Fahren digitale Logos am perfekten Elektro-Auto vorbei?
Führende Autohersteller haben in den vergangenen Monaten / Jahren ihre Logos für das neue Zeitalter fit gemacht. Die deutlich reduzierten Logos sollten digital besser anwendbar sein und den Wandel zu Elektro-Fahrzeugen optisch einläuten. Doch wie wirken die minimalisierten Logos im Kundenhirn? Und treffen sie die Wünsche der Kunden in Bezug auf E-Autos?
In einer ersten Umfrage über Linkedin, in der rund 400 Teilnehmer ihre Stimme pro alte Autologos oder pro neue Autologos abgaben, ergab sich mit einem ca. 50/50% Resultat kein klares Fazit. Deshalb gingen wir der Frage wissenschaftlich nach. Diese Neuromarketing-Studie beleuchtet die Thematik aus der Sicht des Konsumenten-Hirns. Auch wenn das Logo für sich allein genommen noch lange keine Markenwelt ist, löst es als isolierter Touchpoint trotzdem Emotionen aus – und diese Emotionen sollten im Idealfall zum gesamten Marken- und Produkt-Erlebnis passen. Die Tatsache, dass so viele Marken spezifisch am Touchpoint «Logo» gearbeitet haben, macht den direkten Vergleich spannend: Die Ergebnisse dieser Studie geben Aufschluss darüber, ob die Autohersteller die Emotionen der Kunden ebenso gut beherrschen wie die Ingenieurs-Kunst.
1. Weniger Logo = Weniger Emotionen?
Die Autohersteller haben ihre Logos stark reduziert. Die bisher gängige 3D-Metall-Optik musste flachen und eher dunkeln Farben weichen. Dadurch erscheinen die Logos wesentlich simpler, sind aber für das menschliche Auge weniger interessant. Es überrascht daher nicht, dass die neuen Logos im Schnitt weniger Emotionen auslösen. Doch verglichen mit dem optischen Wandel der Logos ist die Differenz im Emotionsvolumen noch klein. Die hohe Bekanntheit der Logos könnte hier eine Rolle spielen. Im Kundenhirn sind sie bereits stark verankert und rufen dort sofort auch Erinnerungen an andere Touchpoints hervor, die hinter den Logos stehen (auf der Strasse gesehene Auto-Modelle, erlebte Probefahrten, konsumierte Werbespots usw.). Davon können die neuen Logos weiterhin profitieren – trotz ihrem reduzierten Erscheinungsbild.
2. Emotions Match: Grössere und kleinere Veränderungen
Während alle neuen Logos durchs Band auf die 3D-Metall-Optik verzichten, gibt es hinsichtlich der Logo-Veränderungen im engeren Sinn beachtliche Unterschiede. Opel, Audi und Toyota sind nah beim alten geblieben. VW, Renault und BMW gehen einen Schritt weiter und haben ihre Logos in Form oder Farbe noch stärker überholt. Wie beeinflusst dies die Wirkung der Logos emotional?
Die neuen Logos von Audi und Toyota wecken fast dieselben Emotionen wie zuvor. Opel hingegen macht auf Emotionsebene einen deutlich grösseren Wandel durch. Das neue Logo verliert an Power und wirkt dagegen signifikant mehr sophisticated. Möglicherweise wirkt der Logo-Blitz ohne Metall-Optik eher elegant als kraftvoll auf das Kundenhirn.
Ebenfalls grosse Veränderungen zeigen sich bei VW und BMW. Bei VW weicht die intensiv blaue Plakette einem abstrakt wirkenden, dunklen Symbol. Im Kundenhirn werden daher auch wesentlich andere Emotionen aktiv: Das neue Logo wirkt weniger bodenständig, dafür etwas aufregender und sportlicher. Den grössten Emotions-Shift hat BMW zu verantworten: Das bisher sehr selbstbewusst und kompakt wirkende BMW-Signet wird leichter, verspielter.
Sehr bemerkenswert ist die Logo-Weiterentwicklung von Renault. Der französische Hersteller hat mit seinem neuen Logo wohl am meisten überrascht. Doch obschon das geometrische Gebilde kaum wiederzukennen ist: Im Kundenhirn löst es weiterhin die bekannten Renault-Emotionen aus.
3. Wie gut eignen sich die neuen Digital-Logos für den E-Auto-Markt?
Die neuen Logos wirken auf Websites und Apps besser, doch treffen sie auch das Wunschgefühl der Kunden in Bezug auf Elektro-Autos? Um dies zu ergründen, wurde der unterbewusste Kundenwunsch zu Elektro-Autos analysiert und mit den Emotionen der neuen Logos verglichen. Dadurch werden emotionale Unterschiede zwischen IST und SOLL aufgedeckt.
