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Grundlagen des Dialogmarketings

Das Dialogmarketing hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung mit beträchtlichen Zuwachsraten erlebt. (Buchbeitrag)
Heinrich Holland | 19.11.2008
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Dialog-Marketing

http://www.marketing-boerse.de/Info/details/LeitfadenDM

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3000239251/absolit/028-2842597-1070167/absolit


Das Dialogmarketing hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung mit beträchtlichen Zuwachsraten erlebt. Immer mehr Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen haben es in ihr Marketing-Instrumentarium aufgenommen.

Dem direkten Marketing wird von zahlreichen Unternehmen bereits eine größere Bedeutung zugemessen als dem „klassischen“. In der amerikanischen Literatur kursiert seit vielen Jahren der Ausspruch „In ten years all marketing will be directmarketing“.

Das Dialogmarketing wird sicherlich nicht das klassische Marketing verdrängen, es verfolgt andere Ziele. Aber es ergänzt im Rahmen des Integrierten Marketings das Instrumentarium und führt zu Umschichtungen in der Allokation der Budgets.

Von 1997 bis 2006 sind die Aufwendungen für das Dialogmarketing in Deutschland nach einer jährlichen Erhebung der Deutschen Post AG von 17,1 Milliarden Euro auf 32 Milliarden Euro gestiegen [1]. Nach dieser Studie haben die Aufwendungen für die direkte Kommunikation heute etwa zwei Drittel der gesamten Kommunikationsaufwendungen erreicht. Immer mehr Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen haben ihre Budgets umgeschichtet und nutzen die Vorteile des direkten Kontaktes zu ihren Kunden und Interessenten.


Die Entwicklung zum Dialogmarketing

Die Entwicklung des Dialogmarketings begann mit dem reinen Postversandgeschäft (Direct-Mail). Versandhändler waren die Pioniere des Dialogmarketings. Sie stellten den Kunden Kataloge oder Prospekte zur Verfügung, aus denen Waren bestellt werden konnten, die dann per Post zugestellt wurden. Direct-Mail bedeutet den Versand von Werbebriefen (Mailings). Daraus hat sich die Direktwerbung und aus dem Direktmarketing schließlich das Dialogmarketing entwickelt.

Direktwerbung umfasst neben dem Einsatz von Mailings bereits weitere Kommunikationsmedien wie beispielsweise das Telefon. Es stellt einen der Entscheidungsbereiche innerhalb des Direktmarketings dar.

Direktmarketing ist darauf ausgerichtet, eine Reaktion der angesprochenen Person zu erhalten, die in einer Datenbank gespeichert wird, um eine individuelle Beziehung einzugehen. Langfristig soll sich daraus ein Dialog entwickeln; die Aktionen und Reaktionen werden ständig weitergeführt. Dieser langfristige Dialog steht im Zentrum des Dialogmarketings.

Direct-Mail •Direktwerbung • Direktmarketing • Dialogmarketing

Unter Dialogmarketing versteht man alle Marketingaktivitäten, die auf eine gezielte Ansprache der Zielpersonen und eine Reaktion (Response) ausgerichtet sind [2].

Dialogmarketing
 umfasst alle Marketinginstrumente, die eingesetzt werden, um
 eine gezielte und direkte Interaktion mit Zielpersonen
 aufzubauen und dauerhaft aufrecht zu erhalten, und
 hat das Ziel, eine messbare Reaktion (Response) auszulösen.

Das entscheidende Merkmal des Dialogmarketings ist somit die direkte und individuell gezielte Ansprache einer Zielperson, die bei einer Aktion angestrebt wird. Diese direkte Ansprache erlaubt eine genaue Erfolgskontrolle, da die Reaktionen auf eine Kampagne schon nach wenigen Tagen eintreten und den Aussendungen genau zugeordnet werden können.


Klassisches Marketing und Dialogmarketing

Das klassische Marketing richtet sich an eine Zielgruppe, die sich im Rahmen der Marktsegmentierung selektieren lässt. Diese Selektion geht aber nicht so weit, dass der einzelne Empfänger der Werbebotschaft identifiziert werden kann. Die Zielpersonen werden durch Massenmedien angesprochen, wobei zum Teil große Streuverluste in Kauf genommen werden.

Dagegen ist die Botschaft des Dialogmarketings an einzelne, individuell bekannte Zielpersonen gerichtet. Zumindest wird der Aufbau einer solchen individuellen Beziehung zwischen dem Absender und dem Empfänger der Botschaft angestrebt. Das Dialogmarketing beinhaltet wie auch der klassische Marketingbegriff die Werbung als einen Bestandteil.

Wie das Marketing in verschiedene Instrumente unterteilt wird, lässt sich auch das Dialogmarketing in die vier Marketinginstrumente zerlegen:

 Produkt- und Sortimentspolitik
 Distributionspolitik
 Kontrahierungspolitik
 Kommunikationspolitik.

