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Web 2.0 Fluch oder Segen für die Personalgewinnung?

Personalakquise der bisherigen Art ist von linearer, einseitiger Kommunikation gekennzeichnet.
Andre Schneider | 25.11.2010
Bewerber mussten schlicht glauben, was Unternehmen in Stellenanzeigen präsentieren. Ob flache Hierarchien, teamorientiertes Arbeitsklima oder gute Perspektiven tatsächlich vorhanden sind, haben Bewerber bisher erst spät, oft erst nach einer Entscheidung feststellen können. Manchmal zu spät. Unternehmen besaßen die Informationshoheit.

Das Web 2.0 hat dies grundlegend verändert. Bewerber finden heute mit wenigen Mausklicks Mitarbeiter der Abteilung, für die sie sich gerade im Unternehmen bewerben. Ein paar E-Mails oder Anrufe genügen, um festzustellen, ob die Aussagen in der glänzenden Stellenanzeige wahr sind. Netzwerke wie XING, LinkedIn oder Facebook machen es möglich. Dort finden sich vielfach auch Informationen über Altersstruktur, Zugehörigkeit oder die Fluktuationsquote. Öffentlich abrufbar, von Unternehmen kaum noch steuerbar.

Führungskräfte oder Personalleiter sind es gewohnt, ihre Mitarbeiter zu bewerten. Zwischen- oder Abschlusszeugnisse sind eine einseitige Bewertung des Unternehmens über den Mitarbeiter.

Web 2.0 Dienste, wie Kununu, ändern auch dieses Paradigma. Unter www.kununu.de finden Sie seit drei Jahren die erste Arbeitgeberbewertungsplattform. Ähnliche Angebote heißen www.checkyouryob.de oder www.evaluba.de.

Heute bewerten – vielleicht auch schon Ihre Mitarbeiter – das Unternehmen, die Firmenkultur oder ihre direkte Führungskraft. Das Besondere daran: Diese Bewertung ist öffentlich, die ganze Welt liest mit. Das für viele Unternehmer und Führungskräfte erschreckende daran: Es ist nicht zu verhindern, die Bewertungen sind anonym.

Was, wenn Aussagen in der Stellenanzeige nicht zu den Bewertungen auf einer Arbeitgeberbewertungsplattform passen? Wohl dem, der gute Noten von seinen Mitarbeitern bekommen hat.

Über allem thront der sammelwütige Suchmaschinenkrake google, der alle Informationen zum Suchbegriff „die Firma bei der ich mich gerade bewerben will“ auf einen Klick verfügbar macht. Schneller als es manchem Personalleiter lieb ist.

Einer repräsentativen Nilsen Studie zur Folge, schenken über 70% der Verbraucher den Bewertungen anderer Käufer im Internet mehr Glauben, als den Aussagen des Anbieters selbst. Ein Trend ,der die Glaubwürdigkeit von Arbeitgeberbewertungen unterstützt.

Netzwerke, wie Twitter, StudiVZ, Facebook, wer-kenn-wen, XING oder LinkedIn ermöglichen im global vernetzten Dorf virale Effekte in Lichtgeschwindigkeit. Eine Frage gewinnt immer mehr an Bedeutung: Wer behält im Gezwitscher der Informationen über Ihr Unternehmen, die Kontrolle. Unternehmen jedenfalls nicht mehr ausschließlich.

Die Generation der sogenannten Digital Nativs stellt in sehr naher Zukunft den größten Teil Ihrer jungen Bewerber und Nachwuchsführungskräfte. Digital Natives sind mit der Kommunikation in digitalen Medien aufgewachsen und beziehen ihre Information überwiegend aus diesen Netzwerken. Die meisten, der heutigen Personalleiter und Unternehmer stammen dagegen noch aus der Generation der Baby Boomer. Sie tun sich schwer, diese neuen Paradigmen zu verstehen.

Stellenanzeigen in Printmedien gelten beispielsweise in den Augen der Digital Natives als langweilig und wenig aussagekräftig. Zusätzlich sind sie einfach zu langsam.

Als ob dieser Paradigmenwechsel nicht schon genügend Kopfschmerzen bereiten würde, sitzen viele Unternehmen auf einem Pulverfass, dessen Zeitzünder nicht mehr zu stoppen ist.

Mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks lässt sich jetzt schon berechnen, was ab 2015 passiert: Die erste Welle der Baby Boomer entschwindet ins Rentenalter und reißt eine gewaltige Lücke in den Arbeitsmarkt. Die zweite Welle folgt 2020. Da die Anzahl der Menschen und Paare im gebärfähigen Alter für die nächsten 50 Jahre bekannt ist steht fest: Es können gar nicht so viele Kinder geboren werden, das diese Lücken in den nächsten 50 Jahren geschlossen werden können.

Erste Vorläufer dieses Problems sind heute schon zu spüren. Im August 2010 titelten die Medien: „Mittelstand findet kaum noch geeignetes Personal. Die Sendung WDR aktuell berichtete, dass Unternehmen sogar schon Lehrlingen einen kostenfreien Dienstwagen zu Verfügung stellen.

Wohl denjenigen Unternehmern, die sich frühzeitig darauf einstellen.


Zum Autor:

Andre Schneider ist Business Coach und Umsatzexperte. Er berät Unternehmen zu Fragen des modernen Personalmarketings und arbeitet als Trainer für Akquise, Kommunikation und Führung.

www.schneider24.org
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