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„Der SAP-Vertrieb braucht eigene Methoden“

Salescoaching: Frank Rechsteiner geht exklusive Wege

Frank Rechsteiner | 06.08.2010

E-3: Warum schöpfen die SAP-Anbieter ihre Vertriebsmöglichkeiten vielerorts nicht aus?

Frank Rechsteiner: In vielen Branchen standen die Sales-Teams in den vergangenen Jahren unter enormem Druck, das gilt nicht nur für das SAP-Umfeld. Denn obwohl ihre Arbeit für den Unternehmenserfolg sehr bedeutsam ist, wurden sie betriebsintern häufig stiefmütterlich behandelt. Dies zeigt schon ein Blick auf die Vorstandsstruktur größerer Unternehmen, gleich welcher Industrien: Während jeder Konzern in Deutschland einen Finanzchef hat, gibt es nur wenige Vorstände, die ausdrücklich für den Vertrieb verantwortlich zeichnen.

Ähnliches ist bei mittelständischen Betrieben zu beobachten: Hier versinken die Geschäftsführer oft im operativen Geschäft und lassen es an einer konsequenten Vertriebsstrategie und -steuerung fehlen. Fragen Sie doch einmal nach, welcher Vorstand sein Vertriebsergebnis kennt!

E-3: Welche Auswirkungen hat die fehlende Vorstandsverankerung auf den Vertrieb?

Rechsteiner: In vielen Unternehmen gibt es keine klaren und eindeutigen Vertriebsziele. Erschwerend kommt hinzu, dass während der Finanz- und Wirtschaftskrise häufig gerade die Vertriebsbudgets gekürzt wurden, um Kosten zu sparen. Viele Sales-Abteilungen wurden immer wieder umstrukturiert, mit der Folge, dass die Belegschaften heute demotiviert sind. Was widersinnig ist, denn gerade ein schlagkräftiger Vertrieb bietet den Unternehmen eine einzigartige Möglichkeit, ihre Umsätze zu steigern.

E-3: Wie ist es speziell im SAP-Umfeld um die Verkaufsorganisationen bestellt?

Rechsteiner: Besonders bei mittelständischen SAP-Anbietern ist oft zu beobachten, dass sie nur sehr kleine oder gar keine Verkaufsmannschaften haben. Dies liegt zum einen am fehlenden Vertriebskonzept, hinzu kommt, dass die wirklich guten SAP-Verkäufer sehr teuer und daher nicht für jeden Mittelständler finanzierbar sind. In diesen Fällen wird der Vertrieb von Mitarbeitern mit übernommen, die in anderen Funktionen tätig und nicht gezielt für die hohen Verkaufsanforderungen geschult sind.

E-3: Welche Qualifikationen braucht ein Mitarbeiter, der Produkte und Services aus dem SAP-Bereich erfolgreich vertreiben will?

Rechsteiner: Jeder moderne Verkäufer muss mit leistungsfähigen Datenbanken, effizienter Software und modernen Verkaufsmethoden ausgestattet sein. IT-seitig ist ein modernes CRM-System unverzichtbar; darüber hinaus nutzen immer mehr Unternehmen die neuen Vertriebsmöglichkeiten, die Social Networks und Kommunikations-Foren, wie Blogs, im Internet bieten.

Bei den Vertriebsmitarbeitern ist es wichtig, dass sie nicht nur über die „Hard Skills“, wie Technologie-, Branchen- und Prozesswissen, verfügen – das ist selbstverständlich – , sondern auch „Soft Skills“ vorweisen können, also umfassende soziale und kommunikative Kompetenzen.

E-3: Warum ist die Kombination dieser Fähigkeiten für den SAP-Vertrieb unabdingbar?

Rechsteiner: Wie die Erfahrung zeigt, drehen sich die meisten Verkaufsgespräche in der IT- und SAP-Branche um „Zahlen, Daten, Fakten“. Der Verkäufer versucht also, den potenziellen Käufer mit Argumenten zu überzeugen, die sich auf die angebotenen IT-Lösungen oder Dienstleistungen beziehen.

