann nicht behelligt werden“, führt der Spiegel aus: „Markenartikler suchen zähnefletschende Anwälte wie uns", zitiert der Spiegel Anwalt Thomas Stein von der Frankfurter Kanzlei.

Das sei "ein durchaus lukratives Mandat". In der Anwaltschaft stößt diese Berufspraxis allerdings auf harte Kritik: „Nirgendwo sonst ufert das Abmahnwesen derart aus wie in Deutschland. Nur in Deutschland darf für die Abmahnung eine Gebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erhoben werden. In allen anderen Ländern der EU darf für eine Abmahnung kein Geld verlangt werden. Diese Gebühr hat auch noch der Gegner zu tragen. Daher sind Abmahnungen eine beliebte und einfache Einkommensquelle für entsprechend umtriebige Anwälte, aber auch für Gewerbetreibende als wirksames Mittel gegen missliebige Konkurrenten“, kritisiert der Bonner Rechtsanwalt Markus Mingers von der Kanzlei Mingers & Kollegen http://www.justus-online.de. „Es wäre wünschenswert, wenn sich die abmahnfreudigen Rechtsanwälte um ein ehrliches Marketing bemühten, statt mit Unterlassungserklärungen das Land zu überziehen. Stattdessen zerstören diese Anwälte sogar ihre eigene Reputation und die ihres Berufstandes. Dabei dürfen Rechtsanwälte mittlerweile in definierten Grenzen werben“, sagt Christian Thunig, stellvertretender Chefredakteur der Zeitschrift absatzwirtschaft http://www.absatzwirtschaft.de.

Nach Ansicht von Michael Sander, Internetexperte und Geschäftsführer der Unternehmensberatung TCP Terra Consulting Partners http://www.terraconsult.de, werfe A & F mit dem Abmahn-Rundumschlag harmlose Verbraucher in einen Topf mit Grauimporteuren und Plagiatsanbietern: „Das hat den Charakter von Säuberungsaktionen. Die Internet-Community hat ein gutes Gedächtnis und wird entsprechend hart reagieren. Wichtig ist nicht nur die Wahrung des Markenrechts, sondern auch das Markenimage. A&F mag eine ausgezeichnete Kompetenz in Sachen Mode besitzen, aber agiert – gerade als US-Firma - mit ihrer Hau-Drauf-Politik sehr leichtsinnig, wenig sensibel und letztlich unprofessionell im Marketing“, urteilt Sander.

Ebay wolle derartige Methoden nicht länger hinnehmen und werde die Rechtsanwaltskammern einschalten. „Die Abgemahnten jedenfalls haben genug von der US-Modefirma, die demnächst Europa erobern möchte - mit einer ersten Boutique in London. Auf durchschlagenden Erfolg darf das Unternehmen nach den juristischen Scharmützeln allerdings nicht hoffen“, resümiert der Spiegel.

Klaus Blömeke von der Internetagentur Avaris-Godot http://www.avaris-godot.avaris-webdesign.de sollte man als Unternehmen gelassen und tolerant auf den Ebay-Handel reagieren: „Am Beispiel der Musikindustrie und deren kleineren Labels haben wir gelernt, das der Vertrieb über solche Guerilla-Kanäle einen positiven Einfluss auf die Akzeptanz einer Marke haben kann. Nur sehr wenige Hersteller haben das zum jetzigen Zeitpunkt erkannt. Wer es sich mit der Ebay-Community verdirbt, kommt über die klassischen Vertriebskanäle nicht sehr weit. Es handelt sich beim A & F-Fall ja nicht Produktpiraterie, wo eine solche Reaktion angemessen wäre, sondern um Privatverkäufe, die zu einer flächendeckenden Akzeptanz einer Marke führen können. Wer im Vorfeld des Markenlaunchs mit Abmahn-Torpedos reagiert, kann im Internethandel direkt einpacken“, warnt Blömeke.

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