Chancen des UNESCO Weltdokumentenerbes für die touristische Wertschöpfung
Erstmals haben zwei Professoren der International School of Management (ISM) eine Studie zur weltweiten räumlichen Verteilung des UNESCO Weltdokumentenerbes „Memory of the World“ (MoW) durchgeführt. Dieses Weltdokumentenerbe gehört zu den drei globalen UNESCO-Initiativen, die gemeinsam die Bewahrung des kulturellen Erbes der Menschheit zum Ziel haben. Professor Dr. Peter Dippon und Professor Dr. Andreas Helferich stellen in ihrer Analyse fest: Das Weltdokumentenerbe wird global noch zu wenig wahrgenommen – und damit auch das kulturtouristische Potenzial.
Die UNESCO-Konvention zum Schutz des Weltkultur- und Weltnaturerbes wurde 1972 ins Leben gerufen, um bedrohte Kultur- und Naturgüter der Menschheitsgeschichte besser schützen zu können. Die Aufnahme in die internationale Liste des Weltkultur- und Naturerbes hat sich zu einem der wichtigsten Qualitätssiegel des internationalen Tourismus entwickelt. Ähnliches gilt auch für die 2003 gestartete UNESCO-Initiative zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes worunter beispielsweise darstellende Künste, Brauchtum oder traditionelles Handwerk fallen.Das dritte bereits 1993 ins Leben gerufene Programm zum Erhalt des Weltdokumentenerbes „Memory of the World“ (MoW) umfasst historische Quellen von immenser Bedeutung für die Menschheit. Dazu zählen schriftliche Erzeugnisse wie Texte und Musikpartituren, aber auch Bilder, Film- und Tonaufnahmen.
UNESCO-Label für Weltdokumentenerbe vergleichsweise unbekannt
Professor Dr. Peter Dippon und Professor Dr. Andreas Helferich von der International School of Management (ISM) am Campus Stuttgart haben in einer Studie erstmals die weltweite Verteilung des registrierten UNESCO Weltdokumentenerbes (MoW) analysiert. Die im International Journal of Heritage Studies (IJHS) veröffentlichte Studie stellt dabei fest, dass sich daran weitaus weniger UNESCO-Mitgliedsstaaten beteiligen. Prof. Dr. Peter Dippon erläutert: „Während sich bei den Welterbestätten und in etwas geringerem Umfang auch beim Immateriellen Kulturerbe fast alle UN-Mitgliedsstaaten engagieren, nehmen bisher nur rund Zweidrittel am Programm des "Weltdokumentenerbes" (MoW) aktiv teil.“
Ungenutzte Chancen für den Bildungstourismus
Tourismusexperte Dippon nennt unter anderem folgende Gründe dafür: „Häufig fehlen in den Ländern kompetente Einrichtungen für die Vorbereitung einer Nominierung bei der UNESCO; zudem mangelt es an personellen und finanziellen Ressourcen.“ Außerdem werden die ökonomischen Vorteile des MoW-UNESCO-Programms noch zu wenig erkannt. Zu Unrecht, denn: „Ähnlich wie bei den beiden anderen UNESCO-Kulturerbeprogrammen eröffnet eine ausgewogenere MoW-Teilhabe der Mitgliedsstaaten Chancen nicht nur für die Ziele: Bewahrung, Bewusstsein und Zugang zum Weltdokumentenerbe; sondern eben auch für den Bildungstourismus.“
Voraussetzung dafür wäre ein besseres Zusammenspiel zwischen archivarischer Wertschätzung und einer behutsamen kulturtouristischen Nutzung. Der Touristikexperte regt an, dokumentarische Zeugnisse von Weltrang nicht nur einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern zugänglich zu machen. Vielmehr gelte es, „auf die wirtschaftlichen Vorteile hinzuweisen, damit der aufwendige Aufnahmeprozess in das internationale Register der UNESCO angestrebt wird,“ erläutert Dippon. In Deutschland ist der Anteil des registrierten Weltdokumentenerbes vergleichsweise hoch. Hier gewinne auch das UNESCO-Label des MoW-Programms für den Kulturtourismus allmählich an Bedeutung, beobachtet Dippon. „Die Himmelscheibe von Nebra in Sachsen-Anhalt, die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm oder das Benz-Patent gehören zum Weltdokumentenerbe in Deutschland. Diese drei Beispiele können im Rahmen des Kulturtourismus;als Vorbild für eine qualifizierte und behutsame Inwertsetzung des dokumentarischen Erbes der UNESCO gelten.“