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Onlinewerbung und Offlineleben

Die Onlinerecherche hat sich zu einem festen Bestandteil des Kaufprozesses entwickelt. (Buchbeitrag)
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing
http://buchblog.marketing-boerse.de
http://www.marketing-boerse.de/Info/details/LeitfadenOM


Leicht erschöpft lässt sich Anna nach einem langen Arbeitstag am Freitag Abend auf ihr Sofa fallen. Sie greift zur Fernbedienung, um noch ein wenig durch das Programm zu zappen, als es ihr plötzlich durch den Kopf schießt: Sie braucht noch dringend ein paar Schuhe für die Geburtstagsparty ihrer Freundin morgen! Was tun? Am besten sofort auf die Suche machen, denkt sich Anna, und macht sich auf zu einem kleinen Einkaufsbummel. Sie zieht von Shop zu Shop, schaut sich schwarze Lack- und graue Lederpumps, rote High Heels und flache Ballerinas an und vergleicht Preise. Und siehe da, im vierten Laden ist das perfekte Paar Schuhe gefunden. Zufrieden klappt Anna ihren Laptop zu und beschließt, gleich morgen früh in die örtliche Filiale zu gehen, um die Schuhe zu kaufen.

Annas Beispiel verdeutlicht einige Aspekte, die typisch sind für den deutschen Konsumenten. So hat Deutschland europaweit die meisten Internetnutzer [1], aber bei den Onlineausgaben liegen sie weit hinter den britischen und skandinavischen Nutzern zurück [2]. Überspitzt formuliert: Die Deutschen sind Europameister im Onlinebummeln, schaffen es aber nur ins Mittelfeld in puncto Onlinekaufen.


Kaufberater Internet

Die Onlinerecherche hat sich zu einem festen Bestandteil des Kaufprozesses entwickelt.

Wie Anna nutzen 83 Prozent der deutschen Nutzer das Internet, um Produkte zu recherchieren, die sie dann im stationären Handel kaufen. Damit hat sich das Web zum wichtigsten Kaufberater entwickelt, noch vor allen Offlinequellen wie beispielsweise Ratschlägen von Freunden, den Gelben Seiten und Magazinen und Zeitungen [3]. Das beliebteste Recherche-Tool im Netz sind dabei mit über neunzig Prozent Suchmaschinen. Doch wonach wird gesucht? Ganz oben rangieren der Vergleich von Produkten oder Services und deren Preisen sowie die Suche nach Hersteller- und Produktinformationen [3]. Darüber hinaus nutzt die große Mehrheit der Internetnutzer klassische Suchmaschinen, um stationäre Geschäfte und Händler in ihrer Nähe zu suchen [4].

Was bedeutet das für Unternehmen? Wenn ein großer Teil aller Offlinekäufe bereits im Internet angebahnt wird, ist eine Präsenz im WWW entscheidend. Wer nicht im Web ist, kann dort vom Konsumenten auch nicht gefunden werden – er existiert für ihn in diesem Augenblick im Grunde gar nicht. Denken wir noch einmal an Anna: Sie „bummelte“ durch vier Shops und entschied sich am Ende für ein paar Schuhe, das sie am folgenden Tag ganz gezielt in einer Filiale in ihrer Nähe kaufte. Geschäfte und Marken ohne Onlineauftritt bezog Anna gar nicht erst in ihre Kaufüberlegungen mit ein. Wenn die Annas dieser Welt das Web auch nutzen, um nach lokalen Angeboten zu recherchieren, heißt das auch für Unternehmen ohne Umsatzbringer für ihre stationären Onlineshop, dass ein Internetauftritt ein Geschäfte ist. Dies trifft insbesondere auf erklärungsbedürftige und teure Waren zu, bei denen sich die Konsumenten vor einer Kaufentscheidung vorab besonders intensiv informieren – auch wenn diese dann letztlich in der Filiale fällt [5].

