Jobangebote in der Werbung sinken um 35 Prozent im Corona-Jahr 2020
Um rund ein Drittel gingen die Jobofferten in der Werbebranche 2020 zurück, wie die Stellenangebotsanalyse des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft ZAW zeigt. Eine leichte Erholung am Ende des Jahres 2020 wurde durch den erneuten Lockdown ab Dezember ausgebremst. Die ZAW-Daten spiegeln die Unsicherheit in der Branche und in der Wirtschaft insgesamt wider. Eine klare Strategie der Politik in der Pandemiebekämpfung ist für die Wirtschaft nicht erkennbar, ungewiss bleibt, wann ganze Wirtschaftsbereiche auf der Auftraggeberseite wie auch im Hinblick auf die Werbekanäle wieder hochgefahren werden können. Die Werbebudgetplanungen von Branchen wie Tourismus, Gastronomie oder Teilen des Handels liegen auf Eis, viele Unternehmen sind in ihrer Existenz bedroht. Veranstaltungen, Messen und Kinos bleiben geschlossen bzw. finden im besten Fall hybrid statt. Gleichzeitig nehmen Pläne für Werberestriktionen, vor allem auf europäischer Ebene Gestalt an. Sie würden die Marktkommunikation von Branchen, die derzeit in der Rezession stecken, und den benötigten Aufschwung der Werbewirtschaft ausbremsen.
Die Liste der pandemiebedingten Belastungen ist lang und führt zu Werbestopps oder ausgesetzten Werbeinvestitionen ganzer Branchen. Damit steht der Werbearbeitsmarkt unter Druck. Das Verschieben oder Unterbrechen der Mitarbeitersuche ist, wie die Trendanalyse des ZAW zeigt, mit einem Minus von 35 Prozent für 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stark ausgeprägt – eine minimal bessere Bilanz als zum Halbjahr 2020 mit -38 Prozent. Die Unsicherheit, wie lange der Lockdown anhalten wird, macht der Wirtschaft und den Verbrauchern auch 2021 weiter zu schaffen, der Konsumklimaindex der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sieht für Februar einen Wert von minus 15,6 Punkten voraus. Das sind noch einmal 8,1 Punkte weniger als für Januar 2021.
Arbeitslosenzahlen steigen deutlich
Parallel zur ZAW-Auswertung der Stellenangebote verstärken die Arbeitslosendaten der Bundesagentur für Arbeit das Bild eines schwierigen Jahres für den Arbeitsmarkt der Branche. Im Bereich Marketing und Werbung zeigen sie für Dezember mit +38 Prozent auf 30.994 Arbeitslose weiter einen hohen Wert im Vergleich zum Vorjahresmonat mit 22.508. Allein von Juni bis November stiegen die Arbeitslosendaten durchgängig um +40 bis +42 Prozent. Seit Einführung der Klassifikation ‚Werbung und Marketing‘ 2010 und erstmaliger Ausweisung 2011 hat es solch hohe Arbeitslosendaten in der Branche nicht gegeben. Auch in der Finanzmarktkrise 2008/2009 waren die Zahlen der Werbebranche nicht so hoch. Die Daten liegen über dem allgemeinen Arbeitslosendurchschnitt von rund 28 (Juni) bis 22 Prozent Zuwachs im Dezember.
Die Auswertung der ZAW-Trendbefragung im September 2020 zur Kurzarbeit unter den Mitgliedern signalisierte, dass es zwar keine Neueinstellungen gab, aber mittels Kurzarbeit viele Jobs gehalten werden konnten: bei 61 Prozent der Mitglieder hatte Kurzarbeit für die Beschäftigten stattgefunden.
2021 bleibt auch aufgrund der geplanten Eingriffe in die Marktkommunikation schwierig
„Die negativen Arbeitsmarktdaten der Werbewirtschaft in 2020 sind sicherlich keine Überraschung und im Zusammenhang mit den Aufs und Abs der gesamtkonjunkturellen Entwicklung vor allem in den Lockdown-Monaten einzuordnen. Werbebudgets und Beschäftigungssituation können sich 2021 rasch steigern bzw. erholen, die Monate ohne Lockdown und hier vor allem der Sommer 2020 haben die raschen und flexiblen Reaktionen der Werbebranche gezeigt. Genauere Prognosen zum Werbemarkt sind angesichts der Ungewissheit in der Wirtschaft jedoch kaum möglich. Die teilweise inkohärente Herangehensweise und Kommunikation von Bund und Ländern trägt wesentlich zur Unsicherheit bei“, kommentiert ZAW-Präsident Andreas F. Schubert.
Neben den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung sieht die Werbewirtschaft die Liste unverändert diskutierter Einschränkungen der Marktkommunikation mit großer Sorge. Sie reicht von A wie Alkohol bis V wie Verbrauchersammelklagen. Ursachenausblendungen, fälschlicherweise unterstellte Werbewirkungen und ein mangelndes Problembewusstsein hinsichtlich der Folgen von Eingriffen in der Politik bilden einen für die Marktkommunikation gefährlichen Mix. In anderen Bereichen, namentlich bei der Digitalpolitik, beobachtet der ZAW eine Lähmung der großen Koalition, die dazu führt, dass für die Finanzierung von digitalen Angeboten überlebenswichtige Rahmenbedingungen nicht proaktiv eingefordert werden. „Der Beitrag Deutschlands für eine ausbalancierte E-Privacy-Verordnung war sehr, sehr schmal. Wir hoffen wenigstens darauf, dass sich die Bundesregierung bei der überragend wichtigen Debatte um eine effektive europäische Wettbewerbsordnung für Digitalmärkte deutlich einsetzt. Der Digital Markets Act muss gerade für digitale Werbemärkte funktionieren. Eine wirtschaftliche Erholung nach Corona kann unserer Branche nur gelingen, wenn das Belastungsmoratorium keine Worthülse ist und kluge und engagierte Regulierung den Zugang zu und gleiche Wettbewerbschancen auf den digitalen Werbemärkten sichert“, fasst der ZAW-Präsident Andreas F. Schubert die Erwartungshaltung des ZAW zusammen.
