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Körpersprache: Was der Körper erzählt

Wenn verbale und nonverbale Kommunikation nicht kongruent sind, dann werden Kunden unsicher. Und wer unsicher ist, kauft nicht.
Anne M. Schüller | 17.11.2006

Haben Sie schon einmal fasziniert der Performance eines Gedankenlesers beigewohnt? Und sich kopfschüttelnd gefragt, welche Macht wohl hier am Werke sei? Gedankenlesen ist keine Zauberei sondern explizites Wissen um die feinen Nuancen der Körpersprache verbunden mit geschärften Sinnen, um diese wahrzunehmen und richtig zu interpretieren.

Ein guter Gedankenleser kann beispielsweise aus winzigen unbewussten Augenbewegungen einer Versuchsperson herauslesen, wo diese einen Gegenstand versteckt hat. Denn nahezu alles, was unser Gehirn denkt, wird von unserem Körper repräsentiert, wenn auch oft nur hauchzart und für Bruchteile von Sekunden.

Ein beiläufiger Blick oder eine knappe Geste sagen oft mehr als tausend Worte. Den Emotionen, die sich in Mimik und Gestik widerspiegeln, messen wir weit mehr Bedeutung zu, als dem gesprochenen Wort. Ständig übermittelt unser Körper Signale. Sie werden meist unbewusst ausgesandt und vom Gesprächspartner auch unbewusst aufgenommen. Die Körpersprache hat unglaubliche Macht – und wird meist gnadenlos unterschätzt.

Einen sehr beeindruckenden Test machte - zur Freude seiner Studenten - Professor Siegfried Vögele, der deutsche Direktmarketing-Papst, immer wieder gerne vor. Er hatte ein Wort kreiert, das es nicht gibt: epibrieren. So ging er beispielsweise in eine Gaststätte und fragte mit verkniffenem Gesicht und gestenreich: „Wo kann ich denn hier mal ganz schnell epibrieren?“ Fast immer ging der Wink in Richtung … .

Der Körper lügt nicht

Wir sind äußerst empfänglich für Hinweise, die uns die Gefühle unserer Mitmenschen verraten, die zeigen, wie sie gerade drauf sind. Im Zweifel vertrauen wir der Körpersprache. Der Körper lügt nicht, heißt es dazu im Volksmund. Die Körpersprache haben wir viel früher beherrscht als das gesprochene Wort. Die Körpersprache hat Signalwirkung (Autofahrergruß), sie unterstützt mit Gesten das gesprochene Wort (Wendeltreppe) und sie drückt Gefühle aus (strahlende Augen).

Mit dem heute viel besseren Wissen über das, was beim Denken im Gehirn passiert, verstehen wir nun auch, was Albert Mehrabian, ein anerkannter Kommunikationsexperte, schon vor vielen Jahren herausfand. Dass nämlich Meinungen wie folgt vermittelt werden:

• zu 7 Prozent mit Worten,
• zu 38 Prozent über Tonfall und Stimme
• zu 55 Prozent nonverbal, also durch Optik, Mimik und Gestik

Wenn zwei Menschen dasselbe sagen, ist es noch lange nicht das gleiche. Das bedeutet, dass wir sowohl auf eine Sprache achten müssen, die positive Assoziationen hervorruft, als auch auf die Tonalität unserer Stimme, die bezeichnenderweise für eine gute Stimmung sorgt. Gestik und Mimik tragen nicht nur zu einem besseren Verständnis bei, wie wir in fernen Ländern mit fremden Sprachen unschwer feststellen können, sie sind wohl auch maßgeblich für gute oder weniger gute Gefühle verantwortlich. Bei uns selbst – und bei Anderen.

Interessant: Dort, wo uns die deutende Kraft der Körpersprache fehlt, also im Internet und beim Simsen, haben wir Symbole, die so genannten Emoticons, erfunden, um unseren Gefühlen Ausdruck zu geben, sei es :-)) so oder ;-(( so.

Der Körper: Bühne unserer Emotionen

Rein wissenschaftlich betrachtet besteht jede Empfindung aus einer Summe neuronaler und chemischer Reaktionen. Diese hinterlassen mehr oder weniger feine Spuren im Körper, die nicht nur für dessen Besitzer spürbar werden, sondern die auch für den aufmerksamen und ein wenig geschulten Betrachter sichtbar sind.