Das Ergebnis überrascht: Die neuen Logos der Auto-Hersteller sind weit vom untersuchten Gold Standard entfernt. Das heisst, sie wecken deutlich andere Emotionen als die E-Auto-Wunschvorstellung der Kunden. Digital ist also nicht gleich Elektro. Diese Begriffe mögen auf den ersten Blick nahe beieinander stehen, da beide aktuelle, stark Technologie getriebene Megatrends verkörpern. Auf Emotions-Ebene unterscheiden sie sich jedoch deutlich. Für das perfekte E-Auto-Gefühl braucht es daher mehr als nur einen digital angehauchten Look.
Die neuen Logos bringen den Herstellern folglich also keinen Vorteil bei der Bewerbung und dem Verkauf von E-Autos.
Exkurs: Das Wunsch-E-Auto unter der Lupe
Auch Tesla ist nicht der E-Traum der Allgemeinheit
In den Medien wird Tesla als Inbegriff des perfekten E-Autos gehandelt. Doch ein Blick ins Kundenhirn verrät: Auch Tesla ist noch weit weg vom E-Auto-Wunschgefühl. Dank Timing, Design und charismatischer Leader-Figur haben sie den Nerv einer starken Zielgruppe getroffen, den E-Auto-Wunsch der Allgemeinheit aber noch nicht: Während Tesla mit seinem innovativen, power-geladenen Auftreten heraussticht und bei einigen punktet, wünscht sich «Otto Normalverbraucher» einen verlässlichen und praktischen Alltags-Begleiter.
Medien-Hypes widerspiegeln nicht zwingend, was der Durchschnittskunde wirklich will. Deshalb kann es gefährlich sein, sich übermässig an prominenten Konkurrenten zu orientieren. Mit Benchmarking trifft man die Wunsch-Emotionen bestenfalls so gut wie die Konkurrenz. Wer dagegen sich konsequent am Wunsch-Bauchgefühl der Kunden orientiert, kann der Konkurrenz davon fahren.
Ideen und Zukunfts-Inspirationen, die dem Wunsch-E-Auto nahe kommen könnten
Das perfekte E-Auto soll basierend auf den in der Studie eruierten Wunsch-Emotionen für den Grossteil der Bevölkerung also ein verlässlicher und praktischer Alltags-Begleiter sein. Aufgrund dieser Erkenntnis: In welche Richtung müssten Autohersteller denken? Und wie können neue Technologien dieses Wunsch-E-Auto mit den richtigen Emotionen beleben? Erste Ideen zur Inspiration:
Fazit dieser EmoCompass®-Studie Fokus
1. Trotz neuem Erscheinungsbild wecken die Autologos starke Emotionen beim Betrachter. Ein starkes Emotionsvolumen zahlt sich über unterschiedliche Kontexte aus – es lohnt sich also, darin zu investieren.
2. Die neuen Logos lösen zum Teil völlig andere Emotionen aus als ihre Vorgänger – auch wenn die optischen Veränderungen unterschiedlich gross sind. Solche Emotions-Shifts sind dann heikel, wenn die neuen Logos stark von den generell verankerten Markenemotionen weg driften. Es lohnt sich also zu wissen, welche Emotionen die Kunden mit der Gesamtmarke verbinden, und mit dem Logo-Update darauf hinzusteuern.
3. Die neuen Logos helfen den Herstellern nicht, dem E-Auto-Goldstandard näher zu kommen. Aber auch der Medien-Liebling Tesla ist dem E-Auto-Wunsch der Allgemeinheit noch fern. Hier ist also Vorsicht vor Benchmarking geboten. Man sollte sich nicht an populären Konkurrenten sondern konsequent am Kundenwunsch orientieren.
Detailresultate, Interpretationen, weitergehende Informationen zur Studie und erste Lösungsansätze erhalten Sie im Rahmen eines Workshops.
Die Resultate basieren auf einer qualitativen EmoCompass®-Befragung vom Frühsommer 2021, durchgeführt von der auf Neuromarketing spezialisierten Unternehmensberatung ZUTT & PARTNER in Wolfhausen im Zürcher Oberland. Analysiert wurden die ermittelten Gemütsbewegungen von 151 (=theoretische Sättigung erreicht) in der Deutsch-Schweiz lebenden Personen. Die Befragung erfolgte in online geführten Einzelinterviews – komplett nonverbal über neuropsychologisch codierte Muster. Die Arbeit mit abstrakten Farben und Formen ermöglicht das Erschliessen der Emotionen auf tiefem individuellem Assoziationslevel und fast unter Ausschluss von Kognition (rationalem Denken) und von reinen Likes und Dislikes. Es werden für die Methodologie die Erkenntnisse aus der Neurologie wie Synästhesie, patchworkartiges Arbeiten des Hirns sowie Fuzzy Logic genutzt.