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Marktentwicklung im Online-Marketing

Das Wachstum im Online-Marketing-Markt scheint unendlich zu sein. (Buchbeitrag)
Harald R. Fortmann | 07.12.2007
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing
http://buchblog.marketing-boerse.de
http://www.marketing-boerse.de/Info/details/LeitfadenOM


Der Online-Marketing-Markt überschlägt sich in den letzten Quartalen immer wieder mit neuen Zahlen und das Wachstum scheint unendlich zu sein. Gerade erst veröffentlichte Forrester eine EU-Studie, nach der sich das Online-Marketing-Volumen in Europa in den nächsten fünf Jahren verfünffachen wird. Der Online-werbung gehört die Zukunft - zumindest in diesem Punkt sind sich alle Beteiligten einig. Uneinigkeit hingegen herrscht bei den Statistiken und Prognosen hinsichtlich der Höhe der Werbeausgaben.

Gleich vier namhafte Institutionen präsentieren in regelmäßigen Abständen neue Marktzahlen und Prognosen für die Zukunft der Digitalen Wirtschaft und stiften damit bisweilen unnötige Verwirrung bei der werbetreibenden Industrie.

Maßgeblich verantwortlich für die Diskrepanzen der einzelnen Datenerhebungen sind die angewandten Methodiken. Es lohnt sich, hier etwas genauer hinzusehen, wenngleich die Grundaussage, dass der Online-Werbemarkt überproportional wächst, davon unberührt bleibt.

In seiner Prognose zu Beginn des Jahres ging der Online-Vermarkterkreis (OVK) im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V., per definitionem „zentrales Gremium der führenden deutschen Online-Vermarkter“, von einem weiteren Zuwachs in Höhe von 33 Prozent oder 624 Millionen Euro für 2007 gegenüber 2006 aus. Hierbei unterteilen sich die Zahlen in 1,175 Milliarden Euro für die klassische Onlinewerbung (Banner, gesponserte Webseiten und kurze Filme), 1,148 Milliarden Euro für die Suchwortvermarktung und 210 Millionen Euro für das Affiliate-Marketing. Erfahrungsgemäß sind die Prognosen des BVDW stets konservativ ausgefallen und wurden im Laufe des Jahres immer nach oben revidiert, wovon auch dieses Jahr auszugehen ist. Das zeigen auch die Zahlen von Nielsen Media, auf deren Grundlage die OVK-Werbestatistik erstellt wird. Demnach lagen die Ausgaben im Bereich der klassischen Onlinewerbung im ersten Halbjahr bereits bei rund 600 Millionen Euro, Erwartungen im Markt liegen aufgrund dieser starken ersten sechs Monate bei 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro für das gesamte Jahr 2007. Die gesamten Werbeausgaben (inklusive Suchwortvermarktung und Affiliate-Marketing) dürften demzufolge in die Nähe der Drei-Milliarden-Euro-Schwelle rücken.

Zu deutlich anderen Zahlen kommt der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM), der die klassische Onlinewerbung auf 480 Millionen Euro im Jahr 2006 (gegenüber 904 Millionen Euro beim BVDW) taxiert. Der Bereich Suchwortvermarktung, der gemäß BVDW auf ähnlichem Niveau wie die klassische Onlinewerbung liegt, wird vom BITKOM nicht erfasst, gleiches gilt für das Affiliate-Marketing, das in dieser Statistik ebenfalls unberücksichtigt bleibt. Es bleibt so letztlich nur ein Ausschnitt der getätigten Werbeumsätze im Onlinebereich. Das gilt bei genauer Betrachtung auch für den Bereich der sogenannten Display-Ads, was auf die Methodik zurückzuführen ist.

Der BITKOM nutzt Thomson Media Control zur Evaluierung der Daten, und damit ein Crawler Verfahren, bei dem die auf den ausgewählten Websites eingeblendete Werbung erfasst wird. Mit dieser Methode lassen sich jedoch wichtige Bereiche des Online Marketing gar nicht oder nur unzureichend erfassen, beispielsweise soge-nannte Targeting Kampagnen, bei denen gegen erhöhten Tausenderkontaktpreis (TKP) die Werbemittel nach demographischen, territorialen oder auch nutzungs-verhaltensbezogenen (Behavioral Targeting) Aspekten ausgeliefert werden. Das gleiche gilt für das „Frequency-Capping“ (Begrenzung der Werbemittelkontakte pro User), Rotationen (Ungenauigkeiten hinsichtlich der Vollständigkeit der Rotationskampagnen), Werbung in passwortgeschützten Bereichen (gerade bei den Premium Content-Anbietern interessant), Sponsoring (zum Beispiel feste Integration von Logos im Hintergrund) und sonstige feste Integrationen, wie etwa Sub-Channels.

