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Wie ein emotionalisierendes Verkaufsgespräch gelingt

Dazu gibt es einen passenden Fragetyp: die emotionalisierende Frage.
Anne M. Schüller | 27.01.2009
"Die wahren Abenteuer sind im Kopf. Und sind sie nicht in meinem Kopf, dann sind sie nirgendwo." Dieses Zitat des Aktionskünstlers André Heller kann man ruhig wörtlich nehmen. Denn wenn wir mehr darüber wissen und besser verstehen wollen, warum die Menschen kaufen – oder auch nicht – dann müssen wir in ihren Kopf schauen und ergründen, wie sie ‚ticken’. Und dazu gibt es einen passenden Fragetyp: die emotionalisierende Frage.

Moderne Verkaufsgespräche funktionieren nicht länger nach den mehr oder weniger plumpen Regeln, die vor fünf oder zehn Jahren noch gültig waren. Denn die Kunden haben sich – nicht zuletzt durch das Web 2.0 – drastisch verändert. Sie sind informierter, kritischer, anspruchsvoller und deutlich fordernder geworden. Sie haben die Macht im Markt übernommen. Dabei sind sie fast immer ein wenig unzufrieden – und ihre Kaufentscheidungen erscheinen mitunter geradezu paradox.

Da reicht es nicht mehr, nach altem Strickmuster Verkaufstechniken auswendig zu lernen und selbsternannten Gurus gestelzte Formulierungen nachzubeten. Vielmehr müssen wir verstehen, welche Vorgehensweisen wann und wie bei wem funktionieren. Dieses Wissen, das intuitiv veranlagte Verkäufer schon immer hatten, wird nun durch Gehirnforscher Schritt für Schritt sichtbar gemacht.

Deren simple Erkenntnis lautet: Der Mensch entscheidet sich emotional - und begründet diese Entscheidungen rational. Möglicherweise folgt er auch nur seinem jeweiligen Hormonspiegel. Denn wir entscheiden uns erst wirklich für oder gegen etwas, wenn wir ‚ein gutes Gefühl’ dabei haben. Die Art von Emotionen, die uns schließlich zu unserer Entscheidung bewegen, mögen je nach Menschentyp, Geschlecht und Alter unterschiedlich sein, doch ohne Emotionen kommt keine einzige Entscheidung zustande.

Der emotionale Verkäufer

Wer in anderen Emotionen auslösen will, muss selber Emotionen zeigen. Denn Kunden wollen wissen, was mit ‚Mensch Verkäufer’ los ist und welche Person sich hinter der Verkäuferrolle verbirgt. Worüber freut er sich? Was macht ihn skeptisch? Wo befürchtet er etwas? Wann ist er sich seiner Sache ganz sicher? Wer als Verkäufer emotional aus sich herausgeht und Emotionen anspricht, gibt dem Kunden die Möglichkeit, dies ebenfalls zu tun. Und nur, wer seine Kunden emotional ‚abholt‘ und damit deren Kauflust-Zentren aktiviert, der wird als Verkäufer erfolgreich sein.

Etwas von sich preiszugeben und sich damit interessant zu machen, ist ein Meilenstein, um interessant für andere Menschen zu werden. Brennt es in Ihnen, wenn Sie von Ihren Produkten sprechen? Wann zeigen Sie Ihre Begeisterung? Halbherzigkeit wird von Kunden mit Nichtkauf geahndet. Denn Ihre vermeintlichen oder offensichtlichen Zweifel schwappen sofort zum Kunden über.

Die sogenannten ‚Spiegelneuronen, von denen die Hirnforscher immer mehr entdecken, sind für dieses Phänomen verantwortlich. Das heißt, wir erleben, was andere fühlen, in einer inneren Simulation. Menschen übernehmen automatisch Gefühle voneinander, die Emotionen gleichen sich an. Und, welch gute Nachricht, die positiven Gefühle breiten sich dabei leichter aus! „Gute Laune ist ansteckend“, sagt wissend der Volksmund. Aber schlechte eben auch.

Dem Kunden ins Gehirn geschaut

Verkäufer sind sich oft so gefährlich sicher, genau zu wissen, was für ihre Kunden richtig ist. Doch wir können den Menschen nur vor die Stirn schauen. Was sich dahinter tut, lässt sich nur auf eine einzige Art und Weise erfahren: durch Fragen. Fragen heißt Anklopfen, und der Hausherr macht mentale Türen und Fenster auf und lässt uns ein wenig in seine Hirnwindungen schauen. Damit wir nun die emotionalen Bereiche seines Oberstübchens erreichen, müssen wir emotionalisierende Fragen stellen.