Diese Argumente können im Falle einer Software die einfache Einführung und Integration in die bestehende Systemumgebung sein; darüber hinaus ihr Funktionsumfang, Preis und die finanziellen und fachlichen Vorteile, die sich aus ihrem Einsatz für das Anwenderunternehmen ergeben. Wie die Erfahrungen weiter belegen, werden jedoch nur rund sieben Prozent der Kaufentscheidungen von solchen „harten“ Fakten beeinflusst. Ein Grund dafür liegt sicher darin, dass es im SAP-Markt mittlerweile sehr viele leistungsstarke Lösungen und Services gibt, die sich nur marginal voneinander unterscheiden.

E-3: Was gibt stattdessen den Ausschlag für den Großteil der Abschlüsse?

Rechsteiner: Weit über 90 Prozent der Abschlüsse sind Entscheidungen „aus dem Bauch“, also rein gefühlsmäßig motiviert. Allerdings unterliegen diese emotionalen Entscheidungen nicht dem Zufall, sondern folgen Mustern, die der Verkäufer im Verkaufsgespräch ermitteln und durch gezielte Motivationsstrategien positiv beeinflussen und stimulieren kann. Insgesamt lassen sich 8 Motivationsmuster identifizieren, die in 99 Prozent aller Kaufsituationen zum Tragen kommen.

E-3: Wie lernen die Sales-Mitarbeiter, diese Motivationsstrategien anzuwenden?

Rechsteiner: Die Motivationsstrategien sind ein wesentlicher Inhalt von „Multi Inspired Performing“, einer Methode des Vertriebscoachings und -trainings speziell für SAP-Partner. „Multi Inspired Performing“ beruht auf neuen Lernstrukturen, durch die die Teilnehmer die Lerninhalte leicht aufnehmen, verinnerlichen und dann im Verkaufsgespräch automatisch, das heißt intuitiv, aktivieren können.

Dabei geht es neben der Arbeit mit den genannten Motivationsstrategien und Wahrnehmungskanälen unter anderem um den gezielten Einsatz von Sprachmustern und Fragetechniken sowie um professionelle Zielsetzungen im Verkaufsprozess.

E-3: Welche Rolle spielen die Wahrnehmungskanäle in der Verkaufssituation?

Rechsteiner: Ein guter Verkäufer muss wissen, auf welchem Kommunikationskanal er einen Entscheider anzusprechen hat, um ihn für sein Angebot einzunehmen und auch zu begeistern. Denn jeder Mensch verwendet bevorzugt ein oder zwei Sinneskanäle, um seine Umwelt wahrzunehmen. So kann ein visuell orientierter Entscheider maßgeblich durch eine positive Körpersprache des Verkäufers überzeugt werden.

Ein auditiver Kaufinteressent hingegen ist eher über den Gehörsinn zu erreichen: Hier muss sich der Verkäufer im Tonfall, in der Lautstärke und im Sprechtempo auf seinen Gesprächspartner einstellen, um überhaupt Gehör zu finden. Statt den Kunden mit Verkaufsargumenten zu überschütten, sollte der Verkäufer darüber hinaus in kurzen Sätzen den konkreten Bedarf des Kunden analysieren und sein Angebot daran ausrichten. Signalisiert der Entscheider etwa, dass für ihn die IT-Sicherheit ganz oben steht, muss der Verkäufer genau dieses Thema in seiner Argumentation akzentuieren.

E-3: Und wie funktionieren die Motivationsstrategien?

Rechsteiner: Ein Beispiel aus den ingesamt acht Motivationsmustern ist der Umgang mit proaktiven und reaktiven Kunden. Proaktive Menschen ergreifen die Initiative und stürzen sich in Situationen, ohne nachzudenken oder zu analysieren. Sie sprechen schnell in kurzen Sätzen und zeigen leicht Anzeichen von Ungeduld. Für einen guten Verkäufer ist es wichtig, diese Kommunikationsweise zu übernehmen, um dem Kunden sympathisch zu sein und ihn zum Abschluss zu bewegen. Ich selbst habe einen proaktiven Kunden von einem Customer-Relationship-Management-System überzeugt, indem ich betonte, dass sich das CRM-System durch die enorme Zeitersparnis der Vertriebsmitarbeiter sofort amortisiert. Denn proaktive Menschen neigen dazu, etwas zu kaufen, wenn sie sogleich etwas damit anfangen können.