Der amerikanische Neuropsychologe Antonio R. Damasio bezeichnet den Körper als Bühne unserer Emotionen. Er nennt die Veränderungen auf dieser Bühne ‚somatische Marker’, weil sie körperlich (=somatisch) markieren, was das Gehirn emotional verarbeitet. Positive somatische Marker sind beispielsweise das ruhige und tiefe Atmen, ein wohliges Kribbeln im Bauch, der sich weitende Brustraum, ein Lächeln, das übers Gesicht huscht.

Negative Marker sind unter anderem das hastige Atmen, das flaue Gefühl im Magen, der Kloß im Hals, die Genickstarre. Die positiven, also angenehmen Marker sagen uns: ‚Weiter so!’, die negativen, also unangenehmen Marker sind Signale für: ‚kämpfe!’ oder ‚fliehe!’. Es ist also gut, unseren Körper zu befragen, was er von einer Sache hält, und zu lernen, auf die feinen Stimmen (= Stimmungen) unseres Körpers zu hören.

Das innere Team

Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun spricht an dieser Stelle vom ‚inneren Team’. „Ein Miteinander und Gegeneinander finden wir nicht nur zwischen den Menschen“, sagt er in seinem Buch Miteinander reden, „sondern auch innerhalb des Menschen.“ So rät er, die inneren Stimmen, die sich jeweils zu Wort melden, zu identifizieren und ihnen Namen zu geben.

„Jetzt bloß keine Emotionen!’ könnte der ‚Rationalist’ in Ihnen beispielsweise sagen oder „Immer passiert so was mir!“ das Opferlamm oder „Lass Dich jetzt bloß nicht provozieren!“ der Coole. Meist hat einer dieser inneren Gesellen die Oberhand und fährt, sobald er etwa einen provokanten Satz hört oder eine abfällige Geste wahrnimmt, die er beim Tod nicht ausstehen kann, ganz spontan das ‚übliche’ Programm ab: einlenken, abwehren, sich rechtfertigen, mauern, beleidigt sein, erstarren, aufbrausen, toben – je nachdem.

Wenn wir nun all dies wissen, sind wir unseren Körperreaktionen nicht mehr schutzlos ausgeliefert, sondern können uns diese viel besser bewusst machen – und steuernd eingreifen. Sobald wir beispielsweise diese Trockenheit im Hals und das Zusammenziehen im Bauch spüren, wenn der Kunde nach dem Preis fragt, werden wir nun nicht mehr automatisch unser Rückzugsprogramm („Ich habe die Preise nicht gemacht, da fragen Sie mal besser unseren Marketing-Heini!“) oder aber einen Angriff („Ja was glauben Sie denn, wie teuer alles geworden ist!“) starten. Vielmehr werden wir nun bewusst und willentlich in den positiven Bereich wechseln können und gelassen die richtigen Worte finden.

Sich mit seiner eigenen Körpersprache auseinandersetzen

Das ist kein leichtes Unterfangen. Denn während wir angestrengt nach klaren Gedanken und guten Worten suchen, laufen Gestik und Mimik parallel, meist unbewusst und schwer kontrollierbar. Bei Menschen, die wir als authentisch erleben, sagen Sprache und Körpersprache das gleiche. Bei allen anderen neigen wir zur Vorsicht, unter Umständen sogar zu Argwohn („Ich habe so ein komisches Gefühl, hier stimmt was nicht.“). Wenn wir nicht sicher sind, vermeiden wir das Risiko einer falschen Entscheidung.

Ein fachlich hochkompetenter Außendienst-Mitarbeiter aus der Software-Branche, mit dem ich einmal unterwegs war, hatte seine mangelnden Verkaufserfolge einzig und allein seiner negativen Körpersprache zu ‚verdanken’. Weil er sich wohl fachlich überlegen fühlte, hatte er – ohne dies zu wissen – eine ganze Reihe von ‚wegwerfenden’ Handbewegungen im Repertoire: er fegte Argumente vom Tisch, warf sie über die Schulter oder schnippste sie mit den Fingern weg. Je mehr die Gesprächspartner auf ihre Sicht der Dinge pochten, umso schlimmer wurde das. Erschwerend kamen noch der belehrende Oberlehrer-Finger und das bedrohliche Mit-dem-Kuli-auf-sein-Gegenüber-zeigen hinzu. Und wenn der Kunde was sagte, kratzte er sich am Kopf, quasi so, als bekäme er von den Kundenargumenten Ausschlag. Fazit: Viele Kunden kauften nicht.

