Größte Reform des Bilanzrechts seit mehr als 20 Jahren wird konkret
Göttingen, 15. November 2007 – Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat am 8. November den lang ersehnten Referentenentwurf des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) vorgelegt. Durch das Gesetz soll das deutsche Bilanzrecht dem international üblichen IFRS (International Financial Reporting Standard) angeglichen werden, der ursprünglich für große, meist börsennotierte Unternehmen konzipiert wurde. Bilanzen, die dann nach den neuen deutschen Regelungen des Handelsgesetzbuches (HGB) erstellt sind, werden aussagekräftiger sein, wenn das Gesetz wie geplant Mitte 2008 verabschiedet wird.
Hintergrund: Deutsche Unternehmen, auch Mittelständler, sehen sich immer häufiger gezwungen, nach IFRS zu bilanzieren. Ursächlich dafür ist, dass inzwischen viele – nicht nur ausländische – Investoren nach dem „IFRS-Gütesiegel“ verlangen, weil sie glauben, nur auf dieser Grundlage ein realistisches Bild vom Zustand des jeweiligen Unternehmens zu bekommen. Denn derzeitige HGB-Abschlüsse bleiben in ihrem Informationsgehalt weit hinter dem eines IFRS-Abschlusses zurück und erschweren den Unternehmen kostengünstige Fremd- und Eigenkapitalfinanzierungen über den Kapitalmarkt.
Die Ziele und Mittel des Entwurfs auf einen Blick:
Bessere Aussagekraft von HGB-Abschlüssen durch:
- Möglichkeit des Ansatzes von immateriellen Vermögenswerten
- Bewertung von Finanzinstrumenten zum Zeitwert
- Stärkere Berücksichtigung künftiger Entwicklungen
- Transparentere Bewertung von Zweckgesellschaften
Entlastung der Wirtschaft von Bürokratie durch:
- Heraufsetzung der Schwellenwerte für Bilanz-, Prüfungs- und Publizitätspflichten
Immaterielle Vermögenswerte und Erweiterungsinvestitionen
Das bisherige Verbot der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter wird aufgehoben. Unter Anderem ist die Möglichkeit vorgesehen, künftig auch immaterielle selbstgeschaffene Vermögenswerte, also Patente oder einfaches Know-how, in der Bilanz anzusetzen. Auf diese Weise können vor allem Unternehmen in innovativen Branchen ihren durch Forschung und Entwicklung geschaffenen Unternehmenswert realistischer darstellen. Jedoch sollen in der Forschungsphase anfallende Kosten von der Aktivierung ausgeschlossen bleiben. Nach Ansicht von Finanzierungsexperte Gündel der Kanzlei Gündel & Katzorke ist dies der richtige Ansatz. Denn hierdurch wird mittelständischen Unternehmen eine nachhaltige Möglichkeit der Stärkung der Eigenkapitalbasis eröffnet und gleichzeitig die Fähigkeit zur Fremd- und Eigenkapitalbeschaffung verbessert. Eine Benachteiligung der Kapitalgeber ist Gündel zufolge jedoch nicht zu befürchten, da die Aktivierungsmöglichkeit zu einer Ausschüttungssperre führen soll und damit von Investoren unerwünschte Liquiditätsabflüsse von vornherein ausgeschlossen sind.
Gleichzeitig soll die Möglichkeit abgeschafft werden, Ingangsetzungs- und Erweiterungsinvestitionen wie bspw. Kosten für die Eröffnung neuer Standorte oder Einführung neuer Produktlinien zu aktivieren. Dies soll laut der Begründung des Referentenentwurfes vornehmlich der Vergleichbarkeit Abschlüsse dienen. Gündel dagegen hält die Abschaffung dieser Bilanzierungshilfe für wenig förderlich, da hierdurch eine bilanzpolitische Maßnahmen zur Erhöhung der Eigenkapitalquote und damit zur Verbesserung der Refinanzierungsfähigkeit den Unternehmen abgeschnitten wird.
Finanzanlagen und Rückstellungen
Zudem sollen zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente, wie z. B. Aktien, Fondsanteile oder Derivate, bei allen Unternehmen zum Bilanzstichtag mit dem Zeitwert bewertet werden. Dies ermöglicht transparente Informationen über die Werthaltigkeit des Umlaufvermögens. Denn bisher konnte weder Kurssteigerungen- noch Wertminderungen von Finanzinstrumenten zeitnah bilanziell dargestellt werden. Auch in Bezug auf Rückstellungen sind einige Änderungen geplant, durch die künftige Entwicklungen stärker als bisher Berücksichtigung finden.