Reaktive Menschen hingegen warten darauf, dass andere die Initiative ergreifen oder die Situation reif ist, bevor sie sich entschließen zu handeln. Sie neigen dazu, zu überlegen und zu analysieren. Reaktive Kunden verwenden sehr viele Infinitive und reden in langen und verschachtelten Sätzen. Sie äußern sich vorsichtig und gebrauchen viele Konjunktive, wie „würde“, „sollte“ oder „könnte“. Diese Kunden kaufen etwas, wenn ihnen die Dienstleistung oder das Produkt dabei hilft, etwas zu verstehen. So konnte ich einem reaktiven Entscheider ein Supplier-Relationship-Management-System verkaufen, weil ich ihm deutlich machte, dass er damit Transparenz über den kompletten Lebenszyklus eines Lieferanten erhält. Darüber hinaus kaufen reaktive Kunden eher etwas, wenn der Verkäufer suggeriert, dass dieser Kauf etwas ist, auf das sie lange gewartet haben.

E-3: Gibt es weitere Beispiele für Motivationstypen?

Rechsteiner: Potenzielle Käufer lassen sich auch in die Kategorien „Weg von“ und „Hin zu“ einteilen. Die „Weg von“-Typen wissen genau, was sie nicht mehr wollen, zum Beispiel bestimmte Arbeitsabläufe oder immer wiederkehrende Probleme mit der IT. Ein Standardsatz dieser Kunden lautet: „Der Druck wird immer größer, ich halte das nicht mehr aus!“

Die „Hin zu“-Typen hingegen haben eine ganz klare Vorstellung von ihrem Ziel. Sie beschreiben den Endzustand und den Einsatz der gewünschten CRM-Software als positive Vision. Es ist klar, dass die „Hin zu“- Entscheider eine andere Ansprache benötigen als die „Weg von“.

E-3: Warum werden die „weichen Vertriebsfaktoren“ von vielen SAP-Anbietern unterschätzt?

Rechsteiner: Obwohl die „Soft Skills“ der Schlüssel zum Verkaufserfolg sind, sensibilisieren nur wenige Unternehmen ihre Sales-Teams in diesem Bereich. Ein Grund dafür liegt darin, dass sich der Erfolg von „weichen Faktoren“ nicht in Zahlen messen lässt, da sie unbewusst empfunden und bewertet werden.

Jeder SAP-Partner sollte sich allerdings die Potenziale zunutze machen, die das speziell auf das SAP-Umfeld zugeschnittene „Multi Inspired Performing“ bietet. In das Schulungskonzept sollten neben den Verkäufern auch die IT-Berater einbezogen werden, da sie großes Wissen über den Kunden und damit wertvolles Cross-Selling-Potenzial bergen.

Eine große Bereicherung für den Vertrieb können auch Branchen-Newcomer, Young Professionals und Quereinsteiger sein. Um diese Mitarbeiter für den Verkauf von IT-Lösungen und -Services fit zu machen, bieten sich konzentrierte Eliteausbildungs-Programme mit speziell betreuten Phasen von drei bis vier Monaten an. Die Newcomer haben den Vorteil, dass sie frisches Blut in die Branche bringen und weitaus günstiger als die „alten Hasen“ sind, die zuvor schon andere IT- und SAP-Anbieter vertreten haben – teilweise bei denselben Kunden.

Die Newcomer hingegen starten exklusiv für das einstellende Unternehmen und sind durch die Schulungen bereits nach kurzer Zeit mit den modernen Verkaufsmethoden vertraut - das heißt sie wissen, wie sie den Kunden sowohl fachlich als auch persönlich überzeugen können.

E-3: Wie kann die Erfolgsquote von „Multi Inspired Performing“ gemessen werden?

Rechsteiner: „Multi Inspired Performing“ verfolgt nicht den Ansatz, die Leadquote von Unternehmen zu erhöhen. Bei einer vertrieblichen Abschlussquote von 75 Prozent wird der Hebel vielmehr bei den Kunden angesetzt, die sich nicht zu einem Kauf entschlossen haben. Wie die Erfahrung zeigt, konnten die Abschlussraten durch den Einsatz der speziellen Kaufmotivationsprogramme und Gesprächstechniken von „Multi Inspired Performing“ um bis zu 50 Prozent gesteigert werden.

E-3: Danke für das Gespräch.

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