Emotionalisierende Fragen beschäftigen sich ganz gezielt mit der emotionalen Sichtweise des Kunden, mit seinem subjektiven Blickwickel und auch mit seinem Gefühlsleben. Sprechen Sie in dieser Phase den Kunden unbedingt mit Namen an. Das hört sich dann beispielsweise so an:

• Was ist Ihr größter Wunsch an uns, Frau xx?
• Was fasziniert Sie an … denn ganz besonders?
• Was halten Sie ganz persönlich davon, Herr xx?
• Aus welchen Gründen ist das so sehr wichtig für Sie, Frau xx?
• Wie wirkt das auf Sie, Herr xx?
• Was geht in Ihnen vor, Frau xx, wenn Sie das hören?
• Herr xx, wie wäre das für Sie, wenn …?
• Stellen Sie sich doch nur einmal vor, Frau xx, wenn …!

Solche Fragen können Sie in alle Phasen des Verkaufsgesprächs einstreuen. Achten Sie darauf, dass Männer und Frauen einen unterschiedlichen Zugang zu ihren Gefühlen haben. Je nach Situation können Sie einen weiblichen Kunden durchaus einmal fragen: „Wie fühlen Sie sich dabei, Frau xx?“ An männliche Kunden gestellt, hört sich das etwas abgewandelt wie folgt an: „Wie geht es Ihnen damit, Herr xx?“

Emotionalisierend fragen

Jeder Verkäufer kennt die so genannten W-Fragen, die einen Kunden öffnen sollen. Ich schlage Ihnen eine viel wirkungsvollere Frage vor, die auch die emotionalen Bereiche anspricht: Es ist die „Erzählen-Sie-mal …“-Frage. Sie ist klasse, denn im Plauderton deckt der Kunde am ehesten seine wahren Motive auf. Und wenn er mitten dabei ist, schieben Sie die Traum-Frage nach: „Und wie sähe das in Ihren kühnsten Träumen aus?“ Für die gesetzten Typen formulieren Sie das ein wenig dosierter so: „Und wovon träumen Sie?“

Prima funktionieren auch die so genannten hypothetischen Fragen. Sie erlauben Einblicke in Denkweisen und Hintergründe. Und sie klären Möglichkeiten ab. Dabei gibt es die

• Visionsfrage: „Wenn Sie die freie Wahl hätten, … zu tun, wie würden Sie sich dann entscheiden“?
• Wunderfrage: „Nur mal angenommen, wie durch ein Wunder wäre dieses Problem von Tisch, was wäre dann?“
• Dritter-Mann-Frage: „Angenommen, wir würden jetzt Ihren Chef / Ihren Kollegen vom Einkauf / Ihren Partner / einen Außenstehenden fragen, was er davon hält, was würde der wohl sagen?“
• Als-ob-Frage: „Nur mal angenommen, wir würden in Zukunft zusammenarbeiten. Was wäre dann ihr größter Wunsch an uns?“

Emotionalisierend hinhören

Durch gutes Hinhören werden weit mehr Geschäfte gemacht als durch selber reden. Beim emotionalisierenden Hinhören versuchen Sie, herauszuspüren, was den Kunden emotional bewegt, während er einen Sachverhalt schildert. Erzählt er Ihnen beispielsweise voller Wut, wie ihn sein bisheriger Lieferant schon zwei Mal bei einer eiligen Sendung hat hängen lassen, antworten Sie: „Es nervt Sie sehr, dass Ihr bisheriger Zulieferer …, nicht wahr?“ Oder noch treffender: „Das ist also jetzt schon zum zweiten Mal passiert! Und das hat Sie ganz schön aufgebracht! Stimmt’s?“

Weitere diesbezügliche Formulierungen könnten sich wie folgt anhören:

• Es ärgert Sie, dass …?
• Sie fühlen sich nicht richtig verstanden, wenn …?
• Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass …?
• Sie sind enttäuscht, weil …?
• Sie befürchten, dass …?

Keinesfalls darf ein angesprochenes Gefühl kritisiert, kommentiert oder bagatellisiert werden. Wenn der Kunde gar nichts sagt, darf nicht der Fehler gemacht werden, in einem zweiten Versuch ein anderes Gefühl anzubieten. Ferner sollten bei der Gelegenheit keine eigenen dazu passenden Geschichten präsentiert werden – das wirkt egozentrisch. Schließlich dürfen ungefragt keine Ratschläge erteilt werden, was nun weiter zu tun sei. Das klingt schulmeisterlich – und wer mag solche Leute schon?