Konzernrechnungslegung
Wesentliche Neuerung bei der Konzernrechnungslegung stellt die Einführung des Kriteriums der einheitlichen Leitung dar. Die Einbeziehung eines anderen Unternehmens in den Konsolidierungskreis ist schon dann erforderlich, wenn das andere Unternehmen unter der einheitlichen Leitung einer „Muttergesellschaft“ steht. Auf die gesellschaftsrechtliche oder kapitalmäßige Beteiligung kommt es dann nicht mehr an. Hierdurch sollen Zweckgesellschaften in Zukunft transparenter bewertet werden.
Wirtschaft soll von Bürokratie entlastet werden
Neben einer verbesserten Aussagekraft der HGB-Abschlüsse strebt das BMJ mit seinem Entwurf auch die Entlastung der Wirtschaft von bürokratischem Aufwand an. Bis zu 20 Prozent der Gesellschaften sollen künftig geringere Anforderungen erfüllen müssen, als bisher. Im Hinblick auf die unterschiedlich stark ausgeprägte Verpflichtung der Unternehmen zu Bilanzierung, Bilanzprüfung und Publizität werden diese bereits jetzt in verschiedene Größenklassen eingeteilt. Unterscheidungskriterien sind: Art der Gesellschaft, Bilanzsumme, Umsatzerlöse sowie Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer.
Schwellenwerte für Bilanzierungspflicht werden gesenkt
Für Einzelkaufleute und Personengesellschaften mit einem Umsatz unter 500.000 EUR bzw. einem Gewinn unter 50.000 EUR ist eine komplette Befreiung von der Buchführungs- und Bilanzierungspflicht geplant. Auch für Unternehmen, deren Gewinn oder Umsatz über diesen Werten liegt, wird sich nach Angaben des BMJ durch Herabsetzung der Schwellenwerte in vielen Fällen eine Erleichterung ergeben. Die Entlastung bei den begünstigten Unternehmen soll Berechnungen des BMJ zufolge bis zu 280 Mio. EUR betragen.
Fazit
Durch das BilMoG werden zweifelsohne einige der bisherigen Grundpfeiler der deutschen Rechnungslegung neu gesetzt. Hierdurch werden die Abschlüsse mittelständischer Unternehmer transparenter, aussagekräftiger und auch international vergleichsfähig, was Gündel zufolge einen besseren Zugang zu Fremd- und Eigenkapitalgebern ermöglicht. Einige heiße Eisen wie z.B. die eindeutige bilanzielle Erfassung mezzaniner Finanzierungsinstrumente (Genussrechte, Nachrangdarlehen, Stille Beteiligungen) oder Aktivierung von Rekultivierungs- und Entsorgungsverpflichtungen hat der Gesetzgeber zwar auf der Agenda, jedoch noch nicht angefasst, so dass insoweit noch Klärungsbedarf besteht.
Hintergrund: Deutsche Unternehmen, auch Mittelständler, sehen sich immer häufiger gezwungen, nach IFRS zu bilanzieren. Ursächlich dafür ist, dass inzwischen viele – nicht nur ausländische – Investoren nach dem „IFRS-Gütesiegel“ verlangen, weil sie glauben, nur auf dieser Grundlage ein realistisches Bild vom Zustand des jeweiligen Unternehmens zu bekommen. Denn derzeitige HGB-Abschlüsse bleiben in ihrem Informationsgehalt weit hinter dem eines IFRS-Abschlusses zurück und erschweren den Unternehmen kostengünstige Fremd- und Eigenkapitalfinanzierungen über den Kapitalmarkt.
Die Ziele und Mittel des Entwurfs auf einen Blick:
Bessere Aussagekraft von HGB-Abschlüssen durch:
- Möglichkeit des Ansatzes von immateriellen Vermögenswerten
- Bewertung von Finanzinstrumenten zum Zeitwert
- Stärkere Berücksichtigung künftiger Entwicklungen
- Transparentere Bewertung von Zweckgesellschaften
Entlastung der Wirtschaft von Bürokratie durch:
- Heraufsetzung der Schwellenwerte für Bilanz-, Prüfungs- und Publizitätspflichten
Immaterielle Vermögenswerte und Erweiterungsinvestitionen
Das bisherige Verbot der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter wird aufgehoben. Unter Anderem ist die Möglichkeit vorgesehen, künftig auch immaterielle selbstgeschaffene Vermögenswerte, also Patente oder einfaches Know-how, in der Bilanz anzusetzen. Auf diese Weise können vor allem Unternehmen in innovativen Branchen ihren durch Forschung und Entwicklung geschaffenen Unternehmenswert realistischer darstellen. Jedoch sollen in der Forschungsphase anfallende Kosten von der Aktivierung ausgeschlossen bleiben. Nach Ansicht von Finanzierungsexperte Gündel der Kanzlei Gündel & Katzorke ist dies der richtige Ansatz. Denn hierdurch wird mittelständischen Unternehmen eine nachhaltige Möglichkeit der Stärkung der Eigenkapitalbasis eröffnet und gleichzeitig die Fähigkeit zur Fremd- und Eigenkapitalbeschaffung verbessert. Eine Benachteiligung der Kapitalgeber ist Gündel zufolge jedoch nicht zu befürchten, da die Aktivierungsmöglichkeit zu einer Ausschüttungssperre führen soll und damit von Investoren unerwünschte Liquiditätsabflüsse von vornherein ausgeschlossen sind.
