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Kundenrückgewinnung in sieben Schritten (Teil 7)

Come back!, das neue Buch der Loyalitätsexpertin Anne M. Schüller zeigt, wie Ex-Kunden Schritt für Schritt reaktiviert werden können.
Anne M. Schüller | 08.03.2007

In den zurückliegenden Beiträgen haben wir uns damit beschäftigt, weshalb Kunden ein Unternehmen verlassen und wen man überhaupt zurückgewinnen will. Nun geht es um das Wie der Kundenrückgewinnung.


Wie Sie Rückholangebote entwickeln

Grundsätzlich gibt es drei Arten von Comeback-Ködern, die eingesetzt werden können, um Kunden versöhnlich zu stimmen:

• emotionale (Entschuldigung, Erklärungen, verständnisvolle Gespräche, Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Akzeptanz, Anerkennung der Wichtigkeit des Falls bzw. des Kunden etc.)
• materielle (Behebung des Schadens, Wiedergutmachung etc.)
• finanzielle (Rückkehrprämien, Preisnachlässe, Gutschriften, Bonuspunkte etc.)

Diese können miteinander kombiniert werden. Denken Sie bei der Ausstattung des Rückgewinnungsangebots nicht nur an den Sofort-Erfolg sondern vor allem an eine dauerhafte Reloyalisierung. Bieten Sie also nicht nur ein Comeback-Bonbon für das Zurückkommen, sondern insbesondere auch dafür an, dass der Kunde auf Dauer bleibt. So könnte es für die zweite, fünfte oder zehnte Bestellung weitere kleine Belohnungen geben.

Testen Sie beispielsweise auch einmal, ob sich Kunden durch kleine Geschenke kurz vor Ablauf der Vertragslaufzeit moralisch von einer Kündigung abhalten lassen. Das Prinzip des Ausgleichs von Geben und Nehmen steckt zutiefst im Menschen drin. Wir fühlen uns gut, wenn wir ‚quitt’, also niemandem etwas schuldig sind.


Emotionale ‚Köder’ haben Vorfahrt

„Das am tiefsten verwurzelte Prinzip in der Natur des Menschen ist das Verlangen nach Anerkennung“, sagte schon 1884 der US-amerikanische Psychologe William James. Die moderne Gehirnforschung gibt ihm Recht. „Die Motivationssysteme schalten ab, wenn keine Chance auf soziale Zuwendung besteht und sie springen an, wenn das Gegenteil der Fall ist, wenn also Anerkennung und Liebe im Spiel sind“, so der Psychoneuroimmunologe Joachim Bauer. In den Händen derer, die uns diese geben, sind wir weich wie Wachs.

Akzeptanz und Anerkennung setzen Glückshormone frei, und davon wollen wir mehr. Soziale Isolation dagegen lässt, so der Hirnforscher Gerhard Roth, den Serotonin-Spiegel sinken und wir reagieren darauf mit Aggressivität. Manchmal reicht also schon ein gesteigertes Maß an Aufmerksamkeit, um Menschen (wieder) für sich zu gewinnen.

Überlegen Sie hierzu, welche emotionalen Türöffner beim jeweiligen Kunden hilfreich sind. Es ergeben sich die unterschiedlichsten Ansatzpunkte:

• Geben Sie dem abgewanderten oder abwanderungswilligen Kunden das Gefühl, etwas Besonderes zu sein.
• Sagen Sie ihm, wie wichtig Ihnen die weitere Zusammenarbeit ist.
• Erinnern Sie ihn an die lange und gute Zeit des Miteinanders.
• Erinnern Sie ihn an ein ganz besonders positives Ereignis.
• Erinnern Sie ihn an einen Fall, wo er Sie ganz besonders gebraucht hat und wie Sie sich da für ihn ins Zeug gelegt haben.
• Bieten Sie ihm Problemlösungen und vor allem gute Gefühle.


Materielle und finanzielle Anreize

Die Form der möglichen materiellen und finanziellen Rückgewinnungsangebote ist branchenspezifisch. Was es so alles gibt:

• Entschädigung für Verluste
• Kompensationsangebote
• Nachbesserungen
• (kostenlose) Zusatzleistungen
• verbesserte Konditionen
• schneller Umtausch
• kostenlose Reparatur
• Ersatzlieferung
• Gratislieferung
• Rückkehrprämien
• Willkommensgeschenke
• Preisnachlässe
• Comeback-Specials
• Sonderrabatte
• Gutschriften
• Bonuspunkte
• Zugaben
• Gutscheine

Reine Preisnachlässe sind nicht immer die attraktivste Komponente. Anstatt nur Geld zu verschenken, lassen sich Comeback-Köder auch so gestalten, dass sie schließlich der Kundenloyalisierung dienen. Je aggressiver Kunden über den Preis zurückgeholt werden, desto kürzer ist meist ihre zweite Loyalität.