ZAW-Trendanalyse im Detail
Nur der Monat Dezember wies 2020 ein positives Stellenergebnis mit +24 Prozent als Folge einer seit Sommer leicht verbesserten Konjunkturlage und des anziehenden Weihnachtsgeschäfts aus, ehe der erneute Lockdown den kleinen Stellenaufschwung absehbar wieder abwürgte.
Bis auf Content-Experten (-2 Prozent), Fachleute für Marketing und Werbung (-4 Prozent) und Back Office (-8 Prozent) sind alle Werbeberufe zweistellig in den roten Zahlen. Der Nachfragerückgang trifft klassische Agentur- und Medienberufe wie Art-Direktoren (-56 Prozent) und Grafiker (-53 Prozent) bzw. Mediaexperten (-36 Prozent) ebenso wie die digitalen Berufe (IT-Experten: -34 Prozent). Insgesamt wurden 2020 laut ZAW-Trendanalyse 5.047 Stellen zu 7.798 Jobangeboten in 2019 geschaltet, ein Rückgang von 35 Prozent. Der Anteil der Agenturen an den Stellenofferten der Werbung sank um acht Prozentpunkte auf 49 Prozent, der Anteil der Medien ging um zwei Prozentpunkte auf 11 Prozent zurück, dagegen stieg der Anteil der werbenden Unternehmen um neun Prozentpunkte auf 40.
Ralf Nöcker, GWA-Geschäftsführer, zur Situation in den Agenturen:
„Das Bild in den Agenturen fällt momentan sehr heterogen aus. Weniger als die Hälfte der GWA-Mitglieder hat das Personal reduziert oder plant dies. Die übrigen haben die Mannschaft gehalten oder sogar aufgestockt, teils wird händeringend nach Talenten gesucht. Der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern bleibt auch in der aktuellen Krise und erst recht darüber hinaus ein ernstes Thema für die Agenturbranche.“
GWW-Präsident Frank Dangmann zur Lage der Werbeartikel-Wirtschaft: „Nach kontinuierlichem Wachstum seit der Finanzkrise konnte die deutsche Werbeartikelbranche 2019 einen Umsatzrekord von 3,65 Mrd. Euro verzeichnen. Die Corona-Krise hat die Werbeartikel-Wirtschaft mit voller Wucht getroffen: Pandemiebedingte Auflagen haben die konstant positive Entwicklung jäh ausgebremst. Kontaktbeschränkungen führten in 2020 dazu, dass gelernte Übergabemöglichkeiten für Werbeartikel – wie Messen, Tagungen, Events und Außendienstbesuche – erheblich reduziert wurden. Touchpoints für haptische Werbung entfielen, der Umsatz der Branche brach signifikant ein. Infolgedessen mussten die Unternehmen zur Existenzsicherung Kurzarbeit beantragen und Entlassungen vornehmen. Mit Flexibilität und Kreativität hat die Werbeartikel-Wirtschaft Schlimmeres verhindert, sie hat Widerstandskraft bewiesen, Geschäftsmodelle angepasst und mit Produkten zur Corona-Prävention, wie beispielsweise werblich gestalteten Mund- und Nasenmasken, die Verluste minimiert. Das Jahr 2021 hält nicht weniger Herausforderungen bereit, aktuelle Prognosen zeigen, je nach Dauer des Lockdowns, einen Rückgang der Jahresumsätze von 30 – 40 Prozent. Solche Einbrüche katapultieren auch Unternehmen mit vorher guter Bonität in die Insolvenz. Zusätzlich erschweren bürokratische Aufzeichnungspflichten der Finanzbehörden den Einsatz von Werbeartikeln. Die Politik ist jetzt gefragt, um die steuerliche Diskriminierung des Werbeartikels zu beenden.“
Der FDW Werbung im Kino e.V. beschreibt die Situation für die Kinos wie folgt: „Die Gesamtbesucherzahlen im Kino lagen in 2020 Corona-Pandemie bedingt weit unter denen des Vorjahres. Nach Wiedereröffnung der Kinos im Anschluss an den ersten Lockdown stieg der Kinobesuch allerdings wieder sehr stark an, obwohl das Filmangebot dünner als erwartet war. Bisweilen waren die Kinovorstellungen gemessen an der Sitzplatzkapazität sogar ausverkauft. Die OpenAir-Veranstaltungen waren durchweg gut besucht. Die Autokinos erlebten mit 120 Standorten eine regelrechte Renaissance.“
Martin Wolff, Vorsitzender der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V. – Sektion Werbung: „Die Bundesregierung hat mit der Kurzarbeit-Regelung einen wichtigen Beitrag geleistet, dass unsere gewachsenen Produktionsstrukturen nicht durch die Pandemie nachhaltig zerstört wurden. Die Sektion Werbung der Produzentenallianz unterstützt alle Ansätze, die der Kommunikationsbranche nun wichtige Wachstumsimpulse verleihen. Dazu gehören in jedem Fall weniger Regulierung und insbesondere ein Verzicht auf weitere Werbebeschränkungen.“