Auch ohne Datenübergabe festgestellte Daten bedingen Ungenauigkeiten. Hierunter zählen unter anderem die immer häufiger vorkommenden Hybridmodelle der großen Vermarkter, also die Mischung von TKP und CPC (Cost per Click) Modellen oder die Abrechnung nach CPx (Cost per Action). Weiterhin zählen hierzu Ungenauigkeiten bei den tatsächlich ausgelieferten AdImpressions.

Der BVDW stützt seine Zahlen auf eine Kooperation zwischen dem OVK, Nielsen Media, der AGOF (Arbeitsgemeinschaft Online Forschung), INFOnline sowie den führenden Anbietern und Vermarktern in den Bereichen klassische Onlinewerbung, Suchwortvermarktung und Affiliate-Marketing. Die Nielsen Zahlen deckten 2006 rund 75 Prozent des Online-Werbemarktes ab – 2007 wird eine noch höhere Deckung erwartet – und stellen damit die Basis für die Hochrechnung auf 100 Prozent.

Der BITKOM konterte im Frühjahr 2007, dass einer der Hauptgründe für die Diskrepanz die Brutto-Netto-Schere sei, also der Unterschied zwischen formell ausgewiesenen Preisen und tatsächlich ausgehandelten Konditionen. Das würde jedoch bedeuten, dass die Online-Vermarkter ausgerechnet in Zeiten großer Nachfrage hohe Rabatte gewähren würden, was einem gesunden kaufmännischem Verhalten widerspräche. Zwar verwies der BITKOM auf die Zahlen des Zentral-verbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), die auch Netto-Umsätze ausweisen. Für 2006 hat der ZAW 2,5 Prozent Markanteil der Onlinewerbung am gesamten Werbevolumen ermittelt, somit rund 500 Millionen Euro.

Für die Glaubwürdigkeit der BVDW-Zahlen als Maßeinheit für die Digitale Wirt-schaft spricht, dass hier verschiedene Marktteilnehmer an einem Strang ziehen und vor allem die großen Player ihre Zahlen melden.

Der Bereich der Suchwortvermarktung bleibt, solange Google seine Zahlen für Deutschland nicht bekannt geben muss, der Bereich mit den vermutlich höchsten Ungenauigkeiten – wobei hier ebenfalls von einer eher konservativen Vorgehensweise der Beteiligten ausgegangen werden darf. Wären die Umsatzzahlen zu hoch, hätte der Branchenprimus sicher widersprochen. Ähnlich verhält es sich im Bereich des Affiliate-Marketings, wo die dominierenden Unternehmen eine Meldung noch nicht unterstüzen.

Hier liegt die größte Herausforderung in der nächsten Zeit: Das bestehende Zahlenwerk weiter abzusichern und gleichzeitig auch verlässliche Aussagen über die Netto-Werbeumsätze in der gesamten Onlinewerbung zu treffen. Weitere Herausforderungen in Sachen belastbarer Marktzahlen stehen in diesem Zusammen-hang im Bereich Mobile Marketing und hinsichtlich der Umsätze aus den Bereichen der Rubriken- und Kleinanzeigen in den Onlinemedien an. Erste Schritte werden hier bereits unternommen.

Trotz aller angeführten Unwägbarkeiten lässt sich bei Betrachtung aller Zahlenspiele letztendlich doch ein gemeinsames Fazit ziehen: Der Online-Marketing-Markt wächst weiter überproportional und legt in seiner Bedeutung am gesamten Werbe-markt von Jahr zu Jahr deutlich zu. Zudem berücksichtigen die publizierten Zahlen auch nicht die Agenturhonorare, die gerade auch in diesem Medium nicht von der Hand zu weisen sind und so umso mehr die Bedeutung der Digitalen Wirtschaft als Wirtschaftsbranche am Standort Deutschland unterstreichen.


Literatur

[1] OVK Onlinevermarkterkreis im BVDW, AGOF Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung: Online-Report 2007/01. Zahlen und Trends im Überblick. - Seite 5, März 2007.
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Managing Partner bei der Personalberatung DEININGER, nahezu drei Dekaden in der Digitalen Wirtschaft unterwegs.