Gleichzeitig soll die Möglichkeit abgeschafft werden, Ingangsetzungs- und Erweiterungsinvestitionen wie bspw. Kosten für die Eröffnung neuer Standorte oder Einführung neuer Produktlinien zu aktivieren. Dies soll laut der Begründung des Referentenentwurfes vornehmlich der Vergleichbarkeit Abschlüsse dienen. Gündel dagegen hält die Abschaffung dieser Bilanzierungshilfe für wenig förderlich, da hierdurch eine bilanzpolitische Maßnahmen zur Erhöhung der Eigenkapitalquote und damit zur Verbesserung der Refinanzierungsfähigkeit den Unternehmen abgeschnitten wird.
Finanzanlagen und Rückstellungen
Zudem sollen zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente, wie z. B. Aktien, Fondsanteile oder Derivate, bei allen Unternehmen zum Bilanzstichtag mit dem Zeitwert bewertet werden. Dies ermöglicht transparente Informationen über die Werthaltigkeit des Umlaufvermögens. Denn bisher konnte weder Kurssteigerungen- noch Wertminderungen von Finanzinstrumenten zeitnah bilanziell dargestellt werden. Auch in Bezug auf Rückstellungen sind einige Änderungen geplant, durch die künftige Entwicklungen stärker als bisher Berücksichtigung finden.
Konzernrechnungslegung
Wesentliche Neuerung bei der Konzernrechnungslegung stellt die Einführung des Kriteriums der einheitlichen Leitung dar. Die Einbeziehung eines anderen Unternehmens in den Konsolidierungskreis ist schon dann erforderlich, wenn das andere Unternehmen unter der einheitlichen Leitung einer „Muttergesellschaft“ steht. Auf die gesellschaftsrechtliche oder kapitalmäßige Beteiligung kommt es dann nicht mehr an. Hierdurch sollen Zweckgesellschaften in Zukunft transparenter bewertet werden.
Wirtschaft soll von Bürokratie entlastet werden
Neben einer verbesserten Aussagekraft der HGB-Abschlüsse strebt das BMJ mit seinem Entwurf auch die Entlastung der Wirtschaft von bürokratischem Aufwand an. Bis zu 20 Prozent der Gesellschaften sollen künftig geringere Anforderungen erfüllen müssen, als bisher. Im Hinblick auf die unterschiedlich stark ausgeprägte Verpflichtung der Unternehmen zu Bilanzierung, Bilanzprüfung und Publizität werden diese bereits jetzt in verschiedene Größenklassen eingeteilt. Unterscheidungskriterien sind: Art der Gesellschaft, Bilanzsumme, Umsatzerlöse sowie Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer.
Schwellenwerte für Bilanzierungspflicht werden gesenkt
Für Einzelkaufleute und Personengesellschaften mit einem Umsatz unter 500.000 EUR bzw. einem Gewinn unter 50.000 EUR ist eine komplette Befreiung von der Buchführungs- und Bilanzierungspflicht geplant. Auch für Unternehmen, deren Gewinn oder Umsatz über diesen Werten liegt, wird sich nach Angaben des BMJ durch Herabsetzung der Schwellenwerte in vielen Fällen eine Erleichterung ergeben. Die Entlastung bei den begünstigten Unternehmen soll Berechnungen des BMJ zufolge bis zu 280 Mio. EUR betragen.
Fazit
Durch das BilMoG werden zweifelsohne einige der bisherigen Grundpfeiler der deutschen Rechnungslegung neu gesetzt. Hierdurch werden die Abschlüsse mittelständischer Unternehmer transparenter, aussagekräftiger und auch international vergleichsfähig, was Gündel zufolge einen besseren Zugang zu Fremd- und Eigenkapitalgebern ermöglicht. Einige heiße Eisen wie z.B. die eindeutige bilanzielle Erfassung mezzaniner Finanzierungsinstrumente (Genussrechte, Nachrangdarlehen, Stille Beteiligungen) oder Aktivierung von Rekultivierungs- und Entsorgungsverpflichtungen hat der Gesetzgeber zwar auf der Agenda, jedoch noch nicht angefasst, so dass insoweit noch Klärungsbedarf besteht.