Einige Unternehmen haben das bereits realisiert und in entsprechende Internetauftritte investiert. So hat zum Beispiel Hornbach getreu dem Motto „Online kommunizieren, offline Umsätze machen“ seine Website zu einem umfangreichen Beratungsportal ausgebaut. Die Baumarktkette bietet hier Informationen zu ihren Produkten und zahlreiche Arbeitsanleitungen, Tipps und Tricks, Podcasts, Foren und jede Menge mehr rund um das Thema Heimwerken.


Der Kunde kommt auf vielen Wegen

Aber Konsumenten recherchieren nicht nur online, um dann offline zu kaufen. Die ecc-Studie „Wechselwirkungen im Multichannel-Vertrieb“ weist enge Korrela-tionen zwischen allen Hauptvertriebskanälen nach [6]: Konsumenten suchen den stationären Handel auf, um sich über Produkte zu informieren, bevor sie diese dann im Onlineshop bestellen. Sie stöbern in Katalogen, um die Produkte dann online zu ordern oder umgekehrt. Sie konsultieren den Printkatalog, um das Produkt dann anschließend in der örtlichen Filiale zu kaufen, genauso wie umgekehrt [6]. Fast die Hälfte der Konsumenten bleibt dabei trotz Kanalwechsel meist einem Anbieter treu und gibt zudem zwei- bis dreieinhalbmal so viel Geld aus wie klassische Konsumenten, die nur über einen Kanal einkaufen [5]. 46,5 Prozent der Befragten bejahten die Frage „Haben Sie sich aufgrund des Besuchs in einem Ladengeschäft dieses Anbieters dafür entschieden, bei diesem Anbieter im Internet zu bestellen?“

Während die Verbraucher bereits munter zwischen den einzelnen Kanälen hin und her springen, sind viele Unternehmen noch nicht optimal für diese Multichannel-Kunden gewappnet. Ein Blick hinter die Kulissen offenbart allzu häufig, dass die interne Verknüpfung der einzelnen Vertriebssysteme fehlt. Eine Profit-Center-Mentalität, bei der die einzelnen Abteilungen als Konkurrenz zueinander gesehen werden, ist Gift für ein Multichannel-Unternehmen. Vielmehr müssen alle Absatzkanäle miteinander verknüpft werden. Das heißt vor allem, dass eine übergreifende Datenbank über alle Kanäle hinweg geschaffen werden muss, um sowohl Kunden- als auch Produktdaten und Vertriebsprozesse zentral verwalten und pflegen zu können. Nur so ist eine integrierte Kommunikation über die verschiedenen Kanäle möglich und die Kunden können tatsächlich alle Services und Angebote eines Unternehmens reibungslos in den verschiedenen Kombinationen nutzen.

Ein Unternehmen, das dies bereits vorbildlich umsetzt, ist Globetrotter Ausrüstung. Der Outdoor-Händler hat es geschafft, seine Vertriebskanäle fast bruchlos miteinander zu vernetzen. Produkt online bestellen und in den Shop liefern lassen? Kein Problem. Hat der begeisterte Wanderer online einen Trekking-Rucksack entdeckt, kann er sich diesen in seine Filiale bestellen, um ihn dort noch einmal in Augenschein zu nehmen und auszuprobieren, ohne dass er sich damit bereits zum Kauf verpflichtet. Ebenfalls möglich: Gefällt oder passt ein im Onlineshop bestelltes Produkt nicht, kann man es im Globetrotter-Laden vor Ort umtauschen, wenn einem die Retourensendung zu umständlich ist. Umgekehrt können auch in den Filialen Onlinebestellungen aufgegeben werden. Ist beispielsweise die gerade ausgewählte Regenjacke nicht mehr in der Lieblingsfarbe oder passenden Größe vorrätig, kann sie gleich online geordert und dem Kunden auf Wunsch direkt nach Hause geliefert werden. Zudem hat Globetrotter mit einer Kanal-übergreifenden Kundenkarte ein Instrument geschaffen, mit dem es die Kaufaktivitäten, online oder offline, weitgehend nachvollziehen kann.