In allen Marketinginstrumenten finden sich spezielle Aufgaben des Dialogmarketings. Im Rahmen eines Integrierten Marketings sind alle Aktivitäten aufeinander abzustimmen, um damit eine optimale synergetische Wirkung zu erreichen.


Bedingungen für das Dialogmarketing

Die Frage danach, wann das Dialogmarketing besser geeignet ist als das klassische Marketing, lässt sich pauschal natürlich nicht beantworten. Im Rahmen des Integrierten Marketing stellt sich nicht die Frage nach dem Entweder-Oder sondern nach dem Sowohl-als-Auch. Es ist eine optimale Kombination aller Instrumente zu finden.

Allerdings lassen sich einige Bedingungen formulieren, unter denen dem direkten Marketing der Vorzug gegenüber dem klassischen zu geben ist.

Dialogmarketing setzt eine identifizierbare Zielgruppe, ja sogar eine individuell identifizierbare Zielperson voraus, denn anders kann kein direkter Kontakt stattfinden. Die Informationen über den individuellen Kunden oder Interessenten werden in Datenbanken gespeichert und durch das Database-Marketing für Aktionen genutzt.

Wenn die Zielpersonen dem Unternehmen bekannt sind, kann es diese direkt, beispielsweise durch Mailings, ansprechen. Wenn das Unternehmen die Zielpersonen nicht kennt, aber diese kennen lernen möchte, können mehrstufige Dialogmarketing-Aktionen eingesetzt werden, die zunächst der Ermittlung von Interessenten dienen.

Bei erklärungsbedürftigen Angeboten können diese Erklärungen wirkungsvoll durch die Dialogmarketing-Medien übermittelt werden. Wenn die (potenziellen) Kunden gegenüber dem Produkt ein hohes Involvement haben, werden sie auch bereit sein, sich mit einem Werbemittel zu diesem Thema zu beschäftigen.

Wenn das Kaufverhalten mit komplexen Entscheidungsprozessen verbunden ist, kann der Einsatz des Dialogmarketings diesen Prozess unterstützen. Impulskaufverhalten findet eher am Point-of-Sale statt.

Dialogmarketing dient dem Aufbau einer Beziehung. Wenn ein Kauf also kein einmaliges Ereignis ist, sondern es Folgekäufe gibt, kann durch das Customer Relationship Management (CRM) eine Kundenbeziehung aufgebaut werden. Damit wird das Ziel verfolgt, dass es auf Grund von Loyalität zu Folgekäufen kommt.

Dialogmarketing ist sinnvoll, wenn der Kauf nicht geringwertig ist, sondern ein bestimmtes Volumen erreicht, so dass die Kosten für den direkten Kontakt wirtschaftlich sind. Der direkte Kontakt ist wesentlich effektiver aber pro Kontakt auch teuerer als die Massenkommunikation, die in Tausender-Kontakt-Preisen rechnet. Die Kosten müssen sich in die Verkaufspreise der verkauften Produkte einkalkulieren lassen.

Das Marketing vieler Unternehmen hat sich vom Massenmarketing weg bewegt. Über das Marktlücken- und Marktnischenmarketing mit immer kleiner werdenden Zielgruppen kommt man zum Dialogmarketing. Es wird der Dialog mit dem einzelnen, individuell bekannten Kunden oder Interessenten geführt (One-to-One-Marketing).

Massenmarketing • Marktlückenmarketing • Marktnischenmarketing • Dialogmarketing


Medien des Dialogmarketings

Die Palette der Dialogmarketing-Medien hat sich in den letzten Jahren ständig ausgeweitet.

In der Übersicht (Abb. 1, siehe Buch) finden sich auch Medien der Massenkommunikation [3]. Nur wenn diese eine Aufforderung zur Reaktion und damit zum Dialog enthalten, werden sie dem Dialogmarketing zugerechnet. Eine Anzeige in einer Zeitschrift kann als Reaktionsmöglichkeit beispielsweise einen Coupon, eine aufgeklebte Antwortkarte, eine Telefonnummer oder eine E-Mail-Adresse enthalten. In einem TV- oder Radio-Spot wird die Aufforderung zum Dialog durch Angabe einer Telefonnummer erfolgen.

Der Interessent, der darauf reagiert, wird in einer Datenbank gespeichert, die folgenden Stufen des Dialogs werden durch die direkte Kommunikation geführt (zum Beispiel Mailings, E-Mails).


Erfolgsfaktoren für das Dialogmarketing

Das starke Wachstum des Dialogmarketings ist auf eine Vielzahl von Erfolgsfaktoren zurückzuführen [4].