Dies zeigt, wie wichtig es für den Verkäufer ist, immer mal wieder innezuhalten, sich selbst zu beobachten und sich bewusst zu machen: ‚Wie wirkt meine Körpersprache gerade auf meinen Gesprächspartner?’ Um mehr über die Wirkung seine eigene Körpersprache zu erfahren, bietet sich das ehrliche und konstruktive Feedback wohlmeinender Zeitgenossen an - oder die Kamera. Unser Verkaufserfolg wächst garantiert, wenn wir stärker auf eine positive Körpersprache achten.

Manchmal werde ich gefragt, ob der bewusste Einsatz von Körpersprache denn nicht manipuliere. "Ja. Einen selber!" ist meine Antwort. Denn unser Organismus kontrolliert sich ständig selbst. Wie ein Scanner fährt unser Hirn den eigenen Körper ab und stellt beispielsweise fest: 'Oh, sie lächelt! Also wird es ihr gut gehen.' Und schon werden alle Körperfunktionen auf 'es geht mir gut' eingestellt. Und diese positive Einstellung springt schließlich auf den Kunden über. Gute Laune ist ansteckend! In guter Stimmung wird das kaufen und verkaufen leichter!

Sich mit der Körpersprache seiner Kunden auseinandersetzen

Wer erfolgreich verkaufen will, muss lernen, die Stimmung seines Gesprächspartners an seiner Körpersprache abzulesen. Dabei gilt: Die Menschen sind alle verschieden – auch was ihre Körpersprache betrifft. Einige Signale, wie das Lachen, sind auf der ganzen Welt gleich, andere hängen mit dem Kulturkreis zusammen.

Körpersprache kann immer nur in Zusammenhang mit der Situation interpretiert werden. Manche körpersprachlichen Angewohnheiten eines Individuums haben sich geradezu zu Eigenheiten entwickelt. Und natürlich lässt sich Körpersprache bewusst und gezielt einsetzen – auch von Seiten der Kunden. Da heißt es, seine nonverbale Wahrnehmungsfähigkeit zu schärfen!

Während eines Verkaufsgesprächs muss der Verkäufer ständig die Reaktionen seiner Gesprächspartner beobachten. Erkennt er beispielsweise eine negative Mimik, gibt es nur eins: Sofort zu reden aufhören, denn seine Argumente werden sein Gegenüber nicht erreichen. In angespanntem Zustand, an einem verhärteten Gesichtsausdruck sichtbar, kann man Informationen weit weniger gut aufnehmen als in lockerer Atmosphäre.

Sitzt unser Gesprächspartner quasi unbeweglich von Anfang bis Ende da, haben unsere Argumente ihn, im wahrsten Sinne des Wortes, nicht bewegt, also nichts bewegt. Bringen Sie Bewegung ins Spiel, verbal oder auch real. Aktivieren Sie den Kunden, gehen Sie von A nach B oder sorgen Sie für Entspannung: durch Humor, etwas zu Essen/Trinken - oder eine gute Frage.

Fazit

Bereits diese wenigen Überlegungen zeigen, wie wertvoll es ist, sich mit dem Thema Körpersprache intensiv auseinanderzusetzen. Dazu verweise ich auf die einschlägige Literatur. Die Körpersprache des Verkäufers wird seine wahre Gesinnung verraten. Sie wirkt immer dann aufgesetzt, wenn die Einstellung nicht stimmt. Wenn verbale und nonverbale Kommunikation nicht kongruent sind, dann werden Kunden unsicher. Und wer unsicher ist, kauft nicht.


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Über die Autorin:

Anne M. Schüller ist Marketing-Consultant und führende Expertin für Loyalitätsmarketing. Sie hat lange Jahre in leitenden Vertriebs- und Marketingpositionen verschiedener Dienstleistungsunternehmen gearbeitet. Als 6-fache Buchautorin hält sie hochkarätige Impulsvorträge zu den Themen Kundenloyalität, Empfehlungsmarketing und emotionales Verkaufen. Ferner steht sie interessierten Unternehmen für marketingorientiertes Management-Coaching sowie für firmeninterne Workshops und Seminare zur Verfügung. Sie lebt in München.

Kontakt: info@anneschueller.de oder www.anneschueller.de