Offline säen und online ernten

Wenn Verbraucher sich heute ganz selbstverständlich in verschiedenen Kanälen bewegen, kommen Unternehmen oft nicht nur strukturell, sondern auch kommunikativ nicht mehr hinterher. Wie oft werden millionenschwere Offline-werbekampagnen gestartet, ohne deren Botschaften und Themen ins Internet zu verlängern? Typisches Beispiel: Die Einführung neuer Automodelle. Hier setzt das Gros der Branche nach wie vor in erster Linie auf breites Push-Marketing in den klassischen Medien, um Nachfrage zu generieren. Und was macht der interessierte Konsument? Er sucht im Internet nach dem neuen Modell. Ein Blick auf www.google.de/trends, eine Suchfunktion, die die Popularität bestimmter Suchanfragen darstellt, zeigt, dass beim Launch eines Fahrzeugs einer bekannten deutschen Automarke die Suchanfragen in die Höhe schossen. Parallel zu den wichtigsten Kommunikationsmaßnahmen, wie der Premiere des Modells auf dem Genfer Automobilsalon und dem Start der klassischen Werbekampagne, zeigte die Suchkurve starke Ausschläge.

Aber: Die Autofans bekamen auf ihre Suchanfrage keine Antwort. Anstatt sie durch eine Suchmaschinenkampagne im Netz abzuholen, um sie direkt auf die – meist teuer und aufwändig produzierte – Website zu leiten, fallen die potenziellen Kunden Kommunikationsloch. Oder anders ausgedrückt: Hier wird versäumt, online in ein zu ernten, was man offline gesät hat.


Kanalwechsel mit System: Kundenströme gezielt lenken

Unternehmen, die verstanden haben, ihre Offline- und Online-Kommunikations-maßnahmen bruchlos miteinander zu verzahnen und ihren Kunden verschiedene Kanäle anbieten, haben bereits viel erreicht. Um das volle Potenzial des Multichannel-Verkaufs auszuschöpfen, sollte man es jedoch nicht allein dem Kunden überlassen, über welchen Kanal er zum Unternehmen kommt. Wer es zusätzlich versteht, Kundenströme zielgerichtet von einem Absatzkanal in den anderen zu lenken, kann dadurch weitere Angebote und Leistungen kommunizieren und schafft zusätzliche Kaufanreize. Je häufiger sich der Konsument mit einem Produkt, einer Marke oder einem Händler beschäftigt, desto wahrscheinlicher kommt es zum Kauf.

So kann es für Unternehmen Sinn machen, Kunden aus der Onlinewelt in die reale Welt zu leiten, um Upselling-Gelegenheiten zu schaffen. Sind die Interessenten erst einmal in der Filiale, kann man ihnen mit fachkompetenter Beratung leichter weitere Artikel verkaufen als im Onlineshop, wo die Kunden auf sich allein gestellt sind. Anzeigen in lokalen Onlinediensten wie Google Maps, Yahoo! Lokale Suche oder meinestadt.de können eine Möglichkeit sein, Nutzer, die offensichtlich bereits nach örtlichen Angeboten suchen, in die Filiale zu lenken. Auch Internetnutzer, die noch nicht auf der Suche nach dem nächstgelegenen Shop sind, lassen sich Onlinecoupons aus der virtuellen in die reale Welt locken. beispielsweise über Auf der Website platziert, können diese eine zusätzliche Incentivierung, wie einen Rabatt beim nächsten Einkauf, ein Willkommensgeschenk oder eine Zusatzleistung beinhalten, die der Kunde erhält, wenn er mit dem ausgedruckten Gutschein in die Filiale kommt. Aber nicht nur für Schnäppchenjäger sind Coupons eine lohnende Angelegenheit. Neben der Steuerung der Kundenströme ist der Gutschein für die Händler auch ein Instrument zur Neukundengewinnung beziehungsweise Kunden-bindung und ein Hilfsmittel, um die Quote derjenigen Kunden zu messen, die zuvor online recherchiert haben. Zudem können Coupons auch von Unternehmen ohne Onlineshop eingesetzt werden: Produkte, die nur in der Filiale erhältlich sind, können somit auch über das Internet beworben werden und bescheren dem Händler vor Ort zusätzliche Besucher.