Wertewandel: Der Wertewandel in der Gesellschaft hat zu einer Individualisierung und Differenzierung geführt. Dieser Trend zur Individualisierung ist an den wachsenden Sortimenten zu erkennen, die den Konsumenten angeboten werden. Die Marktnischen wurden immer kleiner, so dass eine Zielgruppenansprache durch klassische Marketing-Instrumente zu immer größeren Streuverlusten führen musste.

Informationstechnologie: Das Dialogmarketing hat von der rasanten Entwicklung im Bereich der Informationstechnologie profitiert. Immer leistungsfähigere und kostengünstige Systeme erhöhten beispielsweise die Bedeutung des Database-Marketings. Das Dialogmarketing setzt eine sehr leistungsfähige Hard- und Software voraus und kann auf der Basis der Technologie seine Vorteile ausspielen.

Kundenbeziehungen: Dialogmarketing bietet die Möglichkeit, die Kundenorientierung durch den Dialog mit dem Kunden zu intensivieren und die Bindung zwischen Unternehmen und Kunden zu stärken.

Minimierung der Streuverluste: Steigende Kosten der Kommunikation in Massenmedien und stark gestiegene Kosten des Außendienstes haben zu einer Substitution durch Dialogmarketing geführt, das Streuverluste minimiert.

Hoher Wirkungsgrad: Durch die gezielte und individuelle Kundenansprache kann mit einem höheren Wirkungsgrad gerechnet werden. Dieser Wirkungsgrad wird durch eine höhere Aufmerksamkeit und die Konkurrenzausschaltung beim Werbemittelkontakt verstärkt. Durch die persönliche Ansprache wird eine Ablenkung durch konkurrierende Werbebotschaften verhindert.

Erfolgskontrolle: Ein Hauptvorteil des Dialogmarketings liegt in der schnellen und eindeutigen Messbarkeit des Erfolges einer Aktion. Diese Messbarkeit ermöglicht die eindeutige Zuordnung von Kosten und Erträgen. Damit erlaubt das Dialogmarketing eine genaue Rentabilitätsberechnung und die Durchführung von Tests zur Optimierung der Werbeansprache.

Flexibilität: Die Handhabung ist sehr flexibel und der Einsatz lässt sich auch kurzfristig variieren.

Eignung für den Mittelstand: Dialogmarketing ist auch bei kleinen Werbeetats möglich und damit auch für mittelständische Unternehmen gut geeignet.


Dialogmarketing in allen Branchen

Das rasante Wachstum des Dialogmarketings ist nicht zuletzt auf den verstärkten Einsatz bei Investitionsgüterunternehmen, Markenartikelherstellern und Finanzdienstleistern zurückzuführen. Viele Unternehmen neben den Versandhändlern und anderen klassischen Dialogmarketing-Unternehmen haben die Vorteile dieses Instruments erkannt und es in ihr Marketing integriert.

Es rentiert sich für Versicherungsunternehmen wegen der hohen Kosten nicht, einen Außendienstmitarbeiter in einen Haushalt zu schicken, um eine Erhöhung der Hausratsversicherung vorzuschlagen. Sie können aber aus ihrer Datei die vor längerer Zeit abgeschlossenen Verträge selektieren und den Kunden mit Methoden des Dialogmarketings eine Vertragsanpassung empfehlen. Weiterhin lassen sich auf diesem Weg andere Versicherungsprodukte bewerben. Falls der Kunde Interesse daran hat, kann er weitere Informationen oder einen Außendienstbesuch anfordern.

Automobilhändler, bei denen ein Kunde ein Auto gekauft hat, taten früher wenig, um den aufgebauten Kontakt zu pflegen. Dies hat sich geändert. Die meisten Automobilhändler oder -hersteller nutzen heute das Dialogmarketing, um den Kundenkontakt aufrecht zu erhalten und zu intensivieren. Sie schreiben den Kunden an, um ihn an fällige Werkstattbesuche oder TÜV-Termine zu erinnern. Sie laden ihn zu Sonderaktionen ein, bieten ihm Zubehör an oder schreiben ihm einfach einen Geburtstagsbrief.


Literatur

[1] Deutsche Post AG: Direktmarketing in Deutschland 2006. – Bonn, 2007.
[2] Holland H.: Direktmarketing. – 410 S., ISBN: 3800630265, 2. Aufl., Vahlen Verlag, München, S. 5, 2004.
[3] Holland H.: Direktmarketing. – 410 S., ISBN: 3800630265, 2. Aufl., Vahlen Verlag, München, S. 24, 2004.
[4] Heinrich Holland: Dialogmarketing. – 116 S., ISBN: 3446220984, Hanser Verlag, München, S. 12, 2002.
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Prof. Dr. Heinrich Holland lehrt an der University of Applied Sciences Mainz und ist Autor von über 20 Büchern.