„Bei der Kundenrückgewinnung muss es überhaupt nicht um einen Preisnachlass gehen. Sehr oft ist der Kunde gewillt, einen höheren Betrag für zukünftig bessere Leistungen zu zahlen, wenn man ihn vom hohen Nutzen der Sache überzeugen kann und eine echte Problemlösung bietet“, sagt Jeanette Rober, eine Meisterin der Kundenrückgewinnung im Anzeigenverkauf.

Das Rückgewinnungsangebot muss in jedem Fall fair sein – und zwar aus Sicht des Kunden. Standardisierte Rückhol-Offerten haben dabei weniger Aussicht auf Erfolg als individuell mit dem Kunden abgestimmte Vorschläge. Also: Schnitzen Sie nichts zusammen, was Sie für angemessen halten, so nach dem Motto: „Das sollte reichen!“, sondern fragen Sie den Kunden. Ihm muss es zusagen.


Das schnelle Timing

Egal, ob das Abwandern still und leise erfolgt oder mit einer lautstarken Kündigung verbunden ist: Auf Warnhinweise reagiert man am Besten sofort. Die Dortmunder Beratungsgesellschaft Materna hat beispielsweise herausgefunden, dass bei einer prompten Antwort auf eine Beschwerde die Abwanderungsquote der Kunden von 39 Prozent auf 15 Prozent sank.

Wer schnell handelt erhöht die Rückhol-Chancen. Diese Erfahrung haben alle Unternehmen gemacht, die bereits Reaktivierungsaktionen durchgeführt haben. Praktiker berichten über Rückgewinnungsquoten von mehr als 60 Prozent bei optimalem Timing.

Also: Jeder Tag zählt. Je eher die mit der Aktion betrauten Mitarbeiter die Unterlagen zur Verfügung haben, desto besser. Dann ist das Adressmaterial noch aktuell und die Erinnerungen sind frisch. Und nicht immer hat sich der Abtrünnige bereits für einen neuen Anbieter entschieden, wenn er den alten verlässt. Zwar ist eine Trennung meist mit einem emotionalen Aufgewühltsein verbunden: Wut, Trauer, Ärger, Enttäuschung, Rache – je nachdem. Dennoch hatte man sich früher ja auch einmal gut vertragen. Daran lässt sich anknüpfen. Eine Restloyalität und damit auch Gesprächsbereitschaft ist oft noch vorhanden. Und: Viele Menschen vergessen schnell und verzeihen gern.

Sind jedoch die emotionalen Verbindungslinien endgültig gekappt, wird das Zurückgewinnen schwieriger. Man hat sich nun einem neuen Partner zugewandt, hofft auf das Beste und rückt die positiven Seiten der neuen Beziehung in den Vordergrund. All das ist subjektiv eingefärbt – wird aber rational präsentiert. Wir schnitzen uns quasi eine Rechtfertigung für unsere ‚Tat’ zurecht und besänftigen unser schlechtes Gewissen. Über die kleinen Streiche, die unser Hirn uns dabei spielt, darüber ist im Buch eine Menge zu lesen.


Bibliografie:
Anne M. Schüller:
Come back! Wie Sie verlorene Kunden zurückgewinnen
Orell Füssli Verlag, Zürich 2007
223 Seiten, gebunden, CHF 44.00 / € 26.50
ISBN 978-3-280-05242-6

Hier bestellen: http://www.anneschueller.de/rw_e13v/main.asp?WebID=schueller3&PageID=122


Anne M. Schüller
ist Management-Consultant und gilt als führende Expertin für Loyalitätsmarketing. Über 20 Jahre hat sie in leitenden Vertriebs- und Marketingpositionen verschiedener Dienstleistungsbranchen gearbeitet und dabei mehrere Auszeichnungen erhalten. Die Diplom-Betriebswirtin und siebenfache Buchautorin lehrt an mehreren Hochschulen. Sie gehört zu den besten Wirtschafts-Speakern im deutschsprachigen Raum.
Kontakt: www.anneschueller.de