Emotionalisierend quittieren

Emotionalisierende Hinhörer praktizieren das positive Quittieren. Das heißt: Jedes Mal, wenn der Kunde eine in ihrem Sinne positive Antwort gibt, belohnen sie ihn mit einer wertschätzenden Aktion. Sie besteht aus einem verbalen und einem nonverbalen Teil:

• „Ah!“ Und Lächeln.
• „Oh!“ Und Augenbrauen heben.
• „Eine tolle Idee!“ Und anerkennendes Kopfnicken (Nicktechnik).
• „Interessant!“ Und vorrücken oder vortreten (bis zur Distanz-Zone).
• „Stimmt genau!“ Und anerkennend die Mundwinkel heben.
• „Wie schön, dass Sie danach fragen!“ Und leuchtende Augen.

Menschen verstärken Verhalten, für das sie Anerkennung bekommen. Positiv quittierte Aussagen helfen außerdem, Unsicherheit in Sicherheit zu verwandeln. Und nur, wer sich sicher fühlt, kauft sicher.

Emotionalisierend argumentieren

Die Argumentationsphase ist kein Monolog, im Zuge dessen Sie den Kunden zutexten. Benutzen Sie Ihren Gesprächspartner nicht als Bühne für Ihre Sprachbegabung, sondern dialogisieren Sie emotionalisierend. Zeigen Sie ehrliches und wertfreies Interesse an der Meinung des Anderen, an seinen Motiven und an seinen Gefühlen. Das hört sich zum Beispiel so an:

• Habe ich etwas vergessen / übersehen?
• Nun würde mich Ihre Meinung (als Fachmann) interessieren.
• Welche weiteren Vorteile / Möglichkeiten / Nachteile sehen Sie?
• Übrigens, welcher der Punkte ist für Sie der wichtigste, Herr xx?
• Auf welchen Teilaspekt könnten Sie am wenigsten verzichten?
• Sie sind im Moment noch skeptisch, oder?
• Gibt es etwas, das Sie bei Ihren Lieferanten in keinem Fall akzeptieren?
• Was verstehen Sie genau unter vertrauensvoller Zusammenarbeit, Frau xx?

Über die eigenen Vorstellungen und ihre Werte-Welt sprechen Kunden fast immer sehr gerne, offen und weitschweifend. Denn damit können sie sich profilieren. Und Sie erhalten so im Laufe des Dialogs weiteres Futter zur Vorbereitung des Abschlusses. Schließlich: Indirekt prüfen Sie damit auch, ob der Kunde Ihnen noch zuhört oder ob er sich geistig schon längst verabschiedet hat.

Zwischendurch heißt es immer wieder: Zusammenfassen. („Wenn ich Sie richtig verstanden habe, und verbessern Sie mich, wenn etwas nicht stimmt, heißt das …!“) Formulieren Sie das, was Sie gehört haben, möglichst positiv. Man kann die Sichtweise des Anderen immer achten, auch ohne damit einverstanden zu sein. Wenn Sie wollen, dass der Andere Ihre Argumente würdigt, dann fangen Sie damit an, seine zu würdigen!

Das bedeutet auch, unausgesprochene Vorbehalte anzusprechen. Seien Sie proaktiv und thematisieren Sie mögliche Meinungsverschiedenheiten. Das hört sich, um auch an das Emotionale heranzukommen, in etwa so an: „Wenn Ihnen irgendetwas an meinem Angebot nicht behagt, bitte sagen Sie mir, was ist daran falsch?“

Fazit

Es ist Angst vor Peinlichkeit und Ablehnung, die uns daran hindert, emotionalisierende Fragen zu stellen. Überwinden Sie sich, machen Sie sich die emotionalisierenden Fragen zur Routine. Sie lernen eine Menge dabei und werden noch erfolgreicher. Denn wie heißt es so schön: Wer die Herzen gewinnt, hat mit den Köpfen leichtes Spiel. Und ich ergänze: Auch mit dem Portemonnaie seiner Kunden.


Die Autorin

Anne M. Schüller ist Management-Consultant und gilt als führende Expertin für Loyalitätsmarketing. Über 20 Jahre lang hat sie in leitenden Vertriebs- und Marketingpositionen verschiedener internationaler Dienstleistungsbranchen gearbeitet und dabei mehrere Auszeichnungen erhalten. Die Diplom-Betriebswirtin und achtfache Buchautorin zählt zu den besten Keynote-Rednern im deutschsprachigen Raum. Sie arbeitet auch als Business-Trainerin und lehrt an mehreren Hochschulen. Sie gehört zum Kreis der ‚Excellent-Speakers‘. Ihr Buch ‚Kundennähe in der Chefetage‘ wurde mit dem Wirtschaftsbuchpreis 2008 ausgezeichnet. Zu ihren Kunden zählt die Elite der deutschen, schweizerischen und österreichischen Wirtschaft.
Kontakt: www.anneschueller.de

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