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Black Friday 2020 - wichtiger denn je für den Einzelhandel?

Welche Einzelhändler haben das vergangene Halbjahr richtig genutzt? Prognose für das Jahresendgeschäft und wer sich behaupten wird.
Black Friday 2020 - wichtiger denn je für den Einzelhandel? © Pixabay / ElisaRiva
 

Experten-Kommentar von Bob Rajan, Managing Director und Co-Head bei Alvarez & Marsal Deutschland 

 

Bis vor einigen Jahren war der Black Friday noch ein Verkaufsschlager aus den USA. Mittlerweile ist er auch in Deutschland angekommen und läutet das wichtige frühe Weihnachtsgeschäft für den Handel ein.

Allerdings ist dieses Jahr alles anders – die meisten europäischen Länder befinden sich angesichts der zweiten COVID-19-Infektionswelle in mehr oder minder strengen Lock-Downs und Kunden können, oder wollen, nicht in ihren Lieblingsgeschäften in den Innenstädten oder in Einkaufszentren shoppen. In vielen Fällen ist das Geld für private Ausgaben eingeschränkt und die Lebenssituation hat sich verändert. Diese Faktoren, so unterschiedlich sie auch sind, werden den starken Push zum Online-Handel eher noch verstärken.

Black Friday-Kampagnen sind dieses Jahr früher als jemals zuvor gestartet und für manche Einzelhändler geht es um das blanke Überleben. Das heißt, dass Rabattaktionen weitaus großzügiger ausfallen sollten als in den Jahren zuvor. Der frühe Start dieses Verkaufs-Events ist sicherlich auch dadurch motiviert, dass Konsumenten jetzt frühzeitig ihre Weihnachtseinkäufe erledigen wollen, um Lieferengpässen und verzögerten Auslieferungen vorzubeugen. Jeder Händler sollte aber unbedingt eine abgesicherte Versorgungskette und ein entsprechendes Lieferantennetzwerk haben.

Welche Einzelhändler haben das vergangene Halbjahr richtig genutzt?

Die Einzelhändler, die die vergangenen sechs Monaten genutzt und vor allen Dingen in ihre Online-Präsenz investiert haben sowie auch in die entsprechende digitale Infrastruktur mit CRM Tools und Online-Marketingaktivitäten, werden Verkaufs-Events wie Black Friday und das zunehmende Online-Weihnachtsgeschäft positiv verbuchen können. Konsumenten sind angesichts der veränderten Lebenssituation auch in Deutschland immer digitaler geworden und der Besuch in einem Ladengeschäft wird häufig durch ein paar Klicks ersetzt. Der Einzelhandel muss vermehrt in App-Entwicklung und Interaktion investieren, damit Verbraucher von jedem Endgerät aus mobil bestellen können und somit in den Genuss von entsprechenden Bonusprogrammen und Verkaufsaktionen kommen. Eine anwenderfreundliche und leicht zu bedienende App kann für den Erfolg eines Online Channels entscheidender sein als je zuvor. Einzelhandelsunternehmen müssen ihre gesamte Organisationsstruktur entsprechend anpassen. Beim Übergang vom Offline- zum Online-Handel muss die komplette Logistik-Infrastruktur umgestellt werden. Lag früher der Schlüssel zum Erfolg in der Geschäftslage und im Shopping-Erlebnis vor Ort, so ist es jetzt der nahtlose Bestellvorgang und die zügige Lieferung.

Beispiel Kosmetik-Einzelhandel

Gerade im Bereich Beauty war das Beratungsgespräch im Laden immer ein wichtiger Verkaufsfaktor. Es wurde massiv in Displays, Schaufensterauslagen und Flagship Stores investiert und eine ganze Reihe von Partnerschaften direkt mit Kosmetikherstellern geschlossen. Diese Investitionen stehen jetzt allerdings in Frage, da der Kundenverkehr massiv abgenommen hat und Verbraucher derzeit einfach weniger Geld zur Verfügung haben. Der Handel leidet unter massivem Geldmangel. Normalerweise erzielten Investitionen in Ladenlokale eine sofortige Auswirkung auf den flächenbereinigten Umsatz von mindestens 10% bis 20%. Das ist Vergangenheit - eine Entwicklung, die anhalten wird. Einige Händler haben mittlerweile entsprechende Apps entwickelt, die aber das persönliche Gespräch nicht voll ersetzen können. 

Prognose für das Jahresendgeschäft und wer sich behaupten wird

Der Dezember ist immer der entscheidende Monat für den Einzelhandel. Angesichts der schwachen vorangegangenen acht Monate ist der Druck auf den Einzelhandel und das Jahresendgeschäft enorm gewachsen. Konsumenten mussten teilweise soziale Härten hinnehmen und haben weniger Geld für private Ausgaben. All dies wird sich auf Teile des Einzelhandels negativ auswirken.

Es ist mehr als wahrscheinlich, dass Verbraucher mit ihren Weihnachtseinkäufen früher in diesem Jahr beginnen werden, und die Einzelhändler konkurrieren mit möglicherweise mit ihren eigenen Black Friday-Aktionen und Weihnachtsverkaufsaktionen.

Gewinner sind hier neben dem Lebensmitteleinzelhandel und dem Einzelhandel für den täglichen Bedarf alle Händler, die ihr Online-Angebot entsprechend aufgestellt haben. Auch der Elektronik-Einzelhandel profitiert vom Home-Office-Trend, denn vor Corona war ein gut ausgerüstetes Home-Office eher die Ausnahme. Immer mehr Arbeitnehmer/innen verbringen ihre Zeit zu Hause und die richtige Ausrüstung ist eine Frage der Arbeitseffizienz und genießt einen völlig anderen Stellenwert. Das Thema Gesundheit ist ebenfalls ein Schlüsselthema. Drogeriemärkte, Apotheken, aber auch Fitnessgeräteanbieter, die eine entsprechende attraktive Online-Präsenz anbieten, sollten davon profitieren.