Umgekehrt kann es bei bestimmten Artikeln wie Replenishment-Goods, sprich Ersatzgütern, effizienter sein, die Kunden in den Onlineshop zu schicken – in diesem Fall kennt der Konsument das Produkt schließlich bereits und benötigt keine persönliche Beratung mehr, sondern lediglich eine komfortable Möglichkeit, das gewünschte Produkt schnell und unkompliziert nachzukaufen. Auch hier können mit Coupons die Kundenströme gelenkt werden: Sie können in der Filiale verteilt werden und vom Kunden im Onlineshop eingelöst werden. Obendrein bieten solche Gutscheine einen Anreiz für Konsumenten, die bislang noch keine Onlinekäufer waren, sich mit dem Medium Internet vertrauter zu machen. So könnte auch Anna dazu motiviert werden, sich ihr nächstes Paar Schuhe direkt vom Sofa aus zu bestellen, anstatt nach der Recherche im Internet die nächstgelegene Filiale aufzusuchen.


Online- und Offlinekanäle miteinander verknüpfen

Website
Ihre Seite ist bestückt mit aufwändigen Flash-Animationen und Videos mit langen Ladezeiten, dafür fehlen aber konkrete Produktinformationen? Denken Sie um! Bieten Sie dem Nutzer das, wonach er sucht. Bauen Sie Ihre Website zu einem Beratungs- und Informationsportal um – das lohnt sich, auch wenn Sie keinen Onlineshop haben.

Vertriebskanäle
Verknüpfen Sie Ihre Vertriebskanäle miteinander. Schaffen Sie übergreifende Datenbanken und verwalten Sie Ihre Kunden- und Produktdaten sowie die Vertriebsprozesse zentral. Und: Weg mit der Profit-Center-Mentalität!
Reißen Sie auch für Ihre Kunden die Barrieren zwischen den Kanälen nieder. Ermöglichen Sie Kunden, Produkte online zu bestellen und in der Filiale abzuholen oder in der Filiale Onlinebestellungen aufzugeben. Schaffen Sie darüber hinaus aktiv Anlässe für Ihre Kunden, die Vertriebskanäle zu wechseln – beispielsweise durch Coupons und Gutscheine, Anzeigen in lokalen Online-diensten oder kanalspezifische (Produkt-) Angebote.

Werbeaktivitäten
Verlängern Sie im Sinne einer integrierten Kommunikation Ihre Offline-Marketingaktivitäten ins Internet und begleiten Sie klassische Werbekampagnen durch darauf abgestimmte Suchmaschinenmarketingkampagnen.


Literatur

[1] eMarketer: The State of European Online Commerce, Januar 2007.
[2] UK for the European Interactive Advertising Association (EIAA): Synovate and SPA Market Research. - In: eMarketer, Europeans buy more online, Januar 2007.
[3] Google, JupiterResearch: Search and Offline Purchase. Attitudes, Behaviors & Perceptions. - Januar 2007.
[4] eProfessional, Fittkau & Maaß: Suchmaschinen-Marketing. - Juni 2006.
[5] Google, Forrester Consulting: Die wirtschaftliche Bedeutung des eCommerce. - April 2006.
[6] Sebastian van Baal: E-Commerce-Center Handel: Wechselwirkungen im Multi-Channel-Vertrieb. - 2006.
[7] www.google.de/trends: Suchfunktion, die die Popularität bestimmter Suchanfragen darstellt.