Die Business Zielgruppe erreichen. Wen spreche ich wie an?
Zielgruppendefinition im B2B scheint auf den ersten Blick ganz einfach: der „produzierenden Mittelstand“, die „Automobilindustrie“, „Unternehmen mit einer auf Betriebs¬system XY basierten IT-Infrastruktur“ usw. Doch reichen diese Definitionen wirklich aus? Nicht unbedingt, wer an die Bodenschätze will, der muss tiefer graben!
Wen schreibe ich innerhalb meiner Business-Zielgruppe an? Ist es der Geschäftsführer, der Abteilungsleiter, ein leitender Mitarbeiter? Auf den ersten Blick scheint diese Frage leicht zu beantworten. Doch gibt es da nicht mehr?
Das Viral Marketing in der B2B Zielgruppe forcieren.
Hier mein erster Tipp zur Verstärkung von Mailings, insbesondere bei Produktneuheiten ein gutes Mittel. Warum nicht innerhalb der Zielgruppe mehrere Funktionen ansprechen. Dabei aber alle wissen lassen, dass der Andere auch informiert ist. Wir haben das gemacht, indem wir Zeitgleich ein Mailing an den Geschäftsführer, den IT-Leiter und den Art Direktor desselben Unternehmens verschickten. Das Mailing enthielt ein Anschreiben, einen Flyer sowie eine Fax-Antwort bzw. eine Email Adresse für den Response. Das Anschreiben war auf die jeweilige Funktion hin getextet: im Vordergrund stand beim Geschäftsführer „Kostenreduktion“, beim IT-Leiter „Vereinfachung des Softwarehandlings“ und beim Art Direktor „mehr kreative Funktionalitäten der Software“. Der 8-Seiten Flyer war identisch, bis auf eine Seite: dort wurden die Vorteile für den jeweiligen Funktionsträger nochmals hervorgehoben. Der Geschäftsführer und der IT-Leiter haben z.B. nichts von „kreativen Fuktionalitäten“ erfahren sehr wohl aber der Art Direktor. Das ist für ihn persönlich wichtig, aber auch zur Motivation seiner Mitarbeiter.
Das Besondere dieses Mailings war aber, dass die Anschreiben ein PS enthielten, das den Empfängern mitteilte, dass auch andere aus dem Unternehmen (beim Art Direktor war das der Geschäftsführer und der IT-Leiter) diese Informationen erhielten. Dadurch wurde zum einen das Viral Marketing innerhalb der Zielgruppe angeregt zum anderen konnte der Empfänger das Mailing nicht einfach zur Seite legen. Es bestand ja die Möglichkeit, dass er von den anderen darauf angesprochen wurde. Er musste sich damit auseinandersetzen.
Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Es wurden viele Termine mit dem Vertrieb zur Produktvorstellung vereinbart.
Halten wir fest. Bietet das Produkt für die verschiedenen Funktionsbereiche eines Unternehmens zusätzliche (eventuell auf den ersten Blick nicht sichtbare) Vorteile so kann es durchaus Sinn machen, diese parallel zu kommunizieren. Dann aber bitte die Anderen wissen lassen, dass diese Information im Hause bekannt ist. Denn sonst verpufft der Effekt.
Welche Form ist die Richtige?
Die zweite Frage ist schon viel schwieriger zu beantworten. Welche Form gebe ich meinem Mailing? Soll es seriös oder hipp sein?
Wenn Entscheider angesprochen werden, so denken alle, es muss immer ganz seriös sein, gerade so, als wenn man ein Angebot zum Zusammenschluss der beiden Unternehmen unterbreitet. Ist das wirklich so? Ich habe erlebt, dass zu besonderen kostenlosen Kunden-Veranstaltungen Entscheider eingeladen wurden. Selbst der Vorstandsvorsitzende des einladenden Unternehmens reiste extra aus USA an, um dort zu sprechen. Die für die Einladungen Verantwortlichen haben ein ganz seriöses Einladungsmailing gestalten lassen, bestehend aus Anschreiben auf Briefpapier und Antwortmöglichkeit. Mit dem Ergebnis, dass zweimal eine solche Veranstaltung mangels Teilnahme abgesagt werden musste. In den anderen europäischen Niederlassungen dagegen hatte es funktioniert. Die Frustration war groß, ganz zu schweigen von dem Imageverlust, den diese Niederlassung innerhalb des eigenen Unternehmens erfuhr. In diesem Bereich des Unternehmens hat man nie wieder solche Veranstaltungen aufgesetzt. Was war passiert?
Die Antwort ist einfach: Man hat übersehen, dass hinter jeder Business-Funktion ein Mensch steht und Menschen müssen motiviert werden. Die seriöse Einladung schafft das nicht immer. Dabei sage ich nicht, dass es nicht Situationen gibt, wo reine seriöse Schlichtheit im Direktmarketing notwendig werden kann.
Es geht auch anders!
Aus dem gleichen Unternehmen gibt es aber auch ein positives Beispiel. Entscheider der kreativen Branchen (Agenturen, Verlage) sollten stärker an das Unternehmen gebunden werden. Dafür haben wir einen besonderen Event organisiert. Ein Dinner, ohne Produktvorführung, aber mit Vorträgen von bekannten Referenten aus der Branche. Angeschrieben wurden leitende Kreative aus der Zielgruppe sowie organisierte Art Direktoren. Darunter also auch viele „kalte“ Adressen, die noch keinen Kontakt zum Unternehmen hatten. Die Einladung war ganz im Stil des Events gestaltet: Transparenter Umschlag, auf der Vorderseite der Einladung klebte ein Papierschiff – schließlich war als Treffpunkt der Hamburger Hafen auserkoren. Von hier wurde mit dem Schiff zur Veranstaltung gefahren. Hinten klebte noch ein Päckchen Ahoi-Brause mit dem Vermerk „ein prickelnder Vorgeschmack“. Alle Informationen wurden in diesem kleinen Flyer kommuniziert, ein Anschreiben auf Briefpapier hätte die Anmutung der Einladung zerstört. Die Meinung mancher Bereiche des Managements zu dieser Einladung war drastisch: „So kann man Entscheider nicht ansprechen!“
Das Ergebnis jedoch zeigte das Gegenteil. Obwohl es bei den Adressen keine regionale Beschränkung rund um den Veranstaltungsort gab – wir wollten der Zielgruppe bundesweit zeigen, dass das Unternehmen etwas besonderes für sie entwickelt hat – war der Rücklauf enorm: 4,8% der Angeschriebenen meldeten sich an. Umgelegt auf die Adressen im Umkreis von 100 km vom Veranstaltungsort betrug der Rücklauf 20%.
Das Fazit ist einfach: Man muss die Zielgruppe in ihrer Welt verstehen und ansprechen. Es lohnt sich immer, sich in den Menschen hinter der Funktion hinein zu denken. Und Kreativität schadet nie, solange sie nicht um ihrer selbst willen geschieht.
Die Branche als Zielgruppe zu definieren reicht nicht aus. Innerhalb dieser definierten Zielgruppe(n) müssen auch die Entscheiderfunktionen sorgsam ausgewählt werden, hinter diesen Funktionen stehen Menschen und als solche wollen sie angesprochen werden, soll das Mailing Erfolg haben.
Dieser Artikel erschien in DIREKT MARKETING 09/2006. Das Original steht als Download im PDF bereit.
Wen schreibe ich innerhalb meiner Business-Zielgruppe an? Ist es der Geschäftsführer, der Abteilungsleiter, ein leitender Mitarbeiter? Auf den ersten Blick scheint diese Frage leicht zu beantworten. Doch gibt es da nicht mehr?
Das Viral Marketing in der B2B Zielgruppe forcieren.
Hier mein erster Tipp zur Verstärkung von Mailings, insbesondere bei Produktneuheiten ein gutes Mittel. Warum nicht innerhalb der Zielgruppe mehrere Funktionen ansprechen. Dabei aber alle wissen lassen, dass der Andere auch informiert ist. Wir haben das gemacht, indem wir Zeitgleich ein Mailing an den Geschäftsführer, den IT-Leiter und den Art Direktor desselben Unternehmens verschickten. Das Mailing enthielt ein Anschreiben, einen Flyer sowie eine Fax-Antwort bzw. eine Email Adresse für den Response. Das Anschreiben war auf die jeweilige Funktion hin getextet: im Vordergrund stand beim Geschäftsführer „Kostenreduktion“, beim IT-Leiter „Vereinfachung des Softwarehandlings“ und beim Art Direktor „mehr kreative Funktionalitäten der Software“. Der 8-Seiten Flyer war identisch, bis auf eine Seite: dort wurden die Vorteile für den jeweiligen Funktionsträger nochmals hervorgehoben. Der Geschäftsführer und der IT-Leiter haben z.B. nichts von „kreativen Fuktionalitäten“ erfahren sehr wohl aber der Art Direktor. Das ist für ihn persönlich wichtig, aber auch zur Motivation seiner Mitarbeiter.
Das Besondere dieses Mailings war aber, dass die Anschreiben ein PS enthielten, das den Empfängern mitteilte, dass auch andere aus dem Unternehmen (beim Art Direktor war das der Geschäftsführer und der IT-Leiter) diese Informationen erhielten. Dadurch wurde zum einen das Viral Marketing innerhalb der Zielgruppe angeregt zum anderen konnte der Empfänger das Mailing nicht einfach zur Seite legen. Es bestand ja die Möglichkeit, dass er von den anderen darauf angesprochen wurde. Er musste sich damit auseinandersetzen.
Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Es wurden viele Termine mit dem Vertrieb zur Produktvorstellung vereinbart.
Halten wir fest. Bietet das Produkt für die verschiedenen Funktionsbereiche eines Unternehmens zusätzliche (eventuell auf den ersten Blick nicht sichtbare) Vorteile so kann es durchaus Sinn machen, diese parallel zu kommunizieren. Dann aber bitte die Anderen wissen lassen, dass diese Information im Hause bekannt ist. Denn sonst verpufft der Effekt.
Welche Form ist die Richtige?
Die zweite Frage ist schon viel schwieriger zu beantworten. Welche Form gebe ich meinem Mailing? Soll es seriös oder hipp sein?
Wenn Entscheider angesprochen werden, so denken alle, es muss immer ganz seriös sein, gerade so, als wenn man ein Angebot zum Zusammenschluss der beiden Unternehmen unterbreitet. Ist das wirklich so? Ich habe erlebt, dass zu besonderen kostenlosen Kunden-Veranstaltungen Entscheider eingeladen wurden. Selbst der Vorstandsvorsitzende des einladenden Unternehmens reiste extra aus USA an, um dort zu sprechen. Die für die Einladungen Verantwortlichen haben ein ganz seriöses Einladungsmailing gestalten lassen, bestehend aus Anschreiben auf Briefpapier und Antwortmöglichkeit. Mit dem Ergebnis, dass zweimal eine solche Veranstaltung mangels Teilnahme abgesagt werden musste. In den anderen europäischen Niederlassungen dagegen hatte es funktioniert. Die Frustration war groß, ganz zu schweigen von dem Imageverlust, den diese Niederlassung innerhalb des eigenen Unternehmens erfuhr. In diesem Bereich des Unternehmens hat man nie wieder solche Veranstaltungen aufgesetzt. Was war passiert?
Die Antwort ist einfach: Man hat übersehen, dass hinter jeder Business-Funktion ein Mensch steht und Menschen müssen motiviert werden. Die seriöse Einladung schafft das nicht immer. Dabei sage ich nicht, dass es nicht Situationen gibt, wo reine seriöse Schlichtheit im Direktmarketing notwendig werden kann.
Es geht auch anders!
Aus dem gleichen Unternehmen gibt es aber auch ein positives Beispiel. Entscheider der kreativen Branchen (Agenturen, Verlage) sollten stärker an das Unternehmen gebunden werden. Dafür haben wir einen besonderen Event organisiert. Ein Dinner, ohne Produktvorführung, aber mit Vorträgen von bekannten Referenten aus der Branche. Angeschrieben wurden leitende Kreative aus der Zielgruppe sowie organisierte Art Direktoren. Darunter also auch viele „kalte“ Adressen, die noch keinen Kontakt zum Unternehmen hatten. Die Einladung war ganz im Stil des Events gestaltet: Transparenter Umschlag, auf der Vorderseite der Einladung klebte ein Papierschiff – schließlich war als Treffpunkt der Hamburger Hafen auserkoren. Von hier wurde mit dem Schiff zur Veranstaltung gefahren. Hinten klebte noch ein Päckchen Ahoi-Brause mit dem Vermerk „ein prickelnder Vorgeschmack“. Alle Informationen wurden in diesem kleinen Flyer kommuniziert, ein Anschreiben auf Briefpapier hätte die Anmutung der Einladung zerstört. Die Meinung mancher Bereiche des Managements zu dieser Einladung war drastisch: „So kann man Entscheider nicht ansprechen!“
Das Ergebnis jedoch zeigte das Gegenteil. Obwohl es bei den Adressen keine regionale Beschränkung rund um den Veranstaltungsort gab – wir wollten der Zielgruppe bundesweit zeigen, dass das Unternehmen etwas besonderes für sie entwickelt hat – war der Rücklauf enorm: 4,8% der Angeschriebenen meldeten sich an. Umgelegt auf die Adressen im Umkreis von 100 km vom Veranstaltungsort betrug der Rücklauf 20%.
Das Fazit ist einfach: Man muss die Zielgruppe in ihrer Welt verstehen und ansprechen. Es lohnt sich immer, sich in den Menschen hinter der Funktion hinein zu denken. Und Kreativität schadet nie, solange sie nicht um ihrer selbst willen geschieht.
Die Branche als Zielgruppe zu definieren reicht nicht aus. Innerhalb dieser definierten Zielgruppe(n) müssen auch die Entscheiderfunktionen sorgsam ausgewählt werden, hinter diesen Funktionen stehen Menschen und als solche wollen sie angesprochen werden, soll das Mailing Erfolg haben.
Dieser Artikel erschien in DIREKT MARKETING 09/2006. Das Original steht als Download